1991-06-14RaumornderischeBeurteilung-ErforderlichkeiteinesROV

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Planungsunterlagen zum Kohlekraftwerk Altbach/Deizau

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Referat         21                  Stuttgart, den 14. Juni 1991 Bearbeiter: Herr Winter App.-Nr.: 26 80 Nr. 21-24-6010 Altbach Referat 72 im  Hause Betreff:   Kraftwerk Altbach/Deizisau/Projekt Heizkraftwerk 2 (HKW 2); hier: Raumordnerische Beurteilung/ Erforderlichkeit eines Raum­ ordnungsverfahrens Anlagen:   1 (Beschreibung HK 2) 1. Projekt Die Neckarwerke AG planen neben dem Kohlekraftwerk V mit einer Leistung von 460 MW am Standort Altbach ein neues Heizkraftwerk (HKW 2) mit einer Leistung von 324 MW zu errichten. Diese Planung wird wie folgt begründet: Bis zum 1. April 1993 müssen die Neckarwerke am Standort Altbach die Kohle-Kraftwerksblöcke 1 und 2 mit einer Kapazität von 120 MW Strom und 180 MW Fernwärme stillegen, weil eine Nachrüstung dieser Blöcke mit Anlagen zur Entschwefelung und Entstickung der Rauchgase aufgrund der langen Betriebsdauer von über 30 Jahren nicht mehr wirtschaftlich vertretbar und ein Weiterbetrieb der nicht nachgerüsteten Blöcke nach der 13. BImSchV dann nicht mehr
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2 zulässig ist. Der Kohleblock 3 mit 80 MW Strom ohne Fernwärme ist bereits in die Kaltreserve überführt worden und soll ebenfalls abgerissen werden. Mithin fallen insgesamt 200 MW Strom und 180 MW Fernwärme aus. Ergänzend wird auf die Beschreibung der Neckarwerke,    Abteilung Umwelt, verwiesen (Anlage 1). 2• Raumordnerische Entscheidungsgrundlagen Nach Plansatz 2.6, 2.6.1, 2.6.11, 2.6.12 LEP (einschließlich Begründung) ist die Energieversorgung auf folgende Leitziele ausgerichtet: -  sparsamer Verbrauch (2.6.1 LEP) -  geringe Umweltbelastung (2.1.3/2.6.1/2.6.12 LEP) -  Sicherheit (2.6.1 LEP) -  Erhöhung des Nutzungsgrades (2.6.12 LEP) -  ausreichend (2.6.11 LEP) -  langfristig gesichert (2.6.11 LEP) -  vielfältig (2.6.11 LEP) -  preiswert (2.6.11 LEP) Um die Umwelt weniger zu beeinflussen, sollen nach Plansatz 2.6.12 LEP Anlagen und Systeme, die zu einem rationellen Umgang mit Energie beitragen, verstärkt entwickelt werden und - mit Vorrang in stark belasteten Räumen - Verwendung finden. Entsprechend stehen 1t. Plansatz 2.6.12 LEP im Vordergrund die Erhöhung des Nutzungsgrades von Energiesystemen, neue Techno­ logien  zur   besseren Nutzung  und  die Reduzierung  schädlicher Umwelteinflüsse durch Begrenzung der Abgabe von Schadstoffen und Wärme (2.1.3 LEP). Nach Plansatz 2.6.22 LEP ist anzustreben, daß im Regelfall mehrere Blöcke an einem Standort zusammengefaßt werden. Nach der Begründung liegt diesem Plansatz der Gedanke zugrunde, daß sich
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3 bei einer solchen Zusammenfassung von Blöcken Umweltschutzmaß­ nahmen wirkungsvoller durchführen lassen und außerdem eine höhere Nutzung des Geländes erreicht werden kann. Im Plansatz 2.6.23 LEP sind     folgende  Kriterien zur Lage  von Kraftwerkprojekten aufgeführt: -  Günstige Lage zum Verbundnetz und zu den gegenwärtigen und zukünftigen Verbraucherschwerpunkten. -  Geeignete Kühlverfahren. Regionalplan In der Raumnutzungskarte des Regionalplans Mittlerer Neckar liegt der Standort Altbach in der Entwicklungsachse und in einer Fläche für die das Symbol "Kraftwerk" ausgewiesen ist. Bei diesem Symbol ist offen, ob es sich um einen Standort mit einem oder mehreren Blöcken handelt. Ein Symbol 11 geplantes Kraftwerk" ist in der Legende der Raum­ nutzungskarte für die gesamte Region nicht enthalten und vorge­ sehen . In der Konsequenz folgt damit der Regionalplan der Verordnung der Landesregierung zur Aufhebung der Verordnung über die Verbind­ licherklärung des Fachlichen Entwicklungsplans "Kraftwerkstand­ orte" vom 1. Februar 1988. Nach der Raumnutzungskarte ist der Standort Altbach unmittelbar eingebunden in ein leistungsfähiges Leitungsnetz für Elektrizität und Fernwärme. 3. Technische Sonderaspekte und Zwangspunkte Der Block V hat eine Fernwärmeleistung von 280 MW. Dem steht zur Zeit ein Fernwärmebedarf von 150 MW gegenüber. Für einen künfti­ gen Bedarf hat die NW 200 MW ermittelt. Somit besteht zur Zeit
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4 eine Mehrwärxneleistung von 130 MW, bei einem künftigen Ausbau von 80 MW Mehrwärmeleistung. Bei einer eventuellen Störung des Blocks V kann der Ausfall der elektrischen Energie nach dem n-1 Prinzip über das großräumige Verbundnetz - voraussichtlich ohne wesentlichen Einbruch - aus­ geglichen werden. Bei der Fernwärmeversorgung wäre dieses n-1 Prinzip bei dem räumlich begrenzten Fernwärmenetz nicht möglich, da keine ent­ sprechende 280 - mindestens 200 MW - Ausfallsicherung zur Verfügung stehen würde. Unter dem Gesichtspunkt der Fernwärme - Ausfallsicherung ist ein Heizkraftwerk 2 mit 280 MW - mindestens aber 200 MW - plausibel. Aus einem geplanten Restmüllheizkraftwerk des Kreises Esslingen ist mit einer thermischen Abgabe von 20 MW zu rechnen. Mit dieser Leistung ist ein thermischer Ausfallbedarf nicht zu decken. 4. Erste raumordnerische Wertung       i' In der Frage des "ob" eines geplanten HKW 2 besteht kein fundamentaler Widerspruch gegen die Grundlagen der Raumordnung. Der vorgesehene Standort Altbach/Deizisau steht nicht im Wider­ spruch zu den Kriterien des LEP und Regionalplanes. Der Standort wird im raumordnerischen Maßstab wesentlich vorge­ geben durch die bestehenden Kraftwerksanlagen und die bestehenden und geplanten LeitungsnetzStrukturen. Die technische Leistung und Umweltauswirkungen des geplanten HK 2 ist wesentlich günstiger als bei den bestehenden Blöcken. Auch in diesem Punkt    besteht  eine  Übereinstimmung    mit dem LEP  und Regionalplan. Empfehlung für Auflagen bei den     weiteren Verfahrensschritten: Sofern die Energieleistung der         bestehenden Blöcke Altbach/ Deizisau - einschließlich HK 2 - über dem tatsächlich notwendigen Energiebedarf liegt, sollte zuerst eine Betriebseinschränkung bei
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5 den älteren, unwirtschaftlicheren und mehr umweltbelastenden Anlagen erfolgen. Damit wird Plansatz 2.6.12 LEP entsprochen. 5• Erforderlichkeit eines Raumordnungsverfahrens Das geplante HKW 2 entspricht zum "ob" und Standort offensicht­ lich den Erfordernissen der Raumordnung. Unter der Voraussetzung, daß der geplante Standard des HKW eingehalten oder sogar bis zu dessen Errichtung noch günstiger ausgeführt wird, ist im weiteren Raum Altbach/Deizisau/Plochingen eine wesentliche Verbesserung im Hinblick auf die unter Ziff. 2 aufgeführten Entscheidungskrite­ rien zu erwarten. Nach der Karte 9/Elektrizitätsversorgung des LEP, nach der Raumnutzungskarte des Regionalplans und nach dem Trassenvorsorgeplan für Höchstspannungsleitungen in Baden-Würt­ temberg drängt sich keine entscheidend raumordnerisch günstigere Standortvariante auf. Die Umweltauswirkungen des HKW sind so positiv, daß davon ausgegangen werden kann, daß die umweltrele­ vanten Punkte in der UVP im Rahmen des immissionsrechtlichen Verfahrens im gebotenen Maße geprüft werden können. Da bei dieser Sachlage aus einem Raumordnungsverfahren keine weiteren grund­ sätzlichen Erkenntnisse zu dem Projekt HKW 2 zu erwarten sind, ist ein Raumordnungsverfahren auf dieser Planungsstufe nicht erforderlich. Winter
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