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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Protokolle des Klimakabinetts“
re|Rechtsanwälte :: Neue Promenade 5 :: 10178 Berlin Neue Promenade 5 Bundeskanzleramt 10178 Berlin 11012 Berlin Dr. Miriam Vollmer Rechtsanwältin | Fachanwältin für Verwaltungsrecht Tel: 030 403 643 62-0 Per Fax vorab: +49 3018 400-2357 Fax: 030 403 643 62-3 vollmer@re-rechtsanwaelte.de www.re-rechtsanwaelte.de Unser Zeichen: 57/19 01.11.2019 Semsrott ./. Bundesrepublik Deutschland Ihr Az.: 13 IFG - 02814 - In 2019 / NA 241 Hier: Widerspruch Sehr geehrter Herr Venzke, sehr geehrte Damen und Herren, hiermit zeigen wir an, dass Herr Arne Semsrott uns mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen beauftragt hat. Hinreichende Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert. Namens und in Vollmacht unseres Mandanten legen wir form- wie fristgerecht Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.10.2019, unserer Mandantschaft zugegangen am 30.10.2019, ein und beantragen 1. dem Antrag vom 20.09.2019 unter Aufhebung des Bescheides vom 25.10.2019 stattzugeben und Herrn Semsrott die Teilnehmerlisten und Protokolle des Klimakabinetts zuzusenden, und 2. die Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für erforderlich zu erklären. Gleichzeitig beantragen wir die Akteneinsicht nach $ 29 Abs. 1 VwVfG durch Übersendung der Verfahrensakten vorzugsweise elektronisch oder durch Übersendung der Akte in unsere Kanzleiräume. re| Rechtsanwälte :: Dr. Miriam Vollmer, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht :: Dr. Olaf Dilling, Rechtsanwalt USt.-ID Nr.: DE317956439 :: Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG :: IBAN DEO2 7007 0010 0014 1804 00 :: BIC DEUTDEMMXXX
Begründung l. Sachverhalt 1. Der Widerspruchsführer Herr Semsrott lebt und arbeitet in Berlin. Er ist Journalist und Projektleiter der Open Knowledge Foundation Deutschland e. V., die sich für Transparenz einsetzt und unter anderem die Seite www.fragdenstaat.de betreibt, die der Widerspruchsführer verantwortet. 2. Die Umweltinformation Der Widerspruchsführer verlangt die Herausgabe der Protokolle und Teilnahmelisten der Sitzungen des sog. „Klimakabinetts“. Bei diesem handelt es sich bekanntlich um einen am 20.03.2019 eingesetzten Ausschuss der Bundesregierung. Mitglieder dieses Ausschusses unter Vorsitz der Bundeskanzlerin sind die Bundesminister Svenja Schulze, Olaf Scholz, Peter Altmaier, Horst Seehofer, Andreas Scheuer und Julia Klöckner. Zusätzliche Mitglieder sind der Leiter der Behörde Helge Braun und der Regierungssprecher Steffen Seibert, wie die Bundesregierung in ihrem Online-Angebot veröffentlicht hat. Das Klimakabinett hat, wie Presseberichten zu entnehmen ist, wohl mindestens viermal getagt, nämlich im April, Mai, Juni und September. Protokolle und Teilnahmelisten wurden bisher nicht veröffentlicht. Gemündet ist die Tätigkeit des Klimakabinetts offenbar in dem sog. „Klimaschutzprogramm 2030“ vom 09.10.2019. Dieses liegt der Öffentlichkeit vor. 3. Der Informationsantrag Der Widerspruchsführer hat am 20.09.2019 per E-Mail die Herausgabe der Information geltend gemacht. 4. Ablehnung des Informationsantrags Mit Bescheid vom 25.10.2019, zugegangen am 30.10.2019, wurde der Antrag unter Verweis auf den Schutz des Gesetzgebungsprozesses nach & 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2a) Umwelt- Informationsgesetz (UIG) und den Vertraulichkeitsschutz von Beratungen nach 8 8 Abs. 1 UIG abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Widerspruch des Widerspruchsführers. re| Rechtsanwälte 2
r Der Widerspruch ist zulässig und begründet: Das Bundeskanzleramt ist auch in Hinblick auf ll. Rechtliche Würdigung das Klimakabinett eine auskunftsverpflichtete Stelle (Punkt 1.). Die Protokolle und Teilnehmerlisten sind Umweltinformationen (Punkt 2.). Ablehnungsgründe stehen der Herausgabe der Information nicht entgegen, insbesondere nicht die im Ablehnungsbeschied erwähnte Vertraulichkeit der Beratung (Punkt 3.). Hinzuweisen ist auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit (Punkt 4.). 1. Bundeskanzleramt als auskunftsverpflichtete Stelle Das Bundeskanzleramt ist als Teil der Regierung informationsverpflichtete Stelle im Sinne von 82 Abs. 1Nr.1S.1UIG. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass es im Rahmen der Gesetzgebung tätig würde und deswegen vom Anwendungsbereich ausgenommen wäre. Das Gesetzgebungsverfahren beginnt laut Art. 76 Abs. 1 Grundgesetz (GG) erst mit der Einbringung. Funktionell erweitert die Rechtsprechung die so definierte Gesetzgebungsphase zwar auch auf die Erarbeitung von Gesetzesentwürfen durch die federführenden Ministerien (BVerwG, Urt. v. 12.8.2012 - 7 C 7.12, NVwZ 2012, Rdnr. 20). Das Klimakabinett erarbeitet aber keine konkreten Gesetzesentwürfe. Seine Tätigkeit ist damit gerade nicht Teil der eigentlichen Gesetzgebung. Entsprechend sind im „Klimaschutzprogramm“ zwar eine ganze Reihe von Gesetzgebungsvorhaben angekündigt, das Programm enthält aber keine Gesetzesentwürfe; es handelt sich „nur“ um ein politisches Konzept. Dass Konzepte wie das Klimaschutzprogramm inklusive ihrer Erarbeitung kein Teil der vom Anwendungsbereich des UlG ausgenommenen Gesetzgebungstätigkeit sind, stützt der Wortlaut der Norm: Der nach $ 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UlG ausgenommene Bereich ist hiernach zeitlich begrenzt. Dies ergibt sich aus der Formulierung „soweit und solange“. Anerkannt ist aufgrund dessen, dass das Gesetzgebungsverfahren nach seiner Beendigung nicht mehr geschützt ist (EUGH, Urt. v. 14.2.2012 — Rs. C-204/09, NVwZ 2012, 491 Rdnr. 52 ff.; BVerwG, Urt. v. 02.08.2012 - BVerwG 7 C 7.12, Rdnr. 21). Dies muss aber auch vor seiner Eröffnung gelten, denn es liegt in der Natur eines Verfahren, dass es nur enden kann, wenn es einmal begonnen hat. Hierdurch entsteht auch keine Schutzlücke, denn ob ein Kernbereich geschützter exekutiver Eigenverantwortung berührt ist, ist im Rahmen der Ablehnungsgründe zu prüfen (und generell wie speziell zu verneinen, vgl. Punkt I11.3.). re| Rechtsanwälte 3
r Doch selbst wenn das Klimakabinett über das ohnehin nicht als Teil des Gesetzgebungsverfahren zu qualifizierende Klimaschutzkonzept vom 09.10.2019 hinaus in einzelne konkrete Vorbereitungen von Gesetzen eingebunden wäre, ist anzunehmen, dass dies nicht die gesamte Tätigkeit des Klimakabinetts ausmacht: " Sofern und soweit das untergesetzliche Regelwerk wie etwa die im Kontext des Klimaschutzes zuletzt viel diskutierte Straßenverkehrsordnung, angesprochen wird, gilt die Bereichsausnahme zugunsten der Gesetzgebung ohnehin nicht (vgl. EuGH, Urt. v. 18.7.2013 — Rs. C-515/11, NVwZ 2013, 1069 Rdnr. 18ff.), so dass der Anwendungsbereich des UIG hierfür in jedem Falle eröffnet ist. " Dies trifft ebenfalls auf eventuelle Mitwirkungsakte (bzw. deren Vorbereitung) an der EU-Rechtssetzung zu, vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29.3.2019 - 12 B 13.18, juris Rn. 36ff.). Da der maßgebliche Rechtsrahmen für Art und Maß des Klimaschutzes in Deutschland auf Gemeinschaftsrecht fußt, insbesondere auf dem „Effort-Sharing“-Beschluss Nr. 406/2009/EG (ABl. L 140/136), ist anzunehmen, dass die EU-Rechtssetzung und die deutsche Beteiligung daran keinen kleinen Anteil an den Beratungen des Klimakabinetts ausmachen. Schließlich muss die Frage, ob die Bundesrepublik es vorzieht, Treibhausgasemissionen selbst zu mindern oder von anderen Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 4 und 5 des erwähnten „Effort-Sharing“- Beschlusses Emissionszuweisungen von anderen Mitgliedstaaten erwirbt, geklärt werden, bevor konkrete Maßnahmen zur Emissionsminderung ergriffen werden. Denn ohne eine solche Zielbestimmung steht nicht einmal fest, ob und in welchem Maße die Emissionen der bisher nicht resultierten Sektoren Verkehr und Gebäude überhaupt reguliert werden sollen. Im Ergebnis wäre selbst dann, wenn das Klimakabinett konkret dargetan an Gesetzgebungstätigkeiten mitwirken würde, nur der Teil der Protokolle zu schwärzen, der konkrete Gesetzgebungstätigkeit enthält. Für die Teilnehmerlisten kommt dies ohnehin nicht in Betracht. 2. Protokolle und Teilnehmerlisten als Umweltinformation Bei den Protokollen und Teilnehmerlisten des Klimakabinetts handelt es sich um Umweltinformationen. Dieser Begriff ist weit auszulegen (BVerwG, Urt. v. 21.02.2008, BVerwG 4 C 13.07, 1. Leitsatz). Er umfasst auch politische Konzepte, Pläne und Programme (OVG Münster, Urt. v. 30.08.2016, 15 A 2024/13, Rdnr. 42). Dies umfasst in jedem Fall die Protokolle, die vermutlich solche politischen Konzepte und Pläne enthalten. Aber auch die Teilnehmerlisten sind Umweltinformationen. Denn nach 8 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. b UIG sind alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten mit Umweltbezug Umweltinformationen, was auch die Frage umfasst, wer an diesen Plänen und Konzepten mitgewirkt hat. re| Rechtsanwälte 4
r Anders als im Ablehnungsbeschied behauptet, liegt kein Ablehnungsgrund nach 8 8 Abs. 1 3. Kein Ablehnungsgrund nach $ 8 Abs. 1 UIG UIG vor. Nach 8 8 Abs. 1 UIG ist der Antrag nur abzulehnen, soweit das Bekanntgeben der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit der Beratungen von informationspflichtigen Stellen im Sinne des $ 2 Abs. 1 UIG hat, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Hier sind die Voraussetzungen einer Ablehnung in gleich mehrfacher Hinsicht nicht gegeben. Weder drohen konkrete negative Folgen (Punkt 1.). Noch kann sich das Bundeskanzleramt hier auf einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung stützen (Punkt 2.). a. Keine konkreten negativen Folgen Die Herausgabe der Information darf nur dann abgelehnt werden, wenn die Bekanntgabe konkrete negative Folgen haben würde, und dies auch hinreichend wahrscheinlich ist (BVerwG, Beschl. v. 18.07.2011, 7 B 14.11, Rdnr. 11; OVG Münster, Urt. vom 03.08.2010, 8 A 283.08, Rdnr. 46). Dies ist hier nicht der Fall. Das Schutzgut der Vertraulichkeit der Beratung ist die Ermöglichung eines „unbefangenen und freien Meinungsaustausches“ innerhalb der Behörde, um über eine offene Meinungsbildung eine effektive, funktionsfähige und neutrale Entscheidungsfindung zu gewährleisten, wie das BVerwG, Urt. v. 02.08.2012, 7 C 7.12, Rdnr. 26 unterstreicht. Dieser offene Meinungsaustausch ist hier nicht gefährdet. Das BVerwG weist in der soeben zitierten Entscheidung darauf hin, dass bei abgeschlossenen Beratungsprozessen im Rahmen einer Einzelfallentscheidung zu hinterfragen ist, ob der Schutz der Vertraulichkeit weiterhin eine Offenlegung der Beratungsinterna verbietet. Dabei abstrahiert der Senat vom individuellen Beratungsvorgang und stellt darauf ab, „ob die geschützten innerbehördlichen Beratungen wegen des Wissens um eine - auch nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens erfolgende - Offenlegung etwa der einzelnen Beiträge und Meinungsbekundungen im Beratungsprozess beeinträchtigt werden können“ (BVerwG Urt. v. 02.08.2012, 7 C 7.12, Rdnr. 29). Mit anderen Worten: Ob es die Behörde lähmen würde, wenn die Mitarbeiter wüssten, dass die Öffentlichkeit erfährt, wie genau der Entscheidungsfindungsprozess verlaufen ist. Dies ist in diesem Einzelfall aber nicht ersichtlich. In dem von dem BVerwG entschiedenen Fall ging es um interne Vermerke, E-Mails und Stellungnahmen von Beamten des Bundesumweltministeriums und der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt), die mit der rechtstechnischen Umsetzung der Zuteilungsregeln im Emissionshandel betraut waren. Beamte stehen normalerweise nicht persönlich im Fokus der Öffentlichkeit. Es gehört zu den re| Rechtsanwälte 5
r Charakteristika ihres beruflichen Alltags, dass ihre Person hinter der Behörde verschwindet, für die sie tätig sind. Entsprechend heißt es in der Presse nicht, dass beispielsweise „die Referatsleiterin Schulze und ihr Referent Özkul“ eine Entscheidung getroffen hätten, sondern die Öffentlichkeit schreibt die Entscheidung entweder abstrakt dem [4 Bundesministerium für ...“ zu, in dem beide tätig sind, oder spricht die getroffene Entscheidung dem „Bundesminister Schmidt“ zu, auch wenn jedermann weiß, dass Schmidt die Entscheidung nicht selbst getroffen hat. Er verkörpert in und mit seiner Person die Verwaltungstätigkeit seines Hauses. Ausgehend von diesem Berufsverständnis ist es verständlich, dass es —- um im Beispiel zu bleiben — Frau Schulzes und Herrn Özkuls Beratungsverhalten ändern kann, wenn sie damit rechnen müssen, dass die Öffentlichkeit hiervon erfährt und ihre Positionen in solchen Beratungen mit ihnen persönlich identifiziert. Bei Minister Schmidt allerdings verhält es sich anders. Er rechnet nicht nur damit, dass er als Person und nicht „nur“ als Funktionsträger wahrgenommen wird. Als Politiker gehört gerade dies zu seinem Beruf. Ist die Öffentlichkeit seines Handelns damit ein selbstverständlicher Teil seiner Tätigkeit, kann sie ihn nicht gleichzeitig in dem Sinne lähmen, wie das BVerwG es für eine Ablehnung voraussetzt. b. Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung nicht berührt Das Bundeskanzleramt kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Protokolle und Teilnehmerlisten einem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zuzuordnen wären, in den der Anspruch des 8 3 Abs. 1 UIG generell nicht hineinreichen würde. Zunächst kann die „exekutive Eigenverantwortung“ einem Anspruch nach $ 3 Abs. 1 UIG schon per se nicht entgegengehalten werden. Denn die exekutive Eigenverantwortung ist im Wortlaut von 8 8 Abs. 1 UIG nicht angelegt, der als Ausnahmenorm zudem eng auszulegen ist. Es kann sich aber auch nicht um einen ungeschriebenen, verfassungsrechtlich begründeten Ausnahmetatbestand handeln (vgl. OVG Münster, Urt. v. 30.08.2016, 15 A 2024/13, Rdnr. 59). Denn eine solche verfassungsrechtlich begründete Ausnahme müsste aus normhierarchischen Gründen mit der Umweltinformationsrichtlinie konform sein. Diese sieht in Art. 4 aber keinen absoluten Vertraulichkeitsschutz vor, sondern lediglich eine Berücksichtigung des Vertraulichkeitsbelangs im Rahmen von Einzelfallentscheidungen wie soeben Punkt Ill.2a. Insoweit verbietet sich hier ein Rückgriff auf das deutsche Verfassungsrecht, wie das BVerwG, Urt. v. 03.11.2011, 7 C 3.11, Rdnr. 31, ihn im Anwendungsbereich des IFG noch bejaht. Die Versuche, die hergebrachte Figur des „stillen Raums“ im Zentrum der Gubernative über eine richtlinienkonforme Auslegung des UIG in die Praxis der Umweltinformationsansprüche hinüberzuretten, verkennt insoweit den re| Rechtsanwälte 6
r Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts: Dieses beeinflusst die zutreffende Auslegung des deutschen Rechts, nicht umgekehrt. €: Vorsorglich: Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt Doch selbst wenn hier konkrete negative Folgen für die Vertraulichkeit der Beratung drohen würden bzw. der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berührt wäre, stünde dies einer Bekanntgabe nicht entgegen. So betont das VG Berlin in seiner - vom OVG Berlin- Brandenburg bestätigten - Entscheidung vom 18.12.2013 zu den Unterlagen zur 13. Novelle de AtG (2 K 249.12): „Je weiter ein Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können (vgl. BVerfGE 110, 199 [221 f.]). Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einem Informationsbegehren in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dabei dem Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht (vgl. BVerfGE 67, 100 [130]; 110, 199 [222]).” In diesem Falle existiert ein überaus gewichtiges Informationsbegehren der Öffentlichkeit an der Frage, ob und wie die Bundesregierung ihren völkerrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen nachkommen wird, oder ob Rechtsverstöße drohen, die im Ergebnis sogar zu Vertragsverletzungsverfahren führen könnten. Laut der „Umweltbewusstsein in Deutschland“, die das Bundesumweltministerium mit dem Umweltbundesamt alle zwei Jahre durchführen lässt, hielten schon im vergangenen Jahr 64% der Befragten Umwelt- und Klimaschutz für einen wichtigen Belang. Nur Bildung (69%) und soziale Gerechtigkeit (65%) rangieren im Bewusstsein der Deutschen noch höher. Es ist anzunehmen, dass seit Durchführung dieser Studie insbesondere die internationale Klimabewegung „Fridays for Future“ diesen Wert noch gesteigert haben dürfte. 4. Eilbedürftigkeit der Sache Die Angelegenheit ist eilbedürftig. Umfangreiche Pläne rund um den Klimaschutz sollen in den nächsten zwei Jahren bis zur Bundestagswahl umgesetzt werden. Die Begleitung dieser Gesetzgebung durch die Öffentlichkeit setzt schnelle Transparenz zwingend voraus. Die in Art. 6 5. 2 der Umweltinformationsrichtlinie vorgesehene „zügige“ Überprüfung darf daher zu keiner relevanten Verzögerung der ohnehin schon überschrittenen Monatsfrist des $ 3 re| Rechtsanwälte 7
r Abs. 3 UIG seit Antragstellung führen. Wir haben uns deswegen in analoger Anwendung des 8 3 Abs. 3 5. 2 Nr. 2 UIG eine Frist für den Erlass eines Widerspruchsbescheids bis zum 20.11.2019 notiert. Der Antrag zu 2) beruht auf der rechtlichen Komplexität der Angelegenheit. Mit freundlichen Grüßen =——— I < Dr. Miriam le Rechtsanwältin | Fachanwältin für Verwaltungsrecht — re| Rechtsanwälte 8