HandreichungInklusion311020123

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Rechtsgrundlagen Schulpsychologie

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Referat Inklusion / BSB                            Stand: 31.10.2012 Handreichung Inklusion und sonderpädagogische Förderung Einleitung I.   Rechtliches 1. § 12 HmbSG 2. Verordnung über die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern mit son- derpädagogischem Förderbedarf (AO-SF) II.   Ressourcen für sonderpädagogisch Förderung III.   Sonderpädagogische Diagnostik und Förderplanung 1. Ablauf des Verfahrens 2. Maßgaben zur Erstellung eines diagnosegestützten Förderplans zur Überprü- fung und Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs 3. Maßgaben zur Erstellung eines sonderpädagogischen Gutachtens zur Überprü- fung und Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs 4. Fortschreibung der Förderplanung für Schülerinnen und Schüler mit sonderpä- dagogischem Förderbedarf Anlagen Weitere Kapitel folgen! 1
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Einleitung Im Oktober 2009 hat die Hamburgische Bürgerschaft einstimmig eine Änderung von § 12 des Hamburgischen Schulgesetzes (HmbSG) beschlossen. Dort heißt es: „Kinder und Ju- gendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben das Recht, allgemeine Schulen zu besuchen. Sie werden dort gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädago- gischen Förderbedarf unterrichtet und besonders gefördert. Die Förderung kann zeitweilig in gesonderten Lerngruppen erfolgen, wenn dieses im Einzelfall pädagogisch geboten ist.“ Mit Verabschiedung der Drucksache 20/3641 „Inklusive Bildung an Hamburgs Schulen“ im Juni 2012 wurden den Schulen für diese Aufgabe rund 200 zusätzliche Stellen gesichert. Gleichzeitig wurde die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der Förderformen an Hamburgs all- gemeinen Schulen (Integrationsklassen, integrative Regelklassen, integrative Förderzentren, sog. §12-Förderung) zugunsten einer auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen ab- gestimmten, einheitlichen Kriterien folgenden sonderpädagogischen Förderung zusammen- geführt. Aufwachsend sollen so an allen Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien angemes- sene Voraussetzungen für eine inklusive Beschulung geschaffen werden. Maßstab dafür sind ausschließlich die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen und nicht länger die Zufäl- ligkeiten früherer Schulversuche. Die Drucksache regelt darüber hinaus Art, Umfang und Organisation der sonderpädagogischen Förderung an den allgemeinen Schulen, Beratungs- und Fortbildungsangebote für die allgemeinen Schulen sowie die künftige Struktur der Son- derschulen. Sonderpädagogischer Förderbedarf im Sinn § 12 HmbSG liegt vor, wenn Kinder und Ju- gendliche in ihren individuellen Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten so weitrei- chend beeinträchtigt sind, dass sie ohne gezielte sonderpädagogische Förderung und Unter- stützung nicht erfolgreich zur Entfaltung ihrer Möglichkeiten geführt werden können. Sonder- pädagogischer Förderbedarf kann in folgenden Bereichen festgestellt werden: -   Lernen -   Sprache -   Emotionale und soziale Entwicklung -   Körperliche und motorische Entwicklung -   Geistige Entwicklung -   Hören und Kommunikation -   Sehen -   Autismus Die Förderschwerpunkte sind in der Anlage 3) näher beschrieben. 2
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I. Rechtliches 1. § 12 HmbSG Artikel 24 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen stärkt die Rechte dieser Menschen auf integrative Förderung. In Umsetzung dieser Bestimmung wurde im Hamburgischen Schulgesetz ein Anspruch auf integrative schulische Förderung festgeschrieben. Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben das Recht, eine allgemeine Schule zu besu- chen und dort integrativ sonderpädagogisch gefördert zu werden. Hier der Wortlaut des „§ 12 HmbSG Integration von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förder- bedarf und Betreuung kranker Schülerinnen und Schüler (1) Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben das Recht, allgemeine Schulen zu besuchen. Sie werden dort gemeinsam mit Schü- lerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf unterrichtet und besonders gefördert. Die Förderung kann zeitweilig in gesonderten Lerngruppen erfolgen, wenn dieses im Einzelfall pädagogisch geboten ist. (2) Sonderpädagogischer Förderbedarf besteht bei Schülerinnen und Schülern, die auf Grund einer Behinderung so schwerwiegend in ihren Bildungs-, Entwick- lungs- und Lernmöglichkeiten beeinträchtigt sind, dass sie im Unterricht der all- gemeinen Schule ohne eine spezifische fachliche Unterstützung nicht hinrei- chend gefördert werden können. Sonderpädagogischer Förderbedarf kann in den Bereichen „Lernen“, „Sprache“, „emotionale und soziale Entwicklung“, „geis- tige Entwicklung“, „körperliche und motorische Entwicklung“, „Hören“ und „Se- hen“ bestehen. (3) Sonderpädagogischer Förderbedarf wird auf der Grundlage eines sonderpä- dagogischen Gutachtens unter Einbeziehung der Sorgeberechtigten durch die zuständige Behörde festgestellt. (4) Ist sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt worden, werden Art und Ausmaß der Hilfen in einem diagnosegestützten Förderplan festgelegt. Bei des- sen Aufstellung sollen die Sorgeberechtigten und nach Maßgabe ihrer oder sei- ner Einsichtsfähigkeit die Schülerin oder der Schüler sowie die sie oder ihn au- ßerhalb der Schulzeit betreuenden Einrichtungen der Jugendhilfe und der Sozial- leistungsträger beteiligt werden. Mit dem Förderplan werden auch die Integrati- onsleistungen bewilligt, für die der Schulträger zuständig ist. Der Förderplan ist spätestens nach Ablauf eines Jahres fortzuschreiben, soweit nicht eine wesentli- che Veränderung der Lebensumstände der Schülerin oder des Schülers eine kurzfristige Anpassung erfordert. Bei der Festlegung des Lernortes sind die Wünsche der Sorgeberechtigten zu berücksichtigen, § 42 Absätze 3 und 4 gilt entsprechend. Schulen erfüllen die gegenüber Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf erhöhte Aufsichtspflicht und leisten die not- wendigen Hilfestellungen bei den regelmäßig anfallenden Verrichtungen im Schulalltag. Das Nähere zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbe- 3
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darfs nach Absatz 3 und zur Aufstellung des Förderplans regelt der Senat durch Rechtsverordnung. (5) Schülerinnen und Schüler, die wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Erkrankung auf längere Zeit oder auf Dauer keine Schule besuchen können, werden im Haus- und Krankenhausunterricht schulisch betreut. (6) Absatz 4 gilt entsprechend auch für solche Schülerinnen und Schüler, die we- gen einer Behinderung besonderer Integrationsleistungen im Zusammenhang mit dem Schulbesuch bedürfen, jedoch keinen sonderpädagogischen Förderbedarf haben.“ 2. Verordnung über die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpäda- gogischem Förderbedarf (AO-SF) Mit der Änderung von § 12 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) und dem Beschluss über die Mitteilung des Senats „Inklusive Bildung an Hamburgs Schulen“ (Drs. 20/3641) durch die Hamburgische Bürgerschaft wurden die Grundlagen für die Inklusion von Kindern mit son- derpädagogischem Förderbedarf in den Hamburger Schulen gelegt. Im Oktober 2012 hat die Deputation der BSB die „Verordnung über die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (AO-SF)“ beschlossen. Diese Verordnung enthält kon- krete Vorgaben für die Umsetzung an den Schulen, u.a. das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, zur Diagnostik, zur sonderpädagogischen Förderpla- nung sowie zur Ausbildung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förder- bedarf, die die vorhandenen Regelungslücken schließt. Die Verordnung findet ab dem Schul- jahresbeginn 2012/13 Anwendung für alle Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogi- schen Förderbedarf, die in allgemeinen Schulen oder in Sonderschulen unterrichtet werden. Hier ein Überblick über den Regelungsinhalt der AO SF: Erster Abschnitt: „Anwendungsbereich“ §1             Ziel der Ausbildung, Anwendungsbereich Zweiter Abschnitt: „Sonderpädagogischer Förderbedarf, Förderschwerpunkte“ §2             Sonderpädagogischer Förderbedarf §3             Förderschwerpunkt Lernen §4             Förderschwerpunkt Sprache §5             Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung §6             Förderschwerpunkt geistige Entwicklung §7             Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung §8             Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation §9             Förderschwerpunkt Sehen § 10           Förderschwerpunkt Autismus Dritter Abschnitt: 4
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„Überprüfungsverfahren, Feststellung des Förderbedarfs“ § 11           Einleitung der Überprüfung § 12           Durchführung der Überprüfung § 13           Förderdiagnostik § 14           Entscheidung über den Förderbedarf § 15           Festlegung des Lernortes § 16           Übergang in die Jahrgangsstufe 5 § 17           Jährliche Überprüfung, Aufhebung des Förderbedarfs Vierter Abschnitt „Förderplanung, individueller sonderpädagogischer Förderplan, Nachteilsausgleich“ § 18           Aufstellung des sonderpädagogischen Förderplans § 19           Inhalt des sonderpädagogischen Förderplans § 20           Nachteilsausgleich Fünfter Abschnitt „Leistungsbewertung, Zeugnisse und Abschlüsse“ § 21           Zeugnisse § 22           Zeugnisse bei zieldifferentem Unterricht § 23           Abschlüsse Sechster Abschnitt „Schlussbestimmungen“ § 24           Umschulung aus anderen Ländern § 25           Inkrafttreten, Außerkrafttreten Der Verordnungstext wird in Kürze unter http://www.hamburg.de/integration- inklusion/aktuelles/ digital bereitgestellt. Hier finden Sie in dann sehr bald auch eine Power Point Präsentation zur AO SF mit Erläuterungen. 5
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II. Ressourcen für sonderpädagogische Förderung Die Ressourcenzuweisung für sonderpädagogische Förderung besteht in einer Kombination aus einer systemischen Ressource für die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache sowie emo- tionale und soziale Entwicklung (LSE) und einer schülerbezogenen Ressource bei höheren oder speziellen Förderbedarfen (also sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Sehen, Hören und Kommunikation, geistige Entwicklung, körperliche und motorische Ent- wicklung, Autismus). Den Grundschulen und den Stadtteilschulen werden feste personelle Ressourcen In Form einer systemischen Ressource zur Finanzierung von sonderpädagogischen Förderbedarfen in den Bereichen LSE zugewiesen. Diese orientieren sich an der Gesamtschülerzahl und am sozialen Hintergrund (Sozialindex) der Schule. In den Gymnasien und in den Privatschulen erfolgt die Ressourcenzuweisung nicht systemisch, sondern schülerbezogen auf der Basis von ressourcenauslösenden Feststellungsgutachten. A. Die systemische Ressource für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Lernen, Sprache sowie Soziale und emotionale Entwicklung (LSE) wird den Schulen nach Gesamtschülerzahl und Sozialindex zugewiesen, ohne dass die Schule den Bedarf im Einzelnen über sonderpädagogische Gutachten nachweisen muss. Im rechneri- schen Mittel aller Schulen werden 4 Prozent der Grundschüler und 8 Prozent der Stadtteil- schüler im Bereich LSE gefördert. Pro LSE-Schüler/in werden zugewiesen: 1 in der Grundschule: 5,03 WAZ (Halbtagsschule) und 5,39 WAZ (Ganztagsschule) in der Sek. 1:          5,22 WAZ (Halbtagsschule) und 5,59 WAZ (Ganztagsschule). B. Die schülerbezogene Ressource für Schülerinnen und Schüler mit speziellem Förder- bedarf, wird zugewiesen, wenn der Bedarf durch ein sonderpädagogisches Feststellungs- gutachten nachgewiesen ist.  in der Grundschule: 10,06 WAZ (Halbtag), 12,93 WAZ (Ganztag)  in der Sek. 1:         10,43 WAZ (Halbtag), 13,41 WAZ (Ganztag). Gymnasien und Sonderschulen erhalten zwar keine systemische Ressource, wohl aber in allen Förderbedarfen (auch bei LSE) schülerbezogene Ressourcen, wenn der Bedarf durch ein sonderpädagogisches Feststellungsgutachten nachgewiesen ist. Die systemischen Ressourcen können zum einen im präventiven Bereich zur Verhinderung der Entstehung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs, zum anderen für die individuelle sonderpädagogische Förderung von Kindern eingesetzt werden, bei denen ein solcher För- derbedarf prozessbegleitend diagnostiziert wird. Aufgrund des äußerst unterschiedlichen sonderpädagogischen Förderbedarfs des einzelnen Kindes und aufgrund der unterschiedli- chen Lage von Schulen und Schulklassen entscheidet die Schule selbst in eigener Verant- wortung über die Zusammensetzung und den Einsatz des für die sonderpädagogische För- derung zugewiesenen Personals. Sie legt gegenüber der Schulbehörde über den Einsatz des für die sonderpädagogische Förderung zugewiesenen Personals Rechenschaft ab. 1 Wochenarbeitszeitstunden 6
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Die Gestaltung und den Einsatz sämtlicher Ressourcen für die Förderung an einer Schule - sonderpädagogische Förderung, Sprachförderung und Lernförderung - sowie die damit zu- sammenhängenden Aufgaben koordiniert die Schule. Dazu wird an allen Grund- und Stadt- teilschulen die neue Stelle eines Förderkoordinators / einer Förderkoordinatorin geschaffen. Diese Stelle hat in kleineren Schulen die Wertigkeit A13, in größeren Schulen A14. Für die Koordinationsaufgaben erhalten die Förderkoordinatoren aus den der Schule zuge- wiesenen Funktionszeiten Anrechnungsstunden in Abhängigkeit zum Bedarf der Schule für unterrichtliche Fördermaßnahmen: pro angefangene Stelle Förderbedarf (ohne Mehrbedarf für den Ganztagsbetrieb) drei Anrechnungsstunden, maximal zwölf Anrechnungsstunden. Bis zu 60% der für sonderpädagogische Förderung zugewiesenen WAZ können von der Schule in Erzieher- oder Sozialpädagogenstellen umgewandelt werden (Professionenmix). Das ermöglicht dann die Doppelbesetzung von Unterrichtswochenstunden (UW) wie folgt:  Schüler/in mit Förderbedarf LSE:     3,5 UW (Halbtag), 3,8 UW (Ganztag)  Schüler/in mit spez. Förderbedarf: 7,0 UW (Halbtag), 9,0 UW (Ganztag Hat eine Schulklasse zwei Schülerinnen oder Schüler mit Förderbedarf LSE und zwei Schü- ler mit spez. Förderbedarf, könnte also 21 Unterrichtswochenstunden im Halbtag bzw. 25,6 UW im Ganztag mit einer zweiten Kraft besetzt werden. In Schulen mit sonderpädagogischer Ressource von weniger als 23 WAZ sollen aufgrund der geringen Stellenanteile den Professionenmix vermieden und nur Sonderpädagogen oder nur Erzieher eingesetzt werden. Um den Schulen zusätzliche Fördermöglichkeiten zu geben, werden erstmals sonderpäda- gogische Ressourcen (systemische und schülerbezogene) auch für die Vorschule und für die Klassenstufe 10 zugewiesen. Zudem können Grundschulen bei Bedarf bis zu ein Drittel ihrer Sprachförderressourcen und bis zu 50% ihrer Lernförderungsressourcen für die sonderpä- dagogische Förderung einsetzen. 7
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III. Überprüfung und Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs 1 Ablauf des Verfahrens Zur gezielten individuellen sonderpädagogischen Förderung von Kindern und Jugendlichen muss der sonderpädagogische Förderbedarf festgestellt werden. Der Ablauf zur Überprüfung und Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs wird durch die §§ 11-16 der Verordnung über die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (AO-SF) geregelt. Die Verordnung benennt dazu einzelne Verfahrensschritte. Die Einleitung eines Verfahrens zur Überprüfung und Feststellung eines sonderpädagogi- schen Förderbedarfs erfolgt entweder auf Antrag der Sorgeberechtigten oder auf Veranlas- sung der Schule. In jedem Fall muss die Schule die Sorgeberechtigten vorher informieren und ihre Zustimmung für die Überprüfung einholen. Kann dieses Einverständnis nicht er- reicht werden, obwohl eine rasche Einleitung der sonderpädagogischen Förderung unab- dingbar ist, kann in Einzelfällen auf Grundlage einer gründlichen Abwägung der Gesamtsitu- ation der Schülerin oder des Schülers die Begutachtung gegen den Willen der Eltern erfol- gen (vgl. hierzu § 11 Absatz 3 Satz 3 AO-SF und § 34 HmbSG). Die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs setzt in der Regel – gerade bei Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf LSE – die Beobachtung und Analyse des Verhal- tens im Unterricht voraus. Eine solche Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs sollte deshalb in der Regel die ersten Unterrichtswochen bzw. -monate abwarten und nur in begründeten Ausnahmefällen schon vor der Einschulung erfolgen. Zur Durchführung der Überprüfung sieht die AO-SF je nach vermutetem Förderbedarf und gewünschtem Lernort zwei unterschiedliche Verfahrenswege vor: a. Diagnosegestützter Förderplan zur Überprüfung und Feststellung eines sonderpäda- gogischen Förderbedarfs (vgl. § 12 Abs. 2 AO-SF) b. Gutachten zur Überprüfung und Feststellung des sonderpädagogischen Förderbe- darfs (vgl. § 12 Abs. 3 AO-SF) zu a.) Ein diagnosegestützter Förderplan wird zur Überprüfung und Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs bei vermutetem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung eingesetzt. Die Diagnostik erfolgt prozessbegleitend im Verlauf der Schullaufbahn. Die Erstellung eines diagnose- gestützten Förderplans liegt in der Zuständigkeit der sonderpädagogischen Lehrkräfte der allgemeinen Schule und erfolgt in enger Kooperation mit dem für die Schülerin oder den Schüler zuständigen Lehrerteam. Eine Beratung durch Fachkräfte des zuständigen regionalen Bildungs- und Beratungszentrums (ReBBZ) ist möglich und sinnvoll. Der diagnosegestützte Förderplan zur Überprüfung und Feststellung eines sonderpäda- gogischen Förderbedarfs schließt immer mit einer klar definierten Feststellung eines För- derbedarfs in mindestens einem der drei genannten Förderschwerpunkte ab. Er muss den Sorgeberechtigten ausgehändigt bzw. zugesandt werden und bedarf ihrer Zustimmung. Wird diese Zustimmung nicht erteilt und durch eine Unterschrift im Förder- plan dokumentiert, erfolgt eine Überprüfung durch die Behörde für Schule und Berufsbil- dung. In diesen Fällen erfolgt die Erteilung des Bescheides durch die fachlich zuständige Schulaufsicht im Referat Inklusion. 8
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zu b.) Ein sonderpädagogisches Gutachten wird (vgl. § 12 Abs. 3 AO-SF) für alle Kinder und Jugendlichen mit vermutetem Förderbedarf in den Bereichen Hören, Sehen, Autismus, geistige Entwicklung sowie körperliche und motorische Entwicklung erstellt. Darüber hinaus wird für Schülerinnen und Schüler mit vermutetem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung ein sonderpäda- gogisches Gutachten erstellt, sofern deren Sorgeberechtigte die Bildung und Erziehung in einem Gymnasium, einer Schule in freier Trägerschaft oder im schulischen Teil eines Regionalen Bildungs- und Beratungszentrums (ReBBZ) wünschen. Die Erstellung dieser sonderpädagogischen Gutachten erfolgt bei einzuschulenden Kin- dern rechtzeitig vor der Einschulung. Bei Schülerinnen und Schülern, die bereits eine Schule besuchen bzw. bei denen ein Schulwechsel ansteht, sind entsprechende Gutach- ten so frühzeitig einzuleiten, dass deren Ergebnisse bei der Auswahl der Schule und der Zusammensetzung der Lerngruppen bzw. bei der Planung der Fördermaßnahmen und der entsprechenden Personalbesetzung für das Folgeschuljahr angemessen berücksich- tigt werden können. Die Koordination der Erstellung dieser Gutachten insbesondere für die Schülerschaft all- gemeiner Schulen erfolgt durch die Regionalen Bildungs- und Beratungszentren. Hier wird abgestimmt, inwieweit Fachkräfte der speziellen Sonderschulen oder der überregio- nalen Bildungszentren für Hören und Kommunikation, für Blinde und Sehbehinderte oder für Haus- und Krankenhausunterricht/Autismus einbezogen werden. Unerlässlich ist zu- dem die Einbeziehung der Lehrkräfte der derzeit besuchten allgemeinen Schulen. Die sonderpädagogischen Gutachten sind der Behörde für Schule und Berufsbildung vorzulegen. Die Entscheidung zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs erfolgt durch das Referat Inklusion bzw. durch die Schulaufsicht für Schulen in freier Trä- gerschaft. Vor der Erstellung von Gutachten oder Förderplänen müssen die Sorgeberechtigten einbe- zogen werden, erst danach sollten Beobachtungen und Tests erfolgen. Parallel hierzu ist eine ergänzende schulärztliche Untersuchung zu veranlassen, sofern diese für das Ergebnis der sonderpädagogischen Überprüfung von Belang ist. Die Sorgeberechtigten können einem Förderplan die Zustimmung verweigern oder gegen ein sonderpädagogisches Gutachten Widerspruch einlegen. Im Fall der Verweigerung der Zu- stimmung zum Förderplan ergeht ein externes sonderpädagogisches Gutachten. Die das Gutachten erstellende Institution (in der Regel ein REBBZ oder eine spezielle Sonderschule) prüft sodann eine etwaige Abhilfe des Widerspruchs, dann erfolgt eine weitere fachliche Überprüfung durch das Referat Inklusion und eine Zuleitung an die Rechtsabteilung der Be- hörde für Schule und Berufsbildung. Im Abschlussgespräch zwischen den beauftragten sonderpädagogischen Lehrkräften und den Sorgeberechtigten werden schließlich die Beobachtungen und erhobenen Befunde so- wie die erarbeitete Empfehlung für eine angemessene schulische und gegebenenfalls er- gänzende häusliche Förderung mit Benennung des Förderbereichs und Beschreibung der notwendigen Rahmenbedingungen für die Umsetzung einer notwendigen sonderpädagogi- schen Förderung erörtert. Eine Empfehlung für einen bestimmten Lernort ist nicht Bestand- teil eines diagnosegestützen Förderplans oder eines Gutachtens. Förderplan bzw. Gutachten werden den Sorgeberechtigten ausgehändigt. 9
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2. Maßgaben zur Erstellung eines diagnosegestützten Förderplans zur Überprüfung und Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs In einem diagnosegestützten Förderplan werden die Entwicklungsvoraussetzungen der Kin- der und Jugendlichen und der individuelle Förderbedarf benannt. Dies geschieht vor dem Hintergrund konkreter Beobachtungen im Unterricht bzw. in sonstigen schulischen Lern- und Interaktionssituationen und unter Einbeziehung bereits vorhandener schulischer und außer- schulischer Berichte und Gutachten. Dabei werden individuelle Besonderheiten und Bedarfe beschrieben hinsichtlich  des Lern- und Leistungsverhaltens sowie des Aufbaus kognitiver Strukturen und der Besonderheiten in den Entwicklungsbereichen (Förderschwerpunkt Lernen),  des Erwerbs von Sprachhandlungskompetenz einschließlich spezifischer Unter- stützungs-bedarfe beim Schriftspracherwerb (Förderschwerpunkt Sprache) und  des Aufbaus sozial angemessener Verhaltensstrukturen zum Umgang mit der ei- genen Emotionalität und zur Entwicklung angemessener und akzeptierter Interak- tionsformen mit anderen Personen (Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung). In die Darstellung fließen auch die Ergebnisse standardisierter und informeller Diagnose- und Beobachtungsverfahren ein. Ein diagnosegestützter Förderplan ist folgendermaßen gegliedert: 1. Kopfteil: mit folgenden Angaben: Name, Vorname Geburtsdatum Wohnort Schule Klasse Primärer Förderbedarf Name(n) der Klassenlehrerin/des Klassenlehrers Name(n) der Sonderpädagogin/des Sonderpädagogen Zeitraum für die vorgelegte Förderplanung 2. Allgemeine Beschreibung des individuellen Förderbedarfs: Diese Beschreibung wird in der Textform knapp abgefasst. Sie enthält Angaben zur Anamnese, zu bisher vorliegenden Diagnosen und Berichten (z.B. von Kinder- tageseinrichtungen, Sprachtherapie, Ergotherapie), zu Beobachtungen hinsicht- lich des Lern- und Arbeitsverhaltens im Unterricht und zu den bisher durchgeführ- ten Maßnahmen unterrichtsintegrierter und additiver schulischer Förderung. 3. Planung der sonderpädagogischen Förderung: Diese Planung sollte folgende Aspekte enthalten: - Benennen relevanter Förderbereiche (Arbeitsverhalten, Sozialverhalten, Spra- che etc.) - Knappe Beschreibungen zur Lernausgangslage im jeweiligen Förderbereich 10
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