erlassvom15-04-2019_geschwaerzt

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Richtlinien zur Personenstandsgesetz 45b

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Landesverwaltungsamt
Ernst-Kamieth-Straße 2
06112 Halle (Saale)




Personen standswesen ;                                                                           15. April 2019
Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden A n-
gaben;                                                                                           Zeichen:
Bezug: Erlass vom 28.03.2019, 34.31 -11120-1-3                                                   34.31-11150-1
                                                                                                 Bearbeitet von:
                                                                                                 ███ ▎████ ▎
                                                                                                 ▎
Mit dem am 22. Dezember 2018 in Kraft getretenen „Gesetz zur Änderung                            Durchwahl:
                                                                                                 (0391) 567-5466
der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben“ wird die Möglichkeit
eröffnet, bei der Geburt von Kindern, die weder dem männlichen noch dem                          E-Mail:
                                                                                                 ██▌█████ ▎
weiblichen Geschlecht eindeutig zugeordnet rdenwe können (intersexuelle                          ██████▎████▎
Menschen), auch die Geschlechtsangabe „divers“ zu wählen (§ 22 Abs. 3                            Ihre Nachricht:
PStG). Personen mit einersolchen Variante der Geschlechtsentwicklung
                                                                                                 vom
können ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen darüber hinaus später
auch selbst durch eine Erklärung gegen  über dem Standesamt ändern s- la
sen (§ 45b PStG).

Bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen    sind vermehrt Fragenin
Bezug auf die Anwendung dieser neuen Regelung      aufgetreten. Die nach-
folgenden Hinweise sollen die bisherigen Unsicherheiten bei der Rechtsan-
wendung weiter ausräumen:

1. Die neue Regelung in § 22 Abs. 3 PStG und in § 45b PStG erfasst nur                           Halberstädter Str. 2/
   intersexuelle Menschen, also Menschen mit nerei Variante der Ge-                              am „Platz des 17. Juni“
                                                                                                 39112 Magdeburg
                                                                                                 Telefon (0391) 567-01
                                                                                                 Telefax (0391) 567-5290
                                                                                                 poststelle@mi.sachsen-anhalt.de
                                                                                                 www.mi.sachsen-anhalt.de
                                                                                                 Deutsche Bundesbank
                                                                                                 Filiale Magdeburg
                                                                                                 IBAN:
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     schlechtsentwicklung, die körperlich weder dem weiblichen noch dem männlichen Ge-
     schlecht zugeordnet werden können. Der Begriff „Variante der Geschlechtsentwicklung“
     ist die deutsche Fassung der bei der Konsensuskonferenz in Chicago 2005 international
     festgelegten Definition für „Differences of Sex Development“, kurz DSD. Danach liegt ei-
     ne Variante der Geschlechtsentwicklung nur bei solchen Diagnosen vor, bei denen die
     Geschlechtschromosomen, das Genitale oder die Gonaden inkongruent sind. Eine Vari-
     ante der Geschlechtsentwicklung im Sinne der Norm liegt dagegen z. B. nicht vor, wenn
     die Veränderung des Geschlechts aufgrund der Einnahme von Hormonen selbst herbei-
     geführt worden ist.


2.   Transsexuelle Menschen werden vom Geltungsbereich der neuen Regelung nicht er-
     fasst. Für sie gilt weiterhin das Verfahren nach dem Transsexuellengesetz. Transsexuel-
     le Menschen haben ein eindeutiges biologisches Geschlecht, das aber nicht mit dem
     empfundenen Geschlecht übereinstimmt.


3.   Inzwischen gibt es vermehrt Hinweise auf Fälle, in denen Transsexuelle die allein für
     intersexuelle Menschen geschaffene Regelung für sich in Anspruch nehmen. So sollen
     ärztliche Bescheinigungen vorgelegt worden sein, obwohl eine Variante der Ge-
     schlechtsentwicklung tatsächlich nicht vorliegt. Zwar muss die geforderte ärztliche Be-
     scheinigung keine genaue Diagnose enthalten und der Standesbeamte wird regelmäßig
     auch auf die Richtigkeit einer ärztlichen Bescheinigung vertrauen können. Dennoch ist
     er verpflichtet, die Bescheinigung als Nachweis unter folgenden Aspekten zu prüfen:
      Die Bescheinigung darf nur ausstellen, wer über eine ärztliche Approbation (staatliche
       Zulassung) verfügt. Das sind in erster Linie die einschlägigen Fachärzte. Psycholo-
       gen ohne zusätzliche ärztliche Approbation können die ärztliche Bescheinigung da-
       gegen nicht ausstellen.
      Bestehen berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung, z.B.
       weil die betroffene Person parallel ein Verfahren nach dem Transsexuellengesetz be-
       treibt, ist der Sachverhalt weiter aufzuklären. Dazu kann z. B. eine Konkretisierung
       der ärztlichen Bescheinigung dahingehend verlangt werden, dass eine Variante der
       Geschlechtsentwicklung nach der in der Konsensuskonferenz in Chicago 2005 inter-
       national festgelegten Definition bestätigt wird. Können die Zweifel nicht ausgeräumt
       werden, ist die Ablehnung der Beurkundung in Betracht zu ziehen.
      Ergibt sich zusätzlich der Verdacht der Ausstellung einer unrichtigen ärztlichen Be-
       scheinigung nach § 278 StGB, ist Nummer 70 PStG-VwV zu beachten.
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4. Die neue Regelung sieht nur zwei Ausnahmefälle vor, in denen ersatzweise die Abgabe
   einer eidesstattlichen Versicherung zugelassen ist, weil die Vorlage einer ärztlichen Be-
   scheinigung nicht oder nur unter nicht zumutbaren Bedingungen zu erlangen wäre. Da-
   für müssen kumulativ folgende Voraussetzungen vorliegen:

    1. Es liegt eine Variante der Geschlechtsentwicklung nach o. g. Definition vor.
    2. Es hat deshalb eine medizinische Behandlung gegeben.
    3. Die betreffende Person verfügt jedoch nicht über eine ärztliche Bescheinigung dieser
       Behandlung.
    4. Ein aktueller Nachweis ist entweder
         wegen der erfolgten Behandlung nicht mehr möglich oder
         eine dafür erforderliche Untersuchung wäre unzumutbar (Re    traumatisierung).

    Der Wortlaut der eidesstattlichen Versicherung sollte alle oben aufgeführten einschlägi-
    gen Voraussetzungen umfassen. Wenn der Verdacht einer falschen Versicherung an
    Eides statt (§ 156 StGB) besteht, ist ebenfalls eine Mitteilung nach  ummerN 70 PStG-
    VwV zu prüfen.

5. Wird die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung oder unter den o. g. Voraus  setzungen
   die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verweigert, darf die Erklärung nach § 45b
   PStG nicht beurkundet werden.

Ich bitte um Kenntnisnahme und Beachtung und um Unterrichtung der Landkreise, krei
                                                                                s-
freien Städte und der Standesämter.

Im Auftrag


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