1999-protokoll-nr-410
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
1A Stheck-Beirat-410 Vertraulich*)
Mitteilungen der Vorsitzenden IL. Feststellung der Tagesordnung Hil. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung Diskussion Uber aktueile Probleme Gutachten: “Freiziigigkeit und Soziale Sicherung in Europa” Kommissionsvorlage “Freiztigigkeit und Soziale Sicherung in Europa” (Stand: Oktober 1999) Vi. Tagesordnung der nachsten Sitzung Vil. Verschiedenes
l, Mitteilungen der Vorsitzenden ll. Feststeltung der Tagesordnung | V. Gutachten: “Freiziigigkeit und Soziale Sicherung in Europa” Fortsetzung Diskussion der Kommissionsvorlage Der Beirat setzt die Beratungen der Kommissionsvorlage fort. Kapitel Ill_A.3. Wanderungseffizienz und Beitragsaquivalenz (S.30-33) Seite 31: Bei umgekehrtem Saldo (Zeile 2) liege Lohnsubventionierung vor. die relative bzw. absolute (Zeile 26) Verknupfung von Beitragen und Leistungen sollte eautert werden. Seite 32: Im oberen Absatz sei die Steuerbelastung fiir die Finanzierung der Rente der heutigen Generation vernachlassigt. Beim Vergleich mit einer kapitalmarktmaRige n Anlage der Pflichtbeitrage sollte das Ubergangsproblem berucksichtigt werden. Kritisiert werden die Formulierungen ,Generationen in der Reifephase* (Zeile 3) und ,ar- beitsmarktpolitisch* (Zeile 7); in Zeile 4 sollte ,nach uberschlagiger Schatzung “ ersetzt wer-
-4- den durch ,es gibt Schadtzungen. In Zeile 23 sollte statt ,entziehen" der Begriff ,vermeiden® verwendet werden. Seite 32: Kritisiert wird der Begriff ,/naquivalenz‘; es wird Abstimmungsbedarf mit Seite 29, Zeile 27 gesehen — was dort als Wahl zwischen zwei Ubein gekennzeichnet sei, erscheine hier als Lésung. Ubergreifende Hinweise: Eine konzeptionelle Unterscheidung von ,Verzerrungen* und ,Einflussen auf Wanderungen* werde nicht deutlich. Es wird vorgeschlagen, zunachst einen effizienten Zustand zu kenn- zeichnen (Wanderungsgleichgewicht) und davon staatliche MaBnahmen abzugrenzen, die Verzerrungen bedeuten. Einige Beiratsmitglieder pladieren fur eine Itustration durch Dia- gramme. Die Begriffe , Harmonisierung" und ,Koordinierung" werden unterschiedlich gedeutet. In der Kommission wird ,Koordinierung" auf der Instrumentenebene und ,,Harmonisierung* in Be- zug auf Ziele gesehen. Eine andere Unterscheidung versteht unter ,Harmonisierung* Rechtsangleichung bzw. Vereinheitlichung von Regelungen in den beteiligten Staaten und unter ,Koordinierung" die Abstimmung von Zielen ohne Regelung im Detail; hier sei die praktische Durchfuhrung eigene Sache jedes einzeinen beteiligten Staates. Kapitel i1.B. Soziale Sicherung und Wettbewerb (S.33-35) Seite 33: In Zeile 18 sollte statt ,Punkt 2 in Abschnitt II.B.“ die dort behandeite Sache als Bezug angesprochen werden. Unklar sei, was mit ,Ausweitung der europdischen Koordinie- rung und Harmonisierung auf neue Politikbereiche* (Zeile 24) gemeint ist. Seite 34: Es sei unklar, was unter dem ,Konfliktfall’ (Zeile 2) zu verstehen sei. Kritisiert werden die Formulierungen ,kann nie ganz ausgeschlossen werden" (Zeile 3), in etwa"TM (Zeile 21) sowie ,nach Gutdtinken (Zeile 30). Es wird vorgeschlagen, die Zeilen 13 bis 17 zu streichen. Ubergreifende Hinweise: Es sei festzuhalten, da@ der Aufbau des Entwurfs umstritten ist. Kapitel IH.B. wird zurtick- gestellt.
-5- im Einzeinen wird vorgeschlagen, Abschnitt Il!.B. vorzuziehen; die im vorherigen Abschnitt besprochene totale Aquivalenz werde hier nicht mehr aufgegriffen, insoweit entstehe ein Bruch in der Argumentation. Ein anderer Aufbau sei insbesondere auch dann ndtig, wenn statt auf Erhaltung der Sozial- versicherungssysteme starker auf Wettbewerb gesetzt werden solite. Soweit festzustellen sei, dass Begrtindungen fiir staatliche Regulierungen nicht zu finden sind, entfalle auch die Notwendigkeit der Koordination. Hiergegen wird eingewendet, dass selbst in diesem Fall nicht mit einer sofortigen Abschaffung der staatlichen Soziaiv ersicherung zu rechnen sei und zumindest Ubergangsweise Empfehlungen auszusprechen seien. Kapitel /I1.B.1. Versicherung dber Wettbewerbsmarkte (S.36 ff.) Seite 36: Der Begriff ,Daseinsvorsorge* (Zeilen 2 und 6) sei juristisc h anders belegt und daher zu ersetzen (Vorschlag: Daseinsgestaltung). Der erste Absatz zeige ein verzerrtes die Zeilen 2 bis 19 zu streichen, in der Abstimmung pladiert eine Mehrheit fur Beibehaltung. Seite 37: Distributionspolitische Vorbehalte gegenuber wettbew erblicher Versicherung sei- en nicht einleuchtend, wenn man bedenke, dass Umverte ilungsziele im Steuersystem ver- folgt werden kénnen. Seite 38: Die Aussage (beginnend in Zeile 12) sei auf reinen Versicherungsmarkten frag- lich. Ubergreifende Hinweise: Der vorliegende Text stelle Begrtindungen fur die herrsc hende staatliche Regulierung der Sozialversicherung dar, die im Einzelnen von mehreren Beirats mitgliedern kritisiert werden. Es sei die Vorfrage zu klaren, ob die herrschenden Soziaiv ersicherungssysteme im Gut- nation aus einer grundsdatzlichen Diskussion entwickelt werden sollen. Wahrend auf der ei- nen Seite die Gefahr gesehen wird, dass eine grundsa tzliche Diskussion den Rahmen des Gutachtens sprengt, wird auf der anderen Seite eingewendet, dass die Richtung der Ar- gumentation auch von der Einschatzung der Grundsatzprobi ematik abhangt. Es wird angeregt, grundsdatzlich zu diskutieren, ob bestim mte Versicherungen den Charak- ter Offentlicher Guter haben. Die relevanten Merkmale Offentlicher Giiter werden im Beirat unterschiedlich gesehen. Der Text sei zu einseitig auf die Krankenversicherung ausgeri chtet, z. T. wurden Theorie und besondere Probieme der Krankenversicherung vermischt.
Kapitel ill.B.2. Regulierende Eingriffe in Versicherungsmarkten (S.38 ff.) Seite 38: Der Begriff ,Lehrbuchantwort* (Zeile 23) sei an dieser Stelle zu weitreichend. Seite 39: Neben der dargestellten Krankenversicherung seien auch Renten- und Arbeitslo- senversicherung mit mdglicherweise unterschiedlichen Lésungsansatzen zu behandeln. Ubergreifende Hinweise: Bei den Schiussfolgerungen aus den im Text dargelegten Begrtindungen fur die Existenz des Sozialversicherungssystems sei zu unterscheiden, ob es Griinde fiir Versicherungs- zwang gibt und ob dafir offentliche Institutionen notwendig sind. Da die im Entwurf darge- legten Begriindungen fir die staatliche Sozialversicherung im Beirat umstritten sind, sei ein anderer Aufbau des Gutachtens zu diskutieren. Es wird vorgeschlagen, den Ist-Zustand als Ausgangspunkt des Gutachtens zu setzen und dann zu fragen, was sich durch Freizligigkeit geandert hat. In Europa gebe es verschiedene Sozialversicherungssysteme, deren Griinde nicht nadher betrachtet werden. Unabhangig davon gebe es Wanderungsprobleme - selbst dann, wenn Umverteilungen von der Sozial- versicherung in das Steuersystem verlagert wurden. Ziei sei die Entwicklung einer optima- len europaischen Koordinierungspolitik. Kapitel t11.B.3. Madelle sozialer Sicherung (S.42 ff.) Seite 42: Es sei zu bedenken, dass private Aufgabenerledigung bei staatlichen Vorgaben médglich sei (zu Zeile 13). Seite 44: Bei Betrachtung der Umverteilung (Zeilen 11/12) sollte nicht nur die Einkom- mensteuer, sondern die Wirkung aller Steuern herangezogen werden. Zudem seien hori- zontale und vertikale Verteilungsaspekte zu beriicksichtigen. Kapitel I{1.B.4. Notwendige und unnotwendige Wettbewerbsbeschrankungen (S.44 ff.) Seite 44: Kritisiert wird der Begriff ,unnotwendige“ in der Uberschrift. Es wird angeregt, den Satz in Zeile 21/22 an den vorangehenden Absatz zu ziehen, da er nur im Zusammenhang mit den Zeilen 17 bis 19 verstandlich sei. Der letzte Satz (Zeilen 30/31) ist umstritten. Seite 45: Unklar sei die Problematik der ,Rosinenpickerei* (Zeile 7, auch Seite 47, Zeile 8).
Ubergreifende Hinweise: Die Diskussion einzeiner Passagen aus Kapitel B. der Vorlage lasst sich vor dem Hinter- grund der umstrittenen Gutachtenkonzeption nicht zielfiihrend fortsetzen . Es wird vorge- schiagen, ahnlich wie im Gutachten zur Reform der internationalen Kapitaleinkommensb e- steuerung zu verfahren. Dort wurde nicht die Frage behandelt, ob Kapitalei nkommen Uber- haupt besteuert werden sollten, sondern ausgehend von Wohnsitz- und Quellenpri nzip Empfehlungen bei alternativen Grundprinzipien abgeleitet. Kapitel B. des vorliegenden Entwurfs musste wohl zum gré8ten Teil entfallen. Uberarbeitete Fassung von Kapitel C. Die Kommission hat eine Uberarbeitete Fassung von Kapitel C. erstellt, die dem Beirat noch nicht in schriftlicher Form vorliegt. Ein Mitglied der Kommission erlautert die Neufassun g: Das Kapitel komme wegen der Schwdchen des Beschaftigungslandprinzips zur Empfehiung des Wohnsitzprinzips; noch nicht ausgearbeitet sei die rechtlich e Umsetzungsproblematik. Das Beschaftigungslandprinzip fuhre interregional zur Nettolohnangleic hung und in Landern mit hoher Umverteilung in der Sozialversicherung wurde durch hohe Bruttoléhne Beschafti- gung verdrangt. Beim Wohnsitzprinzip komme es dagegen zu interregi onaler Bruttclohnan- gleichung, die aus allokationspolitischen Griinden vorzuziehen sei (Produktionseffizienz). Administrativer Vorteil des Beschaftigungslandprinzips sei die Méglichke it des Quellenab- zugs der Sozialversicherungsabgaben beim Arbeitgeber. Eine Neuorientierung am Wohn- sitzprinzip musse alternative Ankndpfungspunkte fur Beitrage und Leistung en finden, hier- bei sei der Zielkonflikt von Integration und Ankndpfung an Ursprun gsmerkmalen zu lésen. Ubergeordnet sei das Ziel der Produktionseffizienz, Sozialarbitrage sei zu verhindern, Um- verteilung soll regionale Angelegenheit bleiben. Die Giberarbeitete Voriage komme zur Empfehlung eines auf fiinf Jahre eingeschrankten Nationalitatsprinz ips. in der Diskussion wird auf die leichtere Manipulierbarkeit des Wohnsit zes im Vergleich zum Beschaftigungsort hingewiesen. Beim Vergleich mit dem Gutachten zur Kapitaleinkommensbest euerung sei zu beachten, dass Kapital und Arbeit fundamental anders zu sehen sind. Der Vorschlag im Gberarbeiteten Kommissionsentwurf bedeute, dass wegen der Herkunft funf Jahre lang héhere Abgaben zu leisten seien — dies sei mit Ineffizienz verbunden. Bei der Administration des Wohnsitzprinzips kénne z.B. auf den ,Lebensm ittelpunkt" wie im AuRensteuerrecht abgestelilt werden.
Weiteres Vorgehen Der Uberarbeitete Kommissionsentwurf wird den Beiratsmitgliedern zugestellt und kénnte in der n&chsten Sitzung erdrtert werden. In der nachsten Sitzung kénnte ber Themenvorschiage des nachsten Beiratsgutachtens diskutiert werden, Themenwunsche aus dem BMF sind erbeten. Die Diskussion Gber aktuelle Probleme sollte in der nachsten Sitzung mit Uber die Untemehmensteuerreform gefihrt werden. Der Beirat soilte eine aktuelle kurzfristige Stellungnahme zu Finanzausgleich und Massta- begesetz abgeben, die Begieitung eines Experten aus dem BMF wird erbeten. VI. Tagesordnung der nachsten Sitzung / Verschiedenes Die nachste Beiratssitzung findet am 14./15. Januar 2000 in Berlin im “Westin Grand Hotel* statt. Voraussichtliche Tagesordnung ist: IL. Mitteilungen der Vorsitzenden il. Feststellung der Tagesordnung il. Bemerkungen zu den Protokollen der letzten beiden Sitzungen IV. Diskussion Gber aktuelle Probleme Vv. Vorbereitung einer Stellungnahme zum Landerfinanzausgleich vi Gutachten: “Freizigigkeit und Soziale Sicherung in Europa” Vil. Tagesordnung der nachsten Sitzung Vill =Verschiedenes Bonr/Géttingen, den 5. Januar 2000 gez. gez.