2000-protokoll-nr-418
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
Pl/gerh-Beirat-418 Vertraulich*) Niederschrift 8/00 beim Bundesministerium der Finanzen am 8/9. Dezember 2000 in Berlin im “Westin Grand Hotel” A. Teilnehmer
B. Tagesordnung Mitteilungen der Vorsitzenden I. Feststellung der Tagesordnung In. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung Diskussion Uber aktuelle Probleme Vortrag von a 20 Thema ’Finanzpolitische Leitplanken” und “"Nachhaltigkeit” Gutachten: "FreizGgigkeit und Soziale Sicherung in Europa” Diskussion der Gberarbeiteten Kommissionsvorlage "Haushaltspolitische Instrumente zur Verbesserung der Nachhaitigkeit in der Finanzpolitik” Wahlen zum Vorsitz und stellvertretenden Vorsitz des Beirats Tagesordnung der nachsten Sitzung Verschiedenes
it. Feststellung der Tagesordnung EER oir unter TOP IV. zum Thema ”Finanzpolitische Leitplanken” und "Nachhaitigkeit” vortragen. Er steht dem Beirat zur anschlieRenden Diskussion zur Verfugung. Die Wahlen zum Vorsitz und stellvertretenden Vorsitz des Beirats finden am Nachmittag statt.
-4- lil, Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung Das Protokoll wird ohne Anderungen angenommen. IV. Diskussion tber aktuelle Probleme (1) Vortrag von’ zum Thema “Finanzpolitische Leitplanken” und "Nachhaltigkeit’ stellt zu Beginn seiner Ausfuhrungen dar, dass die langfristige Sicherung der finanziellen Basis staatliches Handein eine zentrale Herausforderung der nachsten Jahre ist. Die hohen Zinsbelastungen im Bundeshaushalt engen den Handlungsspielraum erheblich ein. Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums handelt es sich bei den Themen *Generationengerechtigkeit” und "Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik” um wichtige Fragestellungen. dankt dem Beirat, dass er dieses schwierige und wichtige Thema in einem Gutachten untersucht. ist der Auffassung, dass in der Offentlichkeit mittlerweile ein Grundkonsens fir eine sparsame Haushaltsfiihrung existiert. Die BMF-Ausarbeitung zu den "Leitplanken der Finanzpolitik” dient dazu, die Notwendigkeit einer langfristig angelegten Finanzpolitik darzustellen. Der Schuldenabbau fur solide Staatsfinanzen und die Férderung von Wachstum und Beschaftigung durch ein tragfahiges und gerechtes Steuer- und Abgabensystem mussen dabei zusammengefthrt werden. Solide Staatsfinanzen sind insbesondere erforderlich, um auf die demographischen Veranderungen zu reagieren. Das “Leitplankenpapier’ enthalt eine Modellrechnung bis zum Jahr 2012, in der die Perspektiven flr die Finanzpolitik aufgezeichnet werden. erlautert die zugrundeliegenden Annahmen und denkbaren Szenarien ab dem Jahr 2009. (2) Diskussion Der Beirat begrift grundsatzlich, dass mit dem Leitplankenpapier der Versuch unternommen wird, Finanzpolitik Uber eine Legislaturperiode hinaus in einen langerfristigen Rahmen einzubetten. Vor dem Hintergrund der existierenden demographischen Herausforderungen pladieren einige Beiratsmitglieder fur eine starkere Aufklarung und
-5- Information der Offentlichkeit Uber die hieraus resultierenden Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme und die Finanzpolitik. “hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass mit der Rentenreform der Bundesregierung auf die Verschiebungen im Altersaufbau in Deutschland reagiert wird. Zum Beispiel ist die Einflhrung einer kapitalgedeckten Altersvorsorge vorgesehen, wie sie schon seit langem von der Wissenschaft gefordert wurde. Die Komplexitat des Demographieproblems mit seinen Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme verdeutlicht auch den groBen Beratungsbedarf der Politik. Einige Beiratsmitglieder legen in der Diskussion dar, dass es wiinschensweit sei, bei einer eventuellen Fortschreibung des Papiers steuerpolitischen Fragestellungen ein starkeres Gewicht beizumessen, da wichtige Strukturfragen der Steuerpolitik in dem Papier nicht behandeit werden, In diesem Zusammenhang wird auch die Frage gestellt, inwieweit weitere Steuersenkungen méglich sein werden. weist darauf hin, dass mit der Steuerreform 2000 Steuerentlastungen in verschiedenen Stufen bis ins Jahr 2005 festgelegt worden sind. Das Entlastungsvolumen im Jahr 2001 betragt allein 45 Milliarden DM. Weitergehende Entlastungsschritte sind mit dem Konsolidierungsziel nicht vereinbar. V. Gutachten: "FreizUgigkeit und Soziale Der Beirat diskutiert den Entwurf der Zusammenfassung und die in der Kommissionsvoriage kenntlich gemachten Anderungen vom 1. Dezember 2000. Der Beirat verabschiedet das Gutachten anschlieRend in der vorliegenden Form. Die Kommission wird, die druckfertige Endfassung zur Ver6ffentlichung kurzfristig zuleiten. In der Endfassung werden foigende Diskussionsergebnisse beriicksichtigt: « Die wahrend der Sitzung verabschiedeten redaktionellen Anderungen und die der Kommission von einigen Beiratsmitgliedern wahrend der Sitzung zugeleiteten Formulierungsvorschlage werden eingearbeitet.
=)- Der wahrend der Sitzung verteilte Entwurf eines Minderheitsvotums zweier Beiratsmitglieder wurde ausfUhrlich diskutlert. Als Ergebnis wurde einstimmig beschiossen, den Text im Gutachten einzuarbeiten. Lediglich auf den letzten Satz des Minderheitsvotums wird verzichtet. Die Ubergabe des Gutachtens an sollte mdéglichst bis zum Februar 2001 erfoigen. Vi. Diskussion der iberarbeiteten Kommissionsvoriage "Haushaltspolitische Instrumente zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik”’ Der Beirat beschlie&t, zunachst eine grundsatzliche Diskussion Uber die vorhandenen Konzepte zur Erfassung von Nachhaitigkeit in der Finanzpolitik zu fuhren. Die Erérterung der Kommissionsvoriage soll zu einem spateren Zeitpunkt erfolgen. Aus der Diskussion sind die folgenden wichtigen Ergebnisse festzuhalten: Einige Beiratsmitglieder regen an, in dem Gutachten zunachst darzustellen, was der Blanchard-Ansatz bzw. das Konzept der Generationenbilanzen leisten. Beide Konzepte griinden auf der intertemporalen Budgetrestriktion des Staates. Das Konzept der Generationenbilanzen lasst sich in zwei Varianten unterteilen: Die "basisbezogene” und die “generationenbezogene” Tragfahigkeitslicke. In dem Gutachten sollte in diesem Zusammenhang die grundsdtzliche Frage beantwortet werden, was aus Sicht des Beirats unter einer Tragfahigkeitslucke zu versitehen ist. Dieser Aspekt sollte von der primar methodischen Frage getrennt werden, wie man eine Tragfahigkeitsiucke oder Nachhaltigkeit berechnet. Der Beirat diskutiert, inwieweit sich zum Beispiel mit dem makroékonomischen Blanchard-Ansatz ROckwirkungen demographischer Entwickiungen auf die Sozialversicherung bertcksichtigen lassen (z.B. Reaktionen auf steigende Soziaiversicherungsbeitrage). Ein Beiratsmitglied meint, dass es von besonderer Bedeutung sei, die Veranderbarkeit der gewahiten Annahmen, z.B. die unterstelite Progressivitat des Steuersystems, darzustellen. Wichtig sei daher, in dem Gutachten auf die begrenzte Eignung der Ansatze fur politikrelevante Schilisse einzugehen.
=F« * Ein Beiratsmitglied weist darauf hin, ein Ausgangspunkt des Gutachtens sei die Feststellung, dass die Schulden von heute die Steuern von morgen sind. Ein steigender Schuldenstand erhéht den Zwang zum Handein von Jahr zu Jahr. Ein Beiratsmitglied hait mit Verweis auf sogenannte "politische Externalitaiten” ‘die Offeniegung kurz- und langfristiger Effekte derartiger Extemalitaten fur wichtig. Mit einem Nachhaltigkeitskonzept sollten Briche in der Wirtschaft, z.B. durch die Demographie, deutlich gemacht werden. « Mehrere Beiratsmitglieder haiten eine ausfiihrliche Diskussion des Begriffs *"Nachhaltigkeit” in dem Gutachten fiir zentral. Mit dem Begriff werden unterschiedliche inhalte verbunden: Zum Beispiel im Sinn einer soliden Haushaltspolitik, einer wachstumsférdernden Finanzpolitik oder eines umweltvertraglichen Wachstums. Ein Beiratsmitglied ist der Auffassung, dass mit Nachhaltigkeit die idee der Gleichbehandiung von Generationen verbunden sei. Kunftige Generationen sollen nicht mehr belastet werden als nachfolgende; dieser Aspekt sei unabhangig von dkologischen Aspekten zu sehen. Daher seien mit der Thematik Verteilungsfragen von heute und morgen angesprochen. Vil. Wahlen zum Vorsitz und stellvertretenden Vorsitz des Beirats Der Beirat wahit fur eine weitere zweijahrige Amtsperiode
-8- Vill. Tagesordnung der ndachsten Sitzung Die nachste Beiratssitzung findet am 12./13. Januar 2001 in Tubingen im Gebhardt-Miller- Saal der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultat der Universitat statt. Voraussichtliche Tagesordnung ist: Mitteilungen der Vorsitzenden Feststellung der Tagesordnung Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung Diskussion Uber aktuelle Probleme Diskussion der Kommissionsvoriage “Haushaltspolitische Instrumente zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik” Tagesordnung der nachsten Sitzung VIL Verschiedenes IX. Verschiedenes wird auf eigenen Wunsch Ende des Jahres 2000 aus dem Wissenschaftlichen Beirat ausscheiden. Die Vorsitzende dankt im Namen des gesamten Beirats fiir die wertvolle langjah rige Mitarbeit. Berlin/Géttingen, den 8. Januar 2001 gez. gez.