2002-protokoll-nr-434
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
west_beirat_0B02.doc Vertraulich”
Mitteilungen der Vorsitzenden Hi. Feststellung der Tagesordnung lil. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV. Unterrichtung Uber aktuelle Themen, Stellungnahme zum Koalitionsvertrag/Entwurf eines Steuervergiinstigungsabbaugeseizes s Wahl des Vorsitzes und des stellvertretenden Vorsitze n in der Stellungnahme/Gutachten zur Beriicksichtigung von Kinder Vi. Vil. umlagefinanzierten Sozialversicherung ordnung in Vill. Fortsetzung der Diskussion zum Umiang des neuen Themas: Finanz Europa IX. Tagesordnung der nachsten Sitzung Verschiedenes
i. ell der T: nun Die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte VIt und VIII wird getauscht.
IV. Unterrichtung Gber aktuelle Themen Vortrag arlautert, dass es nach dem Abschluss der Koalitionsvereinbarung zu einer 6ffentlichen Debatte Uber die steuerlichen MaBnahmen des »Sparpaketes” gekommen sei. Das vom Kabinett beschlossene Steuervergiinstigungsabbaugesetz entsprache nun nicht mehr im vollem Umfang der Koalitionsvereinbarung. Am 15. Januar 2003 werde es eine éffentliche Anhérung zum Steuervergunstigungs- abbaugesetz geben. Die 2. und 3. Lesung des Gesetzes sei fur den 21. Februar 2003 eingeplant. Da ein Vermittlungsverfahren zu erwarien sei, werde das Gesetz wahrscheinlich erst Ende Marz 2003 in Kraft treten. Nach diesen Verfahrenshinweisen greift einzeline inhaltliche Punkte des Steuervergiinstigungsabbaugesetzes auf. Mit der Abschaffung der Spekulationsfrist bei Wertpapierverkaufen warden zukinftig Kapitalertrage (Zinsen) und VerauBerungsgewinne besteuert (capital-gains-tax). Direktanleger und Anleger in Fonds sollten gleichbehandelt werden. Schwierig gestalte sich bei Fonds die steuerliche Behandiung thesaurierter Gewinne. Zum Hartz-Konzept fart aus: Der Vermittlungsausschuss werde am 17. Dezember 2002 tagen. Die gebildete politische Arbeitsgruppe nahere sich einem Kompromiss. Es werde auf zwei Typen von Bagatellarbeitsverhaltnissen zulaufen. Bei haushaltsnahen Leistungen waren dann z.B. bei einem Enigelt von bis zu 500 € monatlich pauschal 10% an Sozialversicherungsbeitragen abzufiihren. Bei anderen Leistungen kénne die Pauschale hdher ausfallen (20 ~ 25%). Gerade der Bereich der haushaltsnahen Leistungen sei ein ,lohnendes Exerzierfeld“, um Schwarzarbeit in legale Arbeit zu lenken. Zur europaischen Zinsrichtlinie sei man optimistisch, dass es anlasslich der ECOFIN-Sitzung am 21. Januar 2003 zu einer Einigung komme. Problematisch sei, dass sich Osterreich und Luxemburg hinsichtlich der Entscheidung Quellensteuer oder Kontrolimitteitung an der Schweiz orientieren und sich die Schweiz gegen Kontrollmitteilungen ausgesprochen habe. Was aber auch immer beschlossen wiirde, es werde dem deutschen Fiskus gut tun. Als Beispiel aus steuerpolitischer Sicht fragwirdiger Fdérderungen nennt Medienfonds. Bei diesen Fonds werden z.T. ber Jahre Verluste realisiert, bevor das
-5- Produkt - der Film - fertig sei (selbsthergestellte immaterielle Firmenwe rte dirften jedoch nicht aktiviert werden). Leider flieSe das Geld der Fonds, die der Kapitalbe schaftung fiir Filmprojekte dienen sollen, meist in Hollywoodproduktionen und nicht in die deutsche Filmindustrie. Bei der Diskussion Gber Venture Capital Fonds zur Starkung der Eigenkapi talquote kleinerer und mittlerer Unternehmen wide haufig Gbersehen, dass tatsachlich nur die Verwalter/Manager dieser Fonds durch die Vorabausschittungen begtinstig t werden. Es fehle in Deutschland offenbar grundsatzlich nicht an Kapital, sondern an renditetra chtigen investitionen. Hinsichtlich der Reform der Gemeindefinanzen gehe die breite Diskussio n in Richtung Wertschdpfungsteuer. Allerdings gelte fiir die Arbeit der Kommission das Konsenspri nzip. Es sei eine Arbeitsgruppe gegriindet worden, die die Auswirkungen unterschiedlicher Regelungen (Wertschépfungsteuer, Zuschlag auf die Einkommen- und Kérperschaftsteuer) quantifizieren solle. ‘stellt heraus, dass es fir Deutschland immer schwieriger werde, sich auf dem Gebiet des Steuerrechts international zu behaupten. So entwickle sich z.B. Singapur durch legale Senkung der Steuersatze zu einer Steueroase. Nach dem bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen verlangt Singapur jedoch weiterhin, dass in Deutschland die Quellensteuer fiktiv angerechnet wird. Eine Anpassung des DBA’s wird bislang von Singapur verweigert. Zu Probiemen des Finanzféderalismus fart) _aus, dass diese die Steuererhebung erschweren und dadurch dem Steuerbetrug Vorschub leisten. So gebe es in Deutschland bislang weder eine einheitliche Steuernummer noch eine einheitliche Software zum Datenabgleich. Es habe allein zwei Jahre gedauert, ein Verwaltungsabkom men mit allen Landern zur Griindung der fiscus GmbH zur Entwicklung bundesein heitlicher Steuerprogramme abzuschlieBen. Die Versicherungsteuer, deren Einnahmen dem Bund zusiehen, sei von den Landern mehr schiecht als recht verwaltet worden. So hatten einige Lander seit Jahren keine Versicherungsteuerpriifungen mehr durchgefuhrt. Verglichen mit anderen Staaten sei Deutschland ,finsterste Steuerprovinz*. Der oftmals falsch verstande ne Finanzforderalismus schwache die steuerliche Konkurrenztahigk eit Deutschiands. In der anschlieBenden Diskussion macht: deutlich, dass es neben dem Abbau von Steuervergiinstigungen auch darum gehe, die Steuerbasis zu sichern. Ein
-6- Beiratsmitglied regt an, die umsatzsteuerliche Behandlung des Gesundheitswesens zu andern. Dies sei steuersystematisch sinnvoll. weist darauf hin, dass dieser Diskussionsansatz weitreichende steuerliche Auswirkungen habe und dass immer mehr ehemais hoheitliche Aufgaben privatisiert warden. Entsprechende EG-Richtlinien seien bislang nicht vollstandig in nationales Recht umgesetzt worden sind. Als Diskussionsgrundlage dient der von erstellte Entwurf einer Stellungnahme zum Entwurf eines Steuerverginstigungsabbaugesetzes. Der Beirat entscheidet mehrheitlich, die Textziffern zu streichen. Die ZwischenUiberschriften bleiben erhalten. Falgende weitere Anderungen werden beschlossen: - Indie Kopfzeile wird rechts ,Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen“ und links das Datum ,,74. Dezember 2002“ eingetigt. . §eite 1, Zeile 1-2: Die Uberschrift lautet: ,Steff’ungnahme zum Entwurf eines Steuervergtinstigungsabbaugesetzes“ 1, Zeile 6: Seite Streichung der Worter zu Recht" Seite 1, Zeile 12: Der letzte Satz lautet: Aus dieser Sicht waren manche der geplanten MaBnahmen durchaus angebrachi.“ Seite 1, Zeile 21ff.: Streichung des Satzes ,,£s fait in der Tat auf, ........ bei den Bdrgern spart.“ - Seite 1, Zeile 23F: Der Satz lautet: ,In der derzeitigen Wachstums- und Konjunkturkrise ist dieses Signal falsch, weil es fraglos weitere Konsum-, Investitions-, Wachstums- und BeschaftigungseinbuBen heraufbeschwéort.“
Seite 1, Zeile 25: Das Wort ,,weiterer* wird durch »entscheidender“ ersetzt. Seite 1, nach Zeile 32: Es wird folgender Satz ergAnzt: ,Er halt diesen Punkt fiir gravierend und legt daher seine Bedenken dar.“ Seite 1, Zeile 33: In der Zwischentiberschrift werden die Wérter ,und der Organschaft* gestrichen. Seite 2, Zeile 4ff: Der zweite und dritte Satz des 2. Absatzes werden geandert in: »Wer Verluste aus seiner eigenen Lebenswelt nicht kennt, mag die Verlustverrechnung 2war als ,Umgehung“ ansehen; in Wirklichkeit verhindert diese aber nur, dass Unternehmen mit Anfangsverlusten oder stark schwa nkenden Ergebnissen mehr Steuern Zahlen als vergleichbare Unternehmen, die stets Gewinn e erzielen, Also benachteiligt : jede Beschrankung der steuerlichen Verlustverrech nung riskante gegentiber sicheren lInvestitionen.“ Seite 2, Zeile 13: Die Worte ,die Wirtschaft“ werden ersetzt durch ,Deuts chland“ Seite 2, Zeile 19: Streichung von ,stelit keine Steuervergtinstigung dar, sondern“im 1. Satz dés 3. Absatzes. Seite 2, Zeile 21: Die Worter ,gewerbesteuerliche Organschaft“ werden ersetzt durch »Organschatt im geltenden Gewerbesteuerrecht” Seite 2, Zeile 27: Das Wort ,.Zusatzlastwird en“ durch ,, Verzerrungen“ ersetzt. Seite 2, Zeile 35: Die Worter ,das Geschaft der“ werden durch ,die“ ersetzt. Seite 2, Zeile 42: Das Wort ,insgesamt* wird durch ,gesamtwirtschaftlich “ ersetzt. Seite 3. Zeile 2f.: Der Satz ,Jedoch sind ékonomische :...schwer zu ermitteln“ wird gestrichen. Der nachste Satz lautet wie folgt: ,Jedoch mindern verschlechte rte Abschreibungsméglichkeiten bei unveranderten Steuertarifen die Attraktivitat von In vestitionen. “ Seite 3, Zeile 8ff.: Der Absatz unter der Uberschrift »otarkung der Gewerbesteuer“ wird wie foigt gefasst: »Mit dem Entwurt soll die Gewerbesteuer gestarkt werden. Aufgrund der schwierigen Finanzlage der Gemeinden erscheint dies verstan dlich, doch ist Folgendes zu bedenken:
-8- Bei der Erosion der Kommunalsteuern handelt es sich nicht allein um ein konjunkturelles Problem, sondern um einen langfristigen Prozess, der mit der Abschaffung der Lohnsummensteuer begann und mit der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer endete. Die Bundesregierung hat daher eine Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen eingesetzt, die ihre Ergebnisse voraussichtlich schon im kommenden Jahr vorlegen wird. Statt bei der Gewerbesteuer kurzatmige und fir die investitionstatigkeit schadliche Flickarbeit zu leisten, ware es besser, diese Ergebnisse abzuwarten und dann eine umfassende Reform umzusetzen, die im Gbrigen zu den wichtigsten Vorhaben der Legislaturperiode gehért. Der Beirat ist sich darin einig, dass die Gewerbesteuer in ihrer heutigen Form keine Zukunft hat, und lehnt Stickwerk auf diesem Gebiet ab.“ Seite 3, Zeile 2 1ff.: Der erste Absatz unter der Uberschrift , Vertrauen gewinnen!“ wird wie folgt formuliert: ,Bei Birgern und Unternehmen ist die Stimmung derzeit denkbar schlecht. Soiche psychologischen Befindlichkeiten muss die Politik beachten, weil sie das Wirtschaftsgeschehen ebenso beeinflussen wie die wirtschaftliche Lage. Unter diesem Gesichtspunkt ist es wichtig, verlorenes Vertrauen wieder zuriickzugewinnen, und zwar vor allem bei jenen, die Arbeitsplatze schatfen.” Seite 3, Zeile 27ff.: Die ersten beiden Satze des zweiten Absatzes unter der Uberschrift , Vertrauen gewinnen! lauten: Dies verlangt den Verzicht auf eine Verscharfung der Unternehmensbesteuerung und den Verzicht auf rickwirkende MaBnahmen, die besonders starke Vertrauensschaden hervorrufen. Auch muss den Menschen die Angst genommen werden, dass ab dem Frihjahr weitere SteuererhGhungen drohen, bereits beschlossene Steuersenkungen weiter verschoben oder gar neue Steuern eingefihrt werden.“ Seite 3, Zeile 32: Das Wort ,automatisch“ wird gestrichen. wird die iberarbeitete Stellungnahme mit einem kurzen Schreiben an abersenden. i Oe. 2 Wahl des Vorsitzes Bk 8 und hE des stelivertretenden eee Vorsitzes Der Beirat wahit zu seinem Vorsitzenden fir die Wahlperiode 2003/2004. Die Wahl eines stellvertretenden Vorsitzenden ist ergebnislos verlaufen.
-g- Das Ministerium klart die Frage einer Pressekonferenz anlasslich des Antrittsb esuches von _ Bei dieser Pressekonferenz ‘kénnte auch die Stellungnahme zum Steuervergiinstigungsabbaugesetz offentlich vorgestellt werden. Vil. ___Fortsetzung der Diskussion zum Umfang des heuen Themas: Finanzor dnung in Europa Nach ausfthrlicher Diskussion entscheidet sich der Beirat mehrheitlich, das Europa-T hema nicht weiterzuverfoigen. Ein groBes Thema‘ zu Europa ist nicht bis zum September 2003 (Zeitpunkt der Regierungskonferenz zum Papier des Konvents) zu bewdltige n. Zum moglichen ,kleinen Thema‘ Europasteuer existiert ein Gutachten des Beirates beim Bundesministerium fiir Wirtschaft und Arbeit, das noch aktuell ist. Der Beirat beschlieBt deshalb, zunachst die Stellungnahme zur Berucksichtigung von Kindern in der umlagefinanzierten Sozialversicherung abzuschlieBen. Vill, __Stellungnahme/Gutachten zur Bericksichtigung von Kindern in der umlagefinanzierten Sozialversicherung Vertagt auf die Januar-Sitzung. IX. Tagesordnung der nadchsten Sitzung Die nachste Sitzung Beirats wird am 17./18. Januar 2003 in Berlin stattfinde n. Voraussichtliche Tagesordnung: I. Mitteilungen des Vorsitzenden Ih. Feststellung der Tagesordnung il. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung NV, Information ber die neue Struktur der Grundsatzabteilung des BMF, V. Ubersetzung der Stellungnahme zur »Verstarkten Koordinierung der antizyklischen Finanzpolitik in Europa“ Vi. Wahl des stellvertretenden Vorsitzes (Aussprache)
-10- Vil. Stellungnahme/Gutachten zur Beriicksichtigung von Kindern in der umlagefinanzierten Sozialversicherung Vill. Zuwahl neuer Mitglieder (Aussprache) IX. Tagesordnung der nachsten Sitzung X. Verschiedenes X. Verschiedenes dankt den Mitgliedern des Beirates fur die gute Zusammenarbeit wahrend ihrer Amtszeit und den anwesenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Ministeriums fiir ihre tatkraftige Unterstitzung. Berlin/Géttingen, den 3. Januar 2003 gez. gez.