2005-protokoll-nr-453

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen

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XI 7/64                                              Vertraulich
                               rift 3/05

      der 453. T:     des Wi        haftiic

          beim                 i      ler Finanzen

                    am
                    22.123
                        April 2005
                               .
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B.



       Mitteilungen der Vorsitzenden

IL.    Feststellung der Tagesordnung

Ti.    Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

IV.    Tagungen 2006/2007 (Terminverschiebungen)

       Gutachten ,,Die abgabenrechtliche Privilegierung gemeinniitziger Zwecke auf dem Prifstand*

VI.    Interne Sitzung

VIL.

       »Die Besteuerung gemeinniitziger Organisationen im internationalen Vergleich“

VI.    Tagesordnung der nachsten Sitzung

       Verschiedenes
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IT.       eststellun
                  der g        Tacesordnu

 Die versandte Tagesordnung wird angepasst und in der
                                                      jetzt vorliegenden Form gebilligt.




Das Protokoll wird mit Dank an den Protokollfiihrer einstim
                                                            mig angenommen.




Tv.     Tagungen 2006/2007 (Terminversethiebungen)

Der Verschiebung des Termins der 2. Sitzung in
                                               2006 auf den 17./18. Februar in Stuttgart wird mehr-

heitlich zugestimmt.

Als Tagungsort fiir die 7. Sitzung in 2006 wird
                                                einstimmig Miinchen am 24./25. November festgele
                                                                                                 gt.

Fir die 7. Sitzung in 2007 in Berlin wird einstimmig der 30.
                                                             November/1. Dezember festgelegt.
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auf dem Prifstand“

                  roffnet die allgemeine Diskussion iber den vorliegenden Gutachtenentwurf der

Kommission. Von einem Beiratsmitglied wird der ausfiihrliche Quellenbeleg in den FuBnoten der bei-

den ersten Kapitel vor dem Hintergrund der grundsiatzlich zitatfreien Gutachtenformulierung zur Dis-

position gestellt. Hierzu verweisen Mitglieder der Kommission auf die Notwendigkeit einer starkeren

Quellenfundierung, insbesondere miissten empirische Tatbestinde und Zahlen belegt werden.

Ein Beiratsmitglied thematisiert die zwei ,,StoBrichtungen“ bei der dkonomischen Diskussion von

Gemeinniitzigkeit. Zum cinen miisste das verzerrte Wettbewerbsverhaltnis beim Angebot von Dienst-

leistungen zwischen den als gemeinniitzig anerkannten freien Wohl fahrisverbanden und den gewinn-

orientierten Dienstleistern analysiert werden. Zum anderen bediirfe es einer theoretischen Einordnung
des biirgerschaftlichen bzw. echrenamtlichen Engagements, wobei insbesondere die Motive zu analy-

sieren sind. Ganz grundsatzlich miissen in einer dynamischen Betrachtung auch die Innovations- und

Wachstumseffekte beriicksichtigt werden.

Verschiedene Beiratsmitglieder legen dar, dass bei den abgabenrechtlichen Férderinstrumenten zwi-

schen ertragsteuerlichen und umsatzsteuerlichen Regelungen zu unterscheiden ist; diese werden er-
ganzt durch subventionsrechtliche Férderinstrumente. Hierzu wird von einem Beiratsmitglied ausge-

flihrt, dass die Verpflichtung zur Zivildienstleistung als eine verkappte Form der Besteuerung der Ar-

beitskraft interpretiert werden kann. Angesprochen wird die Frage, ob Offentlich rechtliche Institutio-

nen in die Untersuchung einbezogen werden sollen. Die weitere Diskussion verdeutlicht, dass sich die
Kommission auf die abgabenrechtlichen Instrumente konzentrieren wird.

Auf die Frage eines Beiratsmitglieds, ob der Begriff der Gemeinniitzigkeit als konstitutiv fir den Be-

griff des ,,Dritten Sektors“ sei, wird von einem Mitglied der Kommission die Interpretationsvielfalt

dieser Begriffe dargelegt. Hierbei ist trichterférmig von einer allgemeinen Diskussion zu speziellen

Fragen vorzugehen. In einem Skonomischen Erklarungsansatz wird Gemeinniitzigkeit und der ,,Dritte

Sektor mit Versagen der Alternativen Markt und Staat in Verbindung gebracht. Gemeinniitzigkeit
kann mit dem Fehlen oder den Mangeln anderer institutioneller Arrangements erklart werden. Weil die
Leistung gar nicht erbracht oder nicht zur Zufriedenheit der Konsumenten erbracht wird, erbringt diese

dann der ,,Dritte Sektor“. Von diesem Skonomischen Ansatz abweichend, miissen andere Erklarungs-

ansatze, die teilweise starker normativ bzw. ideologisch gepragt sind, diskutiert, aber auch klar abge-

grenzt werden.


Ein Mitglied der Kommission grenzt die staatliche Produktion gegentiber der staatlichen Finanzierung

von gemeinniitzigen Kollektivgiitern ab. Wahrend die Produktion durchaus nicht-staatlich erfolgen

 kann, bspw. durch Nicht-Profit Organisationen, hat die   Finanzierung staatlicherseits zu erfolgen. Dies

 kann vu. a. abgabenrechtlich erfolgen.
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                    ,weist darauf hin, dass in der 6konomischen Rechtfertigung der Gemeinniitzigkeit

  aufgrund der Kollektivguteigenschaften die Eigenschaft der Meritorik erpganzend beriicksichti
                                                                                                gt wer-
  den kénnte. Weiter wird angeregt, die Definition von Gemeinniitzigkeit in anderen Staaten auf
                                                                                                Konsis-
  tenz und Widerspriche zu tiberpriifen, um eine erginzende Orientierung zu gewinnen.
                                                                                      Dies ist insbe-
  sondere vor dem Hintergrund relevant, dass oftmals nicht klar ist, ob die Subvention aus
                                                                                           der Gemein-
  nitzigkeit folgt, oder die Gemeinniitzigkeit der historischen Subvention attestiert wird.


  Von einem Beiratsmitglied wird ausgehend vom Subsidiaritatsprinzip und unter Hinweis auf das
                                                                                               De-
 zentralisierungstheorem von OATES insbesondere die Férderang von Gemeinniitzigkeit
                                                                                    mit raumlich

 begrenztem Bezug angeregt. Ein Beiratsmitglied weist darauf hin, dass in der Praxis der Finanzimter

 bzw. der Rechtsprechung keine Priifung von Absatz 1 § 52 Abgabenordnung mehr erfolgt, sondem

 ausschlieBlich die positive Aufzahlung des Absatz 2 § $2 Abgabenordnung entscheiden
                                                                                     d ist.

 In diesem Zusammenhang wird von Mitgliedern des Beirats und der Kommission die Meinung
                                                                                        verire-
 ten, dass kein Marktversagen vorliegt und somit auch keine Gemeinniitzigkeit gegeben ist, wenn
                                                                                                das
 Handein Einzelner oder einer Gruppe nur dadurch motiviert ist, Anderen helfen zu wollen. Es
                                                                                             ist
 vielmehr als ,,ethisches Kapital* zu betrachten, wie eine Gesellschaft mit sich umgeht.


 Hinsichtlich der gemeinniitzigen Anbieter im Vergleich zu gewerblichen Anbietern von Dienstleistu
                                                                                                   n-
 gen betont ein Beiratsmitglied, dass das 5konomische Problem nicht die grundsatzlich mangelnde

 Wirtschaftlichkeit der germeinniitzigen Anbieter, sondern etwaige Wettbewerbsverzerrunge
                                                                                          n durch
 staatliche Privilegien ist.


Zum besseren ékonomischen Verstindnis der Gemeinniltzigkeit einzelner geforderter Tatigkeiten

schlagt cin Beiratsmitglied vor, sich - als operationalisierbares Kriterium - die negative gesellschaftli-

che Externalitét vorzustellen, die zum Tragen kommt, wenn diese Tatigkeit nicht erbracht
                                                                                         wird.

Am Beispiel des Fir und Wider der Gemeinniitzigkeit eines Tennisclubs wird
                                                                           die Meinungsvielfalt

innerhalb des Beirats nochmals deutlich. Einhellig akzeptiert wird die Gemeinniitzigkeit hier nur im

Bereich des Jugendsports, der insbesondere zur sozialen Integration beitragt. Die Kommission
                                                                                             halt
grundsatzlich einen cher restriktiven Umgang mit der Gemeinniitzigkeit auf der
                                                                               Basis theoretisch ab-

geleiteter Kriterien fir zielftihrend.

Ein Kommissionsmitglied stellt die Frage nach der Gemeinniitzigkeit der Gemeinwirtschaft.
                                                                                          Entgegen
der landlaufigen Meinung ist diese zu verneinen, da die Unternehmen der Gemeinwirt
                                                                                   schaft oftmals
Betreiber natiirlicher Monopole oder von Netzwerkindustrien mit erheblichen
                                                                            Skaleneffekten sind.

Daran schlieBt die Diskussion tiber die Rolle des Staates zur Erreichung des Gemeinwohl
                                                                                        s an. Anstelle
des Leistungsstaates soll dies durch den Gew4hrleistungsstaat erreicht werden. Unklar
                                                                                      bleibt eine ex-
akte ékonomische Definition des Gewahrleistungsstaates. Als Orientierung verweist
                                                                                  ein Beiratsmit-
glied auf den Gew4hrleistungsauftrag des Bundes hinsichtlich flachendeckend angemessen
                                                                                       er und aus-
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reichender Dienstleistungen im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation (Artikel 87 f

Abs. | Grundgesetz). Die so verstandene Sicherstellung des Gewahrleistungsauftrags kann eine sinn-

volle Definition des Gewdhrieistungsstaates auch zur Erreichung gemeinniitziger Ziele sein. Der Staat

selbst ist hierbei nicht der Leistungserbringer.


Zur Klarung des Begriffs Gemeinwohl und zur Rechtfertigung der Forderung gemeinniitziger Organi-

sationen wird von einem Kommissionsmitglied die direkte Methode der Befragung zur Praferenzerfas-

sung thematisiert. Hierbei ist jedoch der Einfluss von gut organisierten Interessengruppen als Risiko

bei der Praferenzoffenbarung zu beriicksichtigen. Unter Effizienzgesichtspunkten ist einer dezentralen

Organisation von Gemeinntitzigkeit der Vorzug zu geben. Letztlich muss ein Entscheidungsmecha-

nismus gefunden werden, der den effizienten Umfang von Gemeinniitzigkeit offenbart und zur Umset-

zung bringt; Volksabstimmungen mit bindenden Ergebnissen kénnen ein Weg hierfiir sein.


Von verschiedenen Beiratsmitgliedern wird gegentiber der Kommission angeregt, die quantitative Er-

fassung des ,,Dritten Sektors“ méglichst umfassend und nachvollziehbar im Gutachten darzulegen.


Die anschlieBende vertiefte Diskussion einzelner abgabenrechtlicher Férderinstrumente konzentriert

sich auf die Umsatzsteuer. Ei




lung dar, als den Anbietern im Gesundheitswesen der Vorsteuerabzug erméglicht wird und das Prob-

lem der Nicht-Uberwalzbarkeit stark an Bedeutung verliert. Im Ubrigen herrscht im Beirat Konsens

dariiber, die Differenzierung der Umsatzsteuersatze nicht zur Aufgabe des Gutachtens zu erklaren,


Der Beirat vereinbart, die Diskussion in der nachsten Sitzung des Beirats an dem Punkt ,,Umsatzsteu-

erliche Privilegien (4.1) fortzusetzen.




Vo.     Vortrag von                                  »Die Besteuerung gemeinniitziger

        Organisationen im internationalen Vergleich*

              leitet cin, dass sich unter Bezug auf Formen, Arten und Anerkennungsprinzipien groBe

Ubereinstimmung bei den gemeinniitzigen Organisationen, d. h. hier im engeren Sinne von gemein-
niitzigen Vereinen erkennen lasse. Die Vereine kénnen rechtsfahig oder nicht rechtsfahig sein. Alle

gesetzlichen Vorschriften zur Grandung betonen die Gemeinnitzigkeit der Organisation. Unter dem

Aspekt der steuerlichen Férderung ist die Abgrenzung der Gemeinniitzigkeit wichtig. Sie ist in

Deutschland wie in der Mehrheit der untersuchten Staaten relativ weit gefasst. In manchen Staaten (z.

B. Frankreich) miissen die gemeinniitzigen Organisationen vorweg ein besonderes Anerkennungsver-
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  fahren durchlaufen, um steuerliche Vergiinstigungen zu erhalten Weitgehende Einheitlichkeit besteht

  auch bei der Frage der wirtschaftlichen Geschaftsbetriebe bzw. Zweckbetriebe.


  Bei der Besteuerung der laufenden Ertrage ist in der Regel die Kérperschaftsteuer relevant. Die ge-

  meinniitzigen Vereine sind im Allgemeinen im Rahmen ihrer eigentlichen Zwecktatigkeit von dieser

  Steuer befreit. Dies ist grundsitzlich in den Staaten der Fall, die auch die steuerliche Abgrenzung hin-

 sichtlich der Gemeinniitzigkeit sehr weit gefasst haben wie Deutschland. Manche Staaten wie z. B.

 Frankreich und andere Lander mit einer Liste fiir spezielle Vereine sehen lediglich die besonders aner-

 kannten gemeinniitzigen Vereine als steuerlich begiinstigt an. Die Ertrage aus Vermietung und Ver-

 pachtung sowie aus Kapital und VerauSerungsgewinne kinnen in diesem Zusammenhang eine beson-

 dere Rolle spielen. Auch hier sind die Regelungen wiederum sehr unterschiedlich, In vielen Staaten

 sind diese Ertrige wie in Deutschland steuerfrei. Dagegen sind sie in anderen Landern wie z. B. in

 Frankreich (lediglich Ertrage aus franzésischen Aktien sind steuerfrei) steuerpflichtig.

 Betrachtet man die méglichen SteuerermaBigungen fiir Spender, so zeigt sich, dass fast alle der unter-

 suchten Staaten fiir Spenden an gemeinniitzige Vereine steuerliche Vergiinstigungen gewdhren. Dabei

 raumt eine sehr groBe Gruppe von Mitgliedstaaten den Gebern von Spenden an gemeinniitzige Verei-

 ne im Sinne einer weit gefassten Definition SteuerermaBigungen ein (auch Deutschland). Andere Staa-

 ten sehen Steuervergiinstigungen nur fiir Spenden an Vereine vor, die in bestimmten Bereichen des

 Gemeinwohls titig sind oder die besonders anerkannt und /oder registriert sind (z. B. Frankreich).

 Die umsatzsteuerlich relevanten Regelungen zeigen eine starke Ubereinstimmung. Gemeinniitzige

Vereine sind in ihrem Zweckbereich von der Umsatzsteuer befreit, sie sind aber umsatzsteuerpflichtig,

wenn ihre Einkiinfte aus Geschaftstatigkeit stammen.


Die steuerlichen Vorschriften beziiglich der Erbschaft- und der Schenkungsteuer differieren erheblich.

Letztwillige Zuwendungen sind in verschiedenen Staaten nicht steuerpflichtig. In einigen Staaten
                                                                                                 wie
Deutschland sind letztwillige Zuwendungen fiir gemeinniitzige Vereine sowohl aus der Sicht des Emp-

fangers als auch des Erblassers steuerfrei.


Auf dem Gebiet der Erbschaft- und Schenkungsteuer liegen wenige Doppelbesteuerungsabkommen

(DBA) vor, die Steuerumgehungsmiglichkeiten bzw. Doppelbesteuerungen bei diesen Steuer ver-

meiden sollen. Deutschland hat zurzeit DBA mit Danemark, Griechenland, Osterreich, Schweden und

USA. Hier k6nnte unter Umstiinden daran gedacht werden, im europaischen Raum die DBA auf
                                                                                         alle
EU-Staaten auszudehnen, um die gemeinniitzige Tatigkeit in Europa zu stirken.


Was die Administration von gemeinniitzigen Vereinen betrifft, so sind in der Regel Behdrden wie
                                                                                                das
Finanzamt fiir die Anerkennung bzw. die Registrierung verbunden mit steuerlichen Vorteilen zustiin-

dig. Wahrend kleinere Vereine nur einfache Aufzeichnungen vernehmen miissen, sind anerkannte

bzw. groBe Vereine mit steuerlichen Begiinstigungen verpflichtet, genaue Aufzeichnungen vorzule-

gen.
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In der anschlieBenden Diskussion wird von einem Beiratsmitglied die Dynamik der Rechtsentwick-

lung thematisiert.                nacht deutlich, dass es sich im Rahmen des Gutachtens um eine Mo-

mentaufnahme des Rechtsstands 2004 handelt.


Ein Kommissionsmitglied weist auf mdgliche Initiativen auf EU-Ebene hin, die durch Rechtsdinderun-

gen zu einer Ausweitung des Dritten Sektors fiihren kénnen.


                    dankt               fiir den anregenden Vortrag.




Viti.   Tagesordnung der nachsten Sitzung


Angesprochen wird die Notwendigkeit zur Anhérung weiterer Experten. Dazu sollen ua.

                                                                                                  ange-
sprochen werden.                                                                    Ue.


Als Tagesordnung fiir die nachste Sitzung wird vorldufig beschlossen:

1.      Mitteilungen des Vorsitzenden

IL.         Feststellung der Tagesordnung

Il.     Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

IV.     Gesprach mit                                               zur Reform der Beiratsarbeit

Vv.     Gutachten ,,Abgabenrechtliche Privilegierung gemeinniitziger Zwecke auf dem Priifstand“

VI      Anhérung von Experten

VIL —_— Diskussion tiber ein neues Gutachtenthema

VUI.    Tagesordnung der nachsten Sitzung

IX.     Verschiedenes




1X.         Verschiedenes

Entfalle.




Berlin/Gottingen, den 10. Mai 2005

Bez.                                                                     gez.
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