2005-protokoll-nr-454
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
Niederschrift 4/05 r 454. Wi ‘he! beim Bundesminist der eriu Finanzen m am 3./4. Juni 2005
Tagesordnung Mitteilungen des Vorsitzenden Feststellung der Tagesordnung Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung Gesprach mit PLE 1 zu aktuellen Fragen der Steuer- und Finanzpolitik und zur Effi- zienz der Beiratsarbeit oe Vortrag yuo TM~—— Thema "Steuerliche Férderung von Gemein- niitzigkeit" Gutachten ,,Staatliche Privilegien gemeinniitziger K6rperschaften“ 4s Abstimmung des Antwortentwurfs a So Gutachten “Haushaltskri- sen im Bundesstaat"” Diskussion tiber ein neues Gutachtenthema Tagesordnung der nachsten Sitzung Verschiedenes
Mitteilungen der Vorsitzenden : e to. Auf 8, 6, 4. Absatz, 2. Satz f. wird folgende Anderung beschlossen: "Ein Beiratsmitglied fihrt aus, dass die Befreiung von der Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug ausschlieSt; bei administrierten Preisen fulrt das dazu, dass die in Rechnung gestellte Vorsteuer den Gewinn mindert. Der Vorschlag der Kommission zur Aufhebung der Umsatzsteuerbefreiung des Gesundheitswesens muss deshalb keine Schlechterstellung darstellen, zumal wenn iiber Anpassung der administrierten Preise die Uberwiil- zung der Umsatzsteuer gesichert wird. Im Ubrigen herrscht ... " Auf §. 8 (TOP VII) wird der Satz beginnend mit “Angesprochen ...” gedndert in: "Angesprochen wird die Notwendigkeit zur AnhSrung weiterer Experten. Dazu sollen u.2 te cee) werden." Das Protokoll wird mit diesen Anderungen und Dank an den Protokolifiihrer einstimmig angenom- met.
IV. _ Gespriich mit_ zu aktuellen Fragen der Steuer- und Finanzpolitik und zur Effizienz der Beiratsarbeit , bedankt sich fiir die Ein- ladung und gibt zundchst einen Uberblick tiber die wirtschafiliche und finanzpolitische Lage in Deutschland. Die aktuellen Konjunkturdaten zeigten fiir die wirtschaftliche Entwicklung in Deutsch- land ein cher gemischtes Bild: Zwar sei das Bruttoinlandsprodukt im 1. Quartal deutlich um 1,0 % ge- gentiber dem Vorquartal angestiegen, die wirtschaftliche Belebung sei jedoch allein vom Aufenbeitrag getragen, wahrend dic inlandische Verwendung insgesamt noch riicklaufig sei. Die Beschleunigung der wirtschaftlichen Aktivititen sei zudem teilweise ein Reflex der vorangegangenen Schwache. Den- noch untermauerten einige Konjunkturindikatoren die Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung fiir den weiteren Verlauf des Jahres. Dic Bundesregierung gehe in Ubereinstimmung mit den Instituten und internationalen Organisationen davon aus, dass sich die konjunkturelle Belebung in diesem und im kommenden Jahr fortsetze, Sie rechne in der Friihjahrsprojektion mit einem Wirtschaftswachstum fiir 2005 von % % bis 1% % und fir 2006 von 1'4 % bis 2 % und liege damit innerhalb des Prognose- spektrums. Mit Blick auf die Entwicklung der Offentlichen Haushalte seien zundchst die Schitzergebnisse des Arbeitskreises ,,Steuerschatzungen“ vom 10. bis 12. Mai 2005 von Bedeutung. Bei den gesamtwirt- schaftlichen Eckdaten sei das Wachstum um ] %-Punkt nach unten revidiert worden. Daraus leite sich ab, dass fiir 2005 die Steuereinnahmen um insgesamt 5,1 Mrd. € (Bund 3,5 Mrd. €) geringer ausfallen wiirden als in der November-Schatzung 2004 angenommen. In der Konsequenz seien fiir die Jahre 2006 bis 2008 steuerliche Mindereinnahmen in Hohe von jahrlich rd. 17 Mrd. € bis zu 23,3 Mrd. € ggi. der letzten Mittelfristschitzung zu erwarten. Die Mindereinnahmen speisen sich im Wesentlichen aus Lohnsteuer, Umsatzsteuer und einigen Verbrauchssteuern, wohingegen veranlagte ESt, GewSt sowie KSt, also die stark gewinnabhingigen Steuern, positiv zi Buche schlagen, Fiir den Bundeshaus- halt habe dies deutliche Einnahmeausfalle zur Folge, zu denen umfangreiche Belastungen aus dem Arbeitsmarkt hinzukamen. Im Ergebnis sei allein fiir das Jahr 2005 insgesamt cin Minus von 10-12 Mrd. € auszugleichen. Zur aktuellen Steuerpolitik, insb. zur Umsetzung des ,,Job-Gipfels“, weist auf die derzeitige parlamentarische Beratung der Gesetzentwiirfe zur Verbesserung der steuerlichen Standortbedingun- gen und zur Sicherung der Unternchmensnachfolge hin (erste Beratung im Finanzausschuss 3. Juni; éffentliche Anhérung 15. Juni; abschlieBende Beratung im Ausschuss 29. Juni). Ziel der Reform sei es, die nominal hohen Steuersitze fiir Kapitalgesellschaften international konkurrenzfahiger zu gestal- ten und damit bestehenden Anreizen zu steuergestalterischen Gewinnverlagerungen und realen Stand- ortverlagerungen ins Ausland entgegen zu wirken. Dariiber hinaus werde mit den gesetzgeberischen
-5- MaBSnabmen das Einnahmerisiko aus der EuGH-Rechtsprechung reduziert. Kemmpunkt der Reform sei die Senkung des KGrperschaftsteversatzes von derzeit 25 % auf 19 %, die isoliert betrachtet zu Min- dereinnahmen in Héhe von 5,2 Mrd. € flihre, wobei durch die Sicherung des Gewinnsubstrats Steuer- mehreinnahmen in Hohe von 2,2 Mrd. € gegen gerechnet werden kénnten. weist abschlieBend auf die vorgesehene Veréffentlichung des Tragfahigkeitsberichts des BMF Mitte Juni hin. Der Bericht sei nicht zuletzt auf Anregung des Beirats entstanden und ermégliche cine systematische Berichterstattung iiber die langfristige Entwicklung der Offentlichen Finanzen. Mit Hilfe von Modellrechnungen des Ifo-Instituts wiirden wichtige Kategorien éffentlicher Ausgaben mit Hilfe von Annahmen Uber die demografische und gesamtwirtschaftliche Entwicklung bis 2050 fortge- schrieben. In Sensitivitdtsanalysen wiirden zudem Anderungen der Rahmenbedingungen simuliert und in Politikszenarien Auswirkungen verschiedener Reformoptionen auf die fiskalische Tragfahigkeit un- tersucht. Deutlich werde, dass ein rechtzeitiges Stellen wichtiger politischer Stellschrauben, 2.B. eine Verlangerung des Renteneintrittsalters oder die ErhShung der Erwerbsbeteiligung (insb. von Frauen und Alteren) die Tragfahigkeit der ffentlichen Haushalte massiv verbessern kénne. Der Bericht kén- ne dem Beirat zeitnah zur Verfiigung gestellt werden. In der Diskussion zur SteuerschStzung wird von einigen Beiratsmitgliedern darauf hingewiesen, dass es in wichtigen Steuerblécken zu einer Verschiebung der Einnahmen vom Bund auf die Kommunen gekommen sei. So schlage sich bei der Lohnsteuer die Diampfung beim Lohnsummenwachstum, aber auch die Minijob-Regelung nieder, wahrend bei der Umsatzsteuer verstarkt auch das Problem der Steuerhinterziehung zu beklagen sei. Bei der Frage der Gegenfinanzierung der aktuellen steuerlichen MaGnahmen wird in der Diskussion darauf hingewiesen, dass sich ein wesentlicher Teil daraus speise, Verlustverschiebungen bei Fonds unattraktiv zu machen. Es mtisse aber strukturell auch darum gehen, das Entstehen steuerlicher Ver- luste durch Steuersubventionen zu verhindern, zumindest miisse Transparenz tiber diese Art von Sub- ventionen - bspw. im Subventionsbericht - gewahrieistet sein. Auf die kritische Bemerkung einiger Beiratsmitglieder, dass dic Selbstfinanzierungsthese zumindest kurzfristig problematisch sei, entgeg- net dass eine Selbstfinanzierung Uber hGheres Wachstum in den finanziellen Auswirkungen nicht unterstellt worden sei, sondern nur solche Mehreinnahmen, die dadurch entstiinden, dass bislang verlagertes Gewinnsubstrat kiinftig wieder in Deutschland verstevert wiirde. Mit Blick auf die gesamtwirtschafiliche Einordaung weist ein Beiratsmitglied darauf hin, dass ein Wachstum unterhalb des Produktivitatsfortschritts unzureichend sei. Hierzu habe nicht zuletzt die re- striktive Fiskalpolitik beigetragen. Daher sei notwendig, nicht nur die eingebauten Stabilisatoren voll wirken zu lassen, sondern zus&tzlich auch diskretionére MaSnahmen einzuleiten.). le fe t jbetont in diesem Kontext die Notwendigkeit einer wachstumsorientierten Ausrichtung der Struktur der éffentli- chen Ausgaben und der Qualitét des Budgets.
-6- Einige Beiratsmitglieder thematisieren die durch den Bundesrechnungshof angestoBene Frage der Va- liditit der Steuerschitzung und regen eine verbesserte Transparenz hinsichtlich der Schiitzung der So- zialversicherungsbeitrage an. Im Folgenden erlautert dem Beirat die Uberlegungen des Bundesfinanzministeriums zur Verbesserung der Effektivitat der Beiratsarbeit. Er betont, dass sich das Verhdltnis zwischen Beirat und BMF sehr positiv entwickelt habe und durch eine offene Gesprachskultur, intensive Diskussionen von Beiratsthemen mit dem BMF bereits in der Entstehungsphase sowie Beiratsgutachten mit hoher Politikrelevanz gekennzeichnet sei. Auch habe dic Offentlichkeitswirksamkeit der Beiratsarbeit durch verstarkte Internet-Prisenz sowie intensive Pressebegleitung zugenommen. Zu begriiBen seien auch die vom Beirat selbst bereits ausgegangenen Uberlegungen zur Verbesserung seiner Arbeit (u.a. mehr Tagungen in Berlin, Effizienz von Abstimmungsverfahren, Vortrage im BMF). Gemeinsam miisse da- fir gesorgt werden, den Meinungsaustausch mit der Leitungsebene im Vorfeld politischer Entschei- dungen weiter zu starken. Die Uberlegungen des BMF seien auch vor der Hintergrund der gestiegenen Anforderungen an die wissenschaftliche Beratung (Evaluierung von Universitaten und Forschungsinstituten) sowie der zu- nehmenden éffentlichen Diskussion tiber die Institutionen der Politikberatung zu sehen. Konkret habe das BMF daher Interesse an einer starkeren empirischen Fundierung durch Zuwahl empirisch orien- tierter Okonomen und an einer fachlichen Breite, die das gesamte Spektrum des BMF abdecken (insb. auch Europa, Finanzmarkte, Wirtschaftspolitische Koordinierung). regt deshalb ein inoffi- zielles Vorschlagsrecht durch das BMF an, ohne dass dadurch die Unabhangigkeit des Beirats berihrt werde. Daneben schlagt er vor, die Zugehdrigkeit zum Beirat durch Betristung der Berufingsperiode (z.B. maximal dreimal 10 Jahre) zu begrenzen. weist im Einvernehmen mit dem Beirat darauf hin, dass die Satzung bereits jetzt eine Stéirkung des Beirats in Form einer weiteren Zuwahl von Mitgliedern erlaubt. Grundsftzlich sei die Flexibilitat und Arbeitsfihigkeit des Beirats zu erhdhen, chne die Kultur des Beirats anzugreifen. Ob hier eine zeitliche Begrenzung der Mitgliedschaft hilfreich sei, wird von einigen Beiratsmitgliedern in Zweifel gezogen. Was die Breite der inhaltlichen Ausrichtung des Beirats anbelangt, werden von eini- gen Beiratsmitgliedern Probleme gesehen bei Themen, die nicht Kerngebiet des Beirats sind. So kinne eine inhaltliche Verbreiterung zu einem Spezialistentum fiihren und die Konstanz der Teilnahme ver- ringern; Spezialkenntnisse konnte auch durch neue Formen der Zusammenarbeit eingeworben werden. Wichtig sei allerdings ohne Zweifel eine stirkere empirische Orientierung. Der Beirat verstandigt sich darauf, die Thematik und die Vorschlage des BMF intern zu besprechen und auf dieser Grundlage wieder mit dem BMF in cine Diskussion cinzutreten. Der Beirat bittet das BMF darum, eine Ubersicht tiber die das BMF beratenden Institutionen zur Verfiigung zu stellen.
-7- a Vv. Vortrag von’ : 4 zum Thema "Steuerliche Férderung von Ge- Mmeinniitzigkeit" dankt fiir die Méglichkeit, zam Thema ,,Steuerliche Wertung gemeinniitziger Zweckverfolgune“ referieren zu konnen. Zweck des Stifterverbandes, dem er vorstehe, sei es, Wissenschaft und For- schung zu fordern und ganz konkret Stiftungen zu beraten und auch zu verwalten. Einfiihrend weist _ auf die Bedeutung des Dritten Sektors, der sog. NPOs, fiir die Volks- wirtschaft hin; diese sei beachtlich und mache, gemessen an der Wirtschaftskraft, knapp 4 % des BIP aus. Finanziert wiirden NPOs in Deutschland zu 2/3 durch den Staat, zu knapp 30 % durch Verkauf von Leistungen sowie zu 4 % durch Spenden, wahrend in den USA die Spenden immerhin zu rd. 20 % zur Finanzierung beitriigen. Die Funktion des Staates bei der Gemeinwohiverwirklichung sei durch bestimmte Prinzipien, etwa das Subsidiaritatsprinzip gepragt, die dazu fihren, dass der Staat Rahmenbedingungen fiir das Gemein- wohl setze, der Birger aber die Freiheit habe, innerhalb dieser Grenzen zu wihlen. Nach der Verfas- sung kénne man Staats- und Gemeinwohlaufgaben voneinander unterscheiden; bei letzteren (soziale Daseinsvorsorge, Umweltschutz, Kultur, Religion, Bildung und Erzichung und Wissenschaft) gesche- he die Erfiillung der Aufgabe durch die NPOs und den Staat nach dem Subsidiaritatsprinzip. Die besondere Bedeutung von Stiftungen und Spenden ergabe sich aus dem Umstand, dass der Staat an die Grenzen der Belastbarkeit angekommen sei (zu hohe Steuerquote, Druck durch Interessengrup- pen) und die Biirger die steuerliche Belastung als zu hoch empfinden wirden (Steuerwiderstand). In der Konsequenz komme der Birgerverantwortung eine gréBere Rolle zu. Besonders interessant sei die individuelle Motivation fiir Spenden und das Einrichten von Stiftungen, die nur begrenzt steuerrechili- cher Art sei; dennoch kénne man geeignete positive Anreize in Richtung Spenden setzen. Um den Rahmen fiir gemeinniitzige Tatigkeit einzugrenzen, sei - ausgehend von der Abgabenordnung Kunst und Kultur, aber auch kirchliche Zwecke umfasse. Diese Definition sei zu erganzen durch eine Negativabgrenzung, wonach die Férderung des Sports, traditionellen Brauchtums u.a. keine Férderung der Allgemeinheit umfasse. Auf dieser Grundlage sei eine klare Sphirentrennung zwischen steuerbe- freiten und besteuerungsrelevanten Bereichen mdglich und notwendig, wobei bei der Zweckverwirkli- chung das Kriterium des Uberwiegens angemessen zur Abgrenzung von Eigennutz und Gemeinnutz beitrage (Ein-Drittel-Grenze ausreichend). Die steuerliche Sphdrentrennung erfolge demnach zum ei- nen nach der Zweckerfiilhing, zum anderen aber auch nach der Vermégensanlage; zu unterscheiden sei hier der steuerbefreite ideelle Bereich sowie die Vermdgensverwaltung vom besteuerungsrelevan-
-8- ten Zweckbetrieb und wirtschaftlichen Geschaftsbetrieb. Die Ertragssteuerbefreiung von Beitragen und Zuwendungen kénnen sich idealerweise nach dem Vorliegen von altruistischen Gemeinwohlzwe- cken ggil. eigenniitzigen Freizeitzwecken abgrenzen lassen. Dabei solle der Zuwender grundsatzlich einen unbegrenzten Spendenabzug erhalten, jedoch zur Sicherung des Steueraufkommens nur bis zur Hohe von maximal 50 % seines Einkommens; bei der Kérperschaft solle in jedem Fall eine Ertrags- steuerbefreiung gelten, solange es sich nicht um einen wirtschaftlichen Geschaftsbetrieb handele. Im Folgenden nimmt zu den bislang entwickelten Argumenten des ersten Gutachten- Thesenpapiers Stellung. Es miisse aus seiner Sicht eine hinreichende Konkretisierung der Zwecke ge- lingen und das MaB der Selbstlosigkeit konkretisiert werden, wobei die Bewertung kirchlicher Zwecke besondere Probleme aufwerfe. Es miisse auSerdem definiert werden, wann Abgeschlossenheit vor- liegt. Wesentlich sei im Ubrigen eine wettbewerbsneutrale Besteuerung statt eines Verbots, zumindest miisse potenzieller Wettbewerb in das Steuerrecht einbezogen werden; die Prifung der Wettbewerbs- klausel sei allerdings héchst problematisch. Dabei sei zu berlicksichtigen, dass wirtschaftliche Ge- schiftsbetriebe hiufig Mittelbeschaffungsbetriebe oder der Vermégensanlage dienten. In diesem Zu- sammenhang sei auch eine geeignete Definition des Zweckbetriebes erforderlich. Die im Thesenpapier des Beirats genannten Beispiele wiirden verschiedene Abgrenzungsprobleme aufwerfen, bspw. sei ei- ne Abgrenzung von Grundlagen- und patentfiihiger Forschung in vielen Fachgebieten nicht méglich, beides sei im Grundsatz wachstumsférderlich. AuSerdem miisse man Bildung und Erziehung generell als gemeinniitzig klassifizieren. Auch diirfe man die Erzielung von Einnahmen nicht generell verbie- ten; diese k6nne vielmehr die allgemeine Wertschétzung bestatigen. Im Ergebnis sei eine Vereinheitlichung der Definition ,,Gemeinniitziger Zwecke“ zu fordern und die Gemeinniitzigkeitsdefinitionen miissten in der Abgabenordnung konzentriert werden. Der Spendenab- zug bei Férderung altruistischer Zwecke miisse auf 50 % des Gesamtbetrags der Einkdinfte erhdht werden und ein einheitlicher Spendenriicktrag (2 Jahre) und Spendenvortrag (7 Jahre) unter Respektie- rung des Subsidiaritatsprinzips zugelassen werden. Dies mache alle Sonderregelungen nach Zwecken (Vermégens- und Mitteltrennung, Verschiedene Spendenbescheinigungen) und Rechtsformen tber- flissig und erlaube damit cine starke Vereinfachung des Spendenrechts. Fir ,,Freizeitzawecke* diirfe es in der Konsequenz keinen Spendenabzug geben. SchlieSlich miissten die altruistischen K6rperschaften zur Transparenz verpflichtet werden. In der Diskussion wirft ein Beiratsmitglied die Frage nach der Relevanz des Subsidiaritatsprinzips auf, da der Lenkungseffekt auch im gemeinniitzigen Bereich enorm sei. Die Frage sei hier generell, wie das tibergeordnete Interesse zu definieren: Es stiinden sich hier gegentiber der grOBere freiwillige Zu- fluss von Mitteln zur Aufgabenerfiillung und das Problem einer mangelnden Verteilungsgerechtigkeit
-9- bei den Ausgaben. In jedem Fall sei klar, dass eine enge Zwecksetzung dringend erforderlich sei. Der Staat miisse in jedem Fall scharf priifen und auf einer klaren theoretischen Grundlage (Stichwort: ex- terne Effekte) entscheiden, wie die Prioritatensetzung optimal erfolgen solle (,,Gemeinwohlzwecke cindampfen“), um damit Willkiirlichkeit zu verhindern und gleichzeitig Biirgerfreiheit und -autonomie zu gewahrleisten.. Auch wettbewerbspolitische Fragen, u.a. zur Rolle natiirlicher Monopole sowie zu méglichen Verzer- rungen der Kapitalmérkte, werden von einigen Beiratsmitgliedern kritisch diskutiert. Auf die Frage nach der fiskalischen Bedeutung entgegne! 3 _ dass die miglichen fiskali- schen Verluste, die sich aus der Spendenabzugsfahigkeit fr die éffentlichen Haushalte ergiaben, un- Klar seien, denn allein die Wohlfahrtsverbande seien sehr weitlaufig tatig. Auf Nachfrage weist nochmals darauf hin, dass steuerliche Gestaltungsgesichtspunkte - mit Ausnahme der Erb- schaftssteuer - oder sog. Mitnahmeeffekte beim Spendenverhalten nur eine untergeordnete Rolle spiel- ten, die Motivation sei im Wesentlichen altruistischer Natur. VL___Gutachten ..Staatliche Privilegien gemeinniitziger Kirperschaften“ TOP wird vertagt. Vi Abstimmung des Antwortentwurfs an zum Gutachten “Haus- haltskrisen im Bundesstaat" verichtet, dass das Beiratsgutachten ,Haushaltskrisen im Bundesstaat“ ein breites Medienecho gefunden habe und auch Reaktionen von einigen Politikern ausgelést hatten. Es sei not- wendig, auf die Briefe ; sowie von Zu reagieren, bestreitet in seinem Brief im Wesentlichen die These, dass das Land Berlin keine ausreichenden Eigenanstrengungen untemommen habe, um sich aus der Haushaltsnotlage zu be- freien. ~ rat legt dem Beirat den Entwurf eines Antwortschreibens vor, das als Ergebnis der Diskussion mit folgenden Anderungen beschlossen wird. Der dritte Absatz solle eine neue Passage enthalten, die wie folgt lautet: "Allerdings diirften die in Ihrem Brief erwahnten Eigenanstrengungen Berlins, sein Primardefizit von rd. 5,1 Mrd. € (1995) auf 1,3 Mrd. € (2004) zuriickzuffihren und selbst der fiir 2007 angestrebte vollstandige Abbau des Primardefizits nicht geniigen, um eine Stabilisierung der Schuldenstandsquote zu erreichen. Dies zeigt die folgende tiberschlagige Rechnung. Unterstellt ..." Der 5. Absatz miisse korrigiert werden in "... Wachstumsrate des nominalen BIP" (1. Zeile’’) sowie ",.. ein Primardefizit von 1.455 Mio. € ..." (Absatzmitte) und “Selbst bei Wachstumsraten bis zu 2vH ..." (letzte Zeile). Der letzte Absatz, letzter Satz laute korrekt: " ... aus Threr eigenen Finanzplanung
-10- und unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Konsolidierungsbemiihungen." Und schlieBlich: ,.Der Bundesfinanzminister hat eine Kopie des Schreibens erhalten.“ Zum Schreiben der eine fehlende Beteiligung von Landerexperten moniert hatte, habe bereits in geeigneter Weise reagiert. Es k6nne daher auf die im Brief angelegt Kritik kurz, aber dezidiert reagiert werden. Bei dem Gutachten handele es sich um eine’ wissenschaftliche Expertise, die sich auf eine breite nationale und internatio- nale finanzwissenschafiliche Literatur stiitze. Es gehe in dem Gutachten auch keineswegs darum, dic zu beurteilen, sondern um eine grund- Kreditwiirdigkeit oder die Haushaltssituation einzeiner Lander sitzliche finanzwissenschaftliche Analyse der Problematik von Haushaltskrisen in foderalen Staaten. Auf das Schreiben von der eine Sachfrage zur Verankerung des Bundesstaatsprinzips in der Rechtsprechung des BVerfG aufwirft, kénne dahingehend reagiert werden, dass aus Sicht des Beirats das BVerfG in seinem Urteil vom 11. November 1999 die Rechtsprechung zur Bundestreue und zur bundesstaatlichen Solidargemeinschaft bestatige. Die abgestimmten Schreiben liegen dem Protokoll als Anlage bei. VI. Diskussion iiber ein neues Gutachtenthema legt zundchst dar, dass zundchst die Bearbeitung der bereits vereinbarten Steuerthe- men Prioritat hatten. Die Kommissionen hierzu seien bereits gebildet. Aus Sicht des BMF sei die Behandlung folgender Fragen vordringlich: Zum einen gehe es um die “Entwicklung des Steuersystems vor dem Hintergrund der langfristigen Bevolkerungsentwicklung”. Diese Thematik kénne an bestehende Themen angehingt werden oder als eigener Ansatz bearbeitet werden. In der Diskussion hierzu wird klar, dass auf Basis des demografischen Befundes die gesamten finanzpolitischen Herausforderungen thematisiert werden miissen. Eine Begrenzung auf Steuern sei nicht sinnvoll, wenngleich wichtige Strukturfragen wie eine Wachstumsorientierung des Steuersys- tems oder die Diskussion des Verhaltnisses zwischen direkten und indirekten Steuern hier eine Rolle spielen wirden. Als zweites Thema wird von Seiten des BMF "Finanzierung und Besteuerung von Humankapital" vor- geschlagen. Ein Beiratsmitglied weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es generell um MafBstibe fiir das wirtschaftliche Handeln des Staates gehe sowie um gecignete Formen der Aufga- benwahrnehmung (Betreibermodelle, PPP). Von einigen Beiratsmitgliedern wird angeregt, kurze Stellungnahmen zu wichtigen aktuellen Themen zu verfassen, insb. zum Thema ,,Flat Tax‘, aber auch zum Bereich Gesundheitsreform und Burgerver- sicherung.