2006-protokoll-nr-459
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
1_08.dos Vertraulich der 459, Tagung des Wissenschaftli ichen Beirats eim Bundesministerium der Finanzen 4. Januar 2006 in Berlin A. Teilnehmer
B. Tagesordnung __ I Mitteilungen des Vorsitzenden Ul. Feststellung der Tagesordnung — II. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV. Vortrag von ee ee ee Beratungsinstitutionen des Bun- desfinanzministeriums sowie zur neuen Struktur des Hauses V. Fortsetzung der Diskussion des Gutachtenentwurfs ,,Die abgabenrechtliche Privilegie- rung gemeinniitziger Zwecke auf dem Priifstand“ VI. Interne Sitzung Vil. Tagesordnung der nachsten Sitzung VII. Verschiedenes L Mitteilungen der Vorsitzenden
1_06.doc Hil. _ Bemerkunge zumn Protokoll Zum Protokoll der letzten Sitzung werden folgende Anderungen beschlossen: S. 3, 2. Abs. wird wie folgt gefasst: ,. ene = gibt dem Beirat zur Kennt- nis, dass er in einem Brief an) seine Enflassune atts dem Beirat beantragt hat. Der Beirat bedauert dies und wiinscht_ alles Gute.“ S. 8; 2. Abs., 1. Satz wird wie folgt gedndert: ,,Der Beirat beschli eft daher, zum Ausdrick zu bringen, dass kirchliche Tatigkeit weit iber mildtatige Zwecke hinausg ehe, die vielfaltigen Aufgaben der Kirchen jedoch die Gutachtenabgrenzung sprengte n; ...“ Das Protokoll zur Dezember-Sitzung wird mit diesen Anderungen angenommen. Iv. Vortrag von Zu_Beratungsinstitutionen desBundesfinanzministeriums sowie zur neuen Struktur des Hauses stellt zunachst wesentliche organisatorische Anderungen im Hause vor. Als : fungiere tie wahrend| _ zustandig sein werde; ay sei zustandig. Die Zahlen fur das Staatsdefizit in Maastricht-Abgrenzung seien in erfreulicher Weise korri- giert worden: Fiir 2005 ergabe sich ein Staatsdefizit von voraussi chtlich 3,5% im Vergleich zur Meldung im Rahmen des Stabilititsprogramms in Héhe von 3,7% (bereinigt um die Post- unterstiitzungskassen 3,9%). Die Verbesserung sei zuriickzuftihren auf ein stirkeres BIP- Wachstum, steigende Steuereinnahmen und eine verbesserte Finanzlage der Lander. Dies ha- be eine leichte Verschlechterung in der Finanzlage der Sozialversiche rungen tiberkompen- siert. Es bedeute, dass die Staatsquote weiter sinke und die Steuerquote unverandert niedrig sei. Aktuell seien auch die Steuereinnahmen im Dezember um 3,5% angestiegen, wobei das Plus sich vor allem aus den gewinnabhingigen Steuern speise. Fiir das BIP kénne man derzeit von einem Anstieg von 144% in 2006 und von 1% in 2007 ausgehen. Vor dem Hintergrund dieser positiven Entwicklung sei nach den finanzpolitischen Konsequ enzen fiir 2006 zu fra- gen. Prozedural sei der 22. Februar fiir die Beratungen des Haushalts im Kabinett sowie fiir die Meldung des dt. Stabilitatsprogramms nach Briissel vorgesehen. Auf Nachfrage ciniger Beiratsmitglieder erlautert, : elle ~ dass das MaBnahmenpaket der Bundesregierung fiir mehr Wachstum, Beschiftigung und Innovation in erheblichem MaBe Konsolidierungselemente in Form von konkreten haushal terischen MaB8nahmen und dem Ab- bau von Steuervergiinstigungen enthalte.
-4- 1_06.doc Im Folgenden erlautert die Beratungsstrukturen im Bundesfinanzministerium. Zu den Kerninstitutionen der wissenschaftlichen Politikberatung speziell fiir das Ministerium ge- héren der Wissenschaftliche Beirat und der Sachverstandigenrat. Weiterhin sei der Arbeits- kreis Steuerschatzungen fir die Prognose der Einnahmeseite der Sffentlichen Haushalte von Bund, Landern und Gemeinden eine wichtige Einrichtung. Im Bereich der Finanzmarkte seien einige Beratungsgremien etabliert, so die Bérsensachverstindigenkommission, die sog. Hil- debrandt-Gruppe, eine ,,financial advisory group“ im Kapitalmarktbereich sowie ein Bench- mark-Management-Committee. Daneben existierten Beirate im Bereich der Postwertzeichen sowie eine Vielzahl kleinerer Beirate und Beratungsgremien. unterrichtet auch tiber den Arbeitskreis Finanzwissenschaften als ein Pilotprojekt, in dem Nachwuchswissenschaftler zu einem regelm&Bigen jour fixe eingeladen werden, um abgegrenzte politiknahe Bereiche zu bearbeiten und zu diskutieren. Zudem erfolge Forschung und Beratung im Ministerium in wichtigen Teilen iiber Forschungsprojekte, die spezielle poli- tiknahe Bereiche abdecke, 2.B. aktuell den Aspekt der Finanzpsychologie. bietet an, zum laufenden Projekt ,,Qualitat der éffentlichen Finanzen“ vorzutragen. Mit Blick auf die Frage nach einer praktisch orientierten Beratung zum Steuerrecht wird von einigen Beiratsmitgliedern eine verbesserte Beratung z.B. zum Thema »Ubergangsregelun- gen“ sowie die Durchftihrung von Planspielen angeregt. Ein Austausch mit Praktikern kénne hier Liicken offen legen und Praxisplanspiele sollten zumindest fiir die Zukunft avisiert wer- den. Erginzend gebe es Beratungsgremien in anderen Ressorts, die teilweise ebenfalls finanz- politische Beziige aufwiesen, was die Frage nach der adéquaten Vernetzung der Beratungs- strukturen aufwerfe. In der Diskussion wird deutlich, dass die Reorganisation des Ministeriums Chancen eréfinet, die Zusammenarbeit des Beirats mit dem Ministerium auf neue Grundsatzfragen und aktuelle Problemstellungen auszudehnen. Vor diesem Hintergrund solle die Diskussion mit dem Mi- nisterium - vor allem zu konkreten Reformprojekten unter finanzpolitischem Blickwinkel - weiter intensiviert werden. Die regelmaBige Anwesenheit der Ministeriumsmitarbeiter und In- formationen zu aktuellen finanzpolitischen Themen werden vom Beirat begriifit.
-5- 1_06.doc Y. _ Fortsetzung der Diskussion des Gutachtenentwurfs ..Die abgabenrechtliche Privi- legierung gemeinniitzicer Zwecke auf dem Priifstand“ - teilt mit, dass ein Beiratsmitglied eine klarstellende Ausarbei- tung zum Thema ,,Kirchliche Zwecke im Lichte des Art. 140 GG“ vorgelegt habe. Der Beirat nimmt seine Diskussion des Gutachtenentwurfs ,,.Die abgabenrechtliche Privilegierung ge- meinniitziger Zwecke auf dem Prifstand“ zur besonderen Frage der Behandlung des Sports auf Basis der Version vom 6. Januar 2006 (ab S. 37 Mitte) wieder auf. In der Diskussion wird deutlich, dass es darum geht, klare, aber praktikable und empirisch handhabbare Abgrenzungen fir den Sport als Individualgut einerseits bzw. als Kollektivgut mit externem Nutzen andererseits vorzunehmen. Jugendarbeit kénne als lokales Kollektivgut von besonderer Bedeutung sein; man diirfe die Forderung nach genereller NichtausschlieB- barkeit aber nicht verlassen und miisse die Kollektivgut-Forderung rigoros anwenden. Gleichwohl sei klar, dass fiir die Politik die Allokationstheorie nicht der einzige Bewertungs- mafstab sei, nicht zuletzt bei der Bewertung des Sports. Wichtig sei bei der Effizienz-Betrachtung auBerdem die Einordnung der sog. Mildtatigkeit. Diese kénne als Argument fiir Gemeinniitzigkeit dann angewandt werden, wenn ein Angebot unter Kosten bei gleichzeitiger Entlastung des Staates erfolge. Dessen ungeachtet sei die Frage der institutionellen Ansiedlung der Aufgabenwahrnehmung weiter zu diskutieren. Generell schlieBe ein Fehlen von Gemeinniitzigkeitsmerianalen nicht aus, dass entsprechende Ziele mit anderen ausgabenpolitischen MaBnahmen geférdert wer- den; dabei sei insbesondere cine Abwagung der damit verbundenen Transaktions- und Infor- mnationskosten notwendig. Fiir eine Férderung tiber die Ausgabenseite spreche insbesondere die hohe Zielgenauigkeit, Transparenz und Kostenersparnis. Klar sei aber, dass die Instramen- tenfrage unabhangig von der Gemeinniitzigkeitsfrage sei und im Wesentlichen unter polit- ékonomischen Gesichtspunkten diskutiert werden miisse. Dabei kénne man erlautemnd diag- nostizieren, dass ein GroBteil von Betitigungsfeldern der Gemeinniitzigkeit auf historische Griinde zurtickzufihren sei, z.B. auf getarnte Formen der Férderung der Streitkrafte im An- schluss an den Versailler Vertrag. Obwohl diese Anliisse heute keine Bedeutung mehr hatte, sei eine Beharrungstendenz zu beklagen. Der Beirat bittet die Kommission, den Abschnitt zum Sport im Lichte der Diskussion umzuformulieren. Abschnitt 4.1.1. Die steuerbegiinstigten Zwecke Von einigen Beiratsmitgliedern wird betont, dass die Bewertung der Gemeinniitzigkeit von Kirchen gerade mit Blick auf den Aspekt der Mildtatigkeit durchaus kontrovers sei; allgemei- ne Problembereiche wie die der Kirchensteuer kénnten allerdings in diesem Gutachten nicht explizit thematisiert werden; hier kénne allenfalls ein Verweis auf die besondere institutionel-
-6- 1_06.doc le Bedeutung und die Diskussion in der Literatur erfolgen. Gleichwohl miisse eine Bewertung und damit potenzielle Kritik zum Ausdruck gebracht werden. Nach Diskussion wird die Kommission gebeten, den Abschnitt neu zu gliedern und unter Beriicksichtigung der klarstel- lenden Erganzungen zur Rolle der Kirchen auch im Lichte der Abgabenordnung anzupassen. Abschnitt 4.1.3. Férderung der Allgemeinheit Einige Beiratsmitglieder thematisieren, dass bei der Beschreibung des Aspekts der Forderung der Allgemeinheit das Gutachten in seiner rein allokationstheoretischen Ausrichtung zu eng sei. Dahinter verberge sich ein grundsatzliches methodologisches Problem der Zielfindung und —definition. Es sei klar, dass das Gutachten von seiner Funktion her einen klaren Recht- fertigungszwang fir die Politik auslésen miisse, was fiir eine stark allokationstheoretische Ausrichtung spreche. Der konomische Mafstab sei konzise auf bestehende institutionelle ‘Regelungen, insb. der Abgabenordnung, anzuwenden und hier seien insb. lokale Kollektivgii- ter und das damit verbundene Nutzungskonzept abzugrenzen. Dies sei nach Auffassung des Beirats klarstellend zu verstirken. Abschnitt 4.1.5. Ausschluss wirtschafilicher Geschdfisbetriebe In der Diskussion zur Behandlung wirtschaftlicher Geschiftsbetriebe (Titel gedndert) wird deutlich, dass durch Steuerbegiinstigungen ausgeléste Ineffizienzen (ungerechtfertigte Wett- bewerbsvorteile) kritisch zu bewerten seien. Fraglich sei dabei, wie der Bereich der Daseins- vorsorge einzustufen und zu bewerten sei. Hierzu wird der Kommission eine Formulierungs- hilfe zur Verfiigung gestellt. Teile des Abschnitts auf S. 39 seien unter Mildtatigkeit zu sub- sumieren. Klarer zu scharfen seien im Weiteren die Begriffe , Einnahmen am Mar “aber auch der Unterschied zwischen Gewinnerzielung und -verwendung sowie zwischen ,,transfers in cash“ und ,,transfers in kind“. Die Kommission wird gebeten, die Argumentation klarer-zu strukturieren und die Klarstellungswiinsche bei der Uberarbeitung zu beriicksichtigen. Abschnitt 4.2. Besitzsteuerliche Vereiinsticungen Die Kommission wird priifen, ob der einfthrende Absatz gestrichen werden kann. Auch miis- se die Uberschrift allgemeiner gefasst werden (,,Einzelsteuergesetzliche Vergiinstigungen‘). Des Weiteren wird die Kommission einen Vorschlag fiir eine neue Gliederung des Kapitels erarbeiten. Abschnitt 4.2.1. Kérperschafisteuer Eine Klarstellung zur K6rperschaftsteuer miisse dahingehend vorgenommen werden, dass die Kategorie der Liebhaberei ausgeschlossen und gleichzeitig die aktuelle Rechtsprechung be- ricksichtigt wird. Zum Aspekt der Europarechtstauglichkeit des jetzigen steuerlichen Re-
sT- 1_06.doc gimes wird festgestellt, dass es in dieser Form nicht haltbar sei, dass aber eine Begrenzung auf Gemeinniitzigkeit im Inland oder alternativ eine Offnung fiir Europa méglich sei. Abschnitt 4.2.3. Gewerbe- und Grundsteuer Die Kommission wird gebeten, die Kritik an einer mdglichen Kostenen tlastung von Unter- nehmen liber das Vehikel der Férderung von Gemeinniitzi gkeit klarer zu begriinde n und gef. Beispiele zur Veranschaulichung zu benennen. Abschnitt 4.2.4. Einkommensteuer Der Beirat diskutiert die Einordnung des Abschnitts in das gesamte Kapitel, da hier eine be- sondere A ffinitat zam Spendenprivileg (Abschnitt 4.4) bestehe. Einige klarstell ende Ergan- zungen des Textes gehen aus der Anlage hervor. 4.3.1. Umsatzsteuerliche Vergiinstigungen wegen Gemeinniitzickeit Der Beirat regt an, dass die Kommission zur Frage der Effizienz des Dritten Sektors einige Beispiele benennt und insb. auch kleinere Institutionen beriicksichtigt. 4.3.3. Andere Rechtfertigungsgriinde ftir umsatzsteuerliche Vergiinstiouncen Der Beirat beschlieSt, den Abschnitt im Lichte der Diskussion um die Jugendarb eit und der lokalen Kollektivgut-Problematik, aber auch unter Beriicksichtigung der bindenden EU- rechtlichen Vorgaben anzupassen. Allgemein werden mégliche Kriterien fir eine differenzie- ; rende Besteuerung erdrtert, etwa verteilungspolitische Grinde, Erhaltun g der Arbeitskraft, Férderung des Humankapitals, Grundversorgung mit Gesundheit. Auch miisse eine Grenzzie- hung zwischen Konsum und Vorleistungen erfolgen. Der Beirat verdeutli cht, dass insb. der Aspekt des Humankapitals ein komplexes Thema sei, das hier nicht adaquat behandelt werden kénne und stattdessen in einem spateren Gutachten vertieft aufgegriffen werden solle. 4.4. Spendenprivileg Die Problematik des Spendenprivilegs wird ausfithrlich erdrtert, Der Aspekt der direkten Fér- derung sollte in den allgemeinen Teil aufgenommen werden. Fraglich ist auch, inwieweit Praktikabilitatserwagungen Eingang in die Bewertung des Spendenp rivilegs finden sollten. Klar ist aus Sicht des Beirats, dass die Frage der Anreize und die Zukunftsgerichteth eit der Bewertung zentral sein miissen. Insbesondere bei GroBspenden miisse die Frage der Einfluss- nahme durch Spender auf politische Entscheidungen und die der Substitui erbarkeit der Zwe- cke, aber auch der Aspekt der Transparenz deutlicher gemacht werden (ggf. in einerFuBnote). 4.5, Zivildienst . Der Beirat entscheidet, dass dieser Abschnitt etwas allgemeiner gefasst wird und dementspre- chend auch die Uberschrift angepasst wird. Im Wesentlichen gehe es hier um ein Geflecht von ausgabeseitigen MaBnahmen bzw. Vorteilsnahmen, z.B. um die Ubernahme von Versiche-
~§- 1_06.doc rungsleistungen oder von Fahrtkosten bei Zivildienstleistenden in Krankenhausern. Es wird beschlossen, die Passagen zur Wehrpflicht zu prazisieren. Die Diskussion endet auf $. 54. Die Kommission wird gebeten, die Abschnitte bis einschlieBlich 4.5. auf Basis der Diskussion zu tiberarbeiten. VI. Interne Sitzung wird in den Beirat gewahlt. wird | bitten, satzungsgema8 zu berufen. wird in einem Schreiben tiber die Wahl informiert (inzwischen erfolgt). VH. _Tagesordnung der nichsten Sitzung I. Mitteilungen des Vorsitzenden II. Feststellung der Tagesordnung TIL Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV. Fortsetzung der Diskussion des Gutachtenentwurfs ,,.Die abgabenrechtliche Pnvilegie- rung gemeinnitziger Zwecke auf dem Priifstand“ V. Gespraéch mit dem zu aktuellen Fragen der Fi- nanz- und Steuerpolitik VI. Brainstorming zum neuen Gutachtenthema ,,Gemeinsame Ké6rperschaftssteuer- Bemessungsgrundlage in Europa “ VIL Tagesordnung der nachsten Sitzung VIII. Verschiedenes VIL. Verschiedenes entfallt Berlin/Minster, den 21. Februar 2006 2eZ. « $EZ.