2007-protokoll-nr-467

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen

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Vertraulich
              Niederschrift 2/07
der 467. Tagung des Wissenschaftlichen Beirats
            ndesministerium der         n
          am 9./10, Februar 2007 im
    Kastens Hotel Luisenhof in Hannover
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BB.   Tagesordnung


IL.     Mitteilungen des Vorsitzenden

Hh.     Feststellung der Tagesordnung

II.     Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

IV.     Abschluss des Gutachtens .,.K6rperschalisteuer in EuropaTM
        Brainstorming zum neuen Thema .,Verschuldungsbremse*

        Interne Sitzung (Zuwahl neuer Mitglieder)

        Tagesordnung der nichsten Sitzung

        Verschiedenes.




 I.   _Feststellung der Tagesordnung


Die versandte Tagesordnung wird ohne Anderungen gebilligt. Unter Punkt V. soll basierend
auf der Vorlage von ey hl
                     a   —
                                 sin Brief zur Verschuldungsbremse an das BMF formuliert

werden. Fiir die interne Sitzung (VIL) ist eine Diskussion tiber mégliche Verfahren der
zukiinftigen Zusammenarbeit zwischen Beirat und BMF vorgeschen.
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III,    Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung


   Das Protokoll wird ohne Anderungen angenommen.




  IV.      Abschluss des Gutachtens ..Kérperschaftsteuer in Europa“


  Die Kommission legte eine um die in der letzten Sitzung besprochenen Anderungen erginzte

  Fassung des Gutachtens vor. Besprochen wurde zundchst das neu eingearbeitete Kapitel

  7. Schlussfolgerungen, in dem die Ergebnisse des Gutachtens in acht Punkten festgehalten

  werden. In der Diskussion wurde insbesondere auf die Konsistenz der Argumentation und den

 médglichen Zielkonflikt bei ciner Angleichung der Vorschriften zur steucrlichen Gewinner-

 mittlung zwischen geringeren Erhebungs- und Entrichtungskosten auf der einen und einer

 Verstérkung des Steuerwettbewerbs auf der anderen Seite cingegangen. Von Seiten der

 Kommussion       wurde   darauf hingewiesen,      dass die   Schliussfolgerungen   des   Gutachtens

 eindeutiger und bedeutsamer seien, als auf den ersten Blick ersichtlich. So stelle sich

 insbesondere bei angenommenen, foribestehenden Steuersatzdifferenzen die grundsitzliche

 Frage nach der Zweckmafigkeit von weiteren Koordinierungsanstrengungen. Das Kapitel

 wurde mit geringen Anderungen einvernehmlich angenommen. Bei der Wiederaufnahme der

 abschnittsweisen Befassung mit dem Gutachten (3.2.2 bis 6.) wurde kein wesentlicher

Anderungsbedarf ersichtlich.


Im Anschluss an die Diskussion wurde das Gutachten vom Beirat einstimmig verabschiedet.

Nach einer redaktionellen Durchsicht durch cine Redaktionskommission

                                      ind dem Voranstellen einer kurzen Zusammenfassung soll

das Gutachten dem Bundesministerium der Finanzen mit der Bitte um Veréffentlichung tiber-

geben       werden.   Zusitzlich   sollen   eine   Kurzfassung    fiir   den   Monatsbericht    des

Bundesministeriums der Finanzen erstellt und eine englische Version angefertigt werden.




V.__      Brainstorming zum neuen Thema .. Verschuldungsbremse*


Zum Thema lagen mehrere Beitrége von Beiratsmitgliedern vor. Wie in der letzten Taguny

des Beirats vereinbart, hatte                  ein Papier als Diskussionsgrundlage erstellt. Ein-

vernehmlich wurde festgelegt, auf Basis dieses Entwurfs einen zeitnahen und kompakten

Beitrag des Beirats zur aktuellen Debatte um die Verschuldungsproblematik der 6ffentlichen
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Haushalte zu erstellen. Hierbei soll insbesondere auf das Instrument einer staatliche ,ochul-
denbremse“ eingegangen werden. In der Diskussion wurde libereinstimmend betont, dass
Vorschriften zur Eindammung der Staatsverschuldung notwendig seien, die bisherigen Regeln
(Art. 115 GG und Stabilitdts- und Wachstumspakt) aber erhebliche Schwachen aufwiesen und
eine Verbesserung der Regeln vor dem Hintergrund der féderalen Struktur zu sehen sel. Ins-
besondere folgende Themen wurden diskutiert:


a) Verschuldungsursachen

Es sei zielfiihrend, bei diesem Thema keine ,,Politikerschelte* zu betreiben, sondern auf die
institutionellen Rahmenbedingungen hinzuweisen, unter denen die handelnden Akteure ihre
Optimierungsentscheidungen trafen. Die bestehenden Regelungen hatten bislang keine befrie-
digende Wirkung gezeigt.        Es bediirfe dabei einer eindeutigen Abgrenzung von
Verantwortlichkeiten in der féderalen Ordnung in Deutschland.


Als Problembereiche des Art. 115 GG wurden vor allem das Ankniipfen an einem
Investitionsbegriff und die Ausnahmeregelungen im Zusammenhang mit einer Stérung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts identifiziert, aber auch die Umgehungsméglichkeiten
durch Sondervermégen und Parafisci. Bei der Diskussion um eine durch Investitionen zu
begriindende Staatsverschuldung kénne _ beispielsweise gefragt werden, ob eine
Renditebetrachtung gesamtwirtschaftlich oder auf Ebene der Gebietskérperschaft erfolgen
 solle. Daneben wiirden aktuell bei einer Betrachtung der intergenerativen Lastenverteilung
 iibertragenen Lasten (wie etwa im Rahmen der Sozialversicherungssysteme) nicht
 berticksichtigt. Auch die Ausnahmeregelung im Zusammenhang mit einer Stérung
 cesamtwirtschaftliches Gleichgewicht wiese eine zu geringe Beschrankungswirkung aufgrund
 mangelnder Nachpriifbar- und Operationalisierbarkeit auf. Angemerkt wurde, dass die
 Wirkung der Verschuldung auf Beschaftigung und Wachstum beriicksichtigt werden sollte.


 b) Stabilitéts- und Wachstumspakt
 Hierzu wurde festgestellt, dass der Stabilitaéts- und Wachstumspakt bereits heute mittelfristig
 ausgeglichene Haushalte vorsehe. Eine Ubertragung solcher Regelungen auf Deutschland
 kénne ein sinnvoller Ansatz sein, so habe beispielsweise Osterreich positive Erfahrungen mit
 der Ubernahme der Regeln in die cigene Finanzverfassung gemacht. Gelést werden miisse
 hierbei aber die ,,Aufteilungsproblematik* zwischen Bund und Landern.
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c) Schuldenbremse

 Durch den Einbau weiterer Hiirden wiirde eine solche Regelung iiber den Stabilitats- und

 Wachstumspakt hinausgehen. So miissten beispielsweise auferordentliche Einnahmen zur

 Schuldentilgung verwandt werden, die Akkumulation von Defiziten und Uberschtissen im

 konjunkturellen Verlauf wiirde aber cin konjunkturelles ,,Atmen* des Haushalts erméglichen.

 Das schweizer Beispiel zeige, dass Verschuldungsdifferenzen nicht allein auf unterschiedliche

 » Verschuldungsmentalitaten* zurtickzufiihren seien, sondern von einer Regelbindung beein-

 flusst werden. Neuralgische Frage bleibe die Behandlung von Ausnahmesituationen. Diese

 kénne dadurch gelést werden, dass das Abweichen von der Regel an eine qualifizierte Mehr-

 heit gekntipft werde.



d) Sanktionierung

Angemerkt wurde, dass bei einem fehlenden Grundkonsens tiber die Notwendigkeit ausgegli-

chener Haushalte auch Sanktionierungen im nationalen Rahmen wirkungslos blieben. Not-

wendig sei eine Selbstbindung der politischen Akteure. Héhere Hiirden fiir Ausnahmen, wie

etwa qualifizierte Mehrheiten, kénnten zudem Sanktionen hinfallig machen. Wichtig sei auch

die Mobilisierung der Offentlichkeit, wie etwa durch die Etablierung von externen Gremien
(,,Schuldenrat*) oder die Implementierung von Friihwarnsystemen. Auch die Méglichkeit ein-

zelnen Institutionen, so z.B. den Rechnungshéfen, eine Klageméglichkeit gegen Haushalte

mit einer regelwidrigen Verschuldung einzuréumen, wurde angesprochen.



e) Landerproblematik

Bei einem Verschuldungsverbot fiir Bundeslander miissten eine Reihe weiterer MaBnahmen

diskutiert werden.   So   sei etwa eine Teilentschuldung fiir finanzschwache Lander, die

Verstetigung der Landereinnahmen iiber den Konjunkturverlauf hinweg oder eine starkere

Autonomie bei der Einnahmenerzielung denkbar. Die Etablierung einer Schuldenbremse

allein auf Bundesebene kénne Fehlverhalten auf Landerebene verstarken. So kénne etwa der

Verschuldungsabbau auf Bundesebene die Verschuldungpraferenz auf Landerebene erhéhen.

Bei weiter bestehenden Verschuldungsméglichkeiten auf Landerebene kénne daher eine

Auflésung der Haftungsverflechtung sinnvoll sein.



Nach der Diskussion am Freitag wurde fiir den Fortgang am Sonnabend folgende Vorge-

hensweise festgelegt: Aufgrund des Ziels einer zeitnahen und kompakten Vorlage erscheint
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eine ausfiihrliche Darstellung aller Argumente nicht méglich. Der Text sollte sich vor allem
auf die folgende Struktur konzentrieren:

        1), Darlegung des Handlungsbedarfs

      2) Ablehnung einer Verschuldungrechtfertigung durch Investitionen
        3) Anlehnung der deutschen Finanzverfassung an den Stabilitats- und Wachstumspakt
        4) weitergehende Regelungen (wie eine Schuldenbremse fiir den Bund) sind vorstellbar.


Bei der Diskussion am Sonnabend wurden in dem zwischenzeitlich tiberarbeiteten Entwurf
insbesondere folgende Anderungen vereinbart: Eine dem Schweizer Modell entsprechende
Zwei-Kammer-Lésung (Mehrheiten in Bundesrat und Bundestag) fiir Uberschreitungen der
vereinbarten Kreditobergrenzen wird aufgrund der féderalen Struktur Deutschlands nicht
vorgeschlagen, da insbesondere die Gefahr von politischen Paketlésungen bestiinde.
Alternativ wurde die Einfiihrung einer qualifizierten Mehrheit fiir Ausnahmen von den Regeln
der Schuldenbremse aufgenommen. Die Aussage, ein Alleingang des Bundes bei der
Einfiihrung einer Schuldenbremse bei unverdanderter Finanzverfassung sei nicht ratsam, wurde
abgeschwacht, da hierin ansonsten eine Rechtfertigung fiir Inaktivitat gesehen werden kénne.
Der gednderte Entwurf zur Verschuldungsbremse wurde unter dem Titel ,,Schuldenbremse fiir
Bund und Lander - Fiir cine Neufassung der Verschuldungsgrenzen im GrundgesetzTM mit
einer Gegenstimme angenommen und soll in Form eines Briefes an den Bundesminister fiir
Finanzen mit der Bitte um Veréffentlichung weitergeleitet werden.


VI.__      Interne Sitzung

Die Zuwahlen werden auf die kommende Tagung in Baden-Baden verschoben.



VIL. Tagesordnung der nichsten Sitzung

L            Mitteilungen des Vorsitzenden

Ul.          Feststellung der Tagesordnung

HI.          Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

IV.          Brainstorming zum Thema ,,Kombilohn/Lohnsubventionierung/neg.
             Einkommensteuer“

V.           Brainstorming zum Thema ,,Familienbesteuerung*

VI.          Interne Sitzung (Zuwahl neuer Mitglieder)

VIL.         Tagesordnung der nachsten Sitzung

VIL.         Verschiedenes.
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VIIL Verschiedenes


entfallt




Berlin/K6ln, den 20, April 2007
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