2007-protokoll-nr-468
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
Vv ich Niederschrift 3/07 der 468. Tagung des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen am 20./21. April 2007 in Baden-Baden
B._Tagesordnung I. Mitteilungen des Vorsitzenden I. Feststellung der Tagesordnung Ht. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV. Brainstorming zum Thema ..Kombilohn/Lohnsubvention/neg. EinkommenstcucrTM Vv. Brainstorming zum Thema ,,FamilienbesteuerungTM Vi. Interne Sitzung Vi. ‘Tagesordnung der néchsten Sitzung VII Verschiedenes. Die versandte Tagesordnung wird ohne Anderungen gebilligt. -2-
I. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung Das Protokoll wird ohne Anderungen angenommen. IV. Brainstorming zum Thema ..Kombilohn/Lohnsubvention/neg. Einkommenstcuer“ ‘stellte zundchst die von ihm erarbeitete Vorlage vor. Im Ergebnis be- stehe ein grundlegender Konflikt zwischen staatlichen Ma8nahmen zur Existenzsicherung und den individuellen Erwerbsanreizen. Hierfiir gelte es geeignete Lésungsansatze zu finden. Auch wenn bereits umfangreiche, vielfaltige und sehr detaillierte Arbeiten za dem Themen- komplex vorlagen, kénne der Beirat seine spezifische Kompetenz einbringen. Diese liege ins- besondere bei den Fragestellungen mit Bezug zur Steuerthematik. So kénnten die negative Einkommensteuer ,,in modernem Gewand‘, d.h. die Idee des BUrgergelds diskutiert oder dic Unterschiede zwischen ,.zebendem* und ,.nehmendem* Staat herausgearbeitet werden. In der nachfolgenden Diskussion wurde von einigen Beiratsmitgliedern auf die fehlende ver- tiefte Kompetenz im Hinblick auf Arbeitsmarktfragen hingewiesen. Auf der anderen Scitc empfanden dies mehrere Mitglieder als positiv, da so cine unabhingige, ergcbnisoffene Dis- kussion, ohne Praferenzen fiir eigene Modelle méglich sei. Es wurde angeregt. das vorliegende Papier um internationale Vergleiche zu erginzen und auch auf die Themen Mindestlohn, Lohnabstandsgebot und Grenzentzugsraten cinzugehen. Ebenso sollten die Auswirkungen auf die dffentlichen Haushalte Beriicksichtigung finden. Hierzu wurde von mehreren Mitglieder eingewandt, dass diese Schatzungen gestaltbar und insbesondere von angenommenen Elastizitaten abhingig seien. Es sei daher zielftihrend. ent- scheidende Annahmen und Reaktionsfunktionen bei vorhandenen. diskussionsprdgenden An- satzen herauszuarbeiten und auf die Abhangigkeit der Schaétzungen von den bestehenden Ent- scheidungsregeln hinzuweisen. Im Hinblick auf die methodische Vorgehensweise bestand breiter Konsens, keinen eigenen Vorschlag herauszuarbeiten, sondern eine Diskussion auf der Metaebene zu fithren, unter Darstellung vorhandener Vorschlage und der dort zugrunde liegenden Prinzipien. Diese Vor-
schlige kénnten anhand von Zielkonflikten, wie z.B. flachendeckende Lésungen vs. Ziel- gruppenoricntierung, Belohnen vs. Bestrafen. aber auch anhand threr Auswirkungen auf Ta- rifverhandlungen, Schattenwirtschaft oder intergenerationale Aspekte eingeordnet werden. Der Beirat sprach sich ohne Gegenstimme, bei einigen Enthaltungen fir ein Aufgrcifen des Themas auf Basis der Ausarbeitung von aus. In der néchsten Sitzung soll das Papier ..Existenzsicherung und Erwerbsanreiz“ abschnittsweise diskutiert werden. Als Mitglieder der Kommission wurden benannt. Zur Diskussion bereits vorliegender Vorschlage sollen fiir die nachste Sitzung externc Experten cingeladen werden; als Referenten sind angedacht. V. Brainstorming zum Thema ,.Familienbesteucrung* Fir die Diskussion zu diesem Thema tibernahm dic Leitung der Sitzung. Von mehreren Mitgliedern wurde zu Beginn der Diskussion betont, dass cine Stellungnahme des Beirats zu diesem aktuellen Thema wiinschenswert sci. Grundlegende Fragen seien die Abgrenzung der ,.Besteucrungscinheit’, insbesondere die steuerliche Behandlung von Kin- dern, Familien und Ehe. [in Beiratsmitglicd wies darauf hin, dass die unterschiedlichen Bestcuerungskonzepte, (Indi- vidualbesteucrung, Real-, Ehegatten- oder Familiensplitting) auf die zugrunde liegenden Leit- bilder hin untersucht werden kdnnten. So auf das traditionelle Bild der Ehe, die Betonung der mit der Ehe verbunden Verpflichtung zum Unterhalt oder auch der Fhe als verfassungsrecht- lich privilegicrte Partnerschaft. Demgegeniiber wurde angeregt, auf eine Diskussion von Weltanschauungsfragen weitgehend zu verzichten, sondern sich darauf zu konzentrieren, welchen Einfluss dic Besteuerung auf Ehe und Familie hat; so z.B. im Hinblick auf Kinder, aber auch auf die Erwerbsquoten der Partner. Die Fragestellung miisse sein, ob Verzerrungswirkungen durch dic aktuelle Besteue- rung bestehen. Wenn ja. stelle sich die Frage, ob diese beseitigt werden sollten bzw. ob eine neutrale Besteucrung méglich ware.
In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass der verfassungsrechtliche Rahmen indisponibel sei, der Ehe und Familie unter besonderen Schutz stelle. Daher kénne beispiels- weise eine reine Individualbesteuerung diskutiert werden, sie sei aber innerhalb des geltenden verfassungsrechtlichen Rahmens nicht realisierbar. Entgegnet wurde, dass in Deutschland Reformen oft mit der Verfassung auf Kollisionskurs seien. Man solle sich deshalb in der theoretischen Diskussion nicht vorab durch die Verfas- sungsnormen zu stark in médglichen Lésungsansiétzen beschrinken lassen. AnschlieBend miisse die VerfassungsmaBigkeit der gefundenen Lésung gepriift und gef. ein verfassungs- konformer Second best- Ansatz vorgeschlagen werden. Von mehreren Mitgliedern wurde der Zusammenhang mit Familienpolitik hergestellt. Diese sei vielschichtiger als die steuerliche Behandlung, was bei einer ausschlieBlichen Befassung mit Steuerfragen klargestellt werden solle. So sei etwa eine Entscheidung gegen Kinder nicht allein in der steuerlichen Behandlung, sondern vor allem in fehlenden Betreuungsméglich- keiten und gesellschaftlichen Restriktionen begriindet. Bei einer weitergehenden familienpolitischen Befassung mtisste aber auch ganz grundsdtzlich geklart werden, warum der Staat hier tberhaupt eingreifen solle. Falls man ein staatliches Eingreifen bejahe, mtisste anschlieBend eine Diskussion der méglichen Mittel erfolgen. Es ware verkiirzt, nur ein Mittel - die Besteuerung - zu analysieren, ohne es mit etwaigen Alter- nativen zu vergleichen. Demgegeniiber wurde eingewandt, dass Férderung ein schwieriger Ankniipfungspunkt sei und der Staat grundsatzlich nicht in die persénliche Lebensplanung seiner Birger eingreifen solle. Es gehe eher um die Frage einer ,,sachgerechten“ Besteuerung. Auch wurde argumentiert, dass eine Familie aus Individuen mit eigenen Praferenzen bestehe und somit einer Analyse mittels des methodischen Individualismus zuginglich sei. Familie ware dann cine Art der Nutzen spendenden Einkommensverwendung. Hierauf entgegneten sei, jedoch nicht zwingend als Norm. So sei gerade das Zusammenleben in Familien von ethi- schen, soziologischen und rechtlichen Rahmenbedingungen geprigt.
Die in der Diskussion deutlich gewordencn unterschiedlichen Sichtweisen legten die Frage nahe, ob sich der Beirat in einem Gutachten auf cine einheitliche Meinung festlegen kénne. Als Losungsmdglichkeit wurde folgende Vorgchensweise herausgearbeitet: So kénne zunichst die Kritik an der aktuellen Regelung dargestellt werden, z.B. im Hinblick auf die Diskussion um Erwerbsanreize der Partner, alternative Lebensentwiirfe jenseits der gesetvlichen Ehe oder die verstarkte Beriicksichtigung von Kindern beim Splitting. Ausge- hend vom aktuellen Sachverhalt kénnten dann mégliche Weiterentwicklungen diskutiert und auf Auswirkungen sowie auf die zu Grunde liegende normative Basis hin untersucht werden. Hierbei kénnen Individualbesteuerung und Familiensplitting als Antipoden gesehen werden. Aufbauend auf diesem Ansatz wurde folgende Gliederung vorgeschlagen: 1.) Darstellung des ,,status quo” 2.) Darstellung der Kritik am aktuellen System 3.) Mégliche Weiterentwicklungen a.) Individualbesteuerung b.) Familicnsplitting 4.) Darstellung der Auswirkungen der méglichen Weiterentwicklungen auf die Kritik- punkte 5.) Welches ,.Menschenbild* driickt sich in den Lésungsméglichkeiten aus? 6.) Rechtliche Zulissigkcit der Losungsméglichkeiten. Die iiberwiegende Mehrheit des Beirats stimmte fiir eine Befassung mit dem Thema ,,Famili- enbesteucrung“ auf Basis der wahrend der Diskussion entwickelten Gliederung. Der Kommis- sion gchéren an. VL.__Interne Sitzung wurden in den Beirat gewahlt. Nach Klarung der Frage, ob sic cine Berufung annehmen wiirden, wird gebeten, sie satzungsgema} zu berufen.
Vil. Tagesordnung der naichsten Sitzung L Mitteilungen des Vorsitzenden I. Feststellung der Tagesordnung HL Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV. Gutachten ,,Existenzsicherung und Erwerbsanreiz“ V. Gutachten ,,Familienbesteuerung* VI. Interne Sitzung: Reform der Beiratsarbeit und evtl. Auswirkungen auf die Termine 2008/2009 VIL Tagesordnung der nachsten Sitzung VII. = -Verschiedenes. VHT. Verschiedenes enttallt Berlin, den 15. Juni 2007 a gez.. gez.