2007-protokoll-nr-471

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen

/ 8
PDF herunterladen
Vertraulich

Niedersch rift 607
1

B._Tagesordnung

L          Mitteilungen des Vorsitzenden
Il.        Feststellung der Tagesordnung
Til.       Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung
IV.        Gesprach mit                            zu aktuellen Fragen der Finanzpolitik,
           insbesondere zu den Ergebnissen der EU-Prasidentschaft
V.         Gutachten ,,Existenzsicherung und Erwerbsanreiz“ mit Vortrag von

VI. _ Diskussion tiber das Thema ,,Entfernungspauschale*
 VII. _ Interne Sitzung: Zuwahlen
 VIIl. Tagesordnung der nachsten Sitzung
 IX.        Verschiedenes.



    I.__ Mitteilungen des Vorsitzenden



    Ii.__Feststellung der Tagesordnung
                                                                                         urf
    Die Tagesordnung wird um die das Thema _Entfernungspauschale“ erganzt, der erste EntwSit-
    zum Guta chten ,,Altersvorsorgefrderung und Wegzug ins Ausland” soll in der néichsten .
    zung diskutiert werden.



      Ill. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

      Das Protokoll wird ohne Anderungen angenommen.
2

IV.   Gesprichmit!                                   __zu aktuellen Fragen der Finanzpolitik,
         insbesondere zu den Ergebnissen der EU-Prisidentschaft

               __Stellte zuniichst die wichtigsten Ergebnisse der deutsc
                                                                         hen EU-Ratsprasidentschaft
   im ersten Haibjahr 2007 vor. Besonders hervorzuhebe
                                                        n sei, dass die Verfahren zur Priifung .
   der Stabilitéts- und Konvergenzprogramme gestrafft wurden
                                                             . Deutschland sei zudem aus dem
  Defizitverfahren entlassen worden. Im Bereich der Finanzm
                                                            iirkte sei unter anderem die
  Zahlungsverkehrsrichtlinie verabschiedet und eine Diskus
                                                           sion tber Hedgefonds angestoBen
  worden.



  AnschlieBend skizzierte                 die aktuelle deutsche wirtschafts- und finanzpolitische

  Lage. Derzeit zeichne sich ein héheres Wachstum als
                                                      noch im Frithjahr erwartet (damalige
  Prognose: 2,4 %) ab; die Stevereinnahmen lagen deutlic
                                                         h tiber den Sollzahlen, die dffentli-
  chen Ausgaben entsprichen in etwa den erwarteten Werten
                                                          . Zum 01. Oktober 2007 sei der
 Kommission ein gesamtstaatliches Defizit ftir 2007
                                                    von 0,1           % gemeldet worden. Die
 ‘tatsichliche Entwicklung kénne sich sogar noch positiv
                                                         er darstellen.



 Im Hinblick auf aktuelle PolitikmaBnahmen sei
                                               absehbar, dass der Zeitplan bei der
 Erbschaftsteuerreform nicht zu halten sei. Die europaischen
                                                             Initiativen zum Reverse Charge
 Modell und zur Harmonisierung der Ertragsteuern seien von
                                                             erheblichen Widerstinden und
 Implementierungsschwierigkeiten gepragt. Positivere Signale
                                                              gebe es bei der Reform der
 Obergrenzen zur Sffentlichen Verschuldung. Fir
                                                das Bundesfinanzministerjum              sei ein
 vorrangiges    Ziel   der Féderalismuskommission II die      Verankerung einer wirksameren,
grundsitzlich fiir Bund und Lander verbindlichen Schuld
                                                        enbegrenzungsregel. Dieses Thema
werde auch von einem breiten Grundkonsens
                                          getragen. Aktuell stiinden zwei Modelle im
BMF zur Diskussion, zum einen eine stirkere Orienti
                                                    crung an cinem Nettoinvestitionsbegriff,

zum anderen eine,,Close-to-balance“-Regel.
                                                          ~ dankte inn diesem Zusammenhang
fir den in der aktuellen Debatte wertvollen Brief
                                                  des Beirats an                  ‘aum Thema
»schuldenbremse“.



Zum Abschluss gab!                  bekannt, dass                          a         an der Ja-
nuar-Tagung des Beirats teilnechmen werde. Der Beirat bedankte sich bei
                                                                                        fiir die
Ausfithrungen.
3

und Erwerbsanreiz“ mit Vortrag           von



                                                                                        stellten

das Modellprojekt ,.Biirgerarbeit* vor (Der Vortrag ist dem Protokoll als Anlage beigefiigt).
Das Modell sei vor dem Hintergrund verfestigter Arbeitslosigkeit von besonders
benachteiligten Gruppen’ in den neuen Bundeslindern initiiert worden. Das Modell basiert auf
der tiblichen Vorgehensweise der BA (insbesondere Stufen1 bis 3), die aber personell
intensiver als in der generellen Praxis der BA umgesetzt wiirden. Entscheidend auch fir den
Erfolg der tiblichen Vermittlungsarbeit sei es, dass allen Beteiligten verdeutlicht wiirde, dass
jeder Arbeitslose, wenn er vorher kein Angebot annehmen wiirde, »Btirgerarbeit* zu
verrichten hatte. Die ,,Androhung* von Burgerarbeit in Stufe 4 verindere das Verhalten der
Langzeitarbeitslosen; ein etheblicher Anteil der Beschiftigungslosen wiirde sich unter diesen
Bedingungen abmelden; lediglich im Durchschnitt rund 20 % der urspriinglich gemeldeten
Langzeitarbeitslosen miissten in Biirgerarbeit vermittelt werden. Fir diese k6nnte
Biirgerarbeit aber zum Teil auch als konkrete Chance begriffen werden, wieder naher an
 normale“ Beschaftigungsverhdltnisse geftihrt zu werden.

 In der anschlieBenden Diskussion wurde von Seiten eines Beiratsmitglieds darauf hingewie-
 sen, dass bislang nur Erfahrungen aus ®iberschaubaren Lebensraumen mit hoher sozialer
 Kontrolle vorligen und nachgefragt, ob ein gesamtdeutsches Modell vorstellbar sei. |
                verwiesen darauf, dass die Beschrankung auf die bereits realisierten sieben
 Projekte eine Erprobung in gréBeren Gebietskirperschaften aktuell unmdglich mache. Eine
 bundesweite Einfthrung kénne aber nach ihrer Einschatzung keinesfalls ad-hoc, sondern nur
 sukzessive erfolgen.



 Weitere Fragen wurden unter anderem zu den Bereichen Personalausstattung der BA,
 Schwarzarbeit und der Problematik der Erwerbsunfuhigkeit gestellt: Nach Einschatzung der
              kénnte ein solches Modell ohne eine Personalaufstockung bei der BA realisiert
 werden. Ein sinkendes Ausma8 an Schwarzarbeit sei ein Sekundareffekt, der Fokus lage auf
 der Vermittlung von Menschen in den Arbeitsmarkt. Im Hinblick auf Krankheit und Erwerbs-
  unfahigkeit sei teilweise sogar eine geringere Quote als im Durchschnitt aller Kunden der BA
  festzustellen. Zum einen kénne dies an der sinnstiftenden Beschéftigung liegen, zum anderen
  sei bei den Modellversuchen - im Gegensatz zur sonstigen Praxis - die zeitnahe Erstellung ei-

                                               -4-
4

nes drztlichen Attestes sichergestellt.



  Im Anschluss an die Prasentation nahm der Beirat die Diskussion zum Gutachtenentwurf auf.

  Die Kommission bat zunachst um ein Meinungsbild zu den Schlussempfehlungen, die auf ein

  Workfare-Modell mit Lohnkostenzuschtissen in bestimmten Segmenten abzielen.



  Grundsitzlich zeichnete sich eine breite Zustimmung zu den Vorschlagen ab. Einige

  Beiratsmitglieder gaben aber zu bedenken, dass der Beirat méglicherweise wegen fehlenden
 Méglichkeiten fiir emen detaillierten und ausgereiften Vorschlag auf cin eigenes Konzept

 verzichten sollte. Demgegentiber wurde eingewandt, dass eine alleinige Diskussion anderer

 Vorschlage bei diesem Thema nicht ergiebig sei. Der Beirat stimmte tiberein, die bisher

 eingeschlagene Richtung der Schlussempfehhingen weiterzuverfolgen.



 Der Lohnkostenzuschuss wurde kontrovers diskutiert. Von Seiten der Kommission wurde

 angemerkt, dass ein generelles Workfare-Konzept umfangreiche Arbeitsméglichkeiten
 voraussetze. Es sei zu vermuten, dass die auf den Arbeitsmarkt dringenden Menschen ohne

 Lohnzuschuss      aufgrund      bestehender    Arbeitsmarktrigiditéten    nicht      ausreichende

 Arbeitsangebote erhielten. Eine faktische Senkung des Arbeitsentgelts durch einen Zuschuss

 kénnte, bei entsprechenden Elastizitéten, zu einer Ausweitung des Arbeitsangebots fiihren. Es
 sei hierbei.zielgerichteter, von den tatsichlich gezahlten Loéhnen auszugehen und unmittelbar

 an die Unternehmen zu zahlen. Es wurde von mehreren Beiratsmitgliedem zu Bedenken

 gegeben,   dass   man    hierfiir   besser   an den   Arbeitsmarktrigiditaten     ansetzen   solle.

 Demgegentiber wurde eingewandt, dass mittels einer Subventionierung eine schnellere

 Durchsetzung erfolgen kénne. Die Subventionierung kénne zudem degressiv ausgestaltet

 werden.



Zur Frage nach der vorgeschlagenen Héhe des Zuschusses von 25 % bemerkte die
Kommission, dass dieser Satz nur eine beispielhafte Darstellung sei, der noch zu spezifizieren
sei. Zur Héhe des Stundenlohns, ab dem eine Subventionierung erfolgen soll, wurde

.eingewandt, dass mit dem ALG II ein faktischer Mindestlohn etabliert worden sei. Nun

erfolge eine Subventionierung der privaten Arbeitgeber zur Herabsetzung dieses Satzes.

Demgegentiber wurde argumentiert, dass von staatlicher Seite nicht jeder Lohn subventioniert

werden solle, da nur Beschaftigungsmdglichkeiten ‘gefordert werden sollten, die zum
Lebensunterhalt ausreichten und einer zusitzlichen Férderung nicht bediirften. Allerdings
5

seien noch keine Berechnungen zu den fiskalischen Auswirkungen der Vorschlage erfolgt. Im
Lichte der Ergebnisse soll die Lohnsubventionierung erneut diskutiert werden.



Ein Beiratsmitglied bemangelte an dem vorliegenden Gutachten, dass die nachfrageseitigen

Aspekte der Arbeitslosigkeit lediglich in FuBnote 4 erwahnt wiirden und regte eine wesentlich

ausflihrlichere Darstellung an. Die Mehrheit des Beirats sprach sich gegen weitergehende

Ausfiihrungen zur Nachfragepolitik im Gutachten aus.



Es wurde angeregt, im Text starker auf die Problematik der Hochqualifizierten einzugehen.
So    sei   zwar   Workfare    grunds&tzlich   cher   fiir   Geringqualifizierte   angedacht,   cine
Ausklammerung       von   Hochqualifizierten    brachte’ aber     eine   Ungleichbehandlung     und

Anreizprobleme mit sich.



Das Thema des Einsatzes der ,,Biirgerarbeiter“ sollte nach Ansicht mehbrerer Beiratsmitglieder

ausfiihrlicher dargestellt werden. So kénnten auch Arbeitsgelegenheiten von Privaten

angeboten werden. Allerdings bestiinde das Problem der Substituierung von reguldren
Arbeitsverhaltnissen und Anreiz, die tatsichliche Zahlungsbereitschaft nicht zu offenbaren.
Es bediirfe daher eines Mechanismus, der das Substitutionsproblem verringert und die

Zahlungsbereitschaft bei den Anbietern von Birgerarbeit abruft. Hierbei zeigte sich in der
Diskussion, dass es sich unter anderem wegen Informationsasymmetrien und der persénlichen

Elemente von Arbeitsvertrigen nicht um ein anonymes Bieterverfahren handeln sollte und

eher an ein Modell in Analogie zu Leiharbeitsfirmen zu denken sei.



VI.    Diskussion iiber das Thema ..Entfernungspauschale“


Im Beirat wurde diskutiert, ob das Thema vor dem Hintergrund der anstehenden

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgegriffen werden sollte. Insgesamt zeichnete
sich aber kein klares Meinungsbild ab. Der Beirat entschied einvernehmlich darauf hin, das

Thema vorerst nicht aufzugreifen.



VII. Interne Sitzung: Zuwahlen


Der Beirat hat
                              hinzugew4hlt und wird                 um deren Berufung bitten.
6

Aufgrund der Tagung des Vereins fiir Socialpolitik im September 2008 wurde die Tagung am

  25/26, September 2008 auf den! 1 ./12. September 2008 verschoben.




 Vil. Tagesordnung der nachsten Sitzung




g28s>
           Mitteilungen des Vorsitzenden

           Feststellung der Tagesordnung

           Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

           Gutachten ,,Existenzsicherung und Erwerbsanreiz“

           Gutachten ,,Altersvorsorgefrderung und Wegzug ins Ausland“

           Interne Sitzung

           Tagesordnung der nachsten Sitzung

          Verschiedenes.




IX.     _Verschiedenes


2009 feiert der Beirat sein 60jahriges Jubilaum. Die Beiratsmitglieder werden gebeten, erste

Uberlegungen im Hinblick auf mégliche Jubilaumsaktivitaten anzustellen.



Berlin, den 30. November 2007
7


                      
                        
                          
                        
                        8