2012-protokoll-nr-497
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
Vertraulich Niederschrift 1/12 7, issenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen am 19./20. Januar 2612 in Berlin A.___ Teilnehmer
Mitteilungen des Vorsitzenden Feststellung der Tagesordnung Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung zu aktuellen finanzpolitischen Fragen Brainstorming: Gutachten/Stcllungnahme ,,Besteuerung des Finanzsektors” Vi. Brainstorming: Gutachten ,,Unternehmensbesteuerung: Verlustverrechnung und Investitionsbereitschaft* (Forvag Ernst & Young) VIL. Gutachten/Stellungnahme .,Strukturreform der EU-Finanzen“ (Vortrag ———, EU-KOM) VII. Tagesordnung der nachsten Sitzung IX. Verschicdenes.
L Mitteilungen des Vorsitzenden H. Feststellung der Tagesordnung Das Gutachten ..Besteucrung des Finanzscktors* wird aufgrund der Abwesenheit der mafgeblichen Kommissionsmitglieder nicht behandelt. Wi. Bemerkungen zum Protokol) der letzten Sitzung Das Protokoll wurde ohne Anderungen angenommen. iV. Gespriich mit zu aktuellen finanzpolitischenFragen berichtete tiber die aktuelle Wirtschafislage und finanzpolitische Entwicklungen in Deutschland, Nach der Finanzkrise habe es eine schnelle Erholung gegeben, so dass 2011 die Maastricht-Defizit-Kriterien wieder eingehalten worden sind. Auf EU-Ebene wiirden dic Arbeiten an einem Fiskalpolitischen Pakt voranschreiten, wenn auch noch Verhandlungsbedarf bestehe. Als steuerpolitische Themen stiinden derzeit die Einfiihrung einer Finanztransaktionsteuer ound die gemeinsame kérperschafistcuerliche Bemessungsgrundlage (GK(K)B) auf der Agenda.- Diskutiert wurde im Anschluss. wie sich die verfassungsrechtliche Verankerung der Schuldenbremse in anderen europiiischen Landern darstelle. VL. Brainstorming: Gutachten/Stellungnahme ,.Verlustverrechnung und Investitionsbereitschaft“; Vortrag: eae “= (Ernst& Young) Zunachst informierte die Kommission iiber den aktuellen Sachstand. Der Bericht der gemeinsamen Facharbeitsgruppe ,,Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung* von Bund und Lindern wirft Fragen. insbesondere zu den zugrunde licgenden Annahmen und dem
" Volumen der Gestaltungen bzw. der tatstichlichen Verluste auf. Die Kommission wiirde dazu gern mit Vertretern des BMF in der kommenden Tagung sprechen. greift in seiner Priasentation diese Problematik auf und erlautert einige typische Falle, mit denen es international organisierten Unternehmen gelingt, Steuerzahlungen in Deutschland zu minimieren. Zu diagnostizieren sei ein systematisches Interesse multinationaler Unternehmen, Gewinne vor allem durch Finanzicrungsgestaltungen ins Ausland zu transferieren, Dieser Anreizsituation kénnte der Gesetzgeber durchaus Rechnung tragen. Einschlégige Gesetzesnovellicrungen im Kontext des § 8b KStG in jiingerer Vergangenheit haben geradezu dic Umgehung von Besteuerung im Inland provoziert. Obgleich die grundsdtzliche Problematik bekannt war und die Gesetze (z.B. Abzugsverbot von Abschreibungen auf Beteiligungen und konzerninterne Forderungen, Zinsschranke) gerade mit dem Ziel geschaffen wurden, Steucrumgehung einzudimmen, ist das Gegenteil cingetreten. Der Gesetzgeber reagiert bislang nicht darauf, dass durch vielfaltige Konstruktionen innerhalb von Holdinggescllschaften (in Deutschland kann eine _.konzerninterne* Verlustverrechnung durch das Instrument der Organschaft crreicht werden), z.3. tiber Darlehen an konzernverbundene Personengesellschaften, niedrigverzinsliche Darlchen, hybride finanzierungen, sich gegenseitig aufhebende Geschiafte (interne Kreditvergaben) sowie durch spezielle Bankprodukte (etwa Optionsgeschafte) die Gewinne im Kern nicht an der Quelle besteuert werden kénnen. Da tiberdies das Ausland (als ein relevantes Beispiel wurden u.a. dic USA erwdhnt) entsprechende Rechtskonstruktionen fordert. fiihre dies im Ergebnis dazu. dass cine Gewinnentstehung in Deutschland vermieden und gleichzeitig auch eine Besteuerung dieser aus Deutschland herausverlagerten Gewinne in den USA verhindert wird. Im Ergebnis stiirke dies die steuerliche Wettbewerbsfahigkcit von US-Konzernen auf auslindischen Miarkten. Als konzeptionelles Problem zeigte sich allerdings, dass die notwendige Unterschcidung von dkonomischen Verlusten und Scheinverlusten empirisch duf erst schwierig ist (es gibt allenfalls subjektive Einschatzungen). so dass man im Ergebnis mit deutlichen Friktionen leben miisse. merkte allerdings an, dass der Gesetzgeber jedoch mit relativ wenigen und cinfachen Nachjusticrungen im Unternehmenssteuerrecht das Gros dieser Geschafte eindimmen kénne. Gleichwohl gibt er auch zu Bedenken, dass selbst cine Heilung der Mangel im Steuerrecht nicht zwangsldufig dazu fuhri, dass (grofe) Unternehmen ihre Gewinne wieder verstirkt in Deutschland verstcuerten. Dem Steuerrecht in Deutschland fehle -4.
es in dieser Einsiehit an Konstanz, so dass die Planungssicherheit fiir die Unternehmen nicht gewiahrleistet sei.| += rechnet schlieBlich nicht mit cinem nennenswerten Abbau der existicrenden Verlustyortrage in Deutschland. Einer Gewinnrepatriierung nach Deutschland stehe insbesondere die Mindestbesteuerung entgegen: gem4B § 10d EStG waren trotz einer Verrechnung mit Verlustvortrégen 40% dieser Gewinne zu versteuern. Als Politikoptionen wurden die Méglichkeiten der Zinsbox und die CCCTB diskutiert. Wahrend erstere von als unattraktiv verworfen wurde, sei es bei der CCCTB notwendig zwischen Alt- und Neuverlusten zu unterschciden. Hier kénnten Erfahrungen aus anderen Landern Hilfestellung biecten. VU. _Stellungnahme ,,Ein Haushalt fiir Europa — Der neue mittelfristige Finanzrahmen der EU“: Vortrag: _ + EU-KOM prasentierte die neuen Vorschlage der EU-Kommission zur Finanzierung des FEU-Haushaltes, die im Kern den mehrjahrigen Finanzrahmen 2014-2020 sowie eine Reform der EU-Eigenmittelquellen beinhalten. Insbesondere solle eine Finanztransaktionsteuer als eigene EU-Steuer vereinnahmt werden und die Mehrwertsteuer-Eigenmittel zu einem Hauptfinanzierungsinstrument reformiert werden. Nachfragen gab es aus dem Beirat zur Finanztransaktionstcucr, wobci die Skonomischen Wirkungen angesprochen wurden. Dariiber hinaus erlduterte . die Zusammenhénge zwischen den Rettungsmechanismen (EFSF, EFSM) und dem EU-Haushalt. Die Beiratsmitglieder auBerten Zweifcl hinsichtlich der als zwingend dargestellten Verkniipfung von Steucrstrukturen und Einnahmepolitik der EU-Kommission. stellte die wesentlichen Inhalte der Punktation vor und machte deutlich, dass dic Stellungnahme, um direkt politisch relevant sein zu kénnen, wenn mdglich bis Ende des Jahres fertig gestellt sein miisste. Zentraler Punkt des mittelfristigen Finanzrahmens sei es, auf EU-Ebene mehr Finanzautonomie zu erhalten und weniger Debatten um Nettozahlungen. Der Beirat thematisierte im Zusammenhang mit den Rettungsmafinahmen fiir Irland, Portugal und Spanien das Verschuldungsverbot des EU-Haushalts sowie scine Nebenhaushalte. Bemdangelt wurde auch das Wording des Finanzrahmens, das nicht dem Prinzip der Haushaltsklarheit entspreche, da oft nicht transparent werde, was finanziert werden solle. Diskuticrt wurde. wie der Beirat weitcre Integrationsschritte bewerte, wobei. © 7. - darauf hinwies, dass eine weitere Integration der FU ohne Verfassungsinderung in Deutschland kaum méglich sei. Die Mitglieder des Beirats sprachen sich dafiir aus, die -5-
institutionelle Entwicklung der EU korrespondierend mit ihrer Finanzierung und ihren originaéren Aufgaben zu beleuchten. Beispielsweise sollte das Recht der EU auf eigene Steuererhebung mit der Erstellung éffentlicher Giiter verbunden sein. Die Punktation wurde in Abschnitten aufgerufen und diskutiert. Eine tiberarbeite Diskussionsvorlage wird die Kommission ftir dic Mai-Sitzung vorlegen. VILL. Tagesordnung der nichsten Sitzung am 15./16. Mirz 2012 in Berlin I, Mitteilungen des Vorsitzenden iI. Feststcllung der Tagesordnung IH. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV. Brainstorming Gutachten/Stellungnahme ..Besteucrung des Finanzsektors* V. Gutachten ,.Unternehmensbesteuerung: Verlustverrechnung und Investitionsbereitschaft" mit Gasten aus dem BMF VI. Diskussion tiber neue Themen VIL = Tagesordnung der nachsten Sitzung VIH. Versechiedencs. IX. Verschiedenes entfallt Berlin, den 15. Marz 2012 ger. Qcz.