2015-protokoll-nr-517
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
Vertraulich
B. Tagesordnung: L. Mitteilungen des Vorsitzenden Il. Feststellung der Tagesordnung IH. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV, Gutachten/Stellungnahme ,,EU-Finanzicrung* V. Thema ,.OPP“ VI. Thema ,.Europdische Arbeitslosenversicherung“ VII. ggf. Abschluss Gutachten ,.Reform des Liinderfinanzausgleichs“ VU. Diskussion tiber neue Themen IX. Interne Sitzung: Vorbereitung weiterer Zuwahlen finanzwissenschaftlicher und rechtswissenschaftlicher Mitglieder X. Tagesordnung der nachsten Sitzung
I. Feststellung der Tagesordnung Die Tagesordnung wurde ohne den Tagesordnungspunkt ,,Gutachten/Stellungnahme EU- FinanzierungTM verabschiedet. Ill. _Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung Unter dem TOP I. war zu ergiinzen, auch_ die 25-jahrige Beiratsmitgliedschalt erreicht habe und ihm ftir seine Unterstiitzung und kontinuicrliche Mitarbeit gedankt werde. Das Protokoll wurde mit dieser Anderung verabschiedet. V._ Thema ..OPP“ fihrte in das Thema ein und erlduterte die Anderungen gegentiber dem im Januar vorgelegten Thesenpapier. Starker ausgeftihrt seien nunmehr die Definition von OPP. Aspekte der Lebenszykluskosten sowie Ausfiihrungen zu den Transaktions- und Risikokosten. Schlussfolgerungen kénnten in die Richtung gehen, dass kleine OPP-Projckte auf kommunaler Ebene sowie Forfaitierungsmodelle kritisch zu bewerten seien. Bei der Verbuchung und Anrechnung von OPP auf die nationalen Defizitobergrenzen sollten die Eurostat-Regeln angewendet werden. Der Beirat begriiBte die ausfithrlichere Vorlage und diskutierte die Auswirkungen von OPP auf die Sffentlichen Haushalte und dic Einhaltung der Schuldenregeln. Bei der Verbuchung bestiinden Unterschiede auf nationaler und europdischer Ebene: Wahrend OPP auf EU-Ebene fiir den Fiskalpakt voll erfasst wiirden, sei auf nationaler Ebene eine ..UmgehungTM der Schuldenbremse mdglich. In der Aussprache iiber die Buchungsregeln sprach sich der Beirat mehrheitlich fiir das Kriterium der Risikotibernahme als AbgrenzungsmaBstab aus. E = 3e-
Es wurde darauf hingewiesen, dass der Staat tiber eine gtinstigere Finanzierung verfiige, weil die Risiken nicht voll in den Kostenkalkulationen eingepreist wiirden. Dies sei auch cin Argument gegen die Kritik der Rechnungshéfe, die die 6Sffentliche Beschaffung als wirtschaftlicher anschen. Dem wurde entgegen gehalten, dass der Staat ein geringeres Insolvenzrisiko habe; ein Kostenvorteil sei damit tatsichlich gegeben. In diesem Zusammenhang wurden auch Kosten-Nutzen-Analysen angesprochen und dic Frage, welcher Zinssatz bei OPP anzusetzen sei. Adressiert wurde weiter die Frage, wie es zu beurteilen sei, wenn sich fiir ein OPP-Projekt keine privaten Partner finden, der Markt das Vorhaben somit ablehnt. Einige Beiratsmitglieder traten dafiir ein, dass solche Vorhaben nicht generell abgelehnt werden sollten. Es gebe auch Falle, bei denen der Staat zu Recht in Vorleistung gehe. Die These, dass sich kleinere OPP-Projekte aufgrund der hohen Transaktionskosten nicht lohnten, wurde kontrovers diskutiert. Eingewandt wurde, dass mit weiteren durchgefihrten OPP die Transaktionskosten sinken wiirden. Dies sci jedoch nur der Fall, wenn dieselben ‘Transaktionsparteien beteiligt seien. Zu bedenken wurde ebenfalls gegeben, ob die Transaktionskosten nicht fiir alle 6ffentlichen Projekte so hoch seien, jedoch im Falle offentlicher Beschaffung auf solch aufwendige Priifung und Verhandlungen zum Teil verzichtet werde. Als problematisch wurde ansehen, dass die Sffentliche Hand tiber immer weniger Fachleute verfiige, die komplexe Projekte ausschreiben und die Projektplanungen beurteilen kénnten. Ein Beiratsmitglied regte an, das Nachverhandeln von OPP-Vertragen zu berticksichtigen. da dies die Verhandlungen im Vorfeld Andere. fasste zusammen, dass die Grundlinien des Gutachtens auf grofe Zustimmung gestoBen seien. Es wurde vereinbart, dass eine Fragenliste an das BMF tibersenden werde und ftir eine der kommenden Sitzungen Referenten zam Thema eingeladen werden sollen. Vi._Thema .,.Europdische Arbeitslosenversicherung“ stellte die tiberarbeitete Punktation vor. Neu seien Ausfiihrungen zu Asymmetrien zwischen den an einer europdischen Arbecitslosenversicherung beteiligten Regionen. Es werde ein Vorschlag skizziert, in dem der nationalen Arbeitslosenkasse ein Teil des Aufwandes fiir die ersten Monate der Arbeitslosigkeit einer Erwerbsperson erstattet werde. Moral Hazard spiele dann keine Rolle; cin ahnliches System bestehe bereits in den USA. Da eine solche Lésung nur tiber die Verstarkte Zusammenarbeit realisiert werden -4-
kémne, solle eine europdische Arbeitslosenversicherung Beitritts- und Ausstiegsoptionen beinhalten, um einc Transferunion zu vermeiden. Generell wurde die Motivation fir eine europaische Arbeitslosenversicherung diskutiert. Es sei noch nicht hinreichend begriindet. warum die Finanzkrise oder die imperfekte Wahrungsunion einer europdischen Arbcitslosenversicherung bediirfien. Es wurde das Aufireten asymmetrischer Schocks angesprochen, die auf nationaler Ebene ganz unterschiedlich bewailtigt wiirden und kein Ausgleich auf einer europdischen Ebene stattfande. Die damit zusammenhangenden Anreizwirkungen sollten weiter thematisiert werden. Durch den Ausgleich asymmetrischer Schocks kénne die Forderung nach einer Verschuldungsméglichkeit im EU-Arbeitslosensystem entstehen, was der Betrat ablehnte. Die Ubertragbarkeit der US-amerikanischen Arbeitslosenversicherung auf die curopdischen Verhiltnisse wurde angezweifelt. Die Arbeitslosenversicherung in den USA sei eher ein Harmonisierungsinstrument, das eine Grundabsicherung und automatische Stabilisatoren auf Ebene der einzelnen Bundesstaaten etabliert habe. Es wurde angemerkt, dass das System dariiber hinaus auch nicht alle Beschaftigtengruppen mit cinbeziehe. Dem vorgetragenen Vorschlag der Freiwilligkeit des Beitritts bzw. auch Austritts cines Landes aus der europdischen Arbeitslosenversicherung wurde die adverse Selektion als Problem entgegen gehalten. Aus diesem Grunde gebe es keine Freiwilligkeit in Versicherungen. Strukturelle Probleme in den Liandern wiirden nicht behoben werden. Vor diesem Hintergrund miisse diskutiert werden, welchen Vorteil Deutschland hitte, einer europdischen Arbeitslosenversicherung beizutreten. Es wurde entgegnet, dass dies bei der Ausgestaltung durch die PriimienhGhe oder Vetorechte beriicksichtigt werden kénne. Weiter sollten polit-ékonomische Aspckte beriicksichtigt werden: Vertrage auf europiischer Ebene wiirden nachverhandelt und ggf. neu interpretiert. Dies kGnne auch zum Nachteil der Nettozahler geschehen. Trotzdem wiirde Deutschland — einmal beigetreten — aus politischen Griinden aus der Versicherung nicht austreten wollen. Die Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit der angestrebten ordnungspolitischen Rahmenbedingungen seien daher nicht glaubhaft. Der Beirat bestitigte die Gutachtenkommission, die aus den, » besteht.
VIL. gef. Gutachten ..Reform des Linderfinanzausgicichs“ Entfallen. VHL Diskussion iiber neue Themen Der Beirat diskutierte folgende neue Themen: Punktation zum Thema, Uneleichheit" {tihrie in das Thema cin. Vor dem Hintergrund der Diskussion um das Buch von Piketty und einer politischen Debatte um Verteilungsgerechtigkeit sollen die tatsdchliche Entwicklung untersucht und politische Herausforderungen identifiziert werden. Die Grundziige der Punktation wurden kurz erlautert. Das Thema wurde sehr positiv vom Beirat aufgenommen und die unterschiedlichen Aspekte des Themas diskutiert. Grundsdtzlich korrigiere das Steuer- und Transfersystem dic Verteilung, sie finde jedoch oft innerhalb der Mittelschicht statt. Insbesonderc die Progressivitét des Einkommensteucrtarifs wurde in diesem Zusammenhang genannt. Der Staat gehe jedoch auch dariiber hinaus und beeinflusse die Preise (zB. bei der Mietpreisbremse). Es wurde thematisicrt, dass Vermégenskonzentrationen nach wie vor cine groke Rolle spiclen: Ubergiinge zwischen den Generationen kénnen gestaltet werden. In der Folge habe die Erbschaftsteucr keine dekonzentricrende Wirkung. Internationale Vergleiche von Vermégenskonzentrationen seicn jedoch mit Vorsicht zu interpretieren: in DEU habe es grofe Umbriiche gegeben, die einen direkten Vergleich erschwerten. Unterschiedliche Wertansiitze von Vermdgen sowie dic Auswirkungen der Niedrigzinsphase seicn zu berticksichtigen. Angcregt wurde ferncr, makrodkonomische Bestimmungsfaktoren der Verteilung zu beriicksichtigen. Die Beteiligung der Arbeitnchmer an der Ersparnisbildung sei Voraussetzung, um den Gewinnanteil der Unternehmer zu senken. Der Beirat sprach sich dafiir aus. auch soziologische Untersuchungen tiber die Ursachen der Ungleichheit mit einzubezichen. Herkunft und Status wirkten sich auf dic Verteilung aus, sowie die Zugehdérigkeit zu sozialen Netzwerken und deren Durchlassigkeit. So wiirde z.B. in den USA der Zugang zu sozialen Netzwerken iiber die Bildung gesteuert und dort bepreist. Als ein anderer Aspckt der Diskussion wurde die Privatisierung und Bepreisung von -6-
Allmende-Ressourcen genannt. Dies habe Auswirkungen auf Teilhabe und eine persinlich empfundene Ungleichheit. Es bestand Einigkeit im Beirat dariiber, in einem mdglichen Gutachten relevante Dimensionen und Messgréfen aufzeigen und zu diskutieren, Erklarungsansatze zu sammeln und dann weiter zu fokussieren. Die Rolle des Staates kinnte ein Schwerpunkt sein. kiindigten an, das Thema weiter zu bearbeiten und zundchst einen Arbeitsschwerpunkt fiir das Gutachten herauszuarbeiten. Foleen der Niedrigzinsphase Das Thema ,.Folgen der Niedrigzinsphase* wurde vom Beirat als schr relevant angesehen. Erértert wurden die Auswirkungen der historisch niedrigen Zinsen. In Deutschland gebe es bei Finanzinstituten eine stérkere Abhdngigkeit von Zinseinnahmen; somit seien die Geschafismodelle insbesondere von Sparkassen, Versicherungen und Pensionskassen betroffen. Die Diskontierung von Pensionsrtickstellungen in Unternehmen sei ebenfalls eine Herausforderung, die auch starke steuerliche Auswirkungen haben kénne, wenn der interne Zinsfuf abgesenkt werden miisse, und damit der Rtickstellungsbedarf stiege. Die niedrigen Zinsen fiihrten zu ansteigenden Vermégenspreisen, auch bei Unternehmenskéufen. Die Auswirkungen eines Wiederanstcigens der Zinsen miissten ebenfalls berticksichtigt werden. Aus Sicht des Staates weichen geringere Finanzierungskosten die Budgetbeschrinkung auf. Die Méglichkcit der Einrichtung eines Staatsfonds wurde kontrovers diskutiert. bot an, fir die Juli-Sitzung eine Punktation zum Thema vorzulegen; fiir eine der kommenden Sitzungen soile cin Referent zum Thema eingeladen werden. trug den von eingesandten Vorschlag zum Thema »Daseinsvorsorge und Streikrecht“ vor. Der Beirat kénne sich vor dem Hintergrund der aktuellen Streiksituation mit dem Streikrecht befassen, indem er die verfassungsrechtliche Seite und das Tarifeinheitsgesetz beleuchte. Dariiber hinaus aber sei aus finanzwissenschaftlicher Sicht cine Problematik der unvollstindigen Privatisierung zu konstatieren. So bestiinde eine Situation bei der dem Unternehmen aus dem Streik kein Insolvenzrisiko entstehe und den streikenden Arbeitnehmern kein Arbeitsplatzverlust drohe. -7-
Der Beirat besprach das Thema kurz und stimmte darin dberein, dass cine kleine Berufsgruppe durch die Streiks groBe externe Effekte hervorrufe. Die juristische Einordnung wurde als wichtig cingeschdtzt. Der Beirat wtirde die weitere Diskussion der Thematik begriifen. Zum Thema ,,Digitalisicrung der Wirtschaft" wurde tiber erste Arbeiten berichtet, die durch die Digitalisierung veranderte und neu entstehende Geschiftsmodelle (z.B. .,Sharing Economy”, ,,Big data“) untersuchten und im Hinblick auf steuerliche Relevanz priiften. Der Beirat sah cinen Teil der Entwicklung als bereits diskutiert an (z.B. bei der Besteuerung von multinationalen Unternehmen und e-Commerce); neu sci allenfalls das Thema sharing Economy“. Es wurden jedoch insofern Auswirkungen auf die Steuern und die Sozialsysteme cingcréumt, indem die Digitalisierung der Wirtschaft durch die (globale) Arbeitsteilung in Teilen zu ciner Atomisierung der Produktionsstrukturen fuhren kinne. Da die Erhebung von Steucrn und Sozialbeitrégen im Wesentlichen durch Unternehmen erfolge, kénnien sich Vollzugsprobleme ergeben. Dariiber hinaus wurden unentgeltliche Leistungen und Gegenleistungen bei digitalen Plattformen angesprochen. Das Thema ,,Kapitalmarktunion“ wurde kurz andiskutiert. In Kiirze wiirde von der EU- Kommission ein Griinbuch dazu veréffentlicht werden, dass sehr ambitioniert sei. Ein Beiratsmitglied fiigte hinzu, dass die Eigenkapitalmarkte noch nicht vereinheitlicht seien und von Unternchmensratings und den Verbriefungsmarkten abhingen. Es wurde vorgeschlagen, auf dieses Thema anzusprechen. IX. Interne Sitzung: Vorbereitung weiterer Zuwahlen [is haben in der internen Sitzung Gesprache stattgefunden. In der Sitzung im Juli 2015 sollen “uwahlen finanzwissenschaftlicher und rechtswissenschatilicher Mitglieder erfolgen. Dazu witd rechtzeitig Unterlagen verteilen.
X.__ Tagesordnung der niichsten Sitzung 1. Mitteilungen des Vorsitzenden Il. Feststellung der Tagesordnung WI. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV. Thema ,,EU-Finanzierung“ Vv. Thema,,OPP“ VI. Thema ,.Europaische Arbeitslosenversicherung* VIL Diskussion tiber weitere mégliche Themen VIN. Interne Sitzung: Zuwahlen IX. Tagesordnung der nichsten Sitzung X. Verschiedenes. XI. __Verschiedenes Entfallen. Berlin, den 2. Juli 2015 gez..fi gez.