2015-protokoll-nr-518
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
Vertraulich
B. Tagesordnung: I. Mitteilungen des Vorsitzenden Ul. Feststellung der Tagesordnung Ill. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV. Thema ,,£U-Finanzierung“ Vv. Thema .,OPP“ VI. _Thema .,.Europaische Arbeitslosenversicherung* VII. Diskussion méglicher neuer Themen VIII. Interne Sitzung: Zuwahlen IX. Tagesordnung der nachsten Sitzung Xx. Verschiedenes.
I. Feststellung der Tagesordnung Die Tagesordnung wurde wie vorgeschlagen verabschiedet. Hl. _Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung Das Protokoll wurde ohne Anderungen angenommen. IV. _Gutachten/Stellungnahme ,.EU-Finanzierung“ __erlduterte den Uberarbeitungsstand seit der letzten Diskussion im Beirat. Zur Reform der EU-Finanzierung seien jetzt zwei Vorschlage im Gutachten angelegt: der Vorschlag fiir eine deklaratorische Steuer, z. B. cine bestimmte Anzahl von MWSt-Punkten, die als ,.Finanzbeitrag fir Europa“ auf jeder Rechnung ausgewicsen, national erhoben und dann an die EU fiberwiesen wiirde. Der zweite Vorschlag betriife — da cine allgemeine eigene Steuerhoheit der EU ohne Vertragsanderung nicht zur Debatte stiinde — eine neue ,,Lenkungs- Steuer“ (z.B. FTT), die die EU im Rahmen der geltenden Vertrige einfiihren kénnte. kritisierte, dass der Text Aussagen aus friiheren Gutachten zur EU-Finanzierung wiederhole und wandte sich gegen den Vorschlag fiir einen deklaratorischen Ausweis bei der Mehrwertsteuer. | schlug vor, im Gutachten zu ergiinzen, dass noch die MOglichkeit bestehe, ein neues Eigenmittel cinzuftihren. Dies k6nne auch eine Steuer sein, die von den Mitgliedstaaten eingeftihrt und verwaltet wiirde, und deren Ertrige im Rahmen des Eigenmittelbeschlusses an die EU abgefiihrt wirden. Dies miisse allerdings im Rahmen der bestehenden Eigenmittel-Obergrenzen geschehen und bedeute keine Ausweitung des Finanzierungsrahmens. Der Beirat nahm den vorgelegten Text positiv auf. Es wurde darauf hingewiesen, dass deklaratorische Steuern oder der Ausweis von EU-Finanzierungsanteilen nach Landern auch ohne ein gemcinsames Vorgehen auf EU-Ebene méglich sei. Es wurde zur Debatte gestellt, ob eine EU-Steuer, die im engen Rahmen einer Lenkungsstever denkbar sei, auch unter den geltenden Eigenmittelbeschluss fallen wirde. Ein Beiratsmitglied schlug vor, einen Abschnitt zu einem Koordinierungsinstrument in das Gutachten aufzunehmen. Analog zur US- amerikanischen Arbeitslosenversicherung kénne auf EU-Ebene cin solches Instrument koordiniert und national erhobene Finanzierungsbeitrige angerechnet werden. setzte sich nochmals ftir eine deklaratorische Steuer ein, da diese transparent sei und fiir den Burger sptirbar. Diskussionen in der Briisseler Eigenmittel-Gruppe wiesen allerdings darauf hin, dass von Seiten der EU-Institutionen eine intransparente Steuer
favorisiert werde, die méglichst ohne Befassung der nationalen Parlamente crhoben werden solle. Das Gutachten kénne so einen Beitrag zur Diskussion von Transparenz in der Eigenmittelgruppe leisten. Es wurde eine Einigung dahingehend erzielt, dass eine deklaratorische Steuer im Rahmen cines neu zu strukturierenden Abschnitts tiber Transparenz als mégliche Ausgestaltung dargestellt werde. Die Kommission kiindigte eine iberarbeitete Fassung fiir die September-Sitzung an. V.__ Gutachten/Stellungnahme OPP“ erlauterte kurz den Uberarbeitungsstand des aktuellen Textentwurfs. Die Anregungen aus der letzten Diskussion im Beirat und das diskutierte Fazit seien tibernommen worden. Nach wie vor wiirde geschlussfolgert, dass sich kleine OPP-Projekte in Kommunen wegen der hohen Transaktionskosten nicht lohnten; auch die Zusammenlegung mehrerer kleiner OPP-Projekte habe sich in der Empirie nicht bewahrt. In der allgemcinen Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass Kommunen ganz unterschiedliche GréBen haben kénnen, cs also auf das Volumen des OPP-Projektes ankame. Gepriift werden solle. inwiewcit das Bundesland im Rahmen der Gewdhrtrigerhaftung die Kommunen beaufsichtigen miisse oder gegebenentalls auch kommunale OPP untersagen kénne. Bei der weiteren Diskussion des Textes in Abschnitten wurde angeregt, cher auf den Zweck oder die Zielrichtung des OPP-Projekts abzustellen, da eine ecindeutige Definition von OPP nicht existiere. Weiter wurde erdrtert, wo das Risiko bei der Kalkulation der Nachfrage nach dem Infrastrukturgut anzusiedeln sei. Es wurde fiir strenge Budgetrestriktionen pladiert und auch Nachverhandlungen sollten méglichst vermieden werden. kiindigte an, dass in der Sitzung im September ein Experte vom Bundesrechnungshof fiir ein Gesprich zur Verfiigung stehen werde. kiindigte cine tiberarbcitete Fassung des Entwurfs fiir November an. VI._ Thema ,,.Europiaische Arbeitslosenversicherung” Entfallen.
VU. Diskussion iiber neue Themen Der Beirat diskutierte folgende neue ‘Themen: Kapitalmarktunion a . hahm Bezug auf die in der letzten Sitzung begonnene Diskussion zur ‘Kapitalmarktunion und berichtete, dass das vorliegende Griinbuch der EU-Kommission, das die Folgethematik der Bankenunion schr umfassend behandele, von vielen Seiten kommentiert worden sei, und dass die EU-Kommission bis zum friihen Herbst auf der Grundlage dieser Kommentare ihre endgiiltigen Vorschlage vorlegen wolle. Dic Vorschlage diirften die Regulierungsagenda der kommenden Jahre bestimmen und kénnten auch dazu filhren, dass Reformen aus der Zeit nach der Finanzkrise wieder zuriickgenommen wirden. Prof. Konrad fiigte an, dass derzeit ein Bericht der fiinf EU-Prasidenten (EU-KOM, EU-Rat. Eurogruppe, EZB, EU-Parlament) zur Zukunft der Wirtschafts- und Wiahrungsunion vorliege, in dem fir eine starkere Konvergenz in der EU eingetreten werde. Er stellte zur Debatte, ob Konvergenz die EU charakterisiere und ob sie ,.verordnet werden kdnne. In der sich anschlieBenden Diskussion wurden kurz Fragen der Rechtsformwahl und Standortwahl von Unternehmen angesprochen, sowie die untcrschiedliche Besteuerung und Zinshéhe in den Mitgliedstaaten. Es wurde erginzt, dass der ,.Ftinf-Prasidenten-Bericht“ politisch auch als Reaktion auf die Krise in Griechenland geschen werden miisse. Ferner wurde der Beirat iiber die Betciligung des BMF an zwei Forschungsprojekten zum Thema "Unternehmensfinanzicrung" unterrichtet. genauere Informationen zu den konkreten Inhalten der Forschungsprojekte wurden zugesagt. sot an, das Thema fiir die September-Sitzung zu strukturicren. EU-Schuldenkrise Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in Griechenland fiihrte der Beirat eine offene Diskussion, ob und wie das Thema ,.EU-Schuldenkrise* bearbeitet werden k6nne. Der Beirat sah seine frihere Arbeit zur Insolvenzfahigkeit von Staaten und die darin enthaltenen Problembeschreibungen als durch die aktuellen Entwicklungen weitestgehend bestiitigt an. Zusdtzlich sei die Ubergangsproblematik von grofen Schuldeniiberhingen zu einer tragfihigen Verschuldung von Bedeutung, Kritisch wurde die immer wieder vorgebrachte Vorstellung gesehen, nach der die aktuellen Probleme in der Wahrungsunion nur durch eine Weiterentwicklung zu einer Fiskalunion geheilt werden kénnten. Es stelle sich .5-
nach wie vor die grundsitzliche Frage, wie stark dic Politiken und Instrumente vergemeinschaftet werden sollen. Bei den Hilfsprogrammen zur Schuldenbekimpfung in einzelnen LAndern sprach sich der Beirat fiir eine Abkehr vom Mikro-Management einzelner Mafinahmen aus hin zu grundsatzlicheren Regelungen fiir Rahmenbedingungen. Es solle cher cin Konzept fiir eine grundsatzliche Architektur crarbeitet werden; fiir konkrete Problemstellungen scien empirische Analysen notwendig, die der Beirat nur in begrenztem Umfang leisten kénne. Der Beirat einigte sich darauf, das Thema zu bearbeiten. Ein erster Entwurf fiir die September-Sitzung kénne an das friihere Gutachten "Fiskalpolitische Institutionen in der Eurozone" ankntipfen und ggf. folgende Kernthemen behandeln: dic Verwendung des Europadischen Stabilitétsmechanismus fiir das EU-Schulden-Krisenmanagement sowie grundsatzlichere Fragen wie die Durchsetzung von Reformen und die Insolvenzfahigkeit von Staaten. werde in den kommenden Wochen, nachdem der weitere Fortgang der Entwicklungen in Griechenland etwas klarer geworden sei, Beiratsmitglieder zur Mitarbeit in einer vorlaufigen Kommission ansprechen. In diesem Zusammenhang wiirde auch diskutiert, ob der Beitrag als Gutachten oder eher als "Brief" entstehen solle. PDaseinsvorsorge und Streikrecht erlauterte die von ihm vorgelegte Punktation, in der die Daseinsvorsorge unter den Aspekten des Wettbewerbs und der Privatisierung untersucht werden solle. Weitere Abschnitte bezégen sich auf das Streikrecht sowie dic Koalitions- und Tarifeinheit. Es solle die Botschaft an die Politik herausgearbeitet werden. dass in der Dascinsvorsorge nur dort privatisiert werden solle, wo die damit verbundenen Konsequenzen (zum Beispiel Streiks) getragen werden kénnen. Die Diskussion im Beirat drehte sich um die Bedeutung von Spartengewerkschaften und den Gesetzesentwurf flir ein Tarifeinheitsgesetz. Ein Mitglied wies darauf hin, dass es im Streikrecht nur wenige arbeitsrechtliche Regclungen gebe und Gerichtsentscheidungen sich daher im Wesentlichen auf Richterrecht stiitzten. Es wurde angeregt, Beispiele von britischen Gewerkschaften mit aufzunehmen. Es wurde weiter erértert, dass die Macht von kleinen Gewerkschaften zu ciner Abschépfung von Renten durch nicht produktionsorientierte Lohne fiihre, die bei der 6ffentlichen Hand zu Lasten des Steuerzahlers gingen. Die Debatte zcigte, dass die entstehcnde Ineffizienz nicht -6-
aus dem Streik resultiere, sondern auch das Ergebnis eines Verhandlungsprozesses zu Lasten Dritter (des Steuerzahlers) sein k6nne. kiindigte an, einzelne Mitglieder des Beirats zur Mitarbeit in der Kommission undn zur nachsten Sitzung eine erweiterte Punktation vorzulegen. anzuspreche se éfjentliche und private Haushalte Herausforderungen der Niedrigzinsphafiir -fiihrte in das Thema an Hand seiner Punktation ein, in der er die aktuelle Niedrigzinsphase und mégliche Folgen fiir die Sffentlichen Haushalte und den privaten Sektor darstellte. In der anschlicRenden Debatte wurde angeregt zu priifen, ob der Staat sich in Niedrigzinsphasen hdéher verschulden miisse, um zusiatzliche Nachfrage nach Kapital zu generieren, Wenn dies zutrife und niedrige Zinsen ein Dauerphinomen seien, ware die bisherige Argumentation des Beirats gegen Staatsverschuldung hinfallig, Es wurde auch angemerkt, ob es zu sdékularer Stagnation kommen kénne.’ _ gab zu bedenken. dass die wissenschafilichen Meinungen in diesem Bereich gegenwéartig noch schr weit auseinander gingen, und es deshalb héchst ungewiss sei, ob der Beirat sich hier auf cine Position verstindigen kénne. Weiter wurden folgende Aspekte angesprochen: ¢ Auswirkungen auf den Bankensektor, da sich insbesondere in Deutschland Banken starker aus der Zinsmarge finanzierten und weniger — wie in anderen Landern tiblich — aus Provisionen. e die Bedeutung des ZinsfuBes fir die Abzinsung von Pensionsriickstellungen in Unternehmen. Bei Senkungen des ZinsfuBes, die wegen erhdhter Rickstellungen zu Steuerausfallen ftihren, solle gegengerechnet werden. wo der Staat von den niedrigen Zinsen profiticre. ¢ Auswirkungen auf das éffentliche Schuldenmanagement und die Zinsstrukturkurve. ¢ Vortcilhaftigkeit der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung. wies darauf hin, dass die Stiftung ..Geld und W4&hrung* zum Thema ein Gutachten vergeben habe und die Durchftihrung einer Konferenz dazu ausgeschrieben habe. kiindigte eine tiberarbeitete Vorlage ftir die November-Sitzung an.
Weitere Themen stellte das Thema ,,Beihilfe und Steuerwettbewerb“ zur Debatte. Die EU-KOM sei derzeit sehr aktiv, steuerpolitische Instrumente (z.B. Patentboxen, Verrechnungspreise), die im Steuerwettbewerb genutzt werden, im Rahmen des Beihilferechts zu priifen. Beihilferechtliche Priifungen, die bisher nur in begrenztem Mae angewendet wurden, sollen jetzt fir das allgemeine Steuerrecht gelten. Dazu gebe es derzeit wenig FuGH- Rechtsprechung. pflichtete dem bei, und betonte dass unter diesem Blickwinkel selbst unterschiedliche Gewerbesteuersitze als Beihilfe gewertet werden kénnten. Die EU-KOM wiirde damit die allgemeine Gleichhcitssatzkontrolle verscharfen, was eine qualitativ sehr starke Veranderung darstelle. Aus ékonomischer Sicht wurde dargelegt, dass es Ineffizienzcn im Steuerrecht geben kénne, die zu mangelnder Investitionsneutralitat fihrten. Ausnahmetatbestiinde wilirden diese verbessern. Es wurde festgchalten, dass das Thema fiir eine weitere Diskussion zunachst vorstrukturiert werden solle. Als weiteres Thema schlug »Zuwanderung/Fliichtlinge“ vor. Die Aufteilung der Lasten sei fiir die europdischen Staaten eine grofe Herausforderung. Gleichzeitig wirden starke Externalititen entstehen. Nach einer kurzen Diskussion befand der Beirat, dass dies cin politisch sehr sensibles Thema sei. Zudem wiirde auch Expertise fehlen, um es im Beirat zu bearbeiten. IX. Tagesordnung der nichsten Sitzung I. Mitteilungen des Vorsitzenden If. Feststellung der Tagesordnung Il. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV. Thema ,,EU-Finanzvicrung* Vv. Thema ,.Europaische Arbeitslosenversicherung“ VI. = Weitere Diskussion tiber mégliche Themen VIL. Interne Sitzung: Diskussion tiber weitere Zuwahlen VII. Tagesordnung der nachsten Sitzung IX. Verschiedenes.
X. Verschiedenes Entfallen. Berlin, den 17. September 2015 gez.