2015-protokoll-nr-518

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen

/ 10
PDF herunterladen
Vertraulich
1

B.       Tagesordnung:

 I.       Mitteilungen des Vorsitzenden

 Ul.      Feststellung der Tagesordnung
 Ill.     Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

 IV.      Thema ,,£U-Finanzierung“
 Vv.      Thema .,OPP“
 VI.      _Thema .,.Europaische Arbeitslosenversicherung*

 VII.     Diskussion méglicher neuer Themen
 VIII.    Interne Sitzung: Zuwahlen

 IX.      Tagesordnung der nachsten Sitzung

 Xx.      Verschiedenes.
2

I.     Feststellung der Tagesordnung

 Die Tagesordnung wurde wie vorgeschlagen verabschiedet.



 Hl.    _Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

 Das Protokoll wurde ohne Anderungen angenommen.



 IV.   _Gutachten/Stellungnahme ,.EU-Finanzierung“

         __erlduterte den Uberarbeitungsstand seit der letzten Diskussion im Beirat. Zur

Reform der EU-Finanzierung seien jetzt zwei Vorschlage im Gutachten angelegt: der

Vorschlag fiir eine deklaratorische Steuer, z. B. cine bestimmte Anzahl von MWSt-Punkten,

die als ,.Finanzbeitrag fir Europa“ auf jeder Rechnung ausgewicsen, national erhoben und

dann an die EU fiberwiesen wiirde. Der zweite Vorschlag betriife — da cine allgemeine eigene

Steuerhoheit der EU ohne Vertragsanderung nicht zur Debatte stiinde — eine neue ,,Lenkungs-

Steuer“ (z.B. FTT), die die EU im Rahmen der geltenden Vertrige einfiihren kénnte.
              kritisierte, dass der Text Aussagen aus friiheren Gutachten zur EU-Finanzierung

wiederhole und wandte sich gegen den Vorschlag fiir einen deklaratorischen Ausweis bei der

Mehrwertsteuer. |                  schlug vor, im Gutachten zu ergiinzen, dass noch die

MOglichkeit bestehe, ein neues Eigenmittel cinzuftihren. Dies k6nne auch eine Steuer sein, die

von den Mitgliedstaaten eingeftihrt und verwaltet wiirde, und deren Ertrige im Rahmen des

Eigenmittelbeschlusses an die EU abgefiihrt wirden. Dies miisse allerdings im Rahmen der

bestehenden    Eigenmittel-Obergrenzen        geschehen    und   bedeute   keine   Ausweitung     des

Finanzierungsrahmens.

Der Beirat nahm den vorgelegten Text positiv auf. Es wurde darauf hingewiesen, dass

deklaratorische Steuern oder der Ausweis von EU-Finanzierungsanteilen nach Landern auch

ohne ein gemcinsames Vorgehen auf EU-Ebene méglich sei. Es wurde zur Debatte gestellt,

ob eine EU-Steuer, die im engen Rahmen einer Lenkungsstever denkbar sei, auch unter den

geltenden Eigenmittelbeschluss fallen wirde. Ein Beiratsmitglied schlug vor, einen Abschnitt

zu einem   Koordinierungsinstrument      in    das Gutachten aufzunehmen.          Analog zur US-

amerikanischen Arbeitslosenversicherung         kénne     auf EU-Ebene     cin   solches   Instrument

koordiniert und national erhobene Finanzierungsbeitrige angerechnet werden.

           setzte sich nochmals ftir eine deklaratorische Steuer ein, da diese transparent sei

und fiir den Burger sptirbar. Diskussionen in der Briisseler Eigenmittel-Gruppe wiesen

allerdings darauf hin, dass von Seiten der EU-Institutionen eine intransparente Steuer
3

favorisiert werde, die méglichst ohne Befassung der nationalen Parlamente crhoben werden

solle. Das Gutachten kénne so einen Beitrag zur Diskussion von Transparenz in der

Eigenmittelgruppe leisten.

Es wurde eine Einigung dahingehend erzielt, dass eine deklaratorische Steuer im Rahmen

cines neu zu strukturierenden Abschnitts tiber Transparenz als mégliche Ausgestaltung

dargestellt werde.

Die Kommission kiindigte eine iberarbeitete Fassung fiir die September-Sitzung an.



V.__    Gutachten/Stellungnahme OPP“

                  erlauterte kurz den Uberarbeitungsstand des aktuellen Textentwurfs. Die
Anregungen aus der letzten Diskussion im Beirat und das diskutierte Fazit seien tibernommen

worden. Nach wie vor wiirde geschlussfolgert, dass sich kleine OPP-Projekte in Kommunen
wegen der hohen Transaktionskosten nicht lohnten; auch die Zusammenlegung mehrerer

kleiner OPP-Projekte habe sich in der Empirie nicht bewahrt.

In     der   allgemcinen   Diskussion   wurde   darauf hingewiesen,   dass   Kommunen    ganz

unterschiedliche GréBen haben kénnen, cs also auf das      Volumen des OPP-Projektes ankame.
Gepriift werden solle. inwiewcit das Bundesland im Rahmen der Gewdhrtrigerhaftung die

Kommunen beaufsichtigen miisse oder gegebenentalls auch kommunale OPP untersagen
kénne. Bei der weiteren Diskussion des Textes in Abschnitten wurde angeregt, cher auf den

Zweck oder die Zielrichtung des OPP-Projekts abzustellen, da eine ecindeutige Definition von
OPP nicht existiere. Weiter wurde erdrtert, wo das Risiko bei der Kalkulation der Nachfrage
nach dem Infrastrukturgut anzusiedeln sei. Es wurde fiir strenge Budgetrestriktionen pladiert

und auch Nachverhandlungen sollten méglichst vermieden werden.

                      kiindigte   an, dass in der Sitzung im   September ein Experte vom

Bundesrechnungshof fiir ein Gesprich zur Verfiigung stehen werde.                    kiindigte

cine tiberarbcitete Fassung des Entwurfs fiir November an.




VI._    Thema ,,.Europiaische Arbeitslosenversicherung”

Entfallen.
4

VU. Diskussion iiber neue Themen

Der Beirat diskutierte folgende neue ‘Themen:

Kapitalmarktunion

a          .   hahm Bezug auf die in der letzten Sitzung begonnene Diskussion zur
‘Kapitalmarktunion und berichtete, dass das vorliegende Griinbuch der EU-Kommission, das
die Folgethematik der Bankenunion schr umfassend behandele, von vielen Seiten
kommentiert worden sei, und dass die EU-Kommission bis zum friihen Herbst auf der
Grundlage dieser Kommentare ihre endgiiltigen Vorschlage vorlegen wolle. Dic Vorschlage
diirften die Regulierungsagenda der kommenden Jahre bestimmen und kénnten auch dazu
filhren, dass Reformen aus der Zeit nach der Finanzkrise wieder zuriickgenommen wirden.
Prof. Konrad fiigte an, dass derzeit ein Bericht der fiinf EU-Prasidenten (EU-KOM, EU-Rat.
Eurogruppe, EZB, EU-Parlament) zur Zukunft der Wirtschafts- und Wiahrungsunion vorliege,
in dem fir eine starkere Konvergenz in der EU eingetreten werde. Er stellte zur Debatte, ob
Konvergenz die EU charakterisiere und ob sie ,.verordnet werden kdnne.

In der sich anschlieBenden Diskussion wurden kurz Fragen der Rechtsformwahl und
Standortwahl von Unternehmen angesprochen, sowie die untcrschiedliche Besteuerung und
Zinshéhe in den Mitgliedstaaten.

Es wurde erginzt, dass der ,.Ftinf-Prasidenten-Bericht“ politisch auch als Reaktion auf die
Krise in Griechenland geschen werden miisse. Ferner wurde der Beirat iiber die Betciligung
des BMF an zwei Forschungsprojekten zum Thema "Unternehmensfinanzicrung" unterrichtet.
genauere Informationen zu den konkreten Inhalten der Forschungsprojekte wurden zugesagt.
               sot an, das Thema fiir die September-Sitzung zu strukturicren.



EU-Schuldenkrise

Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in Griechenland fiihrte der Beirat eine offene
Diskussion, ob und wie das Thema ,.EU-Schuldenkrise* bearbeitet werden k6nne.

Der Beirat sah seine frihere Arbeit zur Insolvenzfahigkeit von Staaten und die darin
enthaltenen Problembeschreibungen als durch die aktuellen Entwicklungen weitestgehend
bestiitigt an. Zusdtzlich sei die Ubergangsproblematik von grofen Schuldeniiberhingen zu
einer tragfihigen Verschuldung von Bedeutung, Kritisch wurde die immer wieder
vorgebrachte Vorstellung gesehen, nach der die aktuellen Probleme in der Wahrungsunion
nur durch eine Weiterentwicklung zu einer Fiskalunion geheilt werden kénnten. Es stelle sich
                                             .5-
5

nach    wie   vor     die    grundsitzliche   Frage,         wie    stark   dic   Politiken   und   Instrumente

vergemeinschaftet werden sollen. Bei den Hilfsprogrammen zur Schuldenbekimpfung in

einzelnen LAndern sprach sich der Beirat fiir eine Abkehr vom Mikro-Management einzelner

Mafinahmen aus hin zu grundsatzlicheren Regelungen fiir Rahmenbedingungen. Es solle cher

cin    Konzept      fiir    eine   grundsatzliche      Architektur      crarbeitet    werden;   fiir   konkrete
Problemstellungen scien empirische Analysen notwendig, die der Beirat nur in begrenztem

Umfang leisten kénne.

Der Beirat einigte sich darauf, das Thema zu bearbeiten.                          Ein erster Entwurf fiir die

September-Sitzung kénne an das friihere Gutachten "Fiskalpolitische Institutionen in der

Eurozone" ankntipfen und ggf.             folgende Kernthemen behandeln: dic Verwendung des

Europadischen      Stabilitétsmechanismus       fiir     das       EU-Schulden-Krisenmanagement          sowie
grundsatzlichere Fragen wie die Durchsetzung von Reformen und die Insolvenzfahigkeit von

Staaten.                                                 werde in den kommenden Wochen, nachdem
der weitere     Fortgang der Entwicklungen              in    Griechenland etwas        klarer geworden    sei,

Beiratsmitglieder zur Mitarbeit in einer vorlaufigen Kommission ansprechen. In diesem

Zusammenhang wiirde auch diskutiert, ob der Beitrag als Gutachten oder eher als "Brief"

entstehen solle.




PDaseinsvorsorge und Streikrecht


                erlauterte die von ihm vorgelegte Punktation, in der die Daseinsvorsorge unter

den Aspekten des Wettbewerbs und der Privatisierung untersucht werden solle. Weitere

Abschnitte bezégen sich auf das Streikrecht sowie dic Koalitions- und Tarifeinheit. Es solle

die Botschaft an die Politik herausgearbeitet werden. dass in der Dascinsvorsorge nur dort

privatisiert werden solle, wo die damit verbundenen Konsequenzen (zum Beispiel Streiks)

getragen werden kénnen.


Die Diskussion im Beirat drehte sich um die Bedeutung von Spartengewerkschaften und den

Gesetzesentwurf flir ein Tarifeinheitsgesetz. Ein Mitglied wies darauf hin, dass es im

Streikrecht nur wenige arbeitsrechtliche Regclungen gebe und Gerichtsentscheidungen sich

daher im Wesentlichen auf Richterrecht stiitzten. Es wurde angeregt, Beispiele von britischen

Gewerkschaften mit aufzunehmen.


Es wurde weiter erértert, dass die Macht von kleinen Gewerkschaften zu ciner Abschépfung

von Renten durch nicht produktionsorientierte Lohne fiihre, die bei der 6ffentlichen
                                                                                     Hand zu

Lasten des Steuerzahlers gingen. Die Debatte zcigte, dass die entstehcnde Ineffizienz nicht

                                                    -6-
6

aus dem Streik resultiere, sondern auch das Ergebnis eines Verhandlungsprozesses zu Lasten
Dritter (des Steuerzahlers) sein k6nne.

               kiindigte an, einzelne Mitglieder des Beirats zur Mitarbeit in der Kommission
         undn zur nachsten Sitzung eine erweiterte Punktation vorzulegen.
anzuspreche



                                     se éfjentliche und private Haushalte
Herausforderungen der Niedrigzinsphafiir

               -fiihrte in das Thema an Hand seiner Punktation ein, in der er die aktuelle
Niedrigzinsphase und mégliche Folgen fiir die Sffentlichen Haushalte und den privaten Sektor
darstellte.


In der anschlicRenden Debatte wurde angeregt zu priifen, ob der Staat sich in
Niedrigzinsphasen hdéher verschulden miisse, um zusiatzliche Nachfrage nach Kapital zu
generieren, Wenn dies zutrife und niedrige Zinsen ein Dauerphinomen seien, ware die
bisherige Argumentation des Beirats gegen Staatsverschuldung hinfallig, Es wurde auch
angemerkt, ob es zu sdékularer Stagnation kommen kénne.’                   _ gab zu bedenken.
dass die wissenschafilichen Meinungen in diesem Bereich gegenwéartig noch schr weit
auseinander gingen, und es deshalb héchst ungewiss sei, ob der Beirat sich hier auf cine
Position verstindigen kénne. Weiter wurden folgende Aspekte angesprochen:
    ¢   Auswirkungen auf den Bankensektor, da sich insbesondere in Deutschland Banken
        starker aus der Zinsmarge finanzierten und weniger — wie in anderen Landern tiblich —
        aus Provisionen.

    e   die Bedeutung des ZinsfuBes fir die Abzinsung von Pensionsriickstellungen in
        Unternehmen. Bei Senkungen des ZinsfuBes, die wegen erhdhter Rickstellungen zu
        Steuerausfallen ftihren, solle gegengerechnet werden. wo der Staat von den niedrigen
        Zinsen profiticre.

    ¢   Auswirkungen auf das éffentliche Schuldenmanagement und die Zinsstrukturkurve.

    ¢   Vortcilhaftigkeit der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung.

               wies darauf hin, dass die Stiftung ..Geld und W4&hrung* zum Thema ein
Gutachten vergeben habe und die Durchftihrung einer Konferenz dazu ausgeschrieben habe.

              kiindigte eine tiberarbeitete Vorlage ftir die November-Sitzung an.
7

Weitere Themen


                stellte das Thema ,,Beihilfe und Steuerwettbewerb“ zur Debatte. Die EU-KOM

sei derzeit sehr aktiv, steuerpolitische Instrumente (z.B. Patentboxen, Verrechnungspreise),

die im         Steuerwettbewerb       genutzt    werden,    im   Rahmen      des    Beihilferechts zu priifen.

Beihilferechtliche Priifungen, die bisher nur in begrenztem Mae angewendet wurden, sollen

jetzt    fir    das   allgemeine      Steuerrecht    gelten.     Dazu     gebe     es   derzeit   wenig    FuGH-

Rechtsprechung.                                 pflichtete dem bei, und betonte dass unter diesem

Blickwinkel        selbst   unterschiedliche      Gewerbesteuersitze        als    Beihilfe     gewertet   werden

kénnten. Die EU-KOM wiirde damit die allgemeine Gleichhcitssatzkontrolle verscharfen, was

eine qualitativ sehr starke Veranderung darstelle.

Aus ékonomischer Sicht wurde dargelegt, dass es Ineffizienzcn im Steuerrecht geben kénne,

die     zu    mangelnder     Investitionsneutralitat       fihrten.    Ausnahmetatbestiinde        wilirden   diese

verbessern. Es wurde festgchalten, dass das Thema fiir eine weitere Diskussion zunachst

vorstrukturiert werden solle.


Als weiteres Thema schlug                                         »Zuwanderung/Fliichtlinge“ vor. Die

Aufteilung der        Lasten    sei    fiir die europdischen          Staaten eine      grofe   Herausforderung.

Gleichzeitig wirden starke Externalititen entstehen. Nach einer kurzen Diskussion befand der

Beirat, dass dies cin politisch sehr sensibles Thema sei. Zudem wiirde auch Expertise fehlen,

um es im Beirat zu bearbeiten.




IX.     Tagesordnung der nichsten Sitzung


 I.           Mitteilungen des Vorsitzenden

  If.         Feststellung der Tagesordnung

 Il.          Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

 IV.          Thema ,,EU-Finanzvicrung*

 Vv.          Thema ,.Europaische Arbeitslosenversicherung“

 VI.         = Weitere Diskussion tiber mégliche Themen

 VIL.         Interne Sitzung: Diskussion tiber weitere Zuwahlen

 VII.         Tagesordnung der nachsten Sitzung

 IX.          Verschiedenes.
8

X.     Verschiedenes
Entfallen.




Berlin, den 17. September 2015

gez.
9


                      
                        
                          
                        
                        10