2016-protokoll-nr-521

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen

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Vertraulich
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B.         Tagesordnung:

 I.         Mitteilungen des Vorsitzenden

 U.         Feststellung der ‘lTagesordnung
 ill.      | Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung
 IV.        Gespriich mit dem



            Niedrigzins

 V.         Thema ,,Europaische Arbeitslosenversicherung*
 Vi.        ggf. Thema .EU-Finanzicrung*

 VIL.       Diskussion neuer    Themen, darunter:

            - Beihilfe und Steuerwettbewerb

            - Kapitalmarktunion

  VIII.     Interne Sitzung: Zuwahlen

     IX.    Tagesordnung der nachsten Sitzung
     X.      Verschicdenes
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und
                                                             um Thema Niedri

               ging allgemein auf die Haushaltslage in Deutschland
                                                                   und in der EU ein. Die
Niedrigzinsen haben u.a. bei Bund und Landern zu verbesserten
                                                              Haushaltslagen beigetragen.
Die giinstige Entwicklung des Bundeshaushalts im Jahr 2015
                                                           wurde zum Aufbau ciner
Riicklage zur Finanzierung von Belastungen im Zusamm
                                                     enhang mit der Aufnahme und

Unterbringung von Asylbewerbern und Fliichtlingen genutzt.
                                                           Diese steht zur Deckung
zusatzlicher   Belastungen   des   Bundeshaushalts   durch   Ausgaben   fiir   Fltichtlinge   und
Asylbewerber im Haushaltsjahr 2016 und in den Folgejahren
                                                          zur Verfiigung.

In einigen EU-Landern habe sich durch die verbesserten Finanzi
                                                               erungsméglichkeiten der
Druck verringert. weitere Strukturreformen durchzufihren.
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Beim Schuldenmanagement des Bundes werden die aktuell _—_giinstigen
Finanzicrungskonditionen durch eine moderate Verlangerung der Anlicihe-Laufzeiten fiir die
Zukunft gesichert.              sprach ebenfalls die Auswirkungen der Niedrigzinsen auf die
erginzende Altersvorsorge an. Kritisch sehe er, dass nicht nur Privatanleger, sondern auch
Lebensversicherer und Pensionsfonds sehr niedrige Aktienquoten haben.                    legte
ergiinzend dar, wie die Finanzagentur die Liquiditat des Bundes im Detail steuert und betonte.
dass den Bundeswertpapieren als Benchmark ftir den Euro international groBe Bedeutung
zukomme.

In der anschlieBenden Diskussion mit dem Beirat wurden das Risikomanagement und die
Tragfihigkeit der 6ffentlichen Finanzen sowie niedrige Aktienquoten bei institutionellen
Anlegern und der Handlungsbedarf bei handels- und steuerrechtlichen ZinsfiiBen fiir
Pensionsriickstellungen thematisiert.



V. Gutachten/Stellungnahme _,,Zwischen _Fiskalunion _und fiskalpolitischer
Figenverantwortung: Zum Vorschl
FAPENVE
                                ag einer earopaischen Arbeitslosenversicherung“
                            sCMAL

                      srlduterte kurz die vorgenommenen Anderungen des Texts gegentiber der
 letzten Fassung: Die Aussagen zur Opting-Out-Regelung wurden gestrichen, die Ablehnung
 des Vorschlags deutlicher formulicrt. Die Diskussion um die ,.Clawback*(Riickforderungs)-
 Mechanismen wurde weiter ausgeftihrt und es wurde deutlicher zwischen der Stabilisierung
 der Arbeitsloscnsysteme und der Umverteilung unterschieden.

 In der allgemeinen Diskussion wurde angesprochen, ob nicht der Zuwachs an GréBe des
 Versicherungsmarkts fiir cinc europaische Lésung sprechen wiirde. Dem wurde
 entgegengehalten, dass bei der Versicherung von Strukturrisiken Dezentralitét von Vorteil sei.
 Auch sei ein gréBerer Versicherungsmarkt nur vorteilhafi, wenn die Risiken unabhangig
 yoneinander sind und nicht - wie auf dem europdischen Arbeitsmarkt - miteinander hoch
 korreliert. Eingewandt wurde ebenfalls, dass soziale Sicherungssysteme Anreize ausiiben und
 zu Moral hazard fiihren. In der anschlieSenden Diskussion anhand des Texts wurde
 konkretisiert, dass sich der Vorschlag nicht auf alle 28 EU-Mitgliedstaaten beziehe, sondern
 die Mitgliedstaaten der Wahrungsunion der Ankniipfungspunkt seien.
  Das Meinungsbild am Ende der Diskussion zeigte die einmiitige Auffassung des Beirats, dass
  das Gutachten in der kommenden Sitzung ohne grofe Anderungen verabschiedet werden
  konne. Fine iberarbeitete Version wurde fiir die Marz-Sitzung angektindigt.

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VL        Gutachten/Stellungnahme               .Hecrausforderungen           der    Niedrigzinsphase           fiir    die

 Finanzg- und Steuerpolitik”


                     stellte kurz die Anderungen in der Punktation seit der letzten Befassung vor. Im
 ersten Teil werde die aktuelle Lage der Niedrigzinsen beschrieben und untersucht. Der zweite

 Teil      behandele    die     Auswirkungen           auf die    Offentlichen       Haushalte;         der   dritte    Teil

 Anforderungen         an     die   Finanz-      und    Steuerpolitik    und    thematisicre        den       steuerlichen

 Rechnungszins fiir Pensionsriickstellungen. Weitere offene Punkte seien die Emission von

 Anleihen,     die     Auswirkungen        auf private       Haushalte     sowie       die     Ertragslage       bei    den

 Lebensversicherern.


 Der Beirat sprach sich daflir aus, den Ursachen fiir die niedrigen Realzinsen nachzugehen.

 Verschiedene Argumente und Griinde werden von Wirtschafiswissenschaftlern genannt: so

werde eine Bereinigungskrise angeftihrt (Rogoff),                       oder ein dauerhafter Riickgang des

Wachstums,         oder     auch    ein    Uberangebot       an    Ersparnissen       unter      anderem        weg.    der

demographischen Entwicklung. Diese Erklérungen sprichen aber dafiir, dass die Zinsen

mittelfristig wieder steigen miissten. Der Sachverstindigenrat habe ahnlich argumentiert. Im

letzten Jahresgutachten sei auch auf die dynamische Ineffizienz cingegangen worden, woflir

nur wenige empirische Belege vorlagen, dic als nicht schr zuverlassig eingeschatzt wurden.

Vor diesem Hintergrund wurde eine prudente Finanzpolitik des Staates als angemessen

angesehen.


Debaitiert     wurden       die     besonderen         Anforderungen      an    Lebensversicherer.            Vor      dem

Hintergrund des Niedrigzinsumfelds werde es schwieriger, die Garantiezusagen einzuhalten.

Es wurde in die Debatie cingeworfen, ob Reformbedarf bei den Garantiezusayen bestche und

Nachverhandlungen ftir Veriraige erméglicht werden sollten. Die nicdrigen Aktienquoten

wurden       mit   Anforderungen          nach    der    Solvency-Il-Regulierung             erklart.    Nach     diesen

Regelungen mtissen Aktien mit Eigenkapital unterlegt sein. Aufsichtsrechtlich werden auch

eher jahrliche Betrachtungen der Rendite angestellt, keine langerfristige Bctrachtung, die auch

gréBere Schwankungen im Portfolio toleriere. Bei der Frage, wie Barrieren fiir institutionelle

Anleger gesenkt werden kénnen, damit sie stérker in héher rentierliche Papicre investieren,

wurden Anderungen bei der Regulierung in Erwagung gezogen. Der Staatseingriff miisse

allerdings gut begriindet sein.


‘a                   > hielt fest, dass die Punktation im Lichte der Diskussion weiter ausgearbcitet
 Se   aD   ee


und mdéglicherweise in der Marz-Sitzung ein Berichtspunkt sein werde.


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VII.   Neue Themen


a) Steuervergiinstigungen und EU-Beithilfeau/sicht

          fiihrte aus, dass steuerrechtliche Normen und Steuervergiinstigungen verstarkt unter
EU-beihilferechtlichen Gesichtspunkten von der EU-Kommission gepriift werden. Verbunden
sei die Fragestellung auch mit dem BEPS-Aktionsplan 5 (.,Harmful Tax Practices“), der
beihilferechtlich relevant sei. Ziel sei es, Verzerrungen zu vermeiden, allerdings komme es

dabei zu Rechtsanwendungsproblemen. Unklar sei, wie selektive Rechtsvorschriften juristisch

abgegrenzt bzw. wie Abweichungen von der Regelbesteuerung festgestellt werden k6nnen.
Als Beispicle wurden Patent-Boxen oder die Verlustverrechnung bei der Kérperschaftsteuer
genannt. EU-beihilferechtliche Priifungen wiirden derzeit zu schwer prognostizierbaren
Ergebnissen fiihren.               sidierte daftir, in einer Stellungnahme/Gutachten dic
Abgrenzung zu verbessern und um ékonomische Gesichtspunkte zu erweitern. Dazu hatte sie
cine Punktation vorgelegt.

Der Beirat nahm das Thema positiv auf. Es wurde die Abgrenzungsproblematik diskutiert,

denn cs sei schwierig zu unterschciden, was zum reguléren Steuersystem gehére bzw. was
Schedule sei und was dic Ausnahme. Einen Mafstab fiir eine .richtige* Besteuerung gebe es
nicht. Beihilfen und Steuersubventionen wurden von der Wirkung her identisch eingeschatzt.
Befiirwortet wurde Transparenz und ein klarer Ausweis der Steuersubventionen. Auch wurde
die Frage gestellt, um welche GréBenordnungen es sich EU-weit handele.

Ein Beiratsmitglied hob hervor, dass echte Beihilfen ein nationalstaatliches Problem seien, da
sich das beireffende Land selbst schade und positive externe Effekte fiir alle EU-
Markttcilnchmer entstiinden. Subventionen seien nur EU-relevant, wenn negative externe

Effekte cintreten. Dies sollte von steuerwettbewerblichen Problemen (z.B. Patent-Boxen)
getrennt werden, dic allerdings auch cher im nationalen Kontext und einem demokratischen
Prozess gelist werden sollten als durch Entscheide des EuGH.

Es wurde angeflihrt, dass es im EU-Binnenmarkt auch zu schidlichem oder ineffizientem

Wettbewerb kommen kénne. Beihilfeverbote scien daher auch cine Selbstverpflichtung (Self-
Committment) gegen       schadlichen Wettbewerb. Zudem sollten Beihilfen auch nicht
diskriminierend sein; jedes Unternehmen sollte von diesen Regelungen profitieren kénnen.
Problematisch sei es. wenn Regelungen auf einzelne Unternehmen zugeschnitten seien. Die
Rechtsunsicherheit und die drohende Rtickzahlung der Beihilfen zeitigen 6konomische
Effekte und filhren zu steigenden Risiken fiir Unternchmen. Die Rtickwirkung der EU-

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beihilferechtlichen Priifungen wurde deshalb sehr kritisch geschen.


  Die Rechtsgrundlagen fiir die EU-beihilferechtliche Priifung von steuerrechtlichen Normen

  wurden als unklar cingeschatzt. Es kénne auch die Empfehlung ausgesprochen werden, dass

  EuGH-Richter sich aus diesem Grund bei der Rechtsprechung zuriick halten sollen.


 #      oe  _¢ .~xegte an, folgende Punkte bei der weiteren Bearbeitung des Themas zu
 berticksichtigen: -

        »    normative Diskussion von Beihilfen

        v    Gleichbehandlung aller Unternehmen zur Vermeidung von schadlichem Wettbewerb


       v     Androhung = riickwirkender           Nachzahlungen        mit      Auswirkungen           auf   das

             unternehmerische Risiko


       »     Beihilfepolitik als Instrument einer eigenen Steuerpolitik der EU,

                itellte eine tiberarbeitete Version der Punktation in Aussicht.




 b) Kapitalmarktunion


                      erlauterte   kurz die      Motivation, das Thema vor dem                Hintergrund    des

 Aktionsplans der EU-Kommission aufzugrcifen. Nach der Einigung zu einer Bankenunion

werde nun nahe gelegt, dass auch die Finanzmérkte stirker harmonisiert werden miissen. Der

Bankensektor sei im Vergleich zu den Finanzmarkten zu groB, Vergleiche werden mit US-

amerikanischen Markten gezogen. die tiber wesentlich gréBere Finanzmarkte verfiigten. Dabei

sei unklar, ob eine grofe regulative Initiative iberhaupt notwendig sei. Zu untersuchen sei die

Frage, ob es in Europa ein ,,Overbanking* gebe. Grundsdtzlich werden besser integrierte

Kapitalmarkte in der EU begriiBt. Jedoch werden Finanzsysteme durch die ihnen zu Grunde

liegenden       institutionellen   Rahmenbedingungen         bestimmt.       Diese    Frage    solle   zunéichst
eingehender untersucht werden, um dann auf einzelne Vorschlége des EU-Aktionsplans

einzugehen.


Der Beirat begriiBte den erweiterten Vorschlag zur Bearbcitung des Themas. Es wurde

angeregt,      das    Ziel   der   verbesserten      Integration     der     Kapitalmarkte      konstruktiver

herauszuarbeiten       und   Fehler   in   der    Diagnose   offen    zu     legen.   Es   sollte   der   Frage

nachgegangen werden, ob ein Marktversagen zu beobachten sei und welche Treiber dic

Strukturen der Finanzsysteme bestimmen. Die Endogenitat spiele dabei eine grofe Rolle.


Ein Teil der Diskussion im Beirat drehte sich um die unterschiedlichen Systeme in Europa


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und     den     USA.    Die    Geldpolitik   kénne    unter   unterschiedlichen _ institutionellen
Rahmenbedingungen anders wirken. Industriestrukturen und Firmenstrukturen differierten,
insbesondere auch in Deutschland, das durch scinen Mittelstand und Familienunternehmen
geprigt sei. Die Anfalligkeit unterschiedlicher Systeme kénne untersucht werden. Offen blieb,
ob fiir die Beurtcilung ein normativer Mafstab bestimmt werden kénne.

Dies warf auch dic Frage auf, inwieweit cine Kapitalmarktunion zu mehr Homogenitat fiihren
miisse. und ob cs notwendig sei, sogar Stcuersatze zu vereinheitlichen. Es wurde dafiir
pladiert, grofe Akteure am Kapitalmarkt den gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen zu
unterwerfen. Heterogenitét und Regulicrungswettbewerb wurden jedoch allgemein als
sinnvoll angesehen. Es wurde zu Bedenken gegeben, dass bei 7u starker Regulierung sich cin
gréRerer Schattenbankensektor herausbildcen kénne.

Als wichtig wurde auch die Frage der Eigenkapital- und Fremdkapitalfinanzierung in
Unternehmen und deren steuerliche Behandlung angeschen. Die EU-KOM werde hierzu im 2.
Quartal 2016 cine Folgenabschiitzung im Rahmen der Gewinnermittlung fur Unternehmen
voriegen. Es wurde eingewandt, dass die Behandlung dieses Aspekts im Rahmen des
Gutachtens jedoch sehr komplex und aufwandig werden kénnte.

Zur weiteren Bearbeitung des Themas wurden neben
                                      n die Gutachten-Kommission aufgenommen.

kiindigte an, die diskutierten Punkte mit in eine neue Version der Vorlage aufzunehmen, die
zur Mai-Sitzung vorgelegt werden wird.




IX.      Tagesordnung der nichsten Sitzung

  I.       Mitteilungen des Vorsitzenden

  H.       Feststellung der Tagesordnung

  IH.      Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung
  IV.      Thema OPP“
  V.       Thema ,,Europadische Arbcitslosenversicherung*
  VI.         Sachstand zum Thema ,,Niedrigzins/LcbensversicherungenTM
  VIL.        Thema ,,Ungleichheit

  VII.        Diskussion tiber mégliche neue Themen

  IX.         Tagesordnung der nachsten Sitzung

  XL          Verschiedenes.
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x.     Verschiedenes


—
        tt




                    Le:             a am 29, Januar 2016. Vordringlichstes Thema war
‘der Fliichtlingszustrom
                   und die Integration der Fltichtlinge, die kiinftig zu Anforderungen an
den Bundeshaushalt fiihren, dessen Lage derzeit noch gut sei. Weitere Themen waren die

europdische Einlagensicherung und die Investitionsschwéiche in Deutschland.




Berlin, den 17. Marz 2016

gez..                                                         geez.
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