2016-protokoll-nr-522

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen

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Vertraulich
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B.      Tagesordnung:

 §       Mitteilungen des Vorsitzenden

 Il.     Feststellung der Tagesordnung

 I.      Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung
 IV.    | Sachstand zum Thema ,,Niedrigzins/LebensversicherungenTM

 Y.      Gesprch nt iii aktutten Themen
 VI.     Thema .,Europdische ArbeitslosenversicherungTM

 VIL.    Thema ,.OPP*
 VIL     Thema .,Ungleichheit*

 IX.      Diskussion iiber mdgliche neue Themen

 Xx.     Tagesordnung der nachsten Sitzung

 XI.      Verschiedenes




I.      Mitteilungen des Vorsitzenden
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IH.       Feststellung der Tagesordnung

 Die Tagesordnung wurde wie vorgeschlagen verabschiedet.



 Ill.      _Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

 Das Protokoll wurde ohne Anderungen angenommen.



 IV.__Sachstand zum Thema ,.Niedrigzins/Lebensversicherungen“:

 Besuch von'

                      berichtete kurz, dass es eine Anhérung im Deutschen Bundestag zu dem

Zinssatz fir Pensionsriickstellungen im HGB gegeben habe. Es ging um die Ausdehnung des

Zeitraums      fiir    die   Ermittlung   des   nach   HGB   anzusetzenden   Durchschnittszinssatzes.

Mittlerweile sei eine Ausdehnung auf 10 Jahre vereinbart worden. Aus seiner Sicht sei es

jedoch wichtig, die Interaktion von Niedrigzinsphase und der Regulierung stirker zu

beleuchten. Insbesondere die Frage, wie die Garantiezinsen bei Lebensversicherern mit deren

Anlagepolitik zusammenspielen, sei wichtig.

In der kurzen, sich anschlieBenden Aussprache wurde thematisiert, dass unterschiedliche

Zinssaétze im HGB und im Steuerrecht verwendet werden; dies wiirde sich auch auf dic

Transmission der Zinsen in Unternehmen auswirken. Es wurde die Frage gestellt, wie sich die

Niedrigzinsen in Deutschland und Europa im Gegensatz zu den USA auswirkten; schlieBlich

seien Aktienmarkte und Altersvorsorgesysteme unterschiedlich. Festgestellt wurde, dass die

Niedrigzinsphase zu einer veranderten Wahrnehmung der Staatsverschuldung fuhre und

tendenziell eine Expansion begtinstige. Weiter wurden die Ursachen und Erklarungsansatze

fiir die Niedrigzinsphase angesprochen.


        tye ei . trug zu den Auswirkungen der Niedrigzinsphase auf die Lebensversicherer und
den Anpassungen des Gesetzgebers vor. Er betonte, dass die ausgereichten Garantiezinsen
nicht eine Vorschrift der Regulierung seien, sondern ein freiwilliges Leistungsversprechen der

Lebensversicherer gegentiber ihren Kunden. Die 2010 beschlossene Zinszusatzreserve stelle


                                                   Bi.
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sicher, dass Lebensversicherer weitere Riickstellungen bilden, wenn der erwirtschaftete
Referenzzinssatz aus gesicherten Staatsanleihen die Garantien gegentiber den Kunden
unterschreite.

                 erlduterte,   dass   nach      dem    BVerfG-Urteil     2005     Kunden   an     den

Bewertungsreserven der Lebensversicherer zu beteiligen sind. Insbesondere Anleihen aus den
80er Jahren wiesen mit sinkendem Zins Kursgewinne auf, die jedoch kein echter
Wertzuwachs waren, sondern vorweggenommene Zinszahlungen. Deshalb wurde 2014 das
Lebensversicherungsreformgesetz beschlossen, das im Falle einer Deckungslticke die
Beteiligung an den Bewertungsreserven begrenzte und dariiber hinaus Dividendenzahlungen
an Aktiondre einschrankte. Zudem wurde dic Versicherungsaufsicht gestarkt. Im Jahr 2018
sollen diese MaBnahmen evaluiert werden.

In der Diskussion mit dem Beirat wurde herausgestellt. dass das regulatorische Umfeld die
Anlagepolitik der Versicherer nicht eingrenze. Auch nach Solvency 11 kénne das Anlagerisiko
gut verteilt werden. Es gebe keine Vorschrift, nur in Staatsanleihen zu investieren. Bei der
Anlagestrategie vornchmlich in Staatsanleihen diirfte auch die Nullgewichtung beim
Vorhalten von Bigenkapital cine Rolle spiclen. Es wurde angemerkt. dass konservative
Anlagestrategien nicht nur bei Unternehmen, sondern auch bei Privaten vorherrschten, es
kénne sein. dass es sich dabei um cin ,,deutsches* Phanomen handele.

Angesprochen wurden auch die Auswirkungen, dic aus der unterschiedlichen Struktur der
Bestandsvertrage entstiinden. Je nachdem, aus welcher Zeit dic Vertrage stammten, dirften
Risiken unterschiedlich verteilt sein.                 ‘stcllte klar, dass Lebensversicherungen sehr

langfristig orientiert scien und cine voriibergehende Niedrigzinsphase kein gréReres Problem
darstelle.



                      =




Vv.   Gespriich mit                                                    zu aktucllen Themen

                  berichtete tiber die aktuellen Themen in der Grundsatzabteilung. Derzeit

laufen die Aufstellung des Bundeshaushaltes fiir 2017 und die mittelfristige Finanzplanung.
Er unterstrich die Bedeutung der soliden Haushaltspolitik der Bundesregierung auch vor dem
Hintergrund der Fltichtlingskrise und bat den Beirat um Argumentationshilfe. Der aktuelle
Tragfihigkeitsbericht     zeige   auf,   dass    es    langerfristig   noch     Handlungsbedarf    im
Zusammenhang mit dem demografischen Wandel gebe. Politische Forderungen nach einer

Lebensleistungsrente wiirden vor diesem Hintergrund nicht ins Bild passen. Er sprach weiter
tiber die aktuclle Niedrigzinsphase und die Auswirkungen auf das globale Wachstum sowie
                                                 -4-
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dic kommende deutsche G20-Priasidentschaft.


 AnschlieBend wurden mit dem Beirat die Ursachen und Auswirkungen der Niedrigzinsphase

 diskutiert sowie       die     Transmissionswege       und Ausweichbewegungen,                die   die     negative

 Einlagenverzinsung bei den Zentralbanken auslése. Weiter wurden die Gesundheitswirtschaft

 und der Bund-Lander-Finanzausgleich zur Sprache gebracht.




 VL.       _Gutachten/Stellungnahme           _..Zwischen _ Fiskalunion                und      __fiskalpolitischer

 Eigenverantwortung: Zum Vorschlag einer europdischen Arbeitslosenversicherung*


                             fuhrte kurz in das Thema ein und erklarte, dass die vorliegende Fassung

des Gutachtens im Lichte der letzten Diskussion im Beirat erstellt worden sei und die

geauBerten        Anregungen        eingearbeitet   worden    seien.      Der    Text     wurde      anschlieBend

abschnittsweise aufgerufen.


Es        wurde   angeregt,    noch    deutlicher   herauszustellen,      dass    es    sich    nicht      um    eine

Arbeitslosenversicherung            auf individueller   Ebene    handele,        sondern       um    einen      neuen

Verteilungsschliissel         fir   EU-Transfers.   Dabei    solle   im    Gegensatz         zum     [uropaischen

Stabilitétsmechanismus, bei dem Hilfen mit Auflagen verkniipft seien, ein Automatismus zur

Verteilung der Gelder eingeftihrt werden. Ein Beiratsmitglied bat darum, deutlicher zu einer

Fiskalunion auszufiihren, unter welchen Bedingungen sie méglich sei und dass asymmetrische

Schocks mit nationalen Instrumenten zu bekampfen seien.

Weiter wurde vorgeschlagen, die makrodkonomischen Gréfen deutlicher herauszuarbeiten,

an die mit dem Transfermechanismus angekniipft werden solle und die Auswirkungen zu

beschreiben. Frértert wurde noch, wie im Detail der finanzielle Ausglcich stattfinden wiirde

und ob damit eine stabilisierende bzw. antizyklische Wirkung erreicht werden kénne.


Der Beirat fasste daraufhin mehrhcitlich (mit einer Enthaltung) den Beschluss:


     »     Die Kommission erstellt unter Bertiicksichtigung der Diskussion im Beirat eine

           vorlaufige Endfassung und versendet diese per E-Mail an die Beiratsmitglieder (cc. an

                        ).


     Ad    Kommentare        und    Verbesserungsvorschlige      seitens        der    Beiratsmitglieder        sind

           innerhalb von 14 Tagen schrifilich an die Kommission zu richten (cc. an den

                                              ).


     >»    Die Kommission erstellt auf dieser Basis eine Endfassung. dic den Mitgliedern per E-



                                                    -5-
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Mail zugeleitet wird (cc,             ).

   » Innerhalb ciner Einspruchsfrist von 14 Tagen kénnen die Beiratsmitglieder schriftlich
     die Notwendigkeit der Wiedervorlage auf der nachsten Sitzung anzeigen (cc. an den
                                      ). Ansonsten gilt das Gutachten als angenommen.




VIL Gutachten ,,Chancen und RisikenOffentlich-Privater Partnerschaften“

            erlduterte die Anderungen. die gegentiber der Vorversion gemacht wurden und
im Wesentlichen die Anregungen des Beirats aufndhmen. Das Gutachten wurde anschliefiend
abschniltsweise aufgerufen.

Zur Sprache kamen folgende Aspekte des Themas: Da es verschiedene Ausprigungen von
OPP gebe, scicn auch die Anreize und Auswirkungen unterschicdlich. Betont wurde, dass es
Vorteile fiir groRe Firmen und Konsortien gebe, fiir kleine und mittlere Unternehmen sei OPP
wenig interessant. Eine Klarstellung wurde bei der Ermittlung der Finanzicrungskosten beim
Staat und bei Privaten unter Einpreisung der Risiken gefordert. Die einzelnen Schritte der
Kostenermittlung kénnten detaillicrter dargestellt werden. Auch wurde die Frage gestellt, ob
es steuerliche Anreize gebe, OPP Projekte zu realisieren.

Die unterschiedliche Verbuchung von OPP bei der Schuldenbremse und dem europdischen
Fiskalpakt wurde ebenfalls angesprochen. Es wurde daftr pladiert, das ecuropdische
Rechenwerk auch bei der Schuldenbremse anzuwenden. Da nach bisherigem Stand wenige
empirische Erkenntnisse zu OPP vorliegen, sprach sich der Beirat dafiir aus. Evaluicrungen
der OPP-Projekte einzufordern.

Der Beirat fasste daraufhin einstimmig den Beschluss:

    >» Die Kommission erstellt unter Beriicksichtigung der Diskussion im Beirat cine
       vorliufige Endfassung und versendet diese per E-Mail an die Beiratsmitglieder (cc. an
                    ).



    >» Kommentare und Verbesserungsvorschlage seitens der Beiratsmitglieder sind
       innerhalb von 14 Tagen schriftlich an die Kommission zu richten (cc. an den
                                       ).



    >» Die Kommission erstellt auf dieser Basis eine Endfassung, die den Mitgliedcrn per E-
        Mail zugeleitet wird (cc.                )


    % Innerhalb einer Einspruchsfrist von 14 Tagen kénnen die Beiratsmitglieder schriftlich

                                                 -6-
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die Notwendigkeit der Wiedervorlage auf der nachsten Sitzung anzeigen (cc. an den

                                             }). Ansonsten gilt das Gutachten als angenommen.




 IX.       _Neue Themen


 a) G20-Prisidentschaft: Digitale Okonomie

             berichtete, dass im Rahmen der G20-Prasidentschaft im BMF das Thema Digitale

 Okonomie im Zusammenhang mit der Besteuerung diskutiert werde. Es gehe dabei um die

 Zuordnung des Steuersubstrats und die Ankniipfungsméglichkeiten ber Betriebstadtten und

 die Verbraucher. Die OECD arbeite bereits an der Reformierung des Grundkonzeptes

            fllhrte weiter zu den verschiedenen Ausprigungen der Geschaftsmodelle aus, dic

 Verschiebungen bei den Steueranspriichen nach sich zgen. Er wies darauf hin, dass sich die

 Forschung    ganz    am    Anfang    befinde   und   derzeit    ein     Forschungsvorhaben       bei    BMF

 ausgeschrieben sei (Struktur und Volumen des Marktes von Internetdienstleistungen mit

 Fokus auf Drittlandsunternehmen).


Das Thema wurde im Beirat unterschiedlich beurteilt. Es wurde vorgebracht, dass das Thema

aus dem Zusammenhang des geistigen Eigentums cigentlich in der Finanzwissenschaft

bekannt sei. Weiter wurde ins Feld geftihrt. dass die Veranderungen der wirtschaftlichen

Vorginge der Ausgangspunkt scien und dann Auswirkungen auf die Besteuerung haben. Es

ginge um fundamentale Verdnderungen bei der Besteuerung.

Diskutiert wurden in diesem Zusammenhang die verschiedenen nationalen Regelungen zu

Patentboxen, mit denen Lander ihr Steuersubstrat schiitzten. Je nach Land seien entweder die

Halter der Patente oder die angesiedelte Forschung und Entwicklung steuerbegiinstigt.

Dartiber    hinaus   kame   es   zu   sektoralen   Verzerrungen,        da   nicht   alle   Branchen    gleich

forschungsintensiv seien.


                "‘schlug vor, das Thema weiter zu sondieren und auf einer ndchsten Sitzung
wieder aufzurufen.
bh) Dividendenstrippine / Besteuerung
                                   von Dividenden

                 informierte den Beirat tiber den kiirzlich eingerichteten parlamentarischen

Untersuchungsausschuss       .,Cum    Ex“,   der aufkldren      soll,    wie   die    Dividendenstripping-

Geschafte zustande kamen und erlauterte dic Modelle der Steuergestaltung. Der Beirat kinne

Vorschlage machen, wie diese Geschafte ktinftig besser eingedimmt werden kénnen.
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In der kurzen Diskussion wurde angesprochen, dass das zu Grunde liegende Problem in der
unterschiedlichen Besteucrung liege, je nachdem, wer Halter des Wertpapiers sei. Dies sci
schon linger bekannt, kinne jedoch grundsatzlich untersucht werden.

               <iindigte an, das Thema auf einer nachsten Sitzung wieder aufzurufen.



X.      _Tagesordnung der nichsten Sitzung

 I.       Mitteilungen des Vorsitzenden
 I.       Feststellung der Tagesordnung
 IH.     | Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung
 IV.      Thema ,.KapitalmarktunionTM

 Vv.       Thema ,,Steuerwettbewerb und EU-Beihilfen
  VI.      Thema ,,UngleichheitTM

  Vil.     ggf. Thema .,Niedrigzins“
  VII.     Diskussion iiber weitere mégliche Themen
           wa. G20 und Digitale Okonomie; Cum-Ex-Problematik
  IX.      Tagesordnung der nachsten Sitzung

  X.       Verschiedenes.




 XI. _ Verschiedenes

 Es wurde kurz angesprochen, wie prozedural verfahren werden solle, wenn cin
 Beiratsmitglied eine Einrede zu einem vorgelegten Manuskript stellen méchte, an der Sitzung
 selbst jedoch nicht teilnehmen kénne.                           wies darauf hin, dass
         informiert werden kdnne und die Finrede auf Verlangen des Mitglieds in der Sitzung
 bekannt gegeben und behandelt werde. Wtirde dann keine Lésung gefunden, blicbe noch die
 Méglichkeit cines Minderheitsvotums. Dieses kinne bei dem vom Beirat praktizierten
 Umlaufverfahren im Rahmen der Kommentare zur vorliufigen Endfassung cingebracht
 werden.




 Berlin, den 12. Mai 2016

 eZ.                                                              Bez.
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