2016-protokoll-nr-524

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen

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Vertraulich

Niederschrift 4/16
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B.      Tagesordnung:

 1       Mitteilungen des Vorsitzenden
 T.      Feststellung der Tagesordnung
         Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung


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 VL.
         Thema ,,Kapitalmarktunion“
         Thema ,,Niedrigzins“
         Neues Thema ,Digitale Okonomic*
 VIL  Diskussion weiterer neuer Themen
 VII. Tagesordnung der nachsten Sitzung
 1X.     Verschiedenes
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Til.   _Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

Das Protokoll wurde angenommen.




IV.    _Thema ..Kapitalmarktunion“

hate Bi vie erlduterte in seiner Einfiihrung ins Thema hauptsichlich die Anderungen
gegentiber der vorherigen Version der Stellungnahme, dic auf der letzten Sitzung diskutiert

worden war. Er wies darauf hin, dass mit dem Riickiritt des EU-Kommissars Hill sich

gegebenenfalls auch das politische Umteld fiir das Thema dndern kénne,

Die anschlieBende Debatte wurde anhand des Textes noch cinmal grundsatzlicher gefiihrt. Die

EU-Kommission nehme ein konstatiertes ,,.Overbanking“ zum Anlass, cin MaSnahmenpaket

zur Schaffung cincr Kapitalmarktunion vorzuschlagen. Der Beirat sah das ,,Overbanking”

nicht zwingend als erwiesen an. Zudem miissen die Kapitalmérkte in Europa nicht genauso

ausgestaltet sein   wie   die   der   USA.   Auch   wenn   in   curopdischen   Laindern § verstarkt

Fremdkapital von Banken zum Einsatz kame, misse dies keine Verzerrung darstellen.

Dartiber hinaus spicle auch die GréBe der Untemehmen eine Rolle, da kleine Unternehmen

einen schlechteren Zugang zu Kapitalmarkten haben. Auch der institutionelle Rahmen, der fiir

die Entwicklung der Finanzsysteme eine entscheidende Rolle spiele, wurde angesprochen.
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Bemingelt wurde, dass die vorgeschlagenen MaSnahmen zu klcinteilig seien und nicht der
Schaffung einer Kapitalmarktunion dienten. Dariiber hinaus wurde der Sorge Ausdruck
verlichen, dass die Benennung der sinnvollen Handlungsfelder und nétigen MaBnahmen eine
Forderung nach der Ausweitung des Mandats der EU und eine Kompetenzverlegung auf die
héhere Ebene nach sich zichen werde.

Es wurde die Frage gestellt, ob die Stellungnahme cine wohlfahrtsékonomische Einordnung
brauche. Ein Mitglied wandte ein, cher polit-6konomisch zu argumenticren: wo es sich um
Bereiche handele, die Einstimmigkeit fiir den Beschluss erfordem, wtirden Strukturen
geschaften, die nicht mehr zu ander seien, was der Beirat kritisch sche. Ein anderes Mitglied
regte an, bei der wohifahrisSkonomischen Einordnung die Externalitaéten zu benennen.

Einige Beiratsmitglicdcr sprachen sich dafiir aus, auch den Fiskalfodcralismus in der
Stellungnahme mit anzusprechen. In cinem funktionierenden Wettbewerb wiirde das Kapital
effizient alloziiert und es hatte mehr Kapital nach Deutschland flieBen miissen. In der Praxis
scien jedoch die Kapitalstréme in dic Peripherie Europas geflossen. Es wurde die Vermutung
ausgesprochen, dass dies Ausdruck einer fehlerhaften Risikobewertung von privaten und
Sffentlichen Investitionen scin kénne und als Problem des Finanzicrungssystcms benannt
werden solle.

Bei der Diskussion des Ma8nahmenpakets in der Stellungnahme wurden die Themen Venture
Capital, steucrliche Verlustvortrage, Neutralitit bei der Unternchmensfinanzicrung, sowie
Pensionsfonds diskutiert.

                <tindigte an, dass die Kommission dic Stellungnahme tiberarbeiten werde und
die Argumente hinsichtlich der Ziele des Vorschlags der EU-KOM zur Kapitalmarktunion
und der vorgeschlagenen MaBnahmen scharfen werdc.




                erlauterte kurz dic Anderungen seit der Ietzten Vorlage der Stellungnahme im



Im Anschluss diskutierte der Beirat dic Ursachen fiir dic Nicdrigzinsphase. Neuere
Forschungen wiirden eher fiir cine Verléngerung der Nicdrigzinsphase sprechen, genauso wic
die Auswirkungen des Brexit-Referendums. Die besonderen Herausforderungen der EU bzw.
der Eurozone kénnten nicht das anhaltend nicdrige Zinsniveau in anderen Teilen der Welt
erklaren. Z.B. in Japan herrsche schon linger eine Niedrigzinsphase vor.

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Allerdings      miisse     langfristig    die   Differenz       von       Zinssdtzen      und   Wachstumsraten      bei
  dynamischer Effizienz positiv sein; die Niedrigzinsphase kénne daher nur transitorischer

  Natur sein. Dic Kommission sprach sich dafiir aus, die konkurrierenden Erklérungsansatze

  genauer    zu    beschreiben        und    dabei      auch    die    Gefahren        aufzuzeigen.   Eine    eindeutige

  Positionierung sei schwicrig.


  Es    wurde auch       der    Bezug zur         Demografie          und    der Altersversorgung angesprochen.

  Insbesondere umlagefinanzierte Altersversorgungssysteme wiirden einen Beitrag leisten, die

  Systeme krisenresistent zu machen. Kapitalstockbasierte Altersversorgungssysteme wiirden

 eher zu einem Ersparnisiiberhang fiihren.


 Weiter wurde thematisiert, dass die Aktienquoten von institutionellen Anlegern wie auch von

 privaten Haushaltcn niedrig scien. Bei institutionellen Anlegern scien héhere Aktienquoten

 durchaus mit den Regulierungsvorschriften vereinbar. Fiir private Haushalte wurde angefthrt,

 dass     groBe      Teile      des     Sparvermégens             in        Bargeld      bzw.     Sichteinlagen     und
 Lebensversicherungen           flissen.    Es    wurde        vorgeschlagen,         die   Sparmotive     der privaten

 Haushalte mit zu beriicksichtigen, allerdings gebc cs nur wenig Studien tiber Sparmotive und

 Sparverhalten in Deutschland.

 Der    Beirat    betonte,     dass   der   Zusammenhang              zwischen        niedrigen   Zinsen    und   hohen

 Vermégenswerten wichtig sei. Weiter wiirden nicdrige Zinsen zu sinkenden Kapitalkosten
 fuhren. Dies sprache dafiir, Investitionen auszuweiten.


 Es wurde angeregt, auch die Auswirkungen auf Unternehmen insbesondere mit Blick auf dic

betricbliche Altersvorsorge in das Gutachten aufzunchmen.




VL.__Neues Thema ..Digitale Okonomie“

                  fiihrte kurz in das Thema cin, indem er die wesentlichen Punkte umriss, die in

der Debatte       eine   Rolle    spielen.    Ein    zentraler        Punkt    sei    dic Gewinnverlagerung        yon

Unternchmen und daher habe das Thema groBe Nahe zu dem OECD-Projekt BEPS (Base

Erosion Profit Shifting). Weiter scien digitale Geschaftsmodelle wie 2.B. bei der Sharing

Economy von Belang und es werde die Frage gestellt, ob den grofen Internetuntemehmen

Sondersteuern auferlegt werden sollen. Auch seien umsatzsteuerliche Fragen berthrt. Er

berichtetc, dass neben                           auch                                                              sine
kurze Punktation zum Thema vorgelegt haben, die noch versendet werden solle.


Es gab eine kontroverse Diskussion, wie weit das Thoma gefasst werden solle. Auf der einen


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Seite wurde dic Meinung vertreten, dass die Sachverhaltc im Grunde bekannt scien und sich
auch auf konventionclle Geschaftsmodelle bezSgen. Es handele sich nicht nur um Phanomenc
der ,.digitalen Okonomie’. Insbesondere die Besteucrung von zweiseitigen Markten spiele
eine Rolle, dic bisher weniger thematisiert wurde. Immaterielle Wirtschaftsgtiter wie z.B.
Lizenzen scien ebenso wichtig in den ,,klassischen* Wirtschaftszweigen. Auf der anderen
Seite wurde die Digitalisicrung als neue Entwicklung bewertet, dic dic Steuerpolitik neu
herausfordere und zu neuen Ansdtzen filhren musse.

Wesentliche Themen des OECD-Projckt BEPS scien die Ansiedlung der Betriebsstatte und
dic Regelung der Gewinnauftcilung. Durch dic Nicht-Rivalitat der Nutzung durch
Digitalisierang werde der Zusammenhang zwischen regionaler Wirtschafisaktivitat und
Wertschépfung schwerer fassbar. Hinsichtlich der Patentboxcn habe man sich bei BEPS
allerdings darauf gecinigt, fiir dic stcuerliche Beriicksichtigung von Forschungs- und
Entwicklungsaktivititen die Ansicdlung dieser Aktivitéten zum Mafstab zu nehmen. Ein
Beiratsmitglicd sah ftir die Auficilung von Gewinnen einen halftigen Profit-Split zielfihrend,
wie ihn Shapley vorschlage; das Gewinnpotenzial sci entscheidend, nicht der Aufwand. Ein
 anderes Beiratsmitglicd wics darauf hin, dass bei BEPS nicht beschricben werde, was
Digitalisierung sci und damit cine wichtige Grundlage fehle. Der Bezug zu immateriellen
Wirtschaftsgiitern wurde in der Diskussion als zu weitgchend ecrachtct, cs solic cher auf
 geistiges Eigentum abgestellt werden.

                ‘asste zusammen, dass man sich bei einer Bearbeitung zundchst am OECD-
 Projekt BEPS orientieren und sich auf die Themen Gewinnaufteilung und Betricbsstétten
 konzentrieren wolle. Auf ciner der néachsten Sitzungen solle zum Thema cin Praktiker
 cingcladen werden.




 VIU._Diskussion weitercr neuer Themen

 Nach kurzen Diskussionen wurden folgende Themen fur dic Bearbcitung vorgeschlagen:

     A Steuerliche Forschungsférderung

     A Offentliche Wissenschaftsfinanzierung

     A Grunderwerbsteuer

 Das Thema ,,Abgeltungsteuer* war schon auf einer friheren Sitzung genannt worden.
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VU.     Tagesordnung der nichsten Sitzung


  1.         Mittcilungen des Vorsitzenden

             Feststellung der Tagesordnung

             Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

             Thema ,,Niedrigzins“

             Thema ,,Ungleichheit*

             Thema ,,EU-Beihilfe und Steuervergiinstigungen“

  VIL    Neue Themen

              ©   Abgeltungsteuer

              e   Digitale Okonomie/Besteuerung geistigen Eigentums (BEPS)

  VIL    Termine und Orte 2018/2019

  IX,    Tagesordnung der niichsten Sitzung

         Verschicdencs.




IX. _ Verschiedenes

Entfallen.




Berlin, den 15. September 2016

gez.                                                           gez.
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