2018-protokoll-nr-533

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen

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Vertraulich
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Mitteilungen des Vorsitzenden

       Feststellung der Tagesordnung

       Bemerkungen zu den Protokollen der beiden letzten Sitzungen

       Vortrag von                                            und

       von                                                      zu einer europdischen

       Einlagensicherung

       Abschluss Thema .,Krankenhausfinanzierung®

Vi     Thema ,,EhegattensplittingTM

VU.    Diskussion neuer Themen, u.a.

       Weitcrentwicklung der Grunderwerbsteuer

       Digitalisierung

       Weiterentwicklung der Europaischen Union

       weitere Ideenskizzen kénnen verschickt werden

VII.   Tagesordnung der nachsten Sitzung

IX.    Verschiedenes
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I. Mitteilungen des Vorsitzenden
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Hl.     Feststellung der Tagesordnung

Die Tagesordnung wurde wie vorgeschlagen angenommen.



Ill.    Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzun


Aus Zeitgriinden entfallen.



IV. und V. Vortrag      von                                                        und




DW ertiuterte die Vorschlége zur ecuropdischen Einlagensicherung, die derzeit im
Rahmen der Vollendung der Bankenunion diskutiert werden. Nach derzeitigem Stand werden

die nationalen Finlagensicherungssysteme bereits. mit dem Zieldatum 2024 nach Mafgabe

einer   EU-Richtlinie   vereinhcitlicht.   Dartiber   hinaus     habe   die     EU-Kommission   im

November 2015 vorgeschlagen, ein cinheitliches curopdisches Einlagensicherungssystem

cinzuftihren: European Deposit Insurance Scheme (EDIS). Damit solle in drei Schritten eine

Vollversicherung mit cinem Zielvolumen von 0,8 % der gedeckten Einlagen (Volumen fiir

DEU: rund 14 Mrd. Euro) bis 2024 eingerichtet werden. Aus deutscher Sicht scien konkrete

Uberlegungen verfriiht, da wesentliche Voraussetzungen (Risikoabbau bei Banken, insb, NPL

Abbau    und   Aufbau    hinreichender     Bail-In-Puffer,     regulatorische    Begrenzungen   der

Staatsforderungen in den Bankbilanzen sowie eine Harmonisierung des Insolvenzrechts) nicht

gegeben seien, Hin Kompromissvorschlag des EU-Parlaments vom November 2016 sehe vor,

dass die Hialfte des Zielvolumens in nationaler Verantwortung verbliebe und je ein Viertel auf



entfiele. Dabei blieben die nationalen Einlagensicherungssysteme erhalten. Weiter habe der

Wirtschafts- und Finanzrat der Europdischen Union (ECOFIN) Anfang 2016 eine Ad-hoc-

Arbeitsgruppe eingerichtet, in der technische Diskussionen zu den Themen Aufbau und

Funktionsweise von ELIS und MaSnahmen zur Risikoreduzierung geftthrt werden. Deutscher

                                               -4-
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Vertreter dort sci das BMF. Im Oktober 2017 habe die EU-Kommission cinen veranderten
       Vorschlag vorgestellt, der eine im Ergebnis vollvergemeinschaficte Einlagensicherung in
       einem 2-Phasen-Modell vorsehe. Aus deutscher Sicht bleiben erundsatzliche Bedenken
       bestehen, insb. da ein Risikoabbau vor Fintritt in die erste Phase nicht vorgeschen sei. dic
       nationale Institutshaftung nicht beriicksichtigt werde und das Ziel weiterhin eine
       Vollvergemeinschaftung der Einlagensicherung bliebe.

                   ergdnzte den Vortrag um dic politische Position der Bundesregierung, die in der
eanr
 “ECOFIN-Roadmap vom Juni 2016 und im NPR-Action-Plan 2016 dargelegt wurden. Diese
 beinhalte kein kategorisches ,,NeinTM zu ciner curopdischen Einlagensicherung ftir alle Zeiten.
  Vielmehr sei aus deutscher Sicht keine Grundlage fiir cine Diskussion gegeben; die
  Risikoreduzierung miisse vor jeglicher (ersten) Phase realisiert werden, nicht parallel mit der
 Einfiihrung, um keine falschen Anreize zu schaffen. Zudem miissen dic Risiken 4hnlich
  verteilt sein. Bei der Einrichtung einer europiiischen Einlagensicherung sci auch zu beachten,
       dass Risiken von Staaten auf die Banken ausstrahlen, z.B. wenn Insolvenzverfahren
       ineffizient sind. Zudem muss der Puffer gro® genug sein, um ein Bail-in sicher zu machen.
       Aus deutscher Sicht sei ein intergouvermentales Abkommen notwendig, da Art. 114 AEUV
       keine hinreichende Rechtsgrundlage bilde. Unklar sci bislang, ob ein europdisches
       Einlagensicherungssystem nur Liquiditat spenden oder auch Verluste tragen solle.
       Hinsichtlich der Beitragsberechnungen gebe es ebenfalls Klarungsbedarf. Auf dem Euro-
       Gipfel im Juni 2018 solle die Roadmap weiterentwickelt werden, dabei gche es jetzt um eine
       Konkretisierung der Anforderungen an die Risikoreduzierung.
       Riickfragen des Beirats wahrend der Vortrage bezogen sich auf dic Ausgestaltung und
       technischen     Gegebenheiten    der     verschiedenen     Vorschlage     zu     einem
       Finlagensicherungssystem, nach deren Anlagestrategie, der Erhebung der Beitrage in den
       Mitgliedslandern und der Verftigbarkcit dieser Betriige. Diese miissen spitestens 7
       Arbeitstage nach dem Entschadigungsfall ausgezahlt werden, erlduterte, _
       In der anschlieBenden Diskussion sprach sich der Beirat cinhellig ftir den Risikoabbau in den
       Banken aus und wies darauf hin, dass der Staaten-Banken-Nexus noch immer problematisch
       sei, wie es bereits in anderen Beirats-Stellungnahmen thematisiert worden sei. Es wurde
       kritisch diskutiert, ob die angesparten Betriige der Finlagensicherung ausreichten, um bei
       groBen Risiken Schutz zu bieten. Es wurde von a sean ee sar 2. ., erldutert, dass die
       Einlagensicherung nicht fir Krisen systemischer Banken gedacht sei: diese unterfielen dem
       Abwicklungsregime. Erwdgung hinter EDIS sei, groBe, lokale Schocks besser abzufedern.
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Ungeklart sei bislang, wie verfahren werde, wenn EDIS ausgeschépft
                                                                    wiirde: ob die Banken
 im jeweiligen Staat, im EDIS-System oder alle Banken in der
                                                             EU zur Nachfinanzierung
 herangezogen wiirden. Der Beirat sah die Rolle einer
                                                      europdischen Einlagensicherung im

 /usammenhang mit den anderen Instrumenten der Bankenunion
                                                           als ungeklart an.

 Angesprochen wurde der Schutz der Spareinlagen bis 100.000
                                                            Euro pro Sparer, und gefragt,

 ob dariiber hinaus dann Sparguthaben automatisch verloren sei.
                                                                                       erklarte, dass das
 Schutzniveau in besonderen Fallen auch hoher sein kénne
                                                         (in Deutschland bis 500.000 Euro),
 wenn z.B. ein Erbfall cingetreten sei und die iberwiesenen
                                                            Gelder innerhalb eines bestimmten

 7eitrahmens noch nicht wieder angelegt worden seien. Auferd
                                                             em gendéssen auch Einlagen
 von   Privatpersonen     und   kleinen   und   mittleren   Unternehmen    iiber   100.000   Euro einen
 besonderen Schutz in den Insolvenzverfahren (und damit auch in
                                                                einer evtl. Abwick! ung).

 Einzelne Beiratsmitglieder Sprachen sich mit Blick auf
                                                        die Subsidiaritit dafiir aus, eine
Einlagensicherung allenfalls als Rickversicherung auszuges
                                                           talten. Es kénne von der EU eine
Pflicht zur privaten Riickversicherung vorgeschrieben werden.
                                                              Weiter wurde vorgeschlagen.
iliquiditét und Insolvenz zu trennen; gef. scien auch dic
                                                          Einleger zu beteiligen,

fihrte dazu aus, dass bei          der Institutssicherung stérkere Kontroll- und Eingriffsrechte

bestehen. Dies solle das Vertrauen der Einleger stirken,
                                                         Bank-Runs verhindem und cinen

positiven Einfluss auf die Systemstabilitat austiben.
                                                                          gab zu bedenken, dass auch
die    Werthaltigkeit _ privater    Riickversicherungen      gepriift   werden     miisse,   da   private
Unternehmen im Ernstfall insolvent gehen kénnen.


                 dankte                                       herzlich fiir Thre Vortrage und die

Diskussion.


Im Anschluss daran berict der Beirat. wie das Thema bearbcit
                                                             et werden kénne. Einzelne
Beiratsmitglieder beftirchteten, dass konstruktive Kritik an
                                                             den bestchenden Vorschlagen als
grundsatzliche Befirwortung einer europdischen Einlagensicher
                                                              ung aufgefasst werden kénne.
In der kurzen inhaltlichen Diskussion wurden die Problem
                                                         e der Bankenaufsicht, cine implizite
Risikotibernahme durch den Staat bei zu geringen Sicherungsbeit
                                                                rigen, der Staaten-Banken-
Nexus    sowie   Wettbewerbsverzerrungen          zwischen    den   Banken       und   unterschiedliche
Insolvenzordnungen in den Staaten angesprochen. Es stelle
                                                          sich — wie schon bei der
Diskussion friiherer Gutachten — die Frage nach der grundsa
                                                            tzlichen kiinftigen Ausrichtung
der Europiischen Union.


                  sah eme Bereitschaft des Beirats, das Thema zu bearbeiten.

                                stellten zur nachsten Sitzung eine Punktation in Aussich
                                                                                         t.


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solle in diese Arbeiten eingebunden werden.



 VI. Gutachten .Uber- und Fehlversorgung in deutschen Krankenhdusern: Griinde und
 Reformoptionen“


                    nahm Bezug auf das Verfahren, das in der letzten Sitzung verabredet worden
 war. Die entsprechenden Uberarbeitungsschritte scien cingeleitet worden und auch das
 Minderheitsvotum liege vor.


Das Beiratsmitglied, das das Minderheitsvotum formuliert hatte, flihrte kurz die inhaltlichen

Argumente        aus:   Der   Leistungswetthewerb    zwischen   den   Krankenkassen     stelle    hohe

Anforderungen an den zukiinftig Versicherten, der die Qualitat der kontrahierten Leistungen

beurteilen kénnen miisse. Ansonsten werde der Wettbewerb nur iiber den Preis gefiihrt, was

die Qualitdt der Gesundheitsversorgung beeintrichtigen wiirde. Die Leistungsbeziehungen bei

der Gesundheitsversorgung seien sehr komplex und Informationen asymmetrisch verteilt: es

sollte mehr auf Konsumentensouverantat abgestellt werden. Dies sei erforderlich damit die

Versicherten als ,,Miindige Patienten* auch einen Anreiz haben sich tiber die Behandlungen

zu informieren. Weiter wurde das Argument der adversen Selektion angefiihrt, dass junge

Versicherte und Gesunde verstarkt die giinstigen Tarife in Anspruch nchmen wtirden.

Die Kommission wies die Kritik zurtick und verwies darauf, dass es in der Forschung bereits

empirische Belege zur Qualitétsverbesserung durch Versorgungsmanagement gebe. Zudem

gebe   es   im    bestehenden     System   bereits   Vorkehrungen     um   adverser   Selektion    hei

Wahlmdglichkeiten zu begegnen. Das Gutachten kénne die aktuelle Literatur zur Empirie des

Versorgungsmanagements in den USA noch aufnehmen.

In der Diskussion wurden unterschiedliche Positionen eingenommen. Emige Beiratsmitglicder

unterstiitzen das Minderheitsvotum. Andere Beiratsmitglieder wiesen darauf hin, dass

Konsumenten        im   Gesundheitsbereich    regelmaBig   Schwicrigkeiten    haben    die   richtige

Behandlung in jeder Lage beurteilen zu kénnen. Auch wurde ausgefithrt. dass die These der

mangeinden       Information bei der Wahl       der Anbieter im       Versorgungsmanagement im

Widerspruch stiinde zur Sicht des Patienten als souveranen Konsumenten.

                    schlug vor, im Text eine Fufnote einzufiigen, die auf das in einem Anhang

aufgefiihrte Minderheitsvotum verweist. Alternativ kGnne das Minderheitsvotum auch in

einem Unterabschnitt platziert werden. Bei den Empfehlungen sei dann im Einzelfall darauf

hinzuweisen, dass dic jewcilige Position mehrheitlich vom Beirat gctragen ist.

Der Beirat fasste folgenden Beschluss:
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e    Die Kommission wird beauftragt. die vorlaufige Endfassung zu erstellen, welche das

           Minderheitsvotum durch einen gecigneten Platzhalter beriicksichtigt. Nach dem

           Versand der vorlaufigen Endfassung haben die Beiratsmitglieder 2 Wochen Zeit

           Anderungsbedarf anzumelden.

      «    Blcibt das versendete Gutachten ohne Einspruch, gilt es als angenommen. Bei

           Einspruch wird cs erncut auf der nachsten Sitzung verhandelt.

      e    Das Minderheitsvotum wird an den Beirat mit der Bitte um Formulierungsvorschlage

           versandt. Zur Riickmeldung wird eine Frist von 2 Wochen eingerdumt. AnschlieBend

           wird das Votum finalisiert und in das Gutachten tibernommen.



VH. Thema ,,.Ehepattensplitting“


                            fihrte in das Thema ein und erlduterte ausfihrlich die erweiterte

Punktation.


Die Diskussion im Beirat wurde im Anschluss kontrovers gefithrt. Dic Debatte war von

unterschiedlichen Auffassungen tiber das Ehe- und Familicnbild gepragt. Ein Teil des Beirats

sah das Ehegattensplitting als verzerrend an, andere Beiratsmitglicder wicsen darauf hin, dass

es nicht méglich sei, einen ..normativen Null-ZustandTM zu definieren. Die Kommission fuhrte

an, dass die Leistunysfahigkeit einer Familie sinke, wenn das pleiche Einkommen von zwei

Personen siait von einer erwirtschaftet werde. Einige Beiratsmitglicder plidierten dafiir,

Kinder und kostenlos bezogene éffentliche Leistungen fiir Kinder mit in die Betrachtung

aufvunehmen. Andere Beiratsmitglieder setzten sich daftir ein, familienbezogene Leistungen

strikt vom       Ehcgattensplitting zu trennen, da das Ehegattensplitting unabhingig vom

Vorhandensein von Kindern gewahrt werde. Denkbar sei, dass Unterhaltszahlungen im

Scheidungsfall und erbrechtliche Bestimmungen bei der Analyse beriicksichtigt werden.

7u dem verfassungsrechtlichen Teil wurde eingewandt, dass sich wesentliche Gedanken des

Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) trotz des verdnderten Ehebilds nicht verandert haben.

Dem        wurde    entgegengehalten,    dass   die   wirtschafilichen      Anreize,     die     aus     dem

Ehegattensplitting resultieren, in der ziticrten Rechtsprechung noch nicht gesehen wurden.

Die Bewertung der Neutralitét des Splitting sei insofern unvollstindig, als die Aufnahme von

Erwerbsarbeit nicht berticksichtigt wurde. Es wurde angeregt, die Verfassungsdiskussion

weiter anzureichern und auch andere Meinungen mit aufzunehmen.


Bei       der   Wirkung   des   Ehegattensplittings   wurde   diskutiert,   ob   in    der     Familie   die

Nutzenmaximierung im Vordergrund stehe oder ob eher die Verhandlungssituation die

                                                  -8-
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Auswirkungen bestimme. Die Kommission war der Uberzeugung. dass die empirische

     Literatur zu Verhandlungsmodellen eher die Realitét in Deutschland abbilde. Hinsichtlich der

    Arbeitsmarkteffekte, die cine Abschaffung des Ehegattensplittings haben kénne, war der

    Beirat sehr zuriickhaltend. Die Kommission betonte. dass die stirksten Arbeitsmarkteffekte

    beim Ubergang zur Individualbesteuerung zu erwarten seien. Es wurde angemerkt, dass die
    Abschaffung des Ehegattensplittings zur Steuerplanung insbesondere bei Unternchmern und

    Freiberuflern fihren werde. Arbeitnehmer kénnen diese Gestaltungsméglichkeiten nicht in

    Anspruch nehmen. Diese Effekte sollten beriicksichtigt werden.


    Weiter wurde darauf hingewiesen, die Mitversicherung von Ehegatten in der Renten- und

    Krankenversicherung zu thematisieren. Ob Lohnstcuerklassen noch bendtigt werden, wurde

    ebenfalls angesprochen.


|                     ies darauf hin, dass der Beirat bei der Bearbeitung des Themas die

verschiedenen Reformvorschlige priifen, und Vor- und Nachteile aufzeigen kinnte, ohne
    zwingend einen Vorschlag zu favorisieren.



    VIL. Diskussion méglicher neuer Themen

    Entfallen.



LX. Tagesordnung der niichsten Sitzung

1          Mitteilungen des Vorsitzenden

U.         Feststellung der Tagesordnung

If.        Bemerkungen zum Protokoil der drei letzten Sitzungen

IV.        Gast BMF zum Thema ,,Leistungsbilanziiberschiisse*

V.         Gast BMF   zum Informationsfreiheitsgesetz,

VI         Thema ,,Ehegattensplitting*

VIL        ggf. neues Thema ,,Europdische Einlagensicherung*

VII.       Diskussion neuer Themen, Ideenskizzen gewiinscht, z.B. zur

           Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen

          Reform der Grunderwerbsteuer

          Digitale Besteuerung

          Weiterentwicklung der Europaischen Union

IX.       Tagesordnung der nachsten Sitzung

>         Verschicdenes.
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X. Verschiedenes

Entfallen.




Berlin, den 15. Marz 2018

oe.




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