2018-protokoll-nr-538
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
=. , Vertraulich Niederschrift 6/18 der 538. Tagung des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen Tagesordnung: Mitteilungen des Vorsitzenden I. Feststellung der Tagesordnung UL Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung Iv. Gesprach i a ragen der Finanzstabilitét Gesprch mit i NNN zu aktuellen finanzpolitischen Themen Vi. Diskussion neuer Themen, u.a. Bedingungsloses Grundeinkommen US-Steuerreform Reform der Grundsteuer VIL Interne Sitzung (Vorsitzwahlen, Diskussion zum Internetauftritt und zu evt!. Zuwahlen) VII. Tagesordmung der nachsten Sitzung Verschiedenes
UL. _Feststellung der Tagesordnung Die Tagesordnung wurde wie vorgeschlagen angenommen. Ill, _Bemerkungen zu den Protokollen der letzten Sitzungen Das Protokoll zur. letzten Beiratssitzung im September 2018 wurde mit einer Anderung” angenommen. Auf Seite 7 des Protokolls wurde der Begriff ,,Bruttoimmobilienpreise* in _,Jmmobilienpreise* gedndert.
‘®) LV. Vortrag vo zur Finanzstabilitat Thies kénne beispielsweise geringere Profitabilitit. durch ein hohes MaB an vorgehaltenem Eigenkapital begriindet:sein. Dies ware aus Stabilitéitserwigungen positiv zu bewerten. Hoher Wettbewerb kénne dazu fiihren, dass risikobehaftete Banken vom Markt verdrangt wiirden, tind somit ‘die Finanzstabilitat steige. Es ware aber auch denkbar, dass hoher Wettbewerb zu risikoreicheren Geschiften fithre. In diesem Fall ware hoher Wettbewerb fur die Stabilitat des Sektors kontraproduktiv. Zum Thema Zinsainderungsrisiko erliiuterte| dass die Gefahr in Deutschland darin a «
bestehe, dass viele Bankkredite eine Zinsbindung hatten, die Refinanzierung der Banken allerdings.einem variablen Zins unterlage. dankte fur ihren Besuch. V. Gespriich mit Zu Beginn des Gesprachs dankte fiir die BegriiBung und betonte die Wichtigkeit des Inforniationsaustauschs zwischen Politik und Wissenschaft. So interessiere sich beispielsweise sehr fiir die Einschatzung des Beirats zur immer wiederkehrenden Frage des deutschen Leistungsbilanziiberschusses. Auch in anderen finanzpolitischen Fragen sei an langfristigen Strategieiiberlegungen interessiert und somit an den Meinungen des Beirats. Zur. Erdffnung der allgemeinen Diskussion verwies m Zusammenhang mit dem deutschen Leistungsbilanziiberschuss auf die im Beirat diskutierten Argumente zur US- Steuerreform. Der vom Beirat praferierte MaSinahmenkatalog wiirde einen Beitrag zur Entscharfung des Leistungsbilanz-Ungleichgewichts mit den USA leisten. verwies auf Bestrebungen, eine Mindestbesteucrung fiir Unternehmen in der OECD und bei G20 durchzusetzen und dies in der EU zu vereinbaren. Man sei der Uberzeugung, dass dieser Ansatz einer Senkung der Unternchmenssteuern vorzuziehen sei. Dies liege auch daran, dass. man dié. im Koalitionsvertrag beschlossenen prioritdren MaBnahmen bereits vollstindig -finanziere und fiir weitere MaBnahmen kaum Spielraum. bestehe. Ansonsten sei der Haushalt nicht ohne Neuverschuldung auszugleichen. Auferdem beobachte man, dass deutsche Unternehmen. derzeit hohe Liquidititsreserven hatten, ohne diese fiir Investitionen zu verwenden. Insofern stelle sich die Frage, ob es wirklich an der ‘Steuerbelastung liege oder miéglicherweise an anderen Rahmenbedingungen, dass die Unternehmen zu wenig investierten, Vom Beirat wurde. angemerkt, dass einzelne Mafinahmen, die - gegenwarlig im Beirat diskutiert wiirden, fiskalisch langfristig mit geringen Kosten verbunden seien, beispielsweise die beschleunigten Abschreibungen. Herr Schmidt erkundigte sich in diesem Zusammenhang nach Erfahrungen zur Wirksamkeit der beschleunigten Abschreibung, Hierzu miissten Daten aus dem Jahr 2008 vorliegen. Der Beirat wies darauf-hin, dass die damalige Reform von der Finanzkrise iberschattet worden sci, was die: empirische Analyse erschwere..Zudem wurde atigemerkt, dass die Quantifizicrung der Aufkommenswirkungen einzelner Steuerreformen 4. fi .
schwierig sei, da das deutsche Steuersystem sehr komplex sei und tiberdies der Forschung nur ungeniigende Steuerdaten zur Verfligung stiinden. Herr Schmidt signalisierte, dass das BMF in Zeiten von Big Data ein grofes Interess¢ daran habe, solche Analysen zu ermdglichen. - Im weiteren Verlauf wurden Reformvorschlage zur weiteren Integration der EU, wie eine Europaische Arbeitslosenrtickversicherung, diskutiert. Aus dem Beirat wurde angemerkt, dass viele Reformbestrebungen inkonsistent. und unvollstandig seien. So lange man keine. echie europdische Demokratie habe, seien viele Mafnahmen; die auf eine Risikoteilung abzielten, in Wirklichkeit eine Umverteilung und. kontraproduktiy, In Bezug auf die Europdische Arbeitslosenrtickversicherung betonte Herr Schmidt. dass der Vorschlag von Minister Scholz auf dem Riickversicherungselement basiere. Es wiirden lediglich tempordre Kredite an betroffene Mitgliedstaaten vergeben, und somit stelle dieses System keinen Transfer dar. Es wirke als konjunktureller Stabilisator. Der Vorsitzende ‘bedankte sich bei Herrn Schmidt fiir die offene Aussprache und das informative Gesprich und ktindigte an, die ‘Anregung des Staatssekretirs. bei der Verbesserung der Bereitstellung von Steuerdaten mitwirken.zu wollen, aufzugreifen. Vi... Diskussion neuer Themen US-Steuerreform filhrte in das. vorgelegte Arbeitspapicr cin. Nachdem zundchst eine: pragmatische Punktation zur US-Steuerreform gefordert war, habe man sich. im weiteren Verlauf fiir eine voll ausformulierte Stellungnahme entschieden. Der von Bundeswirtschafisminister Altmaier Anfang Oktober vorgelegte 10-Punkteplan sowie die Befassung des SVR omit dem Thema Steuerwettbewerb hiitten verdeutlicht, dass der Wissenschaftliche Beirat zeitnah und .umfassend Stellung bezichen miisse. In der vorliegenden Version spreche man sich dafiir aus, durch einen modularen. Mafinahmenkatalog, dic. steuerliche Wettbewerbsftihigkeit, Deutschlands im internationalen: Vergleich zu verbessern. An erster Stelle stehe die Senkung der Kérperschaftsteuer von 15 % auf.-10%. Dies sei notwendig: um bei der tariflichen Gewinnsteuerbelastung von Kapitalgesellschaften naher an den OECD-Durehschnitt zu rucken (derzeit. bei rund 25 %). Erganzend hierzu miussten Anpassungen in der AuBenbesteuerung erfolgen. um cine sonst aufiretende Uberbelastung hinzugerechneter Gewinne zu verhindern, AuBerdem spreche man sich dafiir aus, durch eine beschleunigte Abschreibung auf Wirtschafisgtiter sowie die 25+
steuerliche Férderung von F&E-Aktivititen, die Attraktivitat des Standorts Deutschland zu verbessern, AbschlicBend wurde betont, dass man sich ausdriicklich fiir eine pragmatische Befassung mit dem Thema entschieden habe, da die Beseitigung grundlegender Miangel im Steuersystem derzeit nicht im Fokus sttinde. ergdnzte, dass die Abschaffung des Solidaritatszuschlags im internationalen Steuerwettbewerb kaum Auswirkungen habe, da viele vom Solidaritatszuschlag belastete Unternehmen -nicht im internationalen Wettbewerb stiinden. Zudem wurde angemerkt, dass der Solidarititszuschlag fiir die Attraktivitat des Investitionsstandortes keine bedeutende Rolle spiele, [in Mitglied betonte verhandlungsstrategisch sei es durchaus zu beflirworten, zundchst die ‘Steuern zu senken, um nicht an Wettbewerbsftihigkeit éinzubiiBen..AnschlieBend kénne. man ‘sich in internationalen Verhandlungen ftir gemeinschaftliche Lésungen einsetzen und Steuern kooperativ wieder erhdhen. Zur Leistungsbilanzdebatte wurde angemerkt, dass die vorgeschlagene Senkung der Korperschaftsteuer tendenziell zu einem Abbau des Leistungsbilanziiberschusses beitrtige. Eine weitere Debatte entfachte sich um die Frage der Verteilungsgerechtigkeit. Einige Beiratsmitglieder. wiesen darauf hin, dass die Forderungen nach: ciner Senkung der Kérperschaftssteuer in der Offentlichkeit als ,,Geschenk an die Reichen* wahrgenommen werden kénnte, Dieser Eindruck wiirde noch verstarkt durch die — aus ‘Neutralitatsgrtinden néfige = Senkung des Hinkommensteuersatzes fiir nicht entnommene Gewinne von Personenunternehmen. Es wurde daran crinnert, dass die Senkung der Kérperschaftsteuer mit erheblichen Steuermindereinnahmen | verbunden ware. Andere’ MaBnahmen. des modularen Reformvorschlags, wie Patentboxen oder die beschleunigte steuerliche Abschreibung, wiirden weitaus weniger Kosten verursachen und erfiillten trotzdem das Ziel der Starkung der internationalen Wettbewerbsfahigkeit. Dem wurde entgegnet, dass és nicht darum ginge, die. otinstigste MafSnahme umzusetzen, sondern dic wirksamsté in Bezug auf die Standortattraktivitat, ~ AbschlieBend wurde. nochmals betont,. dass der vorgelegte Text, eine fundierte und pragmatische Handlungsalternative flic die Politik liefere, kurztristig auf den verschiirften: internationalen Steuerwettbewerb zu reagieren. SchlieBlich votierte der Beirat dafiir, eine finale Fassung des Gutachtens im Umlaufverfahren a6<
zu erstellen. Dieses sieht wie folgt aus: I. Die Kommission erstellt unter Beriicksichtigung der Diskussion eine vorldufige ‘Endfassung: und versendet diese per E-Mail an die Beiratsmitglieder (cc. an den Vorsitzenden und Frau Blitmel), Il. Kommentare und Verbesserungsvorschlage sind dann innerhalb von 14 Tagen schriftlich an die Kommission zu richien (cc. an den Vorsitzenden und Frau Bliimel). Ill. Die Kommission erstellt auf dieser Basis eine Endfassung, die den Mitgliedern per K- Mail zugeleitet wird (cc. an Frau Blimel). IV. Innerhalb einer Einspruchsfrist von 14 Tagen kénnen die Beiratsmitglieder schriftlich die Notwendigkeit der Wiedervorlage. auf der nachsten Sitzung anzeigen (cc. an den Vorsitzenden und Frau Bliimel). Ansonsten gilt die Stellungnahme als angenommen. Bedingungsloses Grundeinkommen stellte einen ersten Entwurf zum Thema »Bedingungsloses, GrundeinkommenTM* vor. Er schlug vor, méglichst konkret auf die Argumente der Befiirworter einzugehen und sic unter konomischen Gesichtspunkten zu analysieren. Zwei Aspekte seien von zentraler Bedeutung in der Diskussion und sollten entsprechend ernst genommen werden: dic Bedingungslosigkeit und die Existenzsicherung. Bei der Bedingungslosigkeit ginge es darum, dass jeder Birger Anspruch auf das Grundeinkommen habe, unabhangig von seinem Bildungsstand, seinem Alter oder seinem Familienstand. Die Existenzsicherung solle gewahrleisten, dass das gezahite Grundeinkommen tiberall in der Bundesrepublik zum1 #bensunterhalt ausreiche. Dazu miisste man sich am regional héchsten Bedarf bei der Festsetzung des bedingungslosen Grundeinkommens orientieren. Hieraus ergiibe sich cin hoher Finanzicrungsbedatf und es stelle sich die Frage der Gegenfinanzierung. unterstrich, dass die Abgabenquote zur Gegentinanzicrung aller Ausgabenposten.extrem ansteigen miisste. wies darauf hin, dass sich auch Probleme in Bezug auf die Freiztigigkeit in der EU ergiben. Es gelte zu klaren, wie man bei Linfiihrung eines bedingungslosen Grundeinkommens auf mégliche Immigrationen in das deutsche Sozialsystem reagieren wolle. Te
AbschlieBend kritisierte dic Aussagekraft bisheriger Feldversuche zu den Effekten eines bedingungslosen Grundeinkommens. Untersuchungen dieser Art wiirden zwar die Geldauszahlung simulieren, die Gkonomischen und gesellschaftlichen Konsequenzen, dic sich aus einem bedingungslosen Grundeinkommen ergiben, wiirden aber nicht abgedeckt. ‘tim Ergebnis wurde cine weitergehende Befassung mit dem Thema beftirwortet. erklarte sich bereit, den Entwurf bis zur ndchsten Beiratssitzung weiter auszuarbeiten. Reform der Grundsteuer Das Papier zur Grundsteuer von ereift den Kern des Gutachtens aus dem Jahr 2010 auf und fasst aktuell diskutierte Reformvorschlage nochmals zusammen. Inhaltlich regte in; miisse man sich zur Akzeptanz der Reformvorschliige in Hinblick auf die Gewinner und Verlierer der Reformen duBern..Es wurde betont, dass és immer Umverteilungsprobleme bei Reformen gebe, allerdings fielen diese je nach Reformvorschlag unterschiedlich aus; zudem kinne man sie zeitlich strecken. Es wurde gefragt, warum man nicht dem Reformvorschlag der Bundeslinder folge, sondern einen Alternativvorschlag unterbreite. wies darauf hin, dass es Probleme bei der getrennten Bewertung von Boden und Gebaude giibe. So entstiinden zwei Steuern. bei denen man Gefahr liefe, dass vor Mietern dominierte Kommunen vorwiegend die Bodenkomponente erhdhten und somit Grundeigentiimer enteigneten. Es wurde angemerkt, dass aus finanzpolitischer Sicht die optimale ‘Lésung eine -Pauschalsteuer (,,poll tax) ware. Diese seiallerdings nicht durchsetzbar. Es bliebe somit'als zweitheste ‘Lésung die wertoricntierte Steuer.. Sollte diese als zu biirokratisch befunden werden, bliebe als Lésung der Vorschlag der Bundeslinder. Weiter wurde diskutiert, ob man dic Abwiigung zwischen finanzpolitischer Sicht und .,,public choice‘-Sicht im Gutachten thematisieren sollte. Dies wiirde bedeuten, dass man die damit verbundenen Konsequenzen thematisiere, wie beispiclsweise die hypothetische Enteignung bei extremer Ausgestaltung der Reform, In diesem Zusammenhang wurde vorgeschlagen. in den Reformvorschlag. cinen Héchststeuersatz zu integrieren, um einer potenticllen Enteignung vorzubeugen. Der Beirat cinigte sich darauf, im Januar eine Kurzfassung des Papiers zu beraten und dann ig
gef. als Brief an den Minister zu adressieren. Vit. Tagesordnung dernichsten Sitzung 1. Mitteilungen des Vorsitzenden I, Feststellung der Tagesordnung IL. Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung IV. Thema ,.Reform der Grundsteuer* V. Thema,,Grunderwerbsteuer* VI. Thema ,.Finanzmarktstabilitat* VI. Thema .,.Bedingungsloses Grundeinkommen* VUL. Diskussion neuer Themen Ix, Interne Sitzung (Besprechung von Zuwahlen) Tagesordnung der nachsten Sitzung Xl. Verschiedenes IX »_.... Verschiedenes Entfallen. Berlin, den 17. Januar 2019 gez. ez.