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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Stellungnahme von Twitter, Twitch, Exaring und Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur Urheberrechtsreform

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Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie Was ist Twitch? Twitch ist ein Live-Streaming-Videoservice mit Echtzeitübertragung, bei dem Community-Mitglieder im Rahmen ihrer gemeinsamen Interessen – vor allem Videospiele, Sport und Kunst – zum Anschauen von Inhalten, Spielen und Chatten zusammenkommen. Twitch wurde 2011 gegründet und ist seit 2014 eine Amazon-Tochtergesellschaft. Auf Twitch veranstalten Streamer über den Service Live-Shows für ein Publikum mit ähnlichen Interessen. Streamer können so ihren Lebensunterhalt verdienen, indem sie ihr Streaming finanziell verwerten. In der EU verdienen Zehntausende von Twitch-Nutzern Geld damit, dass sie einem weltweiten Publikum über Twitch Live-Inhalte zur Verfügung stellen, und im Gegenzug hilft dieses weltweite Publikum diesen Streamern dabei, Geld zu verdienen. Twitch ist kein soziales Netzwerk, wir sind kein Video-on-Demand-Service. Wir sind eine Bündelung von Live-Streaming Communities – einige davon sind kleine Gruppen, mit nur wenigen Zuschauern, andere mit Zehntausenden von Zuschauern –, die sich zu einem Live-Erlebnis in Echtzeit zusammenfinden. Einige unserer Communities konzentrieren sich auf Spiele – von Fortnite über Arcade-Spiele der 80er Jahre bis hin zu Schach. Einige unserer Streamer singen Karaoke, mit jubelndem Publikum,andere Communities schauen sich gemeinsam Sportereignisse an und geben jeweils ihre Kommentare zum Spiel ab. Nahezu alle Inhalte unseres Services sind live – das bedeutet, dass sich die Technologie-Architektur von Twitch grundlegend von derjenigen unterscheidet, die für soziale Netzwerke oder Video-on-Demand-Dienste verwendet wird. Für viele unserer Streamer dienen ihre Twitch-Kanäle zur Sicherung ihres Lebensunterhalts. Auf Twitch operierende Streamer arbeiten hart daran, ihre Marke aufzubauen, sie präsentieren hier ihre Begabungen und sie kümmern sich aktiv darum, ihr Publikum zu begeistern und zu erweitern. Die weltweite Reichweite unserer Dienste ermöglicht es ihnen, Zuschauer aus aller Welt zu gewinnen. Twitch verzeichnete im vergangenen Jahr weltweit über 90 Millionen „Unique Visitors“ (Einzelbesucher), davon rund 19 Millionen in Europa. Die Einnahmen aus Werbung und Abonnementgebühren werden mit den Streamern geteilt, und zwar entsprechend der Größe ihres Publikums und je nachdem, wie viele Stunden sie streamen. Streamer können Sponsorenverträge abschließen und Spenden von Zuschauern erhalten. Streamer, die den Status eines „Affiliate“ (angeschlossenen Mitglieds) oder „Partner“ erreichen, erhalten auch einen Teil der Werbeeinnahmen, die Twitch auf ihrem Kanal erzielt. Das Einnahmenmodell ist regional unterschiedlich, aber im Allgemeinen erhält der Streamer 50 % der Werbeeinnahmen und 70 % der Sponsorengelder. Dadurch ist eine florierende Community europäischer Streamer entstanden, die über Twitch ihren Lebensunterhalt verdienen. Allein im Mai 2019 zahlte Twitch 1,1 Mio. Euro an Erlösanteilen an individuelle in Frankreich ansässige Streamer und in etwa den gleichen Betrag an deutsche Streamer. Twitch arbeitet direkt mit allen großen Videospielanbietern zusammen, von denen einige – z. B. Ubisoft (Frankreich), Project CD Red (Polen) und Mojang (Schweden) – ihren Sitz in Europa haben. Twitch kooperiert auch mit der Mehrheit der kleineren Videospielanbieter, von denen viele in Europa ansässig sind (beispielsweise Avalanche Studios in Schweden und Jagex im Vereinigten Königreich). Twitch bietet darüber hinaus auch kostenpflichtige Marketingdienstleistungen für kleinere Videospielanbieter an, die auf diese Art auf Twitch Werbung für ihre eigenen Spiele machen können. Videospielanbieter und Rechteinhaber erlauben Twitch-Streamern in vielen Fällen, ihr urheberrechtlich geschütztes Material zu übertragen, ohne eine Lizenzgebühr zu fordern, da Streaming die Popularität des Spiels und damit den Wert dieses geistigen Eigentums steigert. © Twitch Interactive, Inc. 2019 | 1
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Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie – Twitch Issues Paper (Twitch Themenpapier) Warum macht sich Twitch.tv im Zusammenhang mit der Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie Sorgen? Unsere Hauptsorge gilt Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie, speziell in Bezug auf die Unklarheit der im Artikel verwendeten Formulierungen und der damit verbundenen Erwägungsgründe, die verhindern, dass Dienstanbieter Unternehmensplanung betreiben können. Zunächst ist festzustellen, dass die Definition des Online Content Sharing Service Provider („OCSSP“) für Live-Streaming-Dienste wie Twitch nicht gilt; es gibt keinen Upload von Nutzerinhalten, die von einem Online-Service in der im Artikel beschriebenen Weise gespeichert werden. Allerdings hostet Twitch auch aufgezeichnete Inhalte in Form von Video-On-Demand-Dateien von aufgezeichneten Live-Streams, die Twitch anderen zur Ansicht zur Verfügung stellt. Deswegen sind wir insbesondere besorgt darüber, dass Artikel 17 und die damit verbundenen Erwägungsgründe auf eine Art und Weise ausgelegt werden können, die zu hohen technologischen Hindernissen und Compliance-Kosten führen würden, welche nur die größten OCSSPs tragen könnten. Eine derartige potenzielle Compliance nach „allen Anstrengungen“ bräuchte Jahre an Entwicklungszeit, und sie würde ein Ausmaß an Investitionen in Technologie erfordern, das für kleine und mittelgroße Services wirtschaftlich unvernünftig wäre. Genau diese Compliance-Belastungen würden auch verhindern, dass neue Streaming-Dienste den Weg in den deutschen Markt und allgemein in EU-Märkte schaffen, wodurch der Wettbewerb eingeschränkt würde. Weniger Onlinedienste bedeutet für Streamer weniger Auswahl bei der Entscheidung für einen bevorzugten Onlinedienst, über den sie ihr Publikum aufbauen und ihren Lebensunterhalt verdienen möchten. Die Anwendung von Artikel 17 erstreckt sich potenziell auf eine Vielzahl von Services mit unterschiedlichen Merkmalen und Technologien. Bei einem Service wie beispielsweise Twitch ist Live- Streaming kurzlebig und spontan – Inhalte werden nicht gespeichert, sondern in Echtzeit angeschaut. Dies führt zu vielfältigen technischen Schwierigkeiten im Hinblick darauf, das Auftreten urheberrechtlich geschützter Werke zu antizipieren, identifizieren und entsprechende Filter einzusetzen, ohne die Liveübertragung zu stören. Darüber hinaus kann aufgrund der Art der nutzergenerierten Inhalte praktisch jedes beliebige Material für nur wenige Sekunden und nur für eine begrenzte Anzahl von Nutzern auf Twitch erscheinen und dann wieder verschwinden. Dies hätte nur marginale Auswirkungen auf die geistigen Eigentumsrechte des Eigentümers. Es wäre unglaublich schwierig festzustellen, ob jedes Element an Material, das auf dem Service gezeigt wird, urheberrechtlich geschützt ist und, wenn ja, wer Inhaber des jeweiligen Urheberrechts ist. In vielen Fällen kann es vorkommen, dass unterschiedliche Materialien, die unterschiedlichen Urheberrechten mit unterschiedlichen Eigentümern unterliegen, durch ein und denselben Streamer kombiniert werden, was das Identifikationsproblem noch verschärft. Die Forderung an Dienstanbieter, kontinuierlich jeden Winkel ihrer Services zu durchsuchen und Nischenelemente an urheberrechtlich geschützten Inhalten zu identifizieren, ist für OCSSPs eine zu große Belastung. Die zusätzliche Anforderung, Rechteinhaber für jedes dieser Nischenmaterialien zu ermitteln, ist eine noch größere Belastung. Wir begrüßen daher die Gelegenheit, der deutschen Bundesregierung unsere Ansichten zur Umsetzung von Artikel 17 darzulegen und die konstruktiven und innovativen Lösungen der CDU in ihrem „Kompromiss zum Urheberrecht“ zu ergänzen. Wir haben den langen Weg von einem 4- köpfigen Start-up zu einem ausgereiften Live-Streaming-Service zurückgelegt. Zudem haben wir viel Zeit aufgewendet und Überlegungen dazu angestellt, wie sich Artikel 17 auf unser Unternehmen und die florierende kreative Community in der EU auswirken kann. Daher glauben wir, dass Twitch Fachwissen, Erkenntnisse und technologisches Know-how in den Prozess der Umsetzung von 2
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Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie – Twitch Issues Paper (Twitch Themenpapier) Artikel 17 einbringen kann, damit für Rechteinhaber, Einzelkämpfer, OCSSPs, Streaming-Dienste und andere Beteiligte Rechtssicherheit geschaffen werden kann und die Umsetzung in Fairness erfolgt. Welche Lösungen schlagen wir vor? 1) Klärung der urheberrechtlichen Besitzverhältnisse Wir begrüßen die Vorschläge der CDU, zeitlich begrenzte Inhalte von einer Lizenzgebühr auszunehmen: „Unterhalb einer zeitlichen Grenze sind Uploads von Lizenzgebühren frei.“ Abgesehen von den Schwierigkeiten bei der Identifizierung allen potenziell urheberrechtlich geschützten Materials, das – selbst für nur wenige Sekunden – über einen Dienst wie Twitch gestreamt wird, besteht die größere Schwierigkeit darin, den/die Rechteinhaber dieses urheberrechtlich geschützten Materials zu ermitteln. Viele Rechteinhaber sind nicht allgemein bekannt bzw. werden nicht mit einem bestimmten geistigen Eigentum in Zusammenhang gebracht. Der Inhaber eines urheberrechtlich geschützten Werkes ändert sich während der Dauer des Urheberrechts mehrfach – sei es durch Verkauf, Vererbung, Rückfall, Übertragung oder andere Mechanismen. Jede Anforderung einer Lizenzierung von Rechten setzt voraus, dass der Dienstanbieter weiß, wer der Rechteinhaber ist. Aber Rechtebesitz ist ein sehr komplexes Thema, bei dem ständig Änderungen auftreten. Es kann nicht allein in der Verantwortung des Dienstes liegen, für jeden gestreamten Inhalt den richtigen Rechteinhaber zu ermitteln. Im Grunde genommen muss jedes System, das urheberrechtlich geschütztes Material erkennen soll, aus zwei Teilen bestehen: (1) ein Verfahren zum Scannen der auf dem Dienst bereitgestellten Inhalte und zum Erkennen von urheberrechtlich geschützten Inhalten und (2) ein zuverlässiges Repositorium von urheberrechtlich geschütztem Material, mit dem das vom Streaming-Dienst auf seinem Dienst gefundene Material verglichen werden kann. Der Ausschluss zeitlich begrenzter Inhalte reduziert das Ausmaß dieses Problems, jedoch ist, um die Vorschläge der CDU praktisch umzusetzen, für „gespeicherte“ Inhalte dieses zuverlässige Repositorium erforderlich, sodass das auf dem Dienst erscheinende urheberrechtlich geschützte Material als Eigentum des Rechteinhabers erkannt werden kann, um es, falls erforderlich oder vom Rechteinhaber bevorzugt, lizenzieren, oder andernfalls entfernen zu können. Dieses „Rechteinhaber-Repositorium“ stellt eine große technologische Herausforderung dar, und ein möglicherweise noch größeres Problem auf der Ebene der Betriebsabläufe. Hierfür wären Standardformate, Katalogisierung, Identifikatoren und Spezifikationen erforderlich, damit das Rechteinhaber-Repositorium im Zusammenhang mit einer Reihe von verschiedenen, von der Branche entwickelten Identifikationssystemen nutzbar wird, und dies für unzählige verschiedene Arten von urheberrechtlich geschützten Inhalten. Für das Rechteinhaber-Repositorium müssten Beiträge an Quellmaterial seitens der Rechteinhaber obligatorisch werden, und es müsste für alle Zukunft fortwährend aktualisiert werden, sobald neue Inhalte erstellt werden, und auch für die Berücksichtigung von Eigentumsübertragungen. In diesem System wäre auch ein Streitbeilegungsverfahren für Streitfälle über das Eigentum an Rechten erforderlich. Das Rechteinhaber-Repositorium sollte von einer unabhängigen, staatlich geförderten Einrichtung erstellt und gepflegt werden, um Folgendes sicherzustellen: (1) seinen ununterbrochenen Betrieb, (2) die Validierung der Eigentumsansprüche der Rechteinhaber und (3) gemeinsame Normen und gleiche Wettbewerbsbedingungen für große und kleine Rechteinhaber sowie für große und kleine Streaming- Dienste. Die Anforderungen des Artikels 17, in Bezug auf urheberrechtlich geschützte Inhalte „alle Anstrengungen“ zu unternehmen, sollten erst dann anwendbar sein, wenn diese im Rechteinhaber- Repositorium auffindbar sind. Nur so können faire Behandlung und angemessene Rechenschaftspflicht aller Beteiligten gewährleistet werden. 3
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Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie – Twitch Issues Paper (Twitch Themenpapier) Unserer Meinung nach muss die Umsetzung von Artikel 17 mit der Bewältigung der Probleme bei der Identifizierung von Rechteinhabern einhergehen. Dies sollte idealerweise auf europäischer Ebene angegangen werden. Weitere technische Informationen zum vorgeschlagenen Rechteinhaber-Repositorium sind im „Anhang Technische Lösungen“ beigefügt. 2) „Best efforts“ („Alle Anstrengungen“) und Filtertechnologie Selbst nach der Einführung und Nutzbarkeit des Rechteinhaber-Repositoriums muss Gesetzgebern, die Artikel 17 anwenden, klar sein, dass die Abgleich- und Filtertechnologie derzeit unvollkommen ist (insbesondere bei Live-Video und anderen zeitlich begrenzten Inhalten), und dass erhebliche technologische Fortschritte erforderlich sind, um die unzähligen Arten von urheberrechtlich geschützten Inhalten zu erkennen, die online üblicherweise zu finden sind. Die Verpflichtungen zur Identifizierung und Lizenzierung von Inhalten bzw. zur Gewährleistung der Nichtverfügbarkeit von nicht lizenzierten Inhalten müssen diese technologische Komplexität und den erforderlichen Lernprozess berücksichtigen. Darüber hinaus kann die Entwicklung effektiver Detektionstechnologien für alle Dienstanbieter, einmal abgesehen von den größten unter ihnen, sehr kostenintensiv sein. Die Durchführungsvorschriften sollten eine feste Liste von Kriterien enthalten, anhand derer der Aspekt „Best efforts“ („Alle Anstrengungen“) bewertet wird (und damit über das hinausgehen, was in Erwägungsgrund 66 der Richtlinie vorgesehen ist). Diese Liste der Kriterien für den Aspekt „alle Anstrengungen“ sollte konkrete Anhaltspunkte dafür liefern, wie hoch die Investitionen in Forschung und technologische Entwicklungen sein müssen, um die Forderung „alle Anstrengungen“ zu erfüllen. Wenn die Vorschläge der CDU zur Vermeidung von Upload-Filtern nicht befolgt werden, muss außerdem zu angemessenen Bedingungen eine Art von Abgleich-/Filtertechnologie verfügbar gemacht werden, um kleineren OCSSPs die Einhaltung des Gesetzes zu ermöglichen, damit die Kosten für die Entwicklung einer solchen Technologie nicht als Wettbewerbshindernis wirken. Dies ist ein weiterer Bereich, in dem die Schaffung einer Handlungsfähigkeit von staatlicher Seite her als Voraussetzung gegeben sein sollte, bevor die Umsetzung der Rechtsvorschriften nach Artikel 17 in Kraft tritt. Darüber hinaus sind wir der festen Überzeugung, dass andere wichtige Faktoren – wie beispielsweise das Prinzip der Verhältnismäßigkeit der Kosten, die geografische Verteilung des Publikums eines Dienstes (Prozentsatz der EU-Zuschauer im Vergleich zu weltweiten Zahlen) und die Gesamtgröße eines Dienstes (Umsatz, Anzahl der Nutzer, Menge der hochgeladenen Inhalte) – bei der Bewertung des Aspekts „alle Anstrengungen“ berücksichtigt werden sollten. 3) Alternativen zu einer Audio-/Video-Filterung Artikel 17 wird sich auf viele verschiedene Dienste mit jeweils einzigartigen Merkmalen, Ressourcen und Technologien auswirken, von denen sich jeder bei der Umsetzung einer Universalverpflichtung, nicht lizenzierte Inhalte von seinem Dienst auszuschließen, mit individuellen Herausforderungen konfrontiert sehen wird. Die Durchführungsvorschriften sollten auch die Entwicklung von Alternativen zu teuren und technologisch nicht ausgereiften Audio-/Video-Filtertechnologien fördern, damit unterschiedliche Dienste die Vorgaben entsprechend ihren jeweiligen technologischen Merkmalen und in wirtschaftlich angemessener Weise befolgen können. So ist beispielsweise das Abgleichen und Filtern über die Stichwortsuche derzeit verfügbar und technologisch weniger komplex – und damit wesentlich kostengünstiger als das Filtern von Audio- /Videodateien während des Live-Streamens. Daher schlagen wir vor, dass der Abgleich über 4
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Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie – Twitch Issues Paper (Twitch Themenpapier) Stichwortsuche dem Kriterium „alle Anstrengungen“ genügen sollte und als „geeignetes und wirksames Mittel“ zur Gewährleistung der Nichtverfügbarkeit urheberrechtlich geschützter Werke bezeichnet werden sollte. (Natürlich könnten Benutzer immer noch urheberrechtlich geschütztes Material unter einer anderen Bezeichnung hochladen, um eine Erkennung zu verhindern, aber dies würde auch verhindern, dass die Inhalte gesucht und gefunden werden, und somit die Zuschauerzahlen und den Umfang der Rechteverletzung drastisch reduzieren.) Letztlich ist es von größter Bedeutung, zu verstehen, dass Verwendung nach dem Grundsatz „Fair Use“ und andere rechtliche Ausnahmen von tatsächlicher Rechtsverletzung bezüglich urheberrechtlich geschützten Materialien nur durch Menschen und nicht von Künstlicher Intelligenz ermittelt werden können, was angesichts der Vielfalt und der enormen Menge an verfügbaren urheberrechtlich geschützten Materialien kein anwendbarer Vorschlag ist. Daher sollten auch andere praktische Alternativen in Betracht gezogen werden, wie zum Beispiel: ● Beschränkung der Verpflichtung des Dienstanbieters zur Lizenzierung von Inhalten auf diejenigen urheberrechtlich geschützten Materialien, von denen der Dienstanbieter vernünftigerweise erwarten kann, dass sie im Rahmen seiner normalen Betriebsabläufe in seinem Service verwendet werden; und ● Eine ausdrückliche Bevollmächtigung der Dienste, sich auf die Endbenutzer-Lizenzverträge zu verlassen, die von den Rechteinhabern als Genehmigung für die Nutzung des geistigen Eigentums dieses Rechteinhabers für Streaming-Dienste veröffentlicht werden. 4) Schaffung fairer und angemessener Lizenzen bei gleichzeitigem Wettbewerbsschutz Wir begrüßen den Fokus auf die Lizenzierung von Inhalten als ersten Schritt im Rahmen des Verfahrens zur Umsetzung von Artikel 17, schlagen aber bestimmte Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz des Wettbewerbs, der durch die Pflicht verzerrt werden könnte, vor. Die Durchführungsvorschriften zu Artikel 17 sollten Normen und Anforderungen für „faire“ Lizenzbedingungen festlegen. Wenn die von den Rechteinhabern geforderten Lizenzbedingungen aus dem Rahmen der Grenzen für „faire“ Lizenzen fallen, sollte ein Haftungsausschluss eintreten. Andernfalls werden kleine Dienstanbieter nicht in der Lage sein, mit größeren Dienstanbietern, die es sich leisten können, mehr für spezifische Lizenzrechte zu bezahlen, zu konkurrieren, wodurch kleinere Dienste im Wettbewerb um Inhalte und Nutzer geschwächt werden. Die Erwägungsgründe der Urheberrechtsrichtlinie sehen vor, dass Lizenzvereinbarungen fair sein und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen beiden Parteien wahren müssen. Wir empfehlen der deutschen Bundesregierung, Begriffe wie Fairness, Angemessenheit und Ausgewogenheit zwischen Diensten und Rechteinhabern in die Durchführungsvorschriften mit aufzunehmen. Dieser Ansatz sollte über ein abgestuftes System angewendet werden – entsprechend der Größe und dem Geschäftsmodell des Dienstes – und gleichzeitig sollte anerkannt werden, dass viele Rechteinhaber bereit sind, ihre Inhalte aufgrund des daraus resultierenden Werbewertes der Nutzung durch Streamer kostenlos zu lizenzieren. 5) Pflicht zur Entfernung Die Richtlinie in der angenommenen Form macht keine Angaben dazu, ob der Umfang der Pflicht zur Entfernung über Werke, auf die speziell hingewiesen wird, hinausgehen sollte. Da es auf EU-Ebene in dieser Hinsicht keine allgemein übliche Praxis gibt, schlagen wir vor, dass die Pflicht zur Entfernung nur für (a) künftige Verstöße gegen ein und dasselbe spezifische Werk und (b) Verstöße desselben Nutzers gegen die gleiche Kategorie von Werken gelten soll. 5
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Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie – Twitch Issues Paper (Twitch Themenpapier) Fazit Twitch hat den Wunsch, mit der deutschen Bundesregierung zusammenzuarbeiten, um die rechtzeitige und praktikable Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie für alle Beteiligten zu erleichtern. In diesem Zusammenhang schlagen wir vor, einige äußerst wichtige Aspekte des Artikels näher zu klären: ● Definition des Begriffs „alle Anstrengungen“ zum Erhalt der Genehmigung zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte und zur Gewährleistung, dass nicht-lizenzierte urheberrechtlich geschützte Inhalte nicht gezeigt werden; ● Einrichtung eines EU-weiten Rechteinhaber-Repositoriums, das die Machbarkeit von Lizenzierung und Blockierung durch die betroffenen Dienste unterstützt; ● ein faires und angemessenes Lizenzsystem und ● mögliche Alternativen zu Upload-Filtern. Wir haben uns zudem bemüht, die wichtige Rolle hervorzuheben, die die deutsche Bundesregierung, die EU und die Mitgliedstaaten spielen können, wenn es um die unabhängige Verfügung der Normen und Schaffung der grundlegenden Elemente geht, die für ein funktionierendes Lizenz- und Erkennungssystem erforderlich sind. Wir hoffen, dass die vorgestellten Lösungen hilfreich sind und einen Eindruck von den praktischen Maßnahmen vermitteln, die erforderlich sind, um eine zeitnahe, praktikable Umsetzung der Richtlinie durch alle Beteiligten zu gewährleisten. Für Fragen zu diesem Papier stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und freuen uns auf einen lösungsorientierten Dialog mit Ihnen. 6
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Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie – Twitch Issues Paper (Twitch Themenpapier) Anhang: Technische Lösungen Lösung 1 Rechteinhaber-Repositorium (RR)- Allgemeines RR-Verwaltung RR – Inhaltserkennung/Fingerabdruck RR-Strittigkeiten Offene Fragen Identifizierung von urheberrechtlich geschütztem Material Die uneingeschränkte Zusammenarbeit von Rechteinhabern und staatlichen Stellen mit Hosting-Diensten für Online- Inhalte ist für eine erfolgreiche, kostengünstige und diskriminierungsfreie Umsetzung der Richtlinie dringend erforderlich. Unserer Meinung nach liegt der effizienteste Weg zur Erreichung einer solchen Zusammenarbeit in der Schaffung einer hochentwickelten Datenbank, die wir „Rechteinhaber- Repositorium“ („Rightsholder Repository“) für Inhalte nennen. Diese soll die Möglichkeit geben, urheberrechtlich geschütztes Material in den folgenden nicht erschöpfend aufgezählten Kategorien zu identifizieren: Audio, Video, Live- Entertainment, schriftliches Material, Fotografie und digitale Kunst. Die Inhalte müssen von den Rechteinhabern bereitgestellt, organisiert und gekennzeichnet werden. Das Repositorium muss alle potenziell anfallenden Arten von Medien katalogisieren, z. B. Darstellungen von Künstlern, Sportlerbilder, Landschaftsfotos, aktuell umstrittene Backkatalog-Musik, nicht-musikalische Audioaufnahmen usw. Das RR muss es OCSSPs ermöglichen, lizenzierte und nicht lizenzierte Materialien zu unterscheiden. Dazu wird ist eine interne Schnittstelle zur für die Verwaltung von lizenzierter Materialien erforderlich sein. Interne Benutzer sollten in der Lage sein, lizenzierte Inhalte, die zulässige Nutzung und die Geltungsdauer der Lizenz zu ermitteln. Jedes Inhaltselement sollte eine gebräuchliche digitale Signatur aufweisen, die allgemein als „Fingerabdruck“ bezeichnet wird. Mit deren Hilfe ist es möglich, Inhalte zu identifizieren und abzugleichen, wenn sie beispielsweise während einer Live-Übertragung verwendet werden. Das System muss in der Lage sein, Streitigkeiten über das Eigentum an Rechten zu regeln und zu moderieren, da beispielsweise durch ein Video mehrere unterschiedliche Rechte betroffen sein können. - Der Aufwand, der erforderlich ist, um ein Verzeichnissystem für eine unendliche Anzahl von Audio-, Video- und unbeweglichen Bildmaterialien aufrechtzuerhalten, ist von enormer Komplexität. - Der Speicherbedarf für den RR ist immens. - Besitzverhältnisse ändern sich ständig und sind je nach Region unterschiedlich aufgebaut. Es wird unweigerlich zu Streitfällen kommen, und dies führt zu schwierigen und aufwendigen Schlichtungsvorgängen. 7
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Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie – Twitch Issues Paper (Twitch Themenpapier) Die „Fingerabdruck“-Technologie ist in ihrer Entwicklung noch nicht weit genug fortgeschritten und es wird schwierig werden, wenn Medien und Inhalte gemischt werden. - Spezifische Anmerkungen im Hinblick auf die Vorbereitung der Durchführungsrichtlinien Lösung 2 - Im Idealfall sollten die Regierungen der EU-Länder oder eine Einrichtung der EU Verwalter des „Rechteinhaber- Repositoriums“ sein. - Die Kosten für dessen Erstellung und Pflege sollten durch Beiträge von OCSSPs, Rechteinhabern und Regierungen getragen werden. - OCSSP-Beiträge sollten auf der Grundlage von Proportionalitätskriterien berechnet werden, z. B. Geografie, Größe des Publikums, Einnahmen, Anzahl der Nutzer, Menge der hochgeladenen Inhalte. - Bevorzugte Normen für die digitale Signatur je nach Art von Inhalt sollten in den Richtlinien vorgeschrieben werden, damit eine gemeinsame Norm von allen Beteiligten und von Systemen, die unter Berücksichtigung dieser Anforderungen entwickelt werden, eingehalten werden können. - Die allgemeinen Grundsätze des Streitbeilegungsverfahrens sollten in den Leitlinien dargelegt werden. Verwaltung der Lizenzen und Genehmigungen durch die jeweiligen Rechteinhaber Rights Holder Management (RHM) Um in den Genuss der ihnen durch Artikel 17 entstehenden Vorteile zu kommen, müssen die Rechteinhaber verpflichtet / Rechteinhaber-Verwaltung – werden, ihre urheberrechtlich geschützten Materialien zur Aufnahme RHM – Tracking RHM – Nutzerregistrierung RHM – RR-Schnittstelle für aufgenommene Inhalte Aufnahme in das RR vorzulegen. Damit dies durchführbar ist, muss das RR in der Lage sein, große Mengen an Inhalten von Rechteinhabern, und dies in sämtlichen Formaten auf allen Arten von Medien, aufzunehmen. Rechteinhaber registrieren Meldungen bezüglich Entfernung („Notice and Take-Down“-Verfahren). Das RR muss die Meldungen abgleichen, um erneut auftretende und zukünftige Nutzung zu verhindern. Dies dient auch der Protokollierung der Tatsache, dass der Online-Dienst Maßnahmen ergriffen hat. Nutzer benötigen eine Schnittstelle, um Rechte auf Inhalte anzumelden und sich zu identifizieren. Rechteinhaber müssen ein Registrierungsverfahren durchlaufen. Rechteinhaber müssen über die Möglichkeit der Interaktion mit ihren aufgenommenen Inhalten verfügen. Es muss die Möglichkeit geben, Inhalte zu suchen, anzusehen, Rechte darauf anzumelden und sie freizugeben. 8
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Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie – Twitch Issues Paper (Twitch Themenpapier) RHM – Berichte Streamer Rights Interface (SRI) / Streamer Rechte-Schnittstelle – Streamer-Rechtsansprüche SRI – Counter Signature / Gegenzeichnung SRI – Sonstiges Lösung 3 Live Detection (LiD) / Live- Erkennung – Audio LiD – Video LiD – Bildmaterial LiD – Layering LiD – „Fingerabdruck“ LiD – Abgleichung LiD – Technologien, die über das Fingerabdruck-Verfahren hinausgehen RHM muss die Möglichkeit bieten, dass die Hosts „Informationen über die Nutzung“ von Inhalten mit dem Inhaltseigentümer teilen können. Einzelheiten zu den Berichten sollten noch genauer ausgearbeitet werden, doch sie müssen Elemente wie Entfernungsvorgänge nach Zeiträumen und jeweiligen Inhalten aufführen. Eine Schnittstelle, über die Streamer Rechte für das Streamen bestimmter Inhalte geltend machen können. Die Möglichkeit, eine Zugriffsberechtigung nachzuweisen, mithilfe eines Tools, das einer „Gegenzeichnung“ durch den Rechteinhaber entspricht. Die Schnittstelle sollte Windowing sowie potenzielle Analyseberichte für Streamer in Bezug auf das Engagement unterstützen, die über das hinausgehen, was bereits verfügbar ist. Auffindung von urheberrechtlich geschütztem Material Die Möglichkeit zur Erkennung von Audio-Inhalten wie z. B. Sprechdarbietungen oder Musik. Die Möglichkeit zur Erkennung von Video-Inhalten wie z. B. Sportveranstaltungen, Fernsehsendungen oder Filme. Solche Medien werden potenziell direkt von einer Ausstrahlung gestreamt oder unter Verwendung einer Desktop-Kamera später erneut gestreamt. Die Möglichkeit zur Erkennung von Bildmaterial wie z. B. Illustrationen, Poster oder Skulpturen. Der Erkennungsmechanismus muss in der Lage sein, verschiedene Inhaltsebenen innerhalb eines einzigen Streams zu trennen und zu erkennen, damit die verschiedenen Schichten von Medien herausgefiltert werden können (z. B. Gespräche über Musik oder Videos, in Videos enthaltene Illustrationen, Gespräche über einen Film und/oder Sport usw.). Es ist nicht ganz klar, ob es sich hierbei um eine effektive Strategie zur Identifizierung von Inhalten handelt. Sobald der Inhalt identifiziert wurde, muss ein Fingerabdruck erstellt werden. Die Möglichkeit, einen Livestream-Fingerabdruck bzw. mehrere Livestream-Fingerabdrücke mit dem RR- Fingerabdruck abzugleichen. Pro Medientyp kann es mehrere Fingerabdrücke für einen bestimmten Stream geben. Es sollten Technologien in Betracht gezogen werden, die über die heute verfügbaren Methoden zur Inhaltserkennung hinausgehen. Dies wird einen großen Teil der fortlaufenden Anstrengungen im Zusammenhang mit diesem gesamten System ausmachen. 9
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Umsetzung von Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie – Twitch Issues Paper (Twitch Themenpapier) LiD – Entwicklung LiD – Menschen & Maschinen LiD – Tracking Offene Fragen Das Erkennungssystem muss sich auf nicht allgemein bekannte Weise weiterentwickeln, da Streamer und andere Beteiligte ansonsten Wege finden, die Erkennung zu umgehen. Die Erkennung muss zunehmend an Komplexität gewinnen, vermutlich mit einer Kombination aus dem Einsatz von Maschinen und Menschen, damit die Erkennungs- und Abgleich-Vorgänge weiterentwickelt werden. Entwicklung von erkennungsbasiertem Tracking zur Unterstützung der RHM – Berichte. - Die Technologien zur Erkennung unterschiedlicher Arten und Quellen von Inhalten innerhalb eines Audio-/Video- Streams sind noch ungenau und in der Entwicklung begriffen. - Die Technologie, die für den Abgleich einer unermesslichen Zahl an potenziellen urheberrechtlich geschützten Objekten (mehr als 1 Mrd.) mit Millionen von Live-Streams erforderlich ist, ist aktuell nicht umsetzbar, ohne einen wirtschaftlich nicht vertretbaren Betrag für die Kosten der Datenverarbeitung aufzuwenden. - Angesichts der technologischen Unzulänglichkeiten müssen die Hosts der Inhalte entscheiden, wie aggressiv sie vorgehen und gleichzeitig das Risiko von Rechtsstreitigkeiten oder Bußgeldern händeln. Dies wird möglicherweise die gesamte „Fair Use“ und lizenzierte Nutzung von Materialien auf ihren OCSSPs kannibalisieren ruinieren. Die Kommission sollte festlegen, dass die Befolgung der Maßgabe zu der vorgeschriebenen Erkennungstechnologie das Kriterium „alle Anstrengungen“ erfüllt. Beispiele: Musik kombiniert mit Sportkommentaren oder Spiele-Sound; Videospieler, die lizenzierte Spiele mit physisch existierender Kunst oder eigener elektronischer Musik streamen. 10
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