Umweltbericht der Bundesregierung 2019

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Umweltzustandsbericht des Umweltbundesamt (UBA) nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG)

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Umweltbericht der Bundesregierung 2019 (Umweltzustandsbericht gemäß § 11 Umweltinformationsgesetz ) Umwelt und Natur als Fundament des sozialen Zusammenhaltes 1
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I.     Inhaltsverzeichnis Inhalt I.   Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................... 2 II. Einleitung: Intakte Umwelt- und Natur als Grundlage für Freiheit, Demokratie und sozialen Zusammenhalt .............................................................................................................. 4 A.   Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ....................................................................... 23 A.1   Gewässer .................................................................................................................... 23 A.1.1    Bewirtschaftung der Binnen- und Küstengewässer............................................ 24 A.1.2    Leben am Wasser: Hochwasserschutz ............................................................... 33 A.1.3    Fracking .............................................................................................................. 35 A.1.4    Meeresschutz und Fischerei ............................................................................... 36 A.1.5    Internationale Zusammenarbeit und globale Wasserpolitik ............................... 42 A.2   Boden ......................................................................................................................... 47 A.2.1    Bodenschutz, Altlasten ....................................................................................... 47 A.2.2 Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungs - und Verkehrszwecke – „Flächenverbrauch“ ............................................................ 55 A.3   Luft ........................................................................................................................... 61 A.4   Biodiversität ........................................................................................................... 68 A.4.1    Schutz von Arten, Lebensräumen und genetischen Ressourcen ........................ 74 A.4.2    Nachhaltige Nutzung .......................................................................................... 82 A.4.3    Internationale Biodiversitätspolitik .................................................................... 95 B.   Klimawandel, Klimaschutz und Energiewende ............................................................... 99 B.1   Klimawandel .............................................................................................................. 99 B.1.1    Klima als natürliche Lebensgrundlage ............................................................... 99 B.1.2    Stand der globalen Klimaveränderung ............................................................... 99 B.2   Klimaschutz ............................................................................................................. 101 B.2.1    Entwicklung der Emissionen in Deutschland ................................................... 101 B.2.2    Umgesetzte Maßnahmen auf Bundesebene ...................................................... 103 B.2.3    Europäische und internationale Klimaschutzpolitik ........................................ 123 B.3   Anpassung an den Klimawandel ............................................................................. 131 B.3.1    Klimaveränderungen und Klimafolgen ............................................................ 131 B.3.2    Die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) ..................... 135 B.3.3 Von der Forschung zur Umsetzung – Maßnahmen der Bundesregierung zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels ................................................................. 137 2
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C.   Umwelt und Wirtschaft .................................................................................................. 143 C.1 Green Economy – Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Finanz- und Wirtschaftssystem .............................................................................................................. 143 C.2   Ressourceneffizientes Wirtschaften ........................................................................ 152 C.3   Nachhaltige Produktion und nachhaltiger Konsum ................................................. 163 C.4   Kreislaufwirtschaft .................................................................................................. 173 C.5   Nachhaltige Stadtentwicklung ................................................................................. 194 C.6   Freizeit, Tourismus und Sport ................................................................................. 210 D.   Umwelt und Verkehr ...................................................................................................... 215 D.1   Mobilität neu denken und gestalten ..................................................................... 217 D.2   Energieverbrauch und Emissionen senken ......................................................... 230 D.3   Erneuerbare Energien im Verkehr und alternative Antriebe ........................... 240 E.   Umweltqualität und Gesundheit ..................................................................................... 246 E.1   Umweltqualität, Sicherheit und Gesundheit ............................................................ 246 E.2   Nachhaltige Chemie und SAICM ............................................................................ 266 F. Rechtgrundlagen des Umweltschutzes und internationale Abkommen, Verträge, Allianzen ................................................................................................................................ 271 F.1   Rechtliche Instrumente des Umweltschutzes .......................................................... 271 F.2   Europäische und internationale Initiativen und Allianzen ...................................... 277 G.   Umwelt und Bürger ........................................................................................................ 296 G.1   Bürgerbeteiligung und Bürgerdialog ....................................................................... 296 G.2   Umweltbildung und Kommunikation ...................................................................... 307 G.3 Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschung: Umweltschutz braucht wissenschaftliche Grundlagen ......................................................................................................................... 317 H.   Ausblick: Umwelt und Natur als Fundament des sozialen Zusammenhaltes ................ 320 I.   Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................. 325 3
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II.    Einleitung: Intakte Umwelt- und Natur als Grundlage für Freiheit, De- mokratie und sozialen Zusammenhalt Natur und Umwelt müssen intakt und die natürlichen Lebensgrundlagen als Funda- ment nachhaltiger Entwicklung gesichert sein, um Armut zu beseitigen und ein Le- ben in Frieden, Freiheit, Demokratie und Würde zu führen. Umweltpolitik ist der Um- setzung der Agenda 2030 verpflichtet und hat die Aufgabe, die natürlichen Lebens- grundlagen für heutige und zukünftige Generationen zu erhalten. Die Tragfähigkeit der Erde und ihrer Ökosysteme stellt die absolut äußere Grenze dar, innerhalb derer die Verwirklichung der politischen Ziele erfolgen muss. Diese Aufgabe umfasst unter anderem Gewässer-, Boden-, Luft-, Lärm-, Natur- und Klimaschutz, und sie ist essentieller Bestandteil des Transformations- und Gestal- tungsauftrags, den sich die internationale Staatengemeinschaft mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung gegeben hat. Dabei liegt der Umweltpolitik der Bundesregierung ein integriertes Verständnis zu- grunde, das heißt, dass sie um ihre Wirkung und Verantwortung auch im Zusam- menspiel mit Gesellschaft und Wirtschaft weiß und dieses Wissen auch aktiv nutzt. In diesem integrierten Verständnis   sorgt Umweltpolitik für das Wohlgehen der Menschen in Bezug auf Gesund- heit, in Bezug auf Ernährungssicherheit und in Bezug auf die Sicherung der Handlungsspielräume bei der Organisation des gesellschaftlichen Zusammen- lebens und Zusammenhalts,   identifiziert Umweltpolitik auch die Kosten, die durch menschliches Handeln und Konsumieren in Form von Klimawandel, Verlust biologischer Vielfalt, Flä- chenverbrauch, Versauerung von Böden, Luftschadstoffe oder Wasserüber- nutzung zu Lasten der Gemeinschaft gehen, und entwickelt im Dialog mit den zentralen gesellschaftlichen Akteuren Maßnahmen, diese Kosten zu vermei- den,   fördert sie die Entwicklung technischer und sozialer Innovationen zur Bewälti- gung der Umweltprobleme und zur Gestaltung der Transformation,   bietet sie Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten. Gesellschaftliche Ver- änderungsprozesse stellen für alle Beteiligten eine große Herausforderung 4
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dar. Die aktive Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Perspektiven und die Einladung zum Gespräch kann zu neuen Lösungswegen führen, um den notwendigen Transformationsprozess voranzubringen. Deutschland verfolgt diesen Weg vor dem Hintergrund einer bemerkenswerten Er- folgsgeschichte seiner Umweltpolitik. Seit den Anfängen der Umweltschutzaktivitäten zu Beginn der 1970er Jahre, in denen man mit Sommer- und Wintersmogs sowie vergifteten Böden und Gewässern zu kämpfen hatte, konnte mittlerweile in vielen Bereichen ein hohes Schutzniveau für Umwelt und Gesundheit erreicht werden. Da- bei spielt auch das nach wie vor hohe Umweltbewusstsein in Deutschland eine zent- rale Rolle. Eine anspruchsvolle Umweltpolitik mit effektiven Umweltgesetzen und kompetenten Umweltverwaltungen findet in der Bevölkerung breite Zustimmung. Das Erreichte gibt aber keinen Anlass, sich auszuruhen, sondern muss Ansporn sein: Klimawandel, der Verlust der biologischen Vielfalt, Luftschadstoffe an vielbefah- renen Straßen, der Eintrag reaktiver Stickstoffverbindungen in die Umwelt, Mikro- plastik und die Übernutzung natürlicher und nicht-regenerativer Ressourcen stellen die Gesellschaft national wie international vor enorme Herausforderungen. Umweltpolitik stellt sich diesen Herausforderungen. Die Bundesregierung strebt da- bei tragfähige und nachhaltige Ergebnisse auf wissensbasierter Grundlage an und gestaltet multilaterale umweltpolitische Prozesse vorausschauend mit. National bereitet die Bundesregierung beispielsweise ein Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des „Klimaschutzplans 2050“ vor, in dem Maßnahmen bis zum Jahr 2030 festgelegt werden, um die nationalen und internationalen Verpflichtungen im Klimaschutz einzuhalten. Dazu zählen auch klimafreundlichere Lösungen für den Verkehrsbereich: Gehen Umwelt- und Verkehrspolitik Hand in Hand, wird Mobilität für alle ermöglicht und deutlich umweltverträglicher gestaltet. Wir wollen Verkehr nicht nur umwelt- und kli- mafreundlich, sondern auch gesundheitsverträglich gestalten. Der Umweltbericht der Bundesregierung – Umweltzustands- bericht Mit dem Umweltbericht 2019 informiert die Bundesregierung gemäß § 11 des Um- weltinformationsgesetzes über den aktuellen Zustand der Umwelt im Bundesgebiet. Der Bericht erläutert die wichtigsten umweltpolitischen Maßnahmen der letzten vier 5
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Jahre und geht auf aktuelle Umweltprobleme und umweltpolitische Herausforderun- gen der laufenden Legislaturperiode ein. Die dargestellten Maßnahmen liegen in der Verantwortung der jeweils zuständigen Ressorts und werden von diesen im Rahmen der geltenden Haushalts- und Finanzplanungsansätze (einschließlich Stellen/Plan- stellen) finanziert. Informationen zum Zustand der Umwelt unterliegen stetigen Veränderungen. Detail- lierte Darstellungen zur Entwicklung einzelner Parameter sind daher nicht Gegen- stand des Berichts. Hierzu liefert das UBA mit den „Daten zur Umwelt – Umweltzu- stand in Deutschland“ eine umfassende Gesamtschau, die regelmäßig aktualisiert wird. Für den Naturschutzbereich veröffentlicht das BfN die „Daten zur Natur“, zuletzt im September 2016. Zudem erscheint alle zwei Jahre der Indikatorenbericht zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie beim StBA, zuletzt 2018. www.umweltbundesamt.de/daten www.bfn.de/infothek/daten-fakten.html www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft- Umwelt/Nachhaltigkeitsindikatoren/_inhalt.html Der vorliegende Umweltbericht gliedert sich in die Kapitel: A Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen B Klimawandel, Klimaschutz und Klimaanpassung C Umwelt und Wirtschaft D Umwelt und Verkehr E Umweltqualität und Gesundheit F Rechtgrundlagen des Umweltschutzes und internationale Abkommen, Verträge, Allianzen G Umwelt und Bürgerinnen und Bürger H Ausblick: Natur und Umwelt als Fundament für den sozialen Zusammenhalt Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen [↗ Kapitel A] Wasser ist eine unserer wichtigsten Ressourcen, die wir besonders schützen müs- sen. Das betrifft Grundwasser und Oberflächengewässer in ihren unterschiedlichen 6
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Funktionen (zum Beispiel Trinkwassergewinnung, natürlicher Lebensraum, Erho- lungsraum sowie Verkehrsadern), und schließt auch die Ökosysteme ein, die für die nachhaltige Verfügbarkeit von Wasser bedeutsam sind. So wird das Hoch- und Nied- rigwasserrisikomanagement zu einer ernst zu nehmenden Herausforderung des Kli- mawandels. Der niedrige Wasserstand des Rheins im Jahr 2018 und die Dürre in den Sommermonaten mit den Folgen für Menschen, Natur und Wirtschaft sind zwei aktuelle Beispiele, die die Bedeutung eines Hoch- und Niedrigwasserrisikomanage- ments deutlich machen. Die Gewässerschutzpolitik schützt Lebensräume in und an den Gewässern. Bei den Oberflächengewässern erreichen im aktuellen Bewirtschaftungszeitraum der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) nur 8,2 Prozent der etwa 9.800 Was- serkörper insgesamt einen „sehr guten“ oder „guten“ ökologischen Zustand. Die Ur- sachen für die Zielverfehlungen beim ökologischen Zustand sind Veränderungen der natürlichen Gewässer- und Uferstrukturen sowie unter anderem hohe Stickstoff- und Phosphoreinträge. 36 Prozent der Grundwasserkörper unter allen Landnutzungen sind in einem schlechten chemischen Zustand. Bei rund 27 Prozent der Grundwas- serkörper wird die Qualitätsnorm für Nitrat überschritten. Dies ist im Wesentlichen auf Nitrateinträge aus landwirtschaftlich genutzten Flächen und in urbanen Gebieten auf undichte Abwasserleitungen zurückzuführen. Bei Schutz und Nutzung der Gewässer stehen unterschiedliche Ansprüche immer in Konkurrenz zueinander. Flüsse, Seen und Meere sind nicht nur Lebensräume für vielfältige Tiere und Pflanzen sowie wichtige Erholungsgebiete, sondern auch be- deutsame Wirtschaftsräume. Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) regelt die Grundla- gen für die Gewässerbewirtschaftung zum Beispiel in Bezug auf die Benutzung, die Wassergüte oder den Hochwasserschutz. Menschen und Wirtschaft vor den Folgen von Hochwasserereignissen durch vorsor- gende Maßnahmen im Sinne der europäischen Hochwasserrisikomanagement- Richtlinie zu schützen, bleibt eine Daueraufgabe. Wenn die Projekte überregional wirksam sind und den Flüssen mehr Raum geben, unterstützt der Bund die zuständi- gen Länder in erheblichem Umfang auch finanziell. Die Europäische Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) sieht vor, bis 2020 einen guten Zustand der Meeresumwelt zu erreichen. Um ein hohes Schutzniveau in unse- 7
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ren Meeren zu erreichen müssen Nutzungen ökologisch nachhaltig ausgerichtet wer- den. Unter anderem müssen negative Auswirkungen der Meeresfischerei auf die Umwelt auf ein Mindestmaß reduziert werden. Auch die Nährstoff- und Mülleinträge müssen so weit wie möglich verringert werden. Der Boden ist eine überlebenswichtige, zugleich aber auch begrenzte Ressource. So fordern die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen nicht nur die Bekämpfung der Wüstenbildung und anderer Verschlechterungen des Bodens, sondern auch die Sanierung geschädigter Böden. Böden alter Industrie- und Gewerbeflächen und Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt oder gelagert wurden, können so verschmutzt sein, dass sie die Gesundheit und die Umwelt ge- fährden. Am Zustand der Böden zeigt sich, dass in den letzten Jahren deutlich weni- ger der bereits länger bekannten Schadstoffe wie Schwermetalle, Dioxine, polyzykli- sche aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und polychlorierte Biphenyle (PCB) in die Umwelt gelangt sind. Ziel ist, den Boden in einem guten Zustand zu erhalten, also Schadstoffanreicherungen, Verdichtungen und Verluste durch Überbauung und Erosion zu verhindern. Fläche ist – wie auch der Boden – eine endliche Ressource, mit der der Mensch sparsam umgehen muss, um sich seine Lebensgrundlagen zu erhalten. Auch wenn sich der Flächenverbrauch für Siedlung und Verkehr in den letzten Jahren mit er- kennbarem Trend abgeschwächt hat, besteht kein Grund zur Entwarnung. Im Ge- genteil: der aktuelle Bedarf an neuem Wohnraum stellt für das Flächenmanagement eine besondere Herausforderung dar. Denn Ziel der Nachhaltigkeitspolitik der Bun- desregierung ist es seit langem, den Flächenverbrauch zu reduzieren. Bis zum Jahr 2030 soll der Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche von täglich 58 Hektar (2017) auf unter 30 Hektar reduziert werden. Bis 2050 strebt die Bundesregierung im Klimaschutzplan 2050 gar das Flächenverbrauchsziel Netto-Null (Flächenkreislauf- wirtschaft) an. In der Zusammenschau von Boden und Fläche gewinnt das globale Nachhaltigkeitsziel (SDG) 15 einer „land degradation neutral world“ besondere Be- deutung. Laut WHO und UN-Umweltprogramm (UN Environment) ist die Luftverschmutzung global nach wie vor die größte umweltbedingte Gesundheitsgefahr. Die qualitative Verbesserung der Luft ist daher seit Jahrzehnten ein wichtiges Anliegen der Bun- desregierung. In Deutschland und Europa haben Luftschadstoffemissionen in den 8
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letzten Jahrzehnten abgenommen. Beispielsweise wurden geregelte Katalysatoren oder Partikelfilter in Pkw und Nutzfahrzeugen geführt und Emissionen von Schwefel- dioxid aus Kohlekraftwerken vermindert. Dennoch bewirken Luftverunreinigungen auch hier noch immer erhebliche gesundheitliche, ökologische und ökonomische Schäden. Besonders Feinstaub, Ozon, Stickstoffoxide und Ammoniak belasten die Luft. Beispielsweise schädigt Stickstoffdioxid (NO2) das Schleimhautgewebe im ge- samten Atemwegstrakt und reizt die Augen. Durch die dabei auftretenden Entzün- dungsreaktionen verstärkt es die Reizwirkung anderer Luftschadstoffe. Es ist ein Rückgang der Stickstoffdioxidkonzentration zu verzeichnen; allerdings registrieren zahlreiche verkehrsnahe Messstationen noch immer Überschreitungen des Jahres- mittelgrenzwertes. Die hohe Belastung an diesen Stationen wird vor allem durch die N02-Emissionen von Diesel-Pkw verursacht. Der Verlust von Arten und Lebensräumen ist neben dem Klimawandel die zweite wichtige Herausforderung unserer Zeit. Der Mensch hat in den vergangenen Jahr- zehnten einen enormen Abwärtstrend der biologischen Vielfalt eingeleitet und ge- fährdet damit auch seine eigenen natürlichen Lebensgrundlagen. Um den ganzen Reichtum der Natur bewahren und die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme sicherstel- len zu können, ist nicht nur der Rückgang bestimmter Arten, sondern der Rückgang der biologischen Vielfalt insgesamt zu stoppen. Die internationale Basis hierfür bildet das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diver- sity, CBD). Es zielt darauf ab, die biologische Vielfalt zu erhalten, nachhaltig zu nut- zen und den Zugang zu genetischen Ressourcen und die gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zu gewährleisten (Access and Benefit Sharing – ABS). Die klassischen Instrumente des Naturschutzes wie die Erhaltung schutzbedürftiger Arten durch spezielle Artenhilfsprogramme und die Ausweisung von Schutzgebieten haben sich bewährt und sollen weiterhin Anwendung finden. Aber auch eine nach- haltige, naturnahe Nutzung erhält und fördert die biologische Vielfalt. Das betrifft be- sonders die Landwirtschaft, die mehr als die Hälfte und die Forstwirtschaft, die rund ein Drittel der Bodenfläche Deutschlands nutzen. Durch eine nachhaltige Bewirt- schaftung sollen gemäß der Waldstrategie 2020 standortgerechte, vitale, an den Kli- 9
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mawandel anpassungsfähige Wälder mit überwiegend heimischen Baumarten erhal- ten und weiterentwickelt werden. Naturnähe, Stabilität und Vielfalt der Wälder sollen deutlich zunehmen. Die landwirtschaftliche Nutzung hat sich seit etwa den 1950er Jahren stetig intensi- viert und die Effizienz der Produktion gesteigert. So verengten sich Fruchtfolgen und der großflächige Anbau konzentrierte sich häufig auf wenige Nutzpflanzenarten. Dadurch gingen für wildlebende Pflanzen- und Tierarten unverzichtbare Lebens- räume wie zum Beispiel blütenreiche Wiesen verloren. Der Stickstoffeintrag aus der Landwirtschaft in die Umwelt trägt maßgeblich zur Eutrophierung und Versauerung von Ökosystemen und zum Verlust der biologischen Vielfalt bei. Für den Zeitraum 2028 bis 2032 soll der Stickstoffüberschuss im Mittel auf 70 Kilogramm/Hektar land- wirtschaftlicher Nutzfläche und Jahr reduziert werden. Der Ökolandbau soll bis zum Jahr 2030 einen Flächenanteil von 20 Prozent an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche erreichen. Eine Verbesserung der gegenwärtigen Situation hängt auch wesentlich davon ab, wie die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) künftig ausge- staltet wird. Klimawandel, Klimaschutz und Klimaanpassung [↗ Kapitel B] Der Klimawandel kommt nicht erst – die Erderwärmung ist längst im Gange. Die fünf heißesten Sommer seit Beginn der modernen Wetteraufzeichnung vor rund 140 Jah- ren waren alle nach 2010. In Deutschland ist das Jahresmittel der Lufttemperatur zwischen 1881 und 2013 um 1,4 °C angestiegen. Die Anzahl heißer Tage ist seit den 1950er Jahren von etwa drei Tagen im Jahr auf derzeit durchschnittlich neun Tage im Jahr angestiegen. Die Winter sind signifikant feuchter geworden, die Som- mer hingegen sind quasi unverändert. Der Meeresspiegel ist an der deutschen Küste in 100 Jahren um 10 bis 20 cm gestiegen. Die Veränderung des Weltklimas führt zu einer Zunahme von Extremwetterereignis- sen – zu Hitzewellen, Trockenheit, Unwettern, Hagel, Stürmen. Hierdurch steigt das Schadenspotenzial für Natur, Gesellschaft und Wirtschaft. Das Jahr 2018 hat uns in Deutschland und weltweit vor Augen geführt, welche großen Schäden Extremwetter- ereignisse verursachen können. Bei uns erwachsen daraus schon zunehmende Probleme, in anderen Teilen der Welt werden sie existenziell und stellen eine we- sentliche Fluchtursache dar. 10
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