anwendungshinweisezumaustrittsabkommenv1-1

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Weisungen zu Aufenthaltstgesetz, Asylgesetz und Familiennachzug

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6. November 2020 Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat
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1 Inhalt 1.    Grundlagen dieser Anwendungshinweise ........................................................................ 4 2.    Bedeutung des Austrittsabkommens und des Übergangszeitraums ................................. 4 2.1.    Verhältnis des Austrittsabkommens zum nationalen Recht.................................................. 4 2.2.    Begriff und Bedeutung des Übergangszeitraums ................................................................. 5 3.    Persönlicher Anwendungsbereich des Austrittsabkommens – Britische Staatsangehörige 6 3.1.    Allgemeines ....................................................................................................................... 6 3.2.    Begriff des britischen Staatsangehörigen ............................................................................ 7 3.3.    Aufenthalt in Deutschland im Sinne eines „Wohnens“ ......................................................... 8 3.4.    Britische Staatsangehörige im öffentlichen Dienst einschließlich Soldaten ........................... 9 3.5.    Fälle der Entsendung von Arbeitnehmern ......................................................................... 10 3.6.    Aufenthalt in Ausübung des Freizügigkeitsrechts: Weitere materiellrechtliche Voraussetzungen .......................................................................................................................... 12 4. Persönlicher Anwendungsbereich des Austrittsabkommens – Familienangehörige und nahestehende Personen ........................................................................................................ 13 4.1.    Grundsatz ........................................................................................................................ 13 4.2.    Familienangehörige .......................................................................................................... 13 4.3.    Drittstaatsangehörige, die für einen unterhaltsberechtigten britischen Staatsangehörigen sorgen 15 4.4.    Nahestehende Personen................................................................................................... 16 5.    Anwendbarkeit des Austrittsabkommens bei mehrfacher Staatsangehörigkeit .............. 16 6. Unionsrechtliche Aufenthaltsrechte, die mit dem Ende des Übergangszeitraums automatisch entfallen ........................................................................................................... 18 7.    Anwendungsbereich des Austrittsabkommens in zeitlicher Hinsicht ............................... 21 7.1.    Ausübung des Aufenthaltsrechts und Kontinuität des Aufenthalts britischer Staatsangehöriger ........................................................................................................................ 21 7.2.    Ausübung des Aufenthaltsrechts und Kontinuität des Aufenthalts drittstaatsangehöriger naher Familienangehöriger britischer Staatsangehöriger ............................................................... 24 7.3.    Ausübung des Aufenthaltsrechts und Kontinuität des Aufenthalts drittstaatsangehöriger nahestehender Personen britischer Staatsangehöriger .................................................................. 29 8.    Die aufenthaltsrechtlichen Rechte nach dem Austrittsabkommen .................................. 32 8.1.    Allgemeines ..................................................................................................................... 32 Allgemeiner Hinweis: Der Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020.
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2 8.2.    Einreise und Ausreise ....................................................................................................... 33 8.3.    Einreisevisa ...................................................................................................................... 37 8.4.    Aufenthalt........................................................................................................................ 37 8.5.    Erwerbstätigkeit; Prüfungspflichten der Arbeitgeber ......................................................... 41 8.6.    Daueraufenthaltsrecht ..................................................................................................... 42 8.7.    Unschädlichkeit der Änderung des Aufenthaltszwecks ...................................................... 47 8.8.    Wegfall der Unterhaltsberechtigung von Kindern .............................................................. 48 9.    Besondere Sachverhalte ................................................................................................ 48 9.1.    Recht des Kindes eines Arbeitnehmers oder Selbstständigen auf Abschluss der Ausbildung 48 9.2.    Grenzgänger..................................................................................................................... 50 9.3.    Statusänderungen von Grenzgängern ............................................................................... 50 9.4.    Selbstständige Grenzgänger: Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit ................................. 51 9.5.    Rechte aus der Zeit vor dem Beitritt des Vereinigten Königreichs zu den Europäischen Gemeinschaften ........................................................................................................................... 55 9.6.    Günstigere Rechtsstellung nach dem Aufenthaltsgesetz .................................................... 55 10.      Anzeigeverpflichtung und Anzeigeverfahren .............................................................. 56 10.1.   Gegenstand und Reichweite der Anzeigeverpflichtung ...................................................... 56 10.2.   Fristen ............................................................................................................................. 57 10.3.   Amtsermittlung des Sachverhalts – allgemeine Grundsätze ............................................... 58 10.4. Prüfung der Eröffnung des Anwendungsbereichs des Austrittsabkommens bei britischen Staatsangehörigen........................................................................................................................ 59 10.5.   Prüfung der materiellen Freizügigkeitsvoraussetzungen bei britischen Staatsangehörigen . 61 10.6. Prüfung der Eröffnung des Anwendungsbereichs des Austrittsabkommens und der materiellen Freizügigkeitsvoraussetzungen bei drittstaatsangehörigen Familienangehörigen und nahestehenden Personen britischer Staatsangehöriger ................................................................. 62 10.7.   Auskunfts- und Mitwirkungspflicht ................................................................................... 64 11.      Ausstellung und Ausgabe von Aufenthaltsdokumenten .............................................. 65 11.1.   Anrecht auf Bescheinigung der Anzeige............................................................................. 65 11.2.   Fiktionsbescheinigung nach § 11 Absatz 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ........................... 65 11.3.   Ausstellung des Aufenthaltsdokuments-GB ....................................................................... 67 11.4.   Einziehung von Aufenthaltskarten und Daueraufenthaltskarten ........................................ 68 12.      Möglichkeiten zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes ..................................... 68 Allgemeiner Hinweis: Der Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020.
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3 13.      Besonderheiten bei Grenzgängern ............................................................................. 69 13.1.   Unterschiede in der Rechtsstellung ................................................................................... 69 13.2.   Beibehaltung der Arbeitnehmereigenschaft ...................................................................... 70 13.3.   Selbstständige Grenzgänger .............................................................................................. 71 13.4.   Antragserfordernis und Ausstellung des Aufenthaltsdokuments für Grenzgänger-GB ......... 71 14.      Familiennachzug außerhalb des Regelungsbereichs des Austrittsabkommens ............ 72 14.1.   Grundsätze....................................................................................................................... 72 14.2.   Nachzug zu Inhabern eines Daueraufenthaltsrechts .......................................................... 74 14.3. Nachzug zu nach dem Austrittsabkommen berechtigten britischen Staatsangehörigen ohne Daueraufenthaltsrecht ................................................................................................................. 75 14.4. Nachzug zu nach dem Austrittsabkommen berechtigten anderen Drittstaatsangehörigen ohne Daueraufenthaltsrecht ......................................................................................................... 76 15.      Aufenthaltsbeendigung ............................................................................................. 76 15.1. Aufenthaltsbeendigung wegen des Wegfalls der Voraussetzungen für das Recht aus dem Austrittsabkommen ..................................................................................................................... 76 15.2.   Aufenthaltsbeendigung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit....................................... 77 15.3.   Mitteilungspflichten anderer Stellen nach dem Aufenthaltsgesetz ..................................... 79 15.4. Nichtbestehen der Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht nach Täuschung oder wegen der Nichtherstellung der familiären Lebensgemeinschaft .............................................................. 79 15.5.   Widerruf und Rücknahme ................................................................................................. 81 15.6.   Rechtsfolgen der Aufenthaltsbeendigung .......................................................................... 81 Allgemeiner Hinweis: Der Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020.
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4 1.1. Diese Anwendungshinweise beruhen auf dem „Leitfaden zum Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft – Teil zwei – Rechte der Bürger“ (Dokument C(2020) 2939 final), von der Europäischen Kommission schriftlich beantworteten Fragen zu dem Abkommen, und auf der Gesetzesbegründung des Gesetzes zur aktuellen Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und anderer Gesetze an das Unionsrecht. 1.2. Sofern auf Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes/EU Bezug genommen wird, bezieht sich dies auf die Fassung des Freizügigkeitsgesetzes/EU nach Inkrafttreten des Gesetzes zur aktuellen Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und anderer Gesetze an das Unionsrecht. Ebenso beziehen sich Hinweise auf die Aufenthaltsverordnung auf die Fassung, die diese nach Änderung durch die Achtzehnte Verordnung zur Änderung der Aufenthaltsverordnung (Bundesrats-Drucksache 550/20) erfährt. 1.3. Die Bezugnahmen in diesen Anwendungshinweisen auf die Freizügigkeitsrechte oder - vorschriften der Union betreffen unter anderem die Rechte nach den Artikeln 21, 45 und 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“), der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten („Richtlinie 2004/38/EG“), und der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union („Verordnung (EU) Nr. 492/2011“). 1.4. Sofern diese Anwendungshinweise Handlungsempfehlungen an die Länder und gegebenenfalls mit der Ausführung der Bestimmungen befassten Kommunen enthält, bleiben die verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten der Länder und Kommunen unberührt. 1.5. Diese Anwendungshinweise sind nicht nach Art eines Rechtskommentars strukturiert, sondern sollen die Umsetzung der entsprechenden Bestimmungen in der Praxis erleichtern. 2.1.1. Als „Austrittsabkommen“ wird in diesen Anwendungshinweisen das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. L 29 vom 31.1.2020, S. 7) bezeichnet. 2.1.2. Das Austrittsabkommen ist unmittelbar geltendes Recht. Dies gilt auch, soweit das Austrittsabkommen auf die Freizügigkeitsrichtlinie (2004/38/EG) verweist. Allgemeiner Hinweis: Der Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020.
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5 Zwar ist die Freizügigkeitsrichtlinie selbst grundsätzlich kein unmittelbar geltendes Recht, sondern bedarf der Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber, die in Deutschland durch das Freizügigkeitsgesetz/EU erfolgte. Dadurch, dass das Austrittsabkommen auf die Richtlinie verweist, erlangen die entsprechenden Richtlinienbestimmungen aber – freilich nur, soweit die Verweisung jeweils tatbestandlich anwendbar ist – ebenfalls den Charakter als unmittelbar geltendes Recht. 2.1.3. Das Recht auf Einreise und Aufenthalt ist für britische Staatsangehörige und ihre Familienangehörigen, die sich im Einklang mit dem Unionsrecht bis zum Ende des Übergangszeitraums (siehe unten Nummer 2.2) in Deutschland aufgehalten haben haben, sowie für Familienangehörige im Sinne des Freizügigkeitsrechts, die zu dementsprechend berechtigten Briten noch danach nachziehen (vgl. hierzu Nummer 7.2.5 und 7.3.5 ff.), im Austrittsabkommen umfassend geregelt. 2.1.4. Dieses Aufenthaltsrecht besteht, soweit es nach dem Austrittsabkommen reicht, bereits kraft Gesetzes, und zwar auf Grund des unmittelbar geltenden Austrittsabkommens und der Rechtsnormen des europäischen Rechts, auf die das Austrittsabkommen verweist. 2.1.5. Die aufenthaltsrechtliche Anspruchsgrundlage für den Aufenthalt ist in Artikel 13 des Austrittsabkommens enthalten, der für verschiedene Fallkonstellationen auf die Richtlinie 2004/38/EG und ergänzend auf die Maßgaben des Austrittsabkommens verweist. 2.1.6. Gesetzliche Regelungen des Unionsrechts dürfen im Bundesrecht nicht wiederholt werden, auch wenn dies zu einer besseren Übersichtlichkeit führen würde. Daher wird das Bestehen des Rechts im neuen § 16 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU vorausgesetzt. 2.1.7. Im Bundesrecht werden ergänzende Regelungen vor allem durch § 16 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU geschaffen. Zudem enthält § 11 des Freizügigkeitsgesetzes/EU zahlreiche Sonderregelungen im Zusammenhang mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs. 2.2.1. Durch Artikel 126 des Austrittsabkommens wurde ein Übergangszeitraum festgelegt. Nach Artikel 127 des Austrittsabkommens wird das Vereinigte Königreich bis zum Ende des Übergangszeitraums mit den im Austrittsabkommen festgelegten Ausnahmen, die aufenthaltsrechtlich keine Rolle spielen, rechtlich weiterhin wie ein Mitgliedstaat der Europäischen Union behandelt. 2.2.2. Das Ende des Übergangszeitraums ist somit anhand des europäischen Rechts festgelegt. Der Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020. Allgemeiner Hinweis: Der Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020.
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6 2.2.3. Bis zum Ende des Übergangszeitraums ist somit, ebenfalls kraft europäischen Rechts, das Vereinigte Königreich in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht so zu behandeln, als sei es Mitgliedstaat der Europäischen Union. 2.2.4. Nach dem Ende des Übergangszeitraums ist das Vereinigte Königreich in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht nicht mehr wie ein Mitgliedstaat der Europäischen Union zu behandeln. Sofern das Austrittsabkommen in Verbindung mit dem Freizügigkeitsgesetz/EU keine besonderen Regelungen trifft, sind ab dann britische Staatsangehörige Drittstaatsangehörige und somit nach den Regelungen des Aufenthaltsgesetzes zu behandeln. 3.1.1. Das Austrittsabkommen folgt dem grundlegenden Konzept, dass die britischen Staatsangehörigen, die im Einklang mit dem Unionsrecht vor Ende des Übergangszeitraums in Deutschland wohnen, weiterhin in Deutschland leben dürfen. Nach dem Ende des Überganzeitraums können Bestandsrechte auf Grund des Austrittsabkommens grundsätzlich nicht mehr entstehen. 3.1.2. Rechte bestehen nach dem Austrittsabkommen nur in dem Mitgliedstaat, in dem sie jeweils ausgeübt worden sind. In den anderen Mitgliedstaaten ist es rechtlich unerheblich, dass ein britischer Staatsangehöriger oder ein Familienangehöriger oder eine nahestehende Person Rechte aus dem Austrittsabkommen ableitet. Die Reiserechte nach Artikel 21 des Schengener Durchführungsübereinkommen bleiben unberührt, beruhen aber nicht auf dem Austrittsabkommen. 3.1.3. Die Rechte nach dem Austrittsabkommen können zugleich in mehreren Mitgliedstaaten bestehen. Für die Frage, ob Rechte nach dem Austrittsabkommen in Deutschland bestehen, ist aber unerheblich, welche Tatbestände eine betroffene Person in einem anderen Mitgliedstaat erfüllt. Die Rechte entstehen und erlöschen bei Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes einzeln und unabhängig voneinander jeweils in den einzelnen Mitgliedstaaten. 3.1.4. Im Einzelnen ist entsprechend der im Austrittsabkommen vorgesehenen Fallgruppen zu unterscheiden 3.1.4.1.     nach der unmittelbaren und der mittelbaren Berechtigung zwischen 3.1.4.1.1.      britischen Staatsangehörigen einerseits sowie 3.1.4.1.2.      Familienangehörigen und nahestehenden Personen, die Rechte von einem britischen Staatsangehörigen ableiten, andererseits, 3.1.4.2.     bei unmittelbar Berechtigten zwischen Allgemeiner Hinweis: Der Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020.
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7 3.1.4.2.1.       britischen Staatsangehörigen, die zum Ende des Übergangszeitraums in Deutschland wohnen, weiter dort wohnen und gegebenenfalls erwerbstätig sind, 3.1.4.2.2.       britischen Staatsangehörigen, die in Deutschland nicht wohnen, aber in Deutschland dauerhaft und nachhaltig erwerbstätig sind (Grenzgänger), und 3.1.4.2.3.       britischen Staatsangehörigen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sowie 3.1.4.3.     im Fall von mittelbar Berechtigten, also Familienangehörigen und nahestehenden Personen britischer Staatsangehöriger, zwischen 3.1.4.3.1.        Personen, die zum Ende des Übergangszeitraums in Deutschland gewohnt hatten und weiter dort wohnen, 3.1.4.3.2.       Personen, die zum Ende des Übergangszeitraums nicht in Deutschland gewohnt hatten, aber nach näherer Bestimmung des Austrittsabkommens bereits freizügigkeitsrechtliche Nachzugsvoraussetzungen erfüllt hatten, und 3.1.4.3.3.       Personen, die nicht unter diese Fallgruppen fallen. 3.1.5. Die Artikel 9, 10 und 11 des Austrittsabkommens legen gemeinsam den persönlichen Anwendungsbereich für die Zwecke der Anwendung von Teil Zwei Titel II des Abkommens fest, der Rechte und Pflichten in Bezug auf Aufenthalt, Aufenthaltsdokumente, Arbeitnehmer und Selbstständige regelt. Bereiche, die hierdurch nicht erfasst sind, sind aufenthaltsrechtlich nicht durch das Austrittsabkommen geregelt. Für diese Bereiche gelten die allgemeinen Regelungen des Aufenthaltsgesetzes. 3.1.6. Sofern britische Staatsangehörige oder ihre Familienangehörigen nicht unter den Regelungsbereich des Austrittsabkommens fallen, ist zu prüfen, wie sich ihr Aufenthaltsstatus nach dem Aufenthaltsgesetz bestimmt. 3.1.7. Begünstigte des Teil Zwei Titel II des Austrittsabkommens sind britische Staatsangehörige, die vor Ende des Übergangszeitraums das Recht auf Aufenthalt im Einklang mit dem Unionsrecht ausgeübt haben und nach diesem Zeitraum weiter dort wohnen, sowie ihre jeweiligen Familienangehörigen und nahestehenden Personen. 3.2.1. Der Begriff „britischer Staatsangehöriger“ ist in Artikel 2 Buchstabe d des Austrittsabkommens definiert. Auf diese Definition verweist auch § 1 Absatz 2 Nummer 6 Freizügigkeitsgesetz/EU, so dass im deutschen Bundesrecht der Begriff dieselbe Bedeutung hat. Danach sind britische Staatsangehörige Personen mit dem Status “British citizens”, britische Untertanen (“British subjects”) nach Teil IV des „British Nationality Act 1981“ mit Daueraufenthaltsrecht („right of abode“) im Allgemeiner Hinweis: Der Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020.
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8 Vereinigten Königreich, die nicht der Einwanderungsregulierung unterliegen („exempt from United Kingdom immigration control“) und „British Overseas Territories citizens“, die ihre Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit Gibraltar erworben haben. 3.2.2. Insbesondere sind die nachfolgenden Personengruppen, wie auch bereits während der Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union nicht „britische Staatsangehörige“ im Zusammenhang mit dem Freizügigkeitsrecht: „British Nationals (Overseas)“, „British Overseas Territories Citizens“ ohne Bezug zu Gibraltar, „British Overseas Citizens“, „British Protected Persons“ und „British Subjects“ ohne „right of abode“. 3.2.3. Die Definition des Begriffes „britischer Staatsangehöriger“ bestimmt nicht erschöpfend den persönlichen Anwendungsbereich der aufenthaltsrechtlichen Regelungen des Austrittsabkommens. Vielmehr müssen zum Entstehen von Rechten aus dem Austrittsabkommen weitere Tatbestandselemente erfüllt sein. 3.3.1. Für einen Aufenthalt in Deutschland, der zu einer daraus folgenden Berechtigung nach dem Austrittsabkommen führt, ist mehr erforderlich als eine reine Anwesenheit im Bundesgebiet. Der Begriff des Aufenthalts ist daher enger auszulegen als derjenige in § 4 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes. Andernfalls wären die speziellen Regelungen für Grenzgänger in den Artikeln 24 und 25 des Austrittsabkommens nicht erforderlich, weil sich auch Grenzgänger zumindest während der Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit in Deutschland aufhalten, ihre Fälle aber von denjenigen nach Artikel 13 des Austrittsabkommens zu unterscheiden sind. 3.3.2. In Artikel 10 wird – außer für Grenzgänger – das Bestehen eines Aufenthaltsrechts davon abhängig gemacht, dass die betreffenden Personen im Aufnahmestaat, also Deutschland, „wohnen“. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist daher, ob ein ständiger Aufenthalt im Sinne eines „Wohnens“ zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt vorliegt. Es ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, wobei in den nachfolgenden Nummern einige häufiger vorkommende Fallgruppen erörtert sind. 3.3.3. Eine Person „wohnt“ an einem Ort, wenn sie sich dort – zumindest auch – zu anderen Lebenszwecken als der Ausübung einer Erwerbstätigkeit und nicht nur völlig vorübergehend aufhält. Entscheidend ist eine gewisse Ausrichtung des persönlichen und sozialen Lebens auf den Ort des „Wohnens“, wobei diese Ausrichtung nicht exklusiv sein muss. Beispiel: Jane ist Schriftstellerin und hält sich im Sommer überwiegend in Hamburg und im Winter überwiegend auf Mallorca auf. In Hamburg hat sie eine eigene Wohnung, während Allgemeiner Hinweis: Der Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020.
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9 sie auf Mallorca bei einem Freund lebt. Sie „wohnt“ im Sinne des Austrittsabkommens zugleich an beiden Orten. 3.3.4. Ein touristischer oder Besuchsaufenthalt oder ein nur zeitweise (mehrwöchiger) Aufenthalt zu beruflichen Zwecken begründet kein „Wohnen“. 3.3.5. Umgekehrt „wohnt“ zum Beispiel eine studierende Person für die Dauer eines Studiums, oder gegebenenfalls auch nur eines Semesters, am Studienort. 3.3.6. Wer sich tatsächlich ganz überwiegend außerhalb eines elterlichen Haushalts aufhält, etwa für ein Studium oder eine Berufstätigkeit fern des Heimatortes, im elterlichen Haushalt zugleich aber noch ein Zimmer vorhält, „wohnt“ nicht mehr im elterlichen Haushalt, auch wenn dort noch ein melderechtlicher Wohnsitz aufrecht erhalten bleibt. 3.3.7. Für sich genommen unerheblich ist somit der Meldestatus der betroffenen Personen nach deutschem Melderecht. Nach § 17 Absatz 1 des Bundesmeldegesetzes hat sich anzumelden, „wer eine Wohnung bezieht“. Das Beziehen einer Wohnung bedeutet nicht, dass die Person dort im genannten Sinne auch „wohnt“. Auch das Beziehen eines Ferienhauses ist meldepflichtig, auch wenn sich die dortigen Aufenthalte der einziehenden Personen oftmals nicht als „Wohnen“ im vorstehend genannten Sinne darstellen. Auf die ausführliche Darstellung in Nummer 10.4.3 bis 10.4.9 wird hingewiesen. Klargestellt wird, dass das Austrittsabkommen keine melderechtlichen Fragestellungen regelt oder berührt. 3.3.8. Umgekehrt ist allerdings auch unerheblich, wie lange die betreffende Person vor dem Stichtag bereits an dem jeweiligen Ort „gewohnt“ hat. Die Entstehung von Aufenthaltsrechten nach dem Austrittsabkommen hängt, abgesehen vom Daueraufenthaltsrecht, nicht von einer Mindestaufenthaltszeit vor dem jeweiligen Stichtag (also vor allem dem Ende des Übergangszeitraums) ab. Ein Einzug nur wenige Tage vor dem Stichtag genügt, wenn ab dem Einzug die Voraussetzungen des „Wohnens“ erfüllt sind. 3.3.9. Es kommt daher bei kürzeren Aufenthalten auch auf eine subjektive Komponente an. 3.3.10. In Zweifelsfällen liegt die Darlegungslast bei dem britischen Staatsangehörigen, der geltend macht, an einem bestimmten Ort zu „wohnen“. 3.4.1. Britische Soldaten, die in Deutschland stationiert sind, gelten als Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts. Sie haben sich bis zum Ende des Übergangszeitraums im Rahmen ihres Freizügigkeitsrechts in Deutschland aufgehalten. 3.4.2. Gleiches gilt für Beamte und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst mit britischer Staatsangehörigkeit, auch wenn ihre Tätigkeit hoheitliche Aufgaben umfasst. Allgemeiner Hinweis: Der Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020.
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