180802-erlass-300101

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Weisungsunterlagen

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Ministerium des Innern NRW, 40190 Düsseldorf                                  02. August 2018 Seite 1 von 3 -Elektronische Post- Aktenzeichen (bei Antwort bitte angeben) Kreispolizeibehörden Nordrhein-Westfalen 402-30.01.01 -Versammlungsbehörden- 402-57.02.00 ORR Kossel/RD Wewer Telefon 0211 871-3241/ 3387 Telefax 0211 871- nachrichtlich:                                                                Referat402@im.nrw.de LZPD NRW IFG NRW, Versammlungsrecht Anträge gem. IFG NRW im Vorfeld von Versammlungen Anlage Aus den Versammlungsbehörden wurde bekannt, dass im Vorfeld von angemeldeten Versammlungen vermehrt von Dritten Anträge auf Informationsgewährung                 nach    dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) bei den Versammlungsbehörden gestellt werden. Das Erkenntnisinteresse der Anfragenden bezieht sich hierbei oftmals auf die Anmeldung von Demonstrationen und Versammlungen, die anmeldenden Personen oder Gruppen, die Anzahl der teilnehmenden Personen, vorgesehene Aufzugswege oder Versammlungsorte. Die so gewonnenen Informationen werden dann regelmäßig dazu verwendet, Gegen(protest)veranstaltungen zu                   Dienstgebäude: Friedrichstr. 62-80 organisieren bzw. Störaktionen vorzubereiten. 40217 Düsseldorf Ich sehe mich insoweit zu folgenden Hinweisen zur Rechtslage                  Lieferanschrift: veranlasst:                                                                   Fürstenwall 129 40217 Düsseldorf I.         Anspruch auf Information Telefon 0211 871-01 Gem. § 4 Abs. 1 IFG NRW hat jede natürliche Person gegenüber den in Telefax 0211 871-3355 § 2 IFG NRW genannten öffentlichen Stellen Anspruch auf Zugang zu             poststelle@im.nrw.de den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Dieser                www.im.nrw Informationsanspruch erstreckt sich auf tatsächliche, bei der jeweilig angefragten Versammlungsbehörde bereits existierende Informationen.           Öffentliche Verkehrsmittel: Eine Verpflichtung zur Informationsbeschaffung ist hingegen nicht             Rheinbahnlinien 732, 736, 835, 836, U71, U72, U73, U83 gegeben. Haltestelle: Kirchplatz
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02. August 2018 Seite 2 von 3 II.    Ausnahmetatbestände/Versagungsgründe Die in den §§ 6-9 IFG NRW enthaltenen Ausnahmetatbestände können das Informationsrecht aus § 4 IFG NRW beschränken oder ausschließen. Im Hinblick auf die v. g. Sachverhalte im Vorfeld von Versammlungslagen kann hierbei im Einzelfall insbesondere der Tatbestand des § 6 Satz 1 lit. a, Alt. 4 IFG NRW Bedeutung erlangen. Danach ist der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, soweit und solange das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere die Tätigkeit der Polizei beeinträchtigen würde. Es besteht mithin kein Ermessen auf Rechtsfolgenseite. Eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann sowohl dann vorliegen, wenn ein Schaden zu befürchten ist, als auch schon dann, wenn irgendein Nachteil droht. Dasselbe hat für die Beeinträchtigung der Tätigkeiten der genannten Behörden zu gelten. Die Gesetzesbegründung zur weitgehend entsprechenden Vorschrift im IFG des Bundes (§ 3 IFG Bund) erwähnt exemplarisch das berechtigte Interesse des Bundes daran, sensible verwaltungsinterne Abläufe und Strukturen (z. B. Anzahl, Art und Einsatz von Führungs- und Einsatzmitteln, Ausstattung und Einsatzkonzepte der Polizeien des Bundes, vorbereitenden Planungsentscheidungen für Alarmierungsfälle, Geisellagen und Fahndungslagen) vor dem Bekanntwerden zu schützen. In der als Anlage beigefügten Entscheidung (4 L 1282/16) zum Presserecht, ist das VG Gelsenkirchen bei einem vergleichbaren Sachverhalt von einer Beeinträchtigung der effektiven polizeilichen Gefahrenabwehr ausgegangen und hat im Ergebnis einen auf die geplante Wegstrecke der Versammlung sowie der Orte geplanter Zwischenkundgebungen         zielenden      Auskunftsanspruch    nach Pressegesetz NRW verneint. Hierbei hat das Gericht darauf abgestellt, dass ein Gefährdungspotential im Hinblick auf ein Aufeinandertreffen von    unterschiedlichen    Gruppierungen      mit   teilweiser hoher Gewaltbereitschaft ausging, welches durch Bekanntgabe der Wegstrecke in beachtlicher Weise gesteigert werde. Zur weiteren Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass insbesondere mögliche Sperrkonzepte der Polizei durch Gegendemonstranten frühzeitig umgangen und Vorbereitungshandlungen für spätere Blockaden und Attacken getroffen werden könnten. Es erscheint vertretbar, diese Überlegungen bei der Prüfung, ob ein Ablehnungsgrund gemäß § 6 Satz 1 lit. a, Alt.4 IFG NRW vorliegt,
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02. August 2018 Seite 3 von 3 nutzbar zu machen, wobei dies zwingend anhand der Prüfung des Einzelfalls zu erfolgen hat. Hierbei wird es darauf ankommen, anhand konkreter Anhaltspunkte umfassend und nachvollziehbar in der Begründung darzulegen, dass eine Beeinträchtigung der Effektivität der polizeilichen Gefahrenabwehr bei einer Auskunftserteilung eintreten könnte. III.    Kosten/Gebühren Auf     §    11    IFG   NRW       sowie    der    hierzu    ergangenen Verwaltungsgebührenordnung          zum       Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (VerwGebO IFG NRW) weise ich hin. Im Auftrag gez. Dornik
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GiEEEEEED GE VG Gelsenkirchen 5.2731

. Az.: 4 L 1282/16

ann

Beschluss

 

In dem verwaltungsgeriöhtlichen Verfahren
Antragstellers,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt EEE

gegen

das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das PolizeipräsidiumD

Antragsgegner,

wegen presserechtlicher Auskunftsansprüche
(hier: Erlass einer einstweiligen Anordnung)
hat die 4. Kammer des
VERWALTUNGSGERICHTS GELSENKIRCHEN

am 31. Mai 2016

durch

die Richterin am Verwaltungsgericht
die Richterin

die Vorsitzende Richterin am Vorwal n  GEED

beschlossen:

1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den
Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
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CHE 4Z(€EGEEEEE vG Gelsenkirchen s. 711

Der Antragsteller und.der Antragsgegner tragen die Kos-
ten des Verfahrens je zur Hälfte.

2. Der Streitwert wird auf5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

  

Der noch verbleibende Antrag,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu
. verpflichten, dem Antragsteller Auskunft zu erteilen über die
eplante Wegstrecke der Versammlung
inschließlich der Orte
der geplanten Zwischenkundgebungen,

hat keinen Erfolg.

Nach 8 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - kann das Ver-

waltungsgericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streiliges

Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung, um we-

sentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus an-.
deren Gründen nötig erscheint. Gemäß $ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. 8$ 920 Abs. 3,

294 ZPO sind die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und

der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) glaubhaft zumachen.

Nimmt der Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache im Wesentlichen
vorweg, was bei einer begehrten „Auskunft“ der Fall ist, sind an die Prognose der
Erfolgsaussichten der Hauptsache besondere Anforderungen zu stellen. Der Erlass
einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des
Antragstellers in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und
ihm ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare
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cHEIEEEED | GEHE v6 Gelsenkirchen 8. arıı

Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht
mehr beseitigt werden könnten.

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Antrag keinen Erfolg. Nach der hier allein
möglichen summarischen Prüfung hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Ertei-
tung der Auskunft über die Wegstrecke der Versammlung gemäß 8 4 Abs. 1 PresseG
NRW.

Der Antragsteller ist als freier Journalist aktivlegitimiert, beim Antragsgegner handelt _
es sich um eine Behörde im Sinne des $ 4 Abs. 1 PresseG NRW.

Gemäß $ 4 Abs. 1 PresseG NRW sind Behörden verpflichtet, den Vertretern der
Presse die der Erfüllung ihrer Aufgabe (vgl. $ 3 PresseG NRW) dienenden Auskünfte
zu erteilen. In welcher Form, mit welchem Inhalt und zu welchem Zeitpunkt dem Aus-
kunftsersuchen der Presse nachzukommen ist, bestimmt sich nach den Anforderun-
gen, die für die Erfüllung der Aufgabe der Presse im Einzelfall notwendig erscheinen.

Vgl. Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Auflage,
3.143.

Was die Frage des im Einzelnen Notwendigen anbelangt, ist es der auskunftspflichti-
gen Stelle, bzw. dem Gericht zwar nicht möglich zu bewerten, ob die erbetene Aus-
kunft zu sinnvollen Ergebnissen führen kann,

vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Juni 2014 - AK
3466/13 -; VG Düsseldorf; Beschluss vom 16. November
2011 -26 L 1431/11 -, juris,

jedoch muss die im Einzelnen begehrte Auskunft jedenfalls in einem erkennbaren
Zusammenhang mit dem angegebenen Rechercheziel stehen, das letztlich das öf-
fentliche Informationsinteresse begründet. | |

Ein solcher Zusammenhang ist mit Blick auf den Sachzusammenhang gegeben. Der
Antragsteller begehrt die Auskünfte für einen Hintergrundbericht über
(EEE 03 inıe geseiischaftliche wirkung, ihre politischen Strategien
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Gi EEE vG Gelsenkirchen Ss. 5,11

und Protagonisten. In dem Bericht soll auf die bevorstehende Versammlung Bezug
genommen werden. Darüber hinaus will der Antragsteller die Auswirkungen der Ver-
sammlung auf Bürgerinnen und Bürger sowie auf etwaige besondere
Orte in der Nähe der Aufzugstrecke journalistisch aufbereiten.

Der vorstehend grundsätzlich bejahte Auskunfsanspruch ist jedoch gem. 8 4 Abs. 2
PresseG NRW ausgeschlossen.

Der begehrten Auskunft über die Wegstrecke der Versammlung N?

(>: schießsiich der Orte der geplanten Zwi-
schenkundgebungen steht $ 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW entgegen. Danach be-
steht ein Anspruch auf Auskunft nicht, soweit ein überwiegendes öffentliches Interes-
se verletzt würde.

Das ist hier der Fall. Die begehrte Auskunftserteilung beeinträchtigt die effektive Ge-
fahrenabwehr durch die Polizei. Der Antragsgegner hat anhand konkreter Anhalts-
punkte umfassend und nachvollziehbar dargelegt, dass von der a ED. --
planten Versammlung grundsätzlich bereits ein erhöhtes Gefährdungspotential im
Hinblick ein Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Gruppierungen mit teilweiser
hoher Gewaltbereitschaft ausgeht, welches durch die Bekanntgabe der Wegstrecke
in beachtlicher Weise gesteigert wird. So werde den Gegendemonstranten aus dem
bürgerlichen und linken/antifaschistischen Spektrum mittels des genauen Verlaufs
der Versammlung ein geplantes und koordiniertes (gewaltbereites) Vorgehen erst
ermöglicht bzw. deutlich erleichtert. Insbesondere könnten durch eine rechtzeitige
Präsenz im Einsatzraum mögliche Sperrkonzepte der Polizei frühzeitig umgangen
und Vorbereitungshandlungen für spätere Blockaden und Attacken (z.B. Anlegen von
Depots von Wurfgeschossen) getroffen werden. Dass diese Gefahr von der antifa-
schistischen Szene auch konkret begründet ist, hat der Antragsgegner anhand von
aktuellen Erkenntnissen aus dem Internet und seiner Erfahrungen aufgrund der bis-
herigen sieben Versammlungen im Zusammenhang mit dem

EB :isezeigt. Danach werden Anhänger des antifaschistischen Arbeitskreises

GE ne: anderem zu ‚milttantem Vorgehen und Blockaden" aufgerufen
und „bundesweit“ dazu aufgefordert, nach WED zu kommen (vgl.

http ED: EEE

Hinter dieses öffentliche Interesse muss das in Art. 5 Abs. 1 $. 2 GG verankerte
Recht der Freiheit der Presse zurücktreten. Denn die Pressefreiheit genießt nur dann
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ET GEEEEEEEED VG Gelsenkirchen

Vorrang, wenn sie das öffentliche schutzwürdige: Interesse im konkreten Fall über-
wiegt. In jedem Einzelfall verlangt dies eine Abwägung der widerstreitenden Interes-
sen. Das Interesse der Presse an.der Offenlegung ist den gegenläufigen Interessen
am Unterbleiben der Auskunft gegenüber zu stellen.

Die danach gebotene Abwägung fällt. vorliegend zu Lasten der Pressefreiheit aus.
Das öffentliche Interesse dient hier angesichts der vom Antragsgegner eingehend
beschriebenen Gefahrenlage nicht nur der Durchführung der Versammlung selbst,
sondern insbesondere dem Schutz von Leib und Leben der Versammlungsteilneh-
mer, der Gegendemonstranten, der Polizeibeamten sowie unbeteiligter Dritter. Hier-
bei handelt es sich um hochrangige und ebenfalls durch die Verfassung geschützte
Rechtsgüter. Dem gegenüber kommt der Pressefreiheit vorliegend ein geringeres
Gewicht zu. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die journalistischen
Auseinandersetzung und fundierte Darstellung der Hintergründe und Motive der Ver-
sammlung auch ohne Kenntnis der genauen Wegstrecke grundsätzlich möglich ist.

Soweit der Antragsteller vorträgt, dass die Anwohner an der \Versammlungsstrecke
frühzeitig davon in Kenntnis gesetzt werden müssten, wird dieses in ausreichendem
Maße durch die Polizei gewährleistet. Insoweit hat der Antragsgegner mitgeteilt, dass
die betroffenen Anwohner im Vorfeld durch Informationsflyer benachrichtigt würden.
Aus dem Umstand, dass hierdurch möglicherweise die Informationen über die \Veg-
strecke auch an weitere Personen (z. B. über „Facebook") gelangen könnten, kann
der Antragsteller nichts für sich herleiten. Es dürfte zur Wahrung der Belange der
unmittelbar Betroffenen erforderlich sein, diese mit angemessenem Vorlauf zu be-
nachrichtigen. Anders als der presserechtliche Auskunftsanspruch ist diese Informa-
tion aber nicht von vornherein auf eine Verbreitung in der Öffentlichkeit angelegt.

Auch soweit der Antragsteller seinen Auskunftsanspruch damit begründet, dass er
nur so seine berufliche Tätigkeit am Tag der Versammlung effektiv ausüben könne,

greift dieser Einwand nicht durch. Denn der Antragsteller wird am Tag der Versamm- -

lung durch die Pressestelle des Antraggegners umfassend über den Streckenverlauf
informiert.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitigen Teils auf & 154 Abs. 1
VwGO. Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt

s.eiil
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