Koalitionsvertrag Berlin 2021-2026 SPD/Grüne/Linke

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2. Stadtentwicklung, Bauen, Mieten Die Koalition stellt sich der Verantwortung, die Entwicklung Berlins als Zentrum der wachsenden Hautstadtregion sozial und an den Pariser Klimazielen orientiert zu gestalten. Eine intensive Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg und im Kommunalen Nachbarschaftsforum werden wir anstreben. Gemeinsame Ziele sind ein ausgeglichener Wohnungsmarkt, eine geordnete Siedlungsentwicklung entlang der ÖPNV-Achsen und der Schutz der Freiräume. Zur Schaffung von ausreichendem, bedarfsgerechtem und bezahlbarem Wohnraum sowie zur Erreichung der Wohnungsbauziele sind neue klimaverträgliche Stadtquartiere von hoher Bedeutung. Die Koalition bekennt sich dazu, den Wohnungsneu- und Umbau in der Stadt mit höchster Priorität voranzubringen. Die dafür notwendige soziale, kulturelle und verkehrliche Infrastruktur sowie die Grün- und Freiflächen wird die Koalition zeitgerecht schaffen. Die Koalition setzt sich für hohe städtebauliche Qualität mit innovativen Konzepten, hoher Qualität öffentlicher (Grün-) Räume und Nutzungsmischung als Schlüssel zur Urbanität in den neuen Stadtquartieren ein. Die Koalition wird einen Schwerpunkt auf Investitionen in Klimaschutz bei öffentlichen Gebäuden und Flächen legen. Die Koalition erarbeitet eine gesamtstädtische Freiflächen- Strategie mit konkreten Etappenzielen, um eine wohnortnahe Versorgung mit öffentlichen Grünanlagen, Spielplätzen und Plätzen in öffentlichem Straßenland zu erreichen. Die Koalition wird ein Uferwegekonzept erstellen, um alle Ufer so naturnah und öffentlich wie möglich zu gestalten. Durch einen Katalog ökologischer Kriterien und mit der Arbeitshilfe Bauleitplanung will die Koalition einen klimagerechten Planungsansatz in die Stadt-, Landschafts- und Freiraumplanung       integrieren. Aufbauend    auf  dem    Ökokonto    entwickeln    wir  ein gesamtstädtisches vorsorgendes Kompensationsmanagement. Eine Flächenagentur soll Kompensationsflächen akquirieren, entwickeln und pflegen. Die Koalition wird die Berliner Kleingärten sichern und die Kleingartenvereine bei der sozialen, umwelt- und klimagerechten Ausrichtung unterstützen. Eine gesetzliche Sicherung wird geprüft. 8
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Die Koalition will Schlüsselprojekte des sozialen und ökologischen Stadtumbaus umsetzen. Dazu gehört in Abstimmung mit dem Bund die Aufnahme der Planung des schrittweisen Rückbaus der A 103 und A 104. Die ressortübergreifende Gemeinschaftsinitiative und das Landesprogramm Soziale Infrastrukturmaßnahmen werden fortgeführt und Angebote für Mehrfachnutzungen ausgebaut. Bei   der    Entwicklung    und  Stärkung    vorhandener   und    neuer   Quartiere   und    der Schulbauoffensive sollen kulturelle Räume in ausreichendem Umfang verbindlich geplant und entwickelt werden. Dies wird über die Strategie zur Integrierten Infrastrukturplanung und mit einem Stadtentwicklungsplan Kultur (StEP) sichergestellt. Wir wollen die Initiative „Urbane Praxis“    durch   eine   ressortübergreifende   Kooperation    stärken   und   entsprechende Förderinstrumente entwickeln. Die Koalition wird Kulturräume sichern, zum Beispiel mit einem Atelier-Programm, das auch Atelierwohnungen integriert, und durch eine strategische Kooperation mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die finanziell abgesichert werden müssen, und der Anerkennung von Clubs als Kulturstätten. Die Koalition beabsichtigt planerische und finanzielle Möglichkeiten, wie zum Beispiel beim Lärmschutz für Clubs, weiterzuentwickeln. Der Reichtum an Zentren ist ein unschätzbarer Vorteil für ein nachhaltiges Berlin. Für die Stärkung städtischer Zentren, eine robuste Nutzungsmischung und einen qualitätsvollen öffentlichen Raum wird die Koalition aufbauend auf dem „StEP Zentren“ ein Zentren- und Ortskernprogramm sowie Konzepte für eine neue Nutzungsmischung für Einkaufszentren und Einkaufsstraßen entwickeln und dafür Städtebaufördermittel einsetzen. Wir werden auf der Grundlage bezirklicher Erfahrungen Pilotprojekte zur Umnutzung von Shopping Malls und Hotels mit wirtschaftlichen Problemen erarbeiten. Die Zentren am Hermannplatz und der City West wird die Koalition in ihrer Entwicklung und Urbanität stärken, die Karstadt-Areale aus dem Bestand heraus weiterentwickeln und damit langfristig Arbeitsplätze im Einzelhandel sichern. Hierbei wird eine städtebaulich verträgliche, sich in die Umgebung integrierende Planung verfolgt, an der die Stadtgesellschaft beteiligt wird. Für die City West wird ein Masterplan erarbeitet, der ein bis zwei Hochpunkte berücksichtigt. Die Koalition wird sich für einen konsequenten Schutz von Gewerbemieter*innen und soziokulturellen     Projekten    einsetzen.   Gewerbeflächenentwicklungskonzepte        werden dezentral entwickelt und umgesetzt. Durch den Neubau von gemischt genutzten Gewerbehöfen soll der Bestand vergrößert und durch zielgruppengerechte und bezahlbare Gewerbemieteinheiten weiter vergrößert werden. Die kostenfreien Beratungsangebote für 9
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Gewerbemieter*innen          werden     weitergeführt.  Wir     wirken    bei    der    Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) und dem Berliner Großmarkt auf transparente Vermietungsregelungen, Bedarfsgerechtigkeit und soziale Staffelung hin. Die Koalition setzt sich    gegenüber      dem      Bund    für   eine    Gewerbemietpreisbremse        und    einen Gewerbemietspiegel, einen angemessenen Kündigungsschutz sowie die Prüfung der Ausdehnung des Milieuschutzes ein, um Gewerbetreibende, Kulturbetriebe und soziale Einrichtungen vor Verdrängung zu schützen. Wir prüfen die sinngemäße Anwendung des Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung auf das Gewerbe. Um die erwartete Entwicklungsdynamik Berlins und die neuen Ansprüche an die Stadtentwicklung in den nächsten 30 Jahren zu bewältigen, wird die Koalition eine Überarbeitung des Flächennutzungsplans von 1994 prüfen. Die Zusammenarbeit der Senatsverwaltungen mit den Bezirken wird verbessert, um eine abgestimmte Vorgehensweise und eine integrierte Stadtplanung über alle Ebenen hinweg zu erreichen. Die Möglichkeit, Bereichsentwicklungsplanungen und integrierte Stadtentwicklungskonzepte über Städtebaufördermittel zu finanzieren, wird genutzt. Die sozialen Infrastrukturkonzepte und die Strategie zur integrierten Infrastrukturplanung werden fortgeschrieben. Wir werden das zivilgesellschaftliche Engagement in Großsiedlungen weiterhin unterstützen und die BENN-Projekte (Berlin Entwickelt Neue Nachbarschaften) weiterführen. Um ein breites Spektrum von Planungsbüros in die Entwicklung hochwertigen Städtebaus, Freiflächenplanung und Baukultur einzubinden, schreiben wir verstärkt Wettbewerbe nach den Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW) aus und sorgen für faire Vergabeverfahren. Der Pflege und dem Schutz besonders erhaltenswerter Bausubstanz kommt ein hoher Stellenwert    zu.   Die    Koalition  unterstützt  die  Bezirke    bei der    Einrichtung   von Gestaltungsbeiräten und verstetigt die Arbeit des öffentlichen Baukollegiums. Das Hochhausleitbild bildet den Rahmen für zukünftige Hochhausprojekte. Es wird im Laufe der Legislaturperiode evaluiert. Die    Koalition   wird   gemeinsam       mit  Brandenburg,    den   Architektenkammern      und zivilgesellschaftlichen Initiativen über die Durchführung einer Bauausstellung diskutieren, die zur Plattform für sozial und ökologisch vorbildliche Quartiersentwicklung, innovatives Verwaltungshandeln sowie kooperative Stadt- und Regionalplanung in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg und den Bezirken wird. Die Koalition wird die Leitlinien zur Bürgerbeteiligung weiterentwickeln und dafür sorgen, dass Beteiligungsbüros in allen Bezirken etabliert werden. 10
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Die Koalition setzt die Politik der kooperativen Stadtentwicklung auf ausgewählten landeseigenen Liegenschaften wie dem Haus der Statistik, dem Rathausblock und der Wiesenburg fort und baut Kooperationen mit der Stadtgesellschaft bei der Entwicklung neuer Standorte weiter aus. Der Runde Tisch Liegenschaftspolitik wird fortgesetzt. Wir prüfen die Einrichtung einer Taskforce für bedrohte Räume der Berliner Mischung und Soziokultur zur Bewältigung von stadtentwicklungspolitischen Herausforderungen und Konflikten. Das       Rathausforum/Marx-Engels-Forum           soll    auf     der   Grundlage      des Wettbewerbsergebnisses als öffentlicher Freiraum zügig partizipativ realisiert werden. Die Koalition wird das Quartier Molkenmarkt/Klosterviertel in einem „Berliner Band der Kultur“ entwickeln. Für den Molkenmarkt streben wir eine kleinteilige Bebauung mit vielfältiger Nutzung und sehr guter Architektur an. Für den Bereich um die Gertraudenbrücke muss der geeignete Städtebau mit dem Denkmalschutz und der Verkehrsplanung zügig in Alternativen geprüft werden. Der öffentliche Raum auf der Spreeinsel wird im Rahmen des Nationalen Projektes des Städtebaus durch die Freitreppe und umliegende Anlagen am Flussbad verbessert. Die Koalition setzt sich dafür ein, dass der Alexanderplatz an Aufenthaltsqualität gewinnt sowie öffentliche und kulturelle Nutzungen den Platzcharakter prägen. Für die Friedrichstraße wird das Konzept der Verkehrsberuhigung und Aufwertung des öffentlichen Raums gemeinsam mit den Anlieger*innen überprüft und weiterentwickelt, die Aufenthaltsqualität verbessert und die kommerzielle Nutzung des öffentlichen Straßenlandes gesteuert. Der Rathausblock/Dragoner Areal wird als Modellprojekt für ein soziales wie ökologisches Wohn- und Gewerbequartier weiter vorangebracht und die Kooperationsformate werden fortgesetzt. Das im Haushalt 2021 bereits abgesicherte Modellprojekt „Dauerhafte Bindungen“ werden wir umsetzen und prüfen, inwieweit eine modellhafte, möglichst langfristige Bindung von Sozialwohnungen mittels Erbbaurechte über den regulären Förderzeitraum hinaus in Abgrenzung zum kommunalen Volleigentum mit dem Ziel einer langfristig gemischten Quartiersentwicklung möglich ist. Es wird geprüft, ob und inwieweit der städtebauliche Vertrag zur Urbanen Mitte den aktuellen klimapolitischen Aufgaben und den Bedarfen vor Ort noch gerecht wird und eine Anpassung von Art und Maß der Bebauung ermöglicht wird. Die Bestandsnutzungen am ehemaligen Flughafen Tempelhof werden sukzessive gesichert. Rechtlich zulässige Zwischennutzungen, die keine erheblichen Baumaßnahmen erfordern 11
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sowie anderweitig finanziert und verantwortet werden, können – ohne einer Zielstruktur vorzugreifen – zugelassen werden. Die Koalition wird sich dafür einsetzen, die Kulturbrauerei und das Filmtheater Colosseum als Kulturstandorte zu erhalten. Die Koalition wird wichtige Gedenkorte der deutsch-deutschen Teilung bewahren und entwickeln. Das diskursive Verfahren für die Gestaltung des Checkpoint Charlie wird fortgeführt. Das ehemalige Gelände des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in der Normannenstraße soll zum Campus für Demokratie entwickelt und als öffentlicher Kultur-, Bildungs-, Erinnerungs- sowie Verwaltungsstandort wiederbelebt werden. Für die ehemalige FDJ-Schule (Freie Deutsch Jugend) am Bogensee wird die Koalition gemeinsam mit dem Land Brandenburg, dem Bund und der Gemeinde Wandlitz ein Nutzungskonzept entwickeln. Die Erforschung und partielle Sicherung der historischen Zeugnisse im Boden ist Teil der modernen Stadtentwicklung, die Großgrabung Molkenmarkt wird fortgesetzt. Mit der bevorstehenden Eröffnung des Archäologischen Haus am Petriplatz wird ein zentraler Ort zur Berliner Archäologie geschaffen. Archäologische Fenster sollen am Roten Rathaus, in der Breiten Straße und am Molkenmarkt entstehen. Die Koalition unterstützt die bundesfinanzierte Bauakademie in ihrem Bestreben, einen nachhaltigen und innovativen Bau im Geiste Schinkels umzusetzen. Berlin hat einen akuten Wohnungsmangel, insbesondere im unteren und mittleren Mietpreissegment. Der Berliner Wohnungsmarkt ist derzeit gekennzeichnet durch eine geringe     Leerstandsquote,      daraus    resultierende   fehlende    Umzugsmöglichkeiten, Abwanderungen ins Umland sowie stark ansteigende Mieten und überhöhte Angebotsmieten, Immobilienspekulation und überhöhte Bodenpreise. Nur wenn wir ausreichend bezahlbare Wohnungen schaffen und gleichzeitig Mieter*innen schützen, werden wir den Wohnungsmarkt in Berlin nachhaltig entspannen. Vor diesem Hintergrund hat die Koalition das erklärte Ziel, den Wohnungsneubau und die dazugehörige Infrastruktur in der Stadt mit höchster Priorität voranzubringen, um der Zielsetzung des Neubaus von 20.000 Wohnungen im Jahr zu entsprechen. Das Ziel dabei ist, möglichst die Hälfte davon in dieser Legislatur im gemeinwohlorientierten und bezahlbaren Segment zu errichten. Die Koalition wird durch Beschleunigungen, Förderprogramme, vertragliche Lösungen und eine entsprechende Liegenschaftspolitik den Wohnungsmangel und damit einhergehende überhöhte Mieten bekämpfen. Die vielen anstehenden Bauaufgaben sind für uns Aufforderung für Innovationen und den ökologischen Umbau. 12
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Der „Stadtentwicklungsplan Wohnen“ (StEP Wohnen) wird überarbeitet mit dem Ziel, Möglichkeiten auszuloten, um zusätzliche Wohnungsbaupotenziale zu erschließen. Die Zielzahl von 200.000 Wohnungen bis 2030 wird konkret mit Stadtquartieren und Wohnbaupotenzialen untersetzt. Der Wohnungsbau wird insbesondere durch verträgliche Nachverdichtung, Aufstockung, Transformation im bebauten Bereich wie zum Beispiel Parkplätze, Nutzungsstapelung, graue Flächen und in neuen Stadtquartieren realisiert. Folgende Maßnahmen ergreift die Koalition: In den ersten 100 Tagen wird ein projektkonkreter Bericht über alle größeren laufenden Projekte in den neuen Stadtquartieren, im Kooperativen Baulandmodell, bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften sowie bei privaten Bauherren vorgelegt, um Transparenz zu schaffen, Zielsetzungen zu schärfen sowie Probleme und Lösungen aufzuzeigen. Aufbauend auf den bisherigen Erfahrungen werden wir Maßnahmen zur Beschleunigung der    Planungs-, Genehmigungs-        und Bauabläufe umsetzen. Die Koalition wird Entwicklungshemmnisse beim Wohnungsbau konsequent abbauen. Damit verbunden ist unter anderem der Aufbau von Personal, besser abgestimmte Verkehrsplanung, Beschleunigung von     Bebauungsplänen,      gute  und     zügige    Beteiligungsverfahren,   Lösung     von Naturschutzkonflikten, Finanzierung öffentlicher Infrastruktur, Entwicklung von Strategien im Umgang mit begrenzten Baukapazitäten etwa über eine Stärkung der Bauwirtschaft und eine Ausbildungsoffensive. Wir werden die für den Wohnungsneubau erforderlichen Verkehrsprojekte gut abgestimmt schnell realisieren und gegebenenfalls für vorläufige Erschließung sorgen. Dies gilt   insbesondere      für  die  Stadtquartiere     Gartenfeld,    Blankenburger    Süden, Michelangelostraße, Güterbahnhof Köpenick, Siemensstadt Square, Wasserstadt Oberhavel, Rangierbahnhof Pankow, Schumacher-Quartier. Im Zuge einer Fortschreibung des „StEP Wohnen“ bis 2023 wird aufgrund der künftigen Bevölkerungsentwicklung der zusätzliche Wohnraumbedarf ermittelt. Dabei wird die Bevölkerungsentwicklung der gesamten Metropolregion berücksichtigt, um wirtschafts-, sozial- und klimapolitisch unerwünschte Verdrängungseffekte ins Umland zu vermeiden. Um mindestens 200.000 neue Wohnungen bis 2030 zu bauen, wird die Koalition zusätzliche Potenziale, unter anderem durch Erweiterung der Kulisse, höhere Dichte in den bisher definierten 16 neuen Stadtquartieren sowie zusätzliche neue Stadtquartiere beziehungsweise Erweiterungen, definieren. Prioritär soll dabei der Wohnungsbau in den neuen Stadtquartieren weiterverfolgt und beschleunigt sowie durch höhere Dichten intensiviert werden, um mindestens 51.000 13
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Wohnungen in diesen Quartieren zu bauen: Blankenburger Süden, Buch am Sandhaus, Buckower      Felder,     Europacity,     Wasserstadt    Oberhavel,       Neues      Gartenfeld, Johannisthal/Adlershof,    Güterbahnhof     Köpenick,   Neulichterfelde,   Michelangelostraße, Schumacher-Quartier, Pankower Tor, Neue Mitte Tempelhof, Schöneberger Linse (Südkreuz), Siemensstadt, Stadtgut Hellersdorf. Zusätzliche neue Stadtquartiere wie etwa Tegel Nord und Marienhöfe sollen mit rund 2.800 Wohnungen zügig in die Umsetzung gehen. Wohnungsbaupotenziale in weiteren Quartieren wie zum Beispiel die Elisabeth-Aue, Zentraler Festplatz und Späthsfelde werden im Rahmen der Überarbeitung des „StEP Wohnen“ ausgelotet und mit konkreten Zahlen untersetzt. Dabei sollen Klimaresilienz, die Planung und der Erhalt soziokultureller Infrastruktur und grüner Freiflächen sowie innovative Konzepte der Schwammstadt, der 15-Minuten-Stadt und der Smart City Berücksichtigung finden. Das    Wohnflächeninformationssystem       (WoFis)   beinhaltet   alle   Potenziale   über   50 Wohneinheiten, darunter auch die neuen Stadtquartiere. Darin sind kurz- und mittelfristig etwa 151.000 Wohnungen realisierbar. Darüber hinaus können ca. 31.000 Wohnungen innerhalb der nächsten acht bis zwölf Jahre fertiggestellt werden. Hinzu    kommen       Wohnungsbaupotenziale       unter   50    Wohneinheiten        wie   etwa Nachverdichtungen, Aufstockungen im Bestand, Transformation im bebauten Bereich, Nutzungsstapelung oder graue Flächen in Höhe von 30.000 Wohneinheiten bis 2030. Durch Rückbau und Deckelung von Verkehrsbauten werden zusätzliche Flächenpotenziale für die Zeit ab 2030 mobilisiert. Inwieweit Berlin darüber hinaus weitere Flächen auf bislang unversiegelten Böden bebauen muss, wird im Rahmen der Fortschreibung des „StEP Wohnen“ sorgfältig geprüft. Derzeit ergibt dies in der Summe ein Wohnungsbaupotenzial von 212.000 Wohnungen und weiterer Potenziale bei Überarbeitung des „StEP Wohnen“. Für die Zeit der Legislaturperiode wird keine Randbebauung des Tempelhofer Feldes geplant. Eine maßvolle und verträgliche weitere Verdichtung in bestehenden Stadtstrukturen ist ein wichtiger Schlüssel für eine klimagerechte Stadtentwicklung. Hierdurch kann eine Ausdehnung in der Metropolregion in die Fläche und zusätzlicher Autoverkehr vermieden werden. Deshalb bekennen     wir  uns    zum     „Urbanen   Bauen“,   das   die   Möglichkeiten     der  neuen Baunutzungsverordnung (BauNVO) nutzt, auch über die bisherigen Bau- bzw. Traufhöhen hinaus. Hierfür wird im Einzelfall entsprechendes Baurecht geschaffen. Der wachsende Bedarf nach Flächen wird zukünftig vermehrt durch Neuordnung und bestmögliche Nutzungsüberlagerung gedeckt. Die Koalition wird deshalb die bezirkliche 14
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Entwicklungsplanung systematisch um ein strategisches Flächenmanagement ergänzen, auch um ein aktives Zugehen auf Grundstückseigentümer*innen zu ermöglichen. Dafür sind die Wohnungspotenziale aus dem WoFis eine wichtige Grundlage. Die Investitionsfähigkeit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wird gesichert. Die Wohnungsbaugesellschaften sollen in den nächsten fünf Jahren 35.000 Wohnungen neu bauen. Dafür werden weiter unentgeltlich landeseigene Grundstücke übertragen, deren Wert sie als Mietsubvention einsetzen müssen. Mindestens 400.000 Wohnungen sollen durch Neubau und Ankauf im Jahr 2026 in öffentlicher Hand sein. Die Kooperationsvereinbarung mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wird fortgeschrieben. Für die Erfüllung der ehrgeizigen Neubauziele muss die Neubaufähigkeit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften           verbessert    werden.       In   Absprache     mit      den Landeswohnungsunternehmen (LWU) wird geklärt, wie in einer gemeinsamen stärkeren Planungs- und Neubaueinheit Synergieeffekte zum Beispiel aus Standardisierung gehoben und bessere Strategien zum Umgang mit knappen Baukapazitäten auf dem Markt umgesetzt werden können. Die LWU werden mehr Wohnungsneubau in serieller Bauweise erstellen und neue, gemeinschaftliche Wohnformen wie auch große Familien besonders berücksichtigen. Städtebauliche Qualität und lebenswerte Quartiersstrukturen werden dabei weiterhin gewahrt. Wohnungsangebote und Neubauten der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften für Studierende und Auszubildende sollen weiter ausgebaut werden. Fast 40 Prozent der Treibhausgas-Emissionen und 60 Prozent des Abfallaufkommens gehen in Deutschland auf den Gebäudesektor zurück. Die Koalition wird einen deutlichen Schwerpunkt auf Investitionen in Klimaschutz und Klimaanpassung legen und das Bauen in Berlin konsequent auf Nachhaltigkeit ausrichten. Damit wird Berlin Teil des „Green Deals“ der Europäischen Union. Das Land und seine Unternehmen wollen sich verpflichten, beim Neubau eine Zertifizierung nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) einzuhalten. Die im Verfahren befindliche Zertifizierung (Silber ab zehn Mio. Euro Investitionsvolumen) wird abgesichert. Der Senat wird aufgefordert, ein Umsetzungskonzept inklusive einer Folgenabschätzung vorzulegen. Neue     Gebäude      (auch   bei   den  landeseigenen    Betrieben)   sollen   möglichst   aus nachwachsenden und kreislaufgerechten Baustoffen errichtet werden und damit CO2 einlagern. Schulgebäude und Wohnbauten der LWU sollen vermehrt aus Holz und klimagerechten Baustoffen gebaut werden. Lebenszykluskosten werden als Kriterium genutzt. 15
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Eine Berliner Holz-Bauhütte wird aufgebaut und ein Holzbaucluster mit Brandenburg organisiert. Das Schumacher-Quartier wird dabei Pilotprojekt. Zur Erreichung der CO2-Einsparungen im Gebäudebestand werden wir den bereits begonnenen Prozess der städtischen Wohnungsbaugesellschaften intensivieren, das Ziel der CO2-Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Für den privaten Wohnungsbestand wollen wir Förderprogramme weiterentwickeln, die mit dem Förderinstrumentarium des Bundes abgestimmt sind. Die Koalition wird die Schaffung und Verlängerung von Preis- und Belegungsbindungen im Zuge einer Novellierung der Wohnungsbauförderung für energetisch sinnvolle Maßnahmen ermöglichen. Der Abriss von baulichen Anlagen vernichtet bislang sehr viel graue Energie, deshalb haben für die Koalition der Umbau und die Erweiterung Priorität gegenüber Abriss und Neubau. Wo Bauteile abgebrochen werden, gilt das Primat der Kreislaufwirtschaft und vor allem das Getrenntsammeln. In Zusammenarbeit mit der Bauwirtschaft soll das Recycling von Bauabfällen deutlich verstärkt und die Lagerung und Wiedernutzung von älteren Bau- und Ausbauteilen ermöglicht werden. Für Innovationen am Bau wird das Land Berlin mit den Hochschulen, Forschungseinrichtungen und der Bauwirtschaft in der Region kooperieren und ein Bauinnovationszentrum für Beratung und Schulung einrichten, das eng mit der Bundesstiftung Baukultur zusammenarbeiten wird. Um asbestfreie Hauptstadt zu werden, schafft die Koalition als Sofortmaßnahme Beratungskapazitäten für Mieter*innen und Vermieter*innen. Die energetische Ertüchtigung des öffentlichen Gebäudebestands wollen wir durch Bundes- und Landesprogramme fördern. Die Koalition wird die Berliner Bauordnung zügig unter Einbeziehung der Bezirke novellieren mit dem Ziel, eine weitere Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren zu ermöglichen. Die bereits vorgesehenen Änderungen für mehr Barrierefreiheit werden mittelfristig umgesetzt. Ökologische Themen für mehr Nachhaltigkeit wie der qualifizierte Freiflächenplan,    die   Dach-  und   Fassadenbegrünung,      der  Schutz   erhaltenswerter Bausubstanz, die Holzbauweise und die Typengenehmigungen finden Eingang. Es wird geprüft, inwieweit der Biotopflächenfaktor hierbei Berücksichtigung finden kann. Zudem wird die Koalition Empfehlungen aus dem „StEP Klima“ berücksichtigen. Bei    der    Entwicklung  von   Wohnraum     ist  angemessener     Raum    für  öffentliche Bewegungsangebote einzuplanen. Wir wollen den Anteil an barrierefreien und barrierearmen Wohnungen in Berlin im Neubau und im Bestand deutlich erhöhen. Eine Investitionsoffensive für barrierefreie und inklusive Wohnangebote im Bestand wird geprüft. 16
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Das bewährte Kooperative Baulandmodell wird in Anlehnung an das Münchner Vorbild weiterentwickelt, sodass sowohl im niedrigen als auch im mittleren Preissegment Wohnraum geschaffen wird. Die Koalition wird die bisherige Förderung im ersten Förderweg für das untere Preissegment bei 30 Prozent der Wohnfläche fortführen. Für das mittlere Preissegment streben wir im zweiten Förderweg zusätzlich einen deutlichen Anteil an geförderter Wohnfläche an. Wirtschaftlichkeit ist eine Grundannahme und Voraussetzung für jede Weiterentwicklung dieses Modells. Die konkrete Ausgestaltung wird im “Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ mit den Beteiligten abgestimmt. Jenseits der Refinanzierung durch öffentliche Förderung wird die Möglichkeit der Refinanzierung durch einen Anteil von Eigentumswohnungen eröffnet. Die Koalition wird die Projekte des Kooperativen Baulandmodells und die laufenden neuen Stadtquartiere beschleunigen, damit ein größerer Teil der Potenziale deutlich früher und vor 2026 realisiert wird. Die Koalition setzt den Weg fort, grundsätzlich keine landeseigenen Grundstücke zu veräußern. Bei großen Projekten auf landeseigenen Grundstücken wollen wir mit dem Ziel der Mischung auch Grundstücke an Genossenschaften (mindestens 25 Prozent der Flächen) im Wege des Erbbaurechts vergeben. Dies wird dinglich gesichert. Landeseigene Grundstücke werden nur im Erbbaurecht vergeben, weiterhin auch an Genossenschaften zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Eine Verlängerung der Laufzeiten von Erbbaurechten auf maximal 99 Jahre werden wir anbieten. Wir wollen Konzeptverfahren so weiterentwickeln, dass sie schneller und weniger aufwendig sind. Das schließt Direktvergaben nicht aus, über die das Parlament entscheidet. Der Zugang zu landeseigenen Grundstücken wird verbessert. Flächen an Genossenschaften werden per Erbpacht zu grundbuchlich gesicherten Bedingungen vergeben, die sich am Ertrag ausrichten, der sich mit preisgebundenen Wohnungen erzielen lässt. Das Land bietet an, für jede genossenschaftliche Neubauwohnung auf eigenen Grundstücken landeseigene Baupotenziale in gleicher Größe zur Verfügung zu stellen. Ein*e Genossenschaftsbeauftragte*r wird erneut berufen. Die Koalition will auf un- oder untergenutzten Flächen landeseigener Betriebe oder anderer öffentlicher Institutionen (beispielsweise BVG, Vivantes, Universitäten oder der Polizei) Wohnungsbau für Beschäftigte realisieren, um die Attraktivität von Jobs im öffentlichen Sektor nachhaltig zu erhöhen. Wir werden die Politik der Sicherung und Ausweitung des Bodens in öffentlicher Hand fortsetzen und die Berliner Ankaufsstrategie weiterentwickeln. Es wird ein Fokus auf die Beschleunigung der Bau- und Planungsverfahren gelegt. Bei Bebauungsplänen (B-Plänen) sind klare Fristen in den Verwaltungen durchzusetzen. Zielvereinbarungen      zwischen    Senat    und    Bezirken   zur    Schaffung   bezahlbaren Wohnungsneubaus         werden    auf    Grundlage    des    Wohnflächeninformationssystems 17
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