Große Anfrage von Die Linke zu Eratzfreiheitsstrafen in Hamburg

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BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG                                     Drucksache   22/7323 22. Wahlperiode                                                                              08.03.22 Große Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir, Sabine Boeddinghaus, Deniz Celik, Dr. Carola Ensslen, Olga Fritzsche, Norbert Hackbusch, Metin Kaya, Stephan Jersch, Dr. Stephanie Rose, David Stoop, Heike Sudmann, Insa Tietjen, Mehmet Yildiz (DIE LINKE) vom 09.02.22 und  Antwort des Senats Betr.:     Ersatzfreiheitsstrafen in Hamburg Ersatzfreiheitsstrafen werden angeordnet, wenn eine Person aufgrund einer Straftat zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, diese Geldstrafe aber nicht zahlt. Ein Tagessatz entspricht dabei einem Tag Freiheitsstrafe (vergleiche § 43 StGB). Ersatzfreiheitsstrafen werden kriminal- und sozialpolitisch stark kritisiert. In der Regel handelt es sich um kurze Freiheitsstrafen (die durchschnittliche Dauer liegt bei etwa 40 Tagen entsprechend 40 Tagessätzen). Während einer kurzen Inhaftierung besteht kaum die Zeit, den Gefangenen vernünftige soziale (Unterstützungs-)Angebote zu machen, während die Gefangenen aber gleichzeitig nahezu sämtliche negative Haftfolgen erleiden. Trotzdem müssen bundesweit etwa 100.000 Menschen jährlich eine Ersatzfreiheitsstra- fe absitzen. Ersatzfreiheitsstrafen stehen aber auch deswegen in der Kritik, da die Nicht- zahlung einer Geldstrafe in der Regel aus Armut und/oder einer schwierigen Lebenssituation resultiert. Studien zufolge ist die überwiegende Anzahl der Personen, gegen die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird, erwerbslos (je nach Studie bis zu drei Viertel der Inhaftierten). Etwa 40 Prozent der betrof- fenen Personen waren vor der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe obdachlos, etwa zwei Drittel litten an einer Suchterkrankung. Wir fragen den Senat: Die Problematik der Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen wurde durch eine von der Justizministerkonferenz eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Prüfung alternativer Sanktionsmöglichkeiten – Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 43 StGB“ umfassend untersucht. Der 2019 vorgestellte Abschlussbericht ist öffentlich zugäng- lich     (https://fragdenstaat.de/dokumente/142049-jumiko-blag-ersatzfreiheitsstrafen/). Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister hat den Abschlussbericht auf ihrer Frühjahrskonferenz am 5. und 6. Juni 2019 zur Kenntnis genommen und festge- stellt, dass der Abschlussbericht eine geeignete Grundlage darstellt, um weitere Mög- lichkeiten der Vermeidung beziehungsweise Verkürzung der Vollstreckung von Ersatz- freiheitsstrafen in den Ländern näher auszuloten. Die Justizministerinnen und Justiz- minister haben die damalige Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz gebeten, einen bundesgesetzlichen Änderungsbedarf unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu prüfen.
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Drucksache 22/7323        Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Im Koalitionsvertrag 2021 bis 2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP ist angekündigt, das Sanktionensystem einschließlich Ersatzfreiheitsstrafen zu überarbeiten (https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812/ 0422 1173eef9a6720059cc353d759a2b/2021-12-10-koav2021-data.pdf? download=1). Im Arbeitsprogramm des Senats in der 22. Legislaturperiode der Hamburgischen Bür- gerschaft ist festgehalten, dass ein wichtiger Beitrag zur Resozialisierung auch darin bestehen kann, dass Haft vermieden wird und dass sich weiterhin für haftvermeidende Maßnahmen im Vorfeld der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen eingesetzt wird (Seite 187). Dementsprechend ist den zuständigen Behörden die Vermeidung der Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafe ein wichtiges Anliegen. Eine Beantwortung der Fragen ist mangels belastbarer Datenbasis vielfach nicht oder nur eingeschränkt möglich. Das Vorgangsbearbeitungs- und Vorgangsverwaltungs- system der Staatsanwaltschaft MESTA ist in erster Linie für die Wahrnehmung der originären staatsanwaltschaftlichen Aufgaben der Strafverfolgung und Strafvollstre- ckung entwickelt worden und kein Statistikprogramm. Für statistische Auswertungs- zwecke ist MESTA nur bedingt geeignet. Insbesondere speichert MESTA keine bezie- hungsweise kaum Historien. Dies gilt auch im Zusammenhang mit der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen (EFS). Wurde zum Beispiel gegen einen Beschuldigten im Zeitraum 2018 bis 2022 in einem oder mehreren Geldstrafenvollstreckungsverfahren jeweils wiederholt die EFS angeordnet, werden die Daten für die jeweils ältere Ladung in MESTA überschrieben. Damit ist lediglich die jüngste Ladung in MESTA im Rah- men einer automatisierten Auswertung feststellbar. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den MESTA-Daten um einen sogenannten lebenden Datenbestand handelt und sich die Datengrundlage je nach Zeitpunkt der Abfrage verändern kann. Hinzu kommt, dass die automatisierten MESTA-Auswertungen jeweils programmiert werden müssen, mithin unter dem Vorbehalt der vollständigen und richtigen Erfassung sowie der richtigen Programmierung stehen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Anzahl von Ersatzfreiheitsstrafen in Hamburg 1. Wie viele Verurteilungen zu Geldstrafen hat es seit dem 01.01.2018 in Hamburg gegeben? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Jahre     Verurteilungen zu Geldstrafen 2018                   10.936 2019                   13.463 2020                   11.916 Für das Jahr 2021 liegen noch keine Daten der Strafverfolgungsstatistik vor. 2.   Wie viele Anordnungen zur Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen hat es seit dem 01.01.2018 gegeben und wie viele sind davon jeweils tat- sächlich vollstreckt worden? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Die Anordnung einer EFS wird in MESTA nicht eingetragen. Erfasst wird die Ladung zum Strafantritt. Allerdings erfolgt nicht bei jeder EFS-Anordnung eine Ladung zum Strafantritt. So werden zum Beispiel Verurteilte, die sich in anderer Sache in Haft befinden oder ohne festen Wohnsitz sind, nicht geladen. Verurteilte, die bereits eine EFS durch gemeinnützige Arbeit (gA) tilgen, werden ebenfalls nicht gesondert gela- den, falls sie beantragen, weitere Geldstrafen durch gA zu tilgen. Wurde zum Beispiel die verurteilte Person zu drei Geldstrafen verurteilt und zahlt auf die beiden ersten Strafen Raten, bedient die dritte Strafe aber nicht, wird für die dritte Strafe die EFS angeordnet und die Ladung in MESTA erfasst. Beantragt die verurteilte Person dann die Abwendung der EFS durch gA für sämtliche Verfahren, ordnet die Rechtspflegerin beziehungsweise der Rechtspfleger die Vollstreckung der EFS auch für die erste und zweite Strafe an, da dies eine zwingende Voraussetzung für die Tilgung durch gemeinnützige Arbeit ist (vergleiche Artikel 293 Absatz 1 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB)). Eine Ladung erfolgt in diesen Fällen nicht. In MESTA wird bei EFS-Vollstreckungen der Strafbeginn erfasst. In diesen Fällen ist grundsätz- lich davon auszugehen, dass die EFS vollstreckt wurde. Dies gilt aber nicht aus- 2
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Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode      Drucksache 22/7323 nahmslos. So kann zum Beispiel bei Überhaftnotierungen ein Strafbeginn in MESTA notiert sein, ohne dass die EFS vollstreckt wurde, da die verurteilte Person die Geld- strafe vor Vollstreckungsbeginn gezahlt hat. Für eine verlässliche Beantwortung der Frage wäre eine Auswertung sämtlicher Ver- fahren erforderlich, in denen EFS angeordnet wurden. Hierbei handelt es sich um eine zumindest vierstellige Anzahl an Verfahren. Bereits eine Einzelauswertung der jeweili- gen MESTA-Datensätze ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Dies gilt erst recht für eine Beiziehung und händische Einzelauswertung der Verfahren. Dies vorweggeschickt konnten im Rahmen einer programmtechnischen MESTA-Aus- wertung folgende Daten für EFS-Vollstreckungen ermittelt werden (Stand 16.02.2022): Jahr        In MESTA notierter Vollstreckungsbeginn 2018                     745 2019                     656 2020                     623 2021                     625 2022                     112 3.   Wegen welcher Delikte wurden jeweils wie viele Personen verurteilt, gegen die seit dem 01.01.2018 die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstra- fe angeordnet beziehungsweise vollstreckt wurde? Bitte nach Jahren sowie nach Anordnung und tatsächlicher Vollstreckung aufschlüsseln und in absoluten Zahlen und Prozent angeben. Die in MESTA als Tatvorwürfe für ein Verfahren erfassten Straftatbestände sind nicht notwendigerweise die Delikte, die Gegenstand des gerichtlichen Schuldspruchs sind. Soweit in MESTA zwar im Rahmen der Bundeszentralregister-Mitteilungen die Straf- tatbestände eingetragen werden, handelt es sich aber um Textketten, die abschlie- ßend aufgrund der Vielzahl der Verfahren und der verschiedenen in Betracht kom- menden Strafnormen auch programmtechnisch automatisiert nicht ausgewertet wer- den können. 4.   Wie viele der Verurteilungen, wegen denen seit dem 01.01.2018 eine Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet beziehungsweise vollstreckt wurde, sind durch einen Strafbefehl erfolgt? Bitte nach Jahren sowie nach Anord- nung und tatsächlicher Vollstreckung aufschlüsseln. In MESTA wird lediglich erfasst, ob die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren mit einem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgeschlossen hat. Ob eine Geldstrafe durch Urteil oder Strafbefehl ausgesprochen wurde, wird dagegen nicht erfasst. Zur Beantwortung der Frage müssten daher alle Verfahren ausgewertet werden, in denen EFS angeordnet und/oder vollstreckt wurden. Dies ist im Rahmen der für die Beant- wortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5.   Wie viele Personen, gegen die eine Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wur- de, waren seit dem 01.01.2018 im offenen Vollzug untergebracht? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Jahr                   Anzahl Personen* 2018                           39 2019                           50 2020                           23 2021                           18 2022 (bis 16.02.)               8 *   Zum Teil sind Personen mehrfach gezählt, da mehrere EFS für dieselbe Person im selben oder in verschiedenen Jahren vollstreckt wurden beziehungsweise EFS über den Jahres- wechsel vollstreckt wurden. Die Zahlen beziehen sich auf den offenen Erwachsenenvollzug (JVA Glasmoor). Für den offenen Jugendvollzug (JVA Hahnöfersand) wurde Fehlanzeige gemeldet. 3
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Drucksache 22/7323         Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode 6.   Wie hoch ist der durchschnittliche Tagessatz, aufgrund dessen die Gefangenen die Ersatzfreiheitsstrafe antreten? Soweit möglich, nach Jahren seit 2018 aufschlüsseln. Eine statistische Erhebung des durchschnittlichen Tagessatzes findet bei der Staats- anwaltschaft nicht statt. Eine programmgestützte MESTA-Auswertung der auslesba- ren Tagessatzhöhen hat folgendes Ergebnis erbracht, wobei hier mit Blick auf mögli- che teilweise erfolgte Tilgungen der Geldstrafen zum Zeitpunkt des Antritts einer EFS zu berücksichtigen ist, dass die in MESTA bei der Strafvollstreckung in der Tilgungs- liste eingetragenen Daten nicht ausgewertet werden können: Jahr        Anzahl der Beschuldigten mit       Summe der                Durchschnittswert in MESTA notiertem Strafbe-        Tagessatzhöhen           in € ginn im jeweiligen Jahr            in € 2018                       745                        9.336                     12,53 2019                       658                        9.072                     13,79 2020                       624                        8.184                     13,11 2021                       628                        8.707                     13,86 (Stand 18.02.2022) Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 7.   Wie lange dauert die durchschnittliche Inhaftierungsdauer bei Ersatzfrei- heitsstrafen und was waren jeweils die kürzeste und die längste Dauer? Soweit möglich, nach Jahren seit 2018 aufschlüsseln. Eine programmgestützte MESTA-Auswertung der Daten, für die in MESTA bei der Vollstreckung von EFS neben dem Beginn ein Entlassungsdatum eingetragen war, hat folgendes Ergebnis erbracht (Stand 18.02.2022): * Jahr    Anzahl der Beschul-        Summe der           Minimale und          Durch- digten mit in MESTA        erfassten Voll-     maximale              schnittswert in notiertem Strafbeginn      streckungsdauer     Dauer in Tagen        Tagen 2018    681                        27.436              1 – 411               40,29 2019    615                        24.293              1 – 351               39,5 2020    573                        24.071              1 – 394               42 2021    529                        19.592              1 – 214               40,28 *   Jahresübergreifende Vollstreckungen wurden dem Entlassungsjahr zugerechnet. 8.   Gegen wie viele der Personen, gegen die seit dem 01.01.2018 eine Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet beziehungsweise vollstreckt wurde, wurde bereits vorher eine Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt? Siehe Vorbemerkung. 9.   Wie hoch waren seit dem 01.01.2018 jeweils die Haftkosten pro Hafttag pro Gefangenem? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Jahr       Tageshaftkostensatz 2018               165,75 2019               186,61 2020               194,96 2021               214,13* 2022                210** *   Es wird der Tageshaftkostensatz des 4. Quartals 2021 angegeben, Gesamt-Tageshaft- kostensatz liegt noch nicht vor. ** Plan-Tageshaftkostensatz, Ist-Haftkostensatz für 2022 liegt noch nicht vor. 10. Wie hoch war die Summe der Geldstrafen seit dem 01.01.2018 jährlich, die mittels einer vollstreckten Ersatzfreiheitsstrafe getilgt wurden? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Eine Beantwortung der Frage ist nicht möglich. Bei der Staatsanwaltschaft wird statis- tisch nicht erfasst, wie hoch die Summe der Geldstrafen war, die mittels EFS voll- streckt wurden. Für eine programmtechnische Auswertung wäre ein Rückgriff auf die 4
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Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode                   Drucksache 22/7323 Daten aus der Tilgungsliste erforderlich. Eine solche Auswertung ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar. Im Übrigen siehe Antwort zu 6. 11. Wie hoch war die Summe der Verurteilungen zu einer Geldstrafe in Hamburg jährlich seit dem 01.01.2018? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Die Verteilung der Geldstrafen nach Anzahl und Höhe der Tagessätze ist der nach- stehenden Tabelle zu entnehmen. Da die Höhe der Tagessätze und die Tagessatz- zahl in der Statistik nicht einzeln ausgewiesen werden, lässt sich eine Summe nicht korrekt berechnen. Dazu müssten sämtliche Verurteilungen ausgewertet werden, was in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehen- den Zeit nicht möglich ist. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Tagessatzhöhe davon mehr     davon mehr Anzahl                  davon mehr als als               als Anzahl Kj.               Verurteilun davon bis   5 bis             10 bis         25 bis         davon mehr Tagessätze gen         einschl.    einschließlich    einschließlich einschließlich als 50 insgesamt 5 Euro        10 Euro           25 Euro        50 Euro        Euro 5 - 15               238            5                92             64             74            3 16 - 30            3.542           88            1.158             871          1.301         124 31 - 90            5.807         326             2.593           1.390          1.350         148 2018 91 - 180           1.278         123               697             237            190           31 181 - 360             64            4                23             20              8            9 über 360                7 Summe             10.936         546             4.563           2.582          2.923         315 5 - 15               278            5              103              63             95           12 16 - 30            4341            96             1396           1058           1586          205 31 - 90            7224          365              3110           1835           1734          180 2019 91 - 180           1555          136               835             296            259           29 181 - 360             58            4                26             16              8            4 über 360                7 Summe             13463          606              5470           3268           3682          430 5 - 15               215            4                54             60             88            9 16 - 30            3.827           80            1.082             862          1.614         189 31 - 90            6.377         255             2.595           1.429          1.908         190 2020 91 - 180           1.432         163               737             271            232           29 181 - 360             62            6                21              9             20            6 über 360                3 Summe             11.916         508             4.489           2.631          3.862         423 Eine programmgestützte MESTA-Auswertung der Daten, für die in MESTA rechtskräf- tige Geld- oder Gesamtgeldstrafen eingetragen sind, hat folgendes Ergebnis erbracht (Stand 18.02.2022): Jahr der                 Summe aller Geldstrafen Rechtskraft              in € 2018                              15.177.238 2019                              15.492.942 2020                              15.717.980 2021                              15.473.800 Ratenzahlung von Geldstrafen 12. Gemäß § 42 StGB sind Personen, die zu einer Geldstrafe verurteilt wur- den, Zahlungserleichterungen zu gewähren. Inwieweit werden zu einer Geldstrafe verurteilte Personen auf die Möglichkeiten der Ratenzahlung hingewiesen? Nach § 42 Absatz 1 StGB bewilligt das Gericht der verurteilten Person unter den dort genannten Voraussetzungen Zahlungserleichterungen. Dies ist in der Praxis in etwa 98 Prozent der Urteile und Strafbefehle, mit denen auf eine Geldstrafe erkannt wurde, der Fall. In den restlichen Fällen (circa 2 Prozent) lehnt das Gericht die Ratenzahlung ab und begründet seine Entscheidung. Leistet eine verurteilte Person auf die Zah- lungsaufforderung der Staatsanwaltschaft, die nach Einleitung der Vollstreckung 5
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Drucksache 22/7323        Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode regelmäßig ergeht, keine Zahlung, wird die Akte, sofern die verurteilte Person in Ham- burg wohnt und erstmalig verurteilt wurde, im Rahmen des Konzepts zur Reduzierung von EFS gemäß § 463d Strafprozessordnung (StPO), § 14 Absatz 2 Hamburgisches Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz (HmbResOG) dem Fachamt Straffälligen- und Gerichtshilfe beim Bezirksamt Eimsbüttel zugeleitet. Sofern das Fachamt einen Kontakt zu der verurteilten Person herstellen kann, wird sie durch die Mitarbeiterinnen beziehungsweise Mitarbeiter des Fachamts nochmals auf die Möglichkeit der Raten- zahlung hingewiesen. 13. In wie vielen Fällen wurde seit dem 01.01.2018 direkt mit der Verurtei- lung zu einer Geldstrafe durch das Gericht eine Ratenzahlung gestattet? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. In MESTA wird nicht erfasst, ob das Gericht eine Ratenzahlung bewilligt hat. Es müss- te eine Auswertung aller Verfahren erfolgen, in denen Geldstrafen ausgesprochen wurden. Dies ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. und 12. 14. Welche Schritte sind erforderlich, um eine Ratenzahlungsvereinbarung zu schließen? Die verurteilte Person muss dazu bei der Staatsanwaltschaft gemäß § 459a Absatz 1 StPO einen formlosen, schriftlichen oder mündlichen Antrag auf Bewilligung von Ratenzahlung stellen und ihre aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse erklären und nachweisen. 15. Welche Bedingungen gelten hinsichtlich der Zahlung von Geldstrafen in Raten (zum Beispiel maximaler Zahlungszeitraum, Mindesthöhe von monatlichen Raten et cetera)? Gemäß § 42 StGB, § 459a StPO sind Zahlungserleichterungen zu gewähren, wenn der verurteilten Person nach ihren persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eine sofortige Zahlung der Geldstrafe nicht zuzumuten ist oder wenn ohne die Bewilli- gung von Zahlungserleichterungen die Wiedergutmachung des durch die Straftat ver- ursachten Schadens durch die verurteilte Person erheblich gefährdet wäre. Konkrete gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der Zahlungshöhe und der Tilgungsdauer im Sinne von Ober- oder Untergrenzen existieren nicht. § 2 Strafvollstreckungsordnung bestimmt, dass im Interesse einer wirksamen Strafrechtspflege die richterliche Ent- scheidung mit Nachdruck und Beschleunigung zu vollstrecken ist. Die Zahlungser- leichterungen haben zu berücksichtigen, dass die Geldstrafe ihren Zweck nicht ver- fehlt, und müssen daher so ausgestaltet sein, dass eine verurteilte Person die Geld- strafe noch als Strafe wahrnimmt. Die Vollstreckung soll mithin für die verurteilte Per- son spürbar bleiben, eine Ratenzahlung andererseits aber auch leistbar sein, sodass insoweit ihre individuellen Verhältnisse Berücksichtigung finden und Einfluss auf die Ratenhöhe und damit verbunden die Tilgungsdauer haben. Sowohl für die Höhe monatlicher Raten als auch für die Ratenzahlungsdauer bestehen keine starren Fest- legungen, sie sind von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen im Einzel- fall abhängig. In der Praxis beträgt die Mindestratenhöhe bei Empfängern von Arbeits- losengeld II im Regelfall 20,00 bis 25,00 Euro im Monat. Bei der Tilgungsdauer sind die Verjährungsfristen des § 79 Absatz 3 Nummer 4 und 5 StGB zu beachten, die abhängig von der Höhe der verhängten Geldstrafe drei beziehungsweise fünf Jahre betragen und nach deren Ablauf eine Strafe nicht mehr vollstreckt werden darf (§ 79 Absatz 1 StGB). 16. Welche Schritte werden eingeleitet, wenn eine Person eine Ratenzah- lungsvereinbarung getroffen hat, aber eine Rate ausbleibt, und nach welchem Zeitraum und nach welchen Maßnahmen erfolgt die Anordnung einer Ersatzfreiheitsstrafe? Nach Rechtskraft des Urteils oder Strafbefehls, in dem gegen die verurteilte Person eine Geldstrafe verhängt wurde, erhält sie eine Zahlungsaufforderung der Staatsan- waltschaft. Hierin wird sie darauf hingewiesen, dass bei verspätetem oder ausbleiben- dem Eingang einer Ratenzahlung der noch ausstehende Gesamtbetrag fällig gestellt wird. In der Praxis dulden die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger jedoch die weite- re Ratenzahlung und verzichten auf die Fälligstellung des Gesamtbetrages, wenn die 6
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Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode         Drucksache 22/7323 verurteilte Person lediglich eine Rate nicht rechtzeitig zahlt, danach aber wieder frist- gemäße Ratenzahlungen zu verzeichnen sind. Leistet die verurteilte Person auch die zweite Rate nicht, stellt die Rechtspflegerin beziehungsweise der Rechtspfleger den Gesamtbetrag fällig und fordert sie unter Fristsetzung (eine Woche) zur Zahlung auf. Reagiert die verurteilte Person auf die Fälligstellung des Gesamtbetrages nicht, liegen die Voraussetzungen von § 14 HmbResOG nicht vor und sind Pfändungsmaßnahmen (zum Beispiel Kontenpfändung) nicht Erfolg versprechend, ordnet die Rechtspflegerin beziehungsweise der Rechtspfleger die Vollstreckung der EFS an (vergleiche § 459e Absatz 1 und 2 StPO). Dies geschieht im Regelfall einen Monat nach der Zahlungs- aufforderung. Zeitgleich lädt sie beziehungsweise er die verurteilte Person zum Straf- antritt. Mit der Ladung wird diese auf die Möglichkeit der Tilgung der EFS durch gemeinnützige Arbeit (vergleiche Artikel 293 EGStGB) hingewiesen. Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit 17. Wie viele Personen haben seit dem 01.01.2018 die Möglichkeiten zur Abwendung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit in Anspruch genommen und in wie vielen Fällen wurde die Ersatzfreiheits- strafe vollständig und in wie vielen Fällen in Teilen abgewendet? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Anzahl abgewendeter und teilweise abgewendeter Ersatzfreiheitsstrafen durch die Fachstelle Gemeinnützige Arbeit, aufgeschlüsselt nach Jahren ab 2018 Jahr         Zugang Fälle                   teilweise abgewendet     ganz abgewendet Ersatzfreiheitsstrafen* 2018                      776                         222                    215 2019                      689                         143                    159 2020                      696                         116                    124 2021                      591                         146                    139 Quelle: Fachamt SG, IT-Fachverfahren SoPart *   Angaben zur Anzahl von Personen, die die Möglichkeit zur Abwendung einer Ersatzfrei- heitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit in Anspruch genommen haben, werden nicht geson- dert statistisch erfasst. Bei den Eingangszahlen ist daher aus Gründen der Auswertbarkeit von der Angabe der Personenanzahl abgesehen und stattdessen die Fragestellung bezogen auf Falleingänge beantwortet worden. Mehrfachzählungen sind möglich, da ein Klient bezie- hungsweise eine Klientin in einem Jahreszeitraum wiederholt gemeinnützige Arbeit ableis- ten kann. Im Justizvollzug haben insgesamt im abgefragten Zeitraum 359 Gefangene von der Möglichkeit der Ableistung gemeinnütziger Arbeit Gebrauch gemacht. Eine Aufschlüs- selung ist nur zum Teil möglich, da in der JVA Billwerder 272 Fälle angefallen sind und für die Beantwortung der Frage eine Auswertung aller entsprechenden Gefange- nenpersonalakten notwendig gewesen wäre. Dies ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar Die unten stehende Tabelle gibt daher die Zahlen der JVA Glasmoor, der Sozialthera- peutischen Anstalt sowie der JVA Fuhlsbüttel wieder: Justizvollzug Jahr         Anzahl Personen         vollständig      anteilig 2018*                   7                   0              7 2019                   39                   5             34 2020                   23                   4             19 2021                   13                   6              1 2022                   5**                  1              2 *   Für das Jahr 2018 konnten nur die Zahlen der JVA Glasmoor ermittelt werden. Ab 2019 fließen die Zahlen der Sozialtherapeutischen Anstalt und der JVA Fuhlsbüttel mit ein. Für die JVA Hahnöfersand sind keine Fälle im Sinne der Anfrage vorhanden. ** In zwei Fällen läuft die Tilgung aktuell. 7
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Drucksache 22/7323           Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode 18. Wie viele Hafttage von Ersatzfreiheitsstrafen konnten seit dem 01.01.2018 durch gemeinnützige Arbeit angewendet werden? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Anzahl abgewendeter Hafttage durch gemeinnüt- zige Arbeit, aufgeschlüsselt nach Jahren ab 2018 Jahr            Anzahl abgewendeter Hafttage 2018                      16.611 2019                      12.519 2020                      9.056 2021                      10.325 Quelle: Fachamt SG, IT-Fachverfahren SoPart JVA Glasmoor/JVA Fuhlsbüttel/Sozialtherapeutische Anstalt/JVA Billwerder* Jahr                                  Anzahl Hafttage 2018                                  208** 2019                                  883*** 2020                                  431 2021                                  414 2022 (bis 16.02.)                     115 *   Für die Untersuchungshaftanstalt sind keine Fälle verzeichnet, da EFS-Gefangene umge- hend in die laut Vollstreckungsplan zuständige Anstalt verlegt werden. ** Für die JVA Fuhlsbüttel und die Sozialtherapeutische Anstalt liegen die Daten erst zum 01.01.2019 vor, sodass die Zahlen für 2018 ohne die Daten der beiden Anstalten zu verste- hen sind. *** Ein erhöhter Einsatz, wie im Jahr 2019, resultierte hauptsächlich aus der Tatsache, dass mehr geeignete Gefangene vorhanden waren, die durch vorhandenes Aufsichtspersonal eingesetzt werden konnten. 19. Welche Arten und welche Tätigkeiten stehen als gemeinnützige Arbeit zur Verfügung? Typisch sind Hilfstätigkeiten in Kirchengemeinden, auf Sportplätzen, bei der Unter- stützung von Einrichtungen der Altenhilfe, Aufenthaltsstätten der Obdachlosenhilfe, Bürgerhäusern und Tafeln. In den Justizvollzugsanstalten werden Pflegearbeiten der Gartenanlagen sowie Reini- gungsarbeiten der Boden- und Glasflächen im Bereich der Anstalt angeboten. 20. Welche Vorgaben gibt es hinsichtlich der Ableistung der gemeinnützigen Arbeit (etwa hinsichtlich der Regelmäßigkeit der Arbeitstätigkeit oder Zeitabständen zwischen den Arbeitstagen)? Gemäß § 4 der Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfrei- heitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit (Tilgungsverordnung) vom 11. Dezember 2012 (HmbGVBl. 2021, S. 521) bestimmt die Vollstreckungsbehörde im Einverneh- men mit der Beschäftigungsstelle den Arbeitsplatz, den Zeitpunkt des Arbeitsbeginns, die Tage der Arbeitsleistung und die tägliche Arbeitszeit. Ferner setzt sie die zur Abwendung der Vollstreckung der EFS erforderliche Gesamtarbeitszeit fest. Hat die verurteilte Person eine hohe Anzahl an Arbeitsstunden abzuleisten (zum Beispiel 600 Stunden), gibt die Staatsanwaltschaft wegen des Grundsatzes der nachdrückli- chen und beschleunigten Vollstreckung (vergleiche § 2 Absatz 1 Strafvollstreckungs- ordnung) und weil die Tilgung der Strafe durch gemeinnützige Arbeit kein Ruhen der Vollstreckungsverjährung bewirkt (vergleiche § 79a StGB) gegenüber dem Fachamt Straffälligen- und Gerichtshilfe eine zu leistende Mindestwochenstundenzahl vor (zum Beispiel 20 bis 30 Wochenstunden). Jeweils fünf Stunden gemeinnützige Arbeit ent- sprechen im Regelfall einem Tag EFS (vergleiche § 3 Absatz 1 Satz 2 Tilgungsver- ordnung), wobei die Verurteilten mehr oder weniger Stunden pro Tag arbeiten können und dadurch entsprechend mehr oder weniger ihrer Strafe tilgen. Der Zeitrahmen für die Ableistung der Arbeitsleistung ist abhängig von und erfolgt in Absprache mit der jeweiligen Einsatzstelle. Eine Ableistung der gemeinnützigen Arbeit ist bei Bedarf auch an Wochenenden möglich. Unterbrechungen bei der Ableistung von gemeinnüt- 8
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Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode    Drucksache 22/7323 ziger Arbeit sind aus besonderen Gründen (zum Beispiel Erkrankung) möglich und werden erforderlichenfalls mit der Staatsanwaltschaft geklärt. Die verurteilte Person soll bei der Arbeit von der Beschäftigungsstelle beaufsichtigt werden. Sie hat den Wei- sungen des Aufsichtspersonals nachzukommen. Die erforderliche Arbeitskleidung hat die verurteilte Person selbst zu beschaffen, soweit dies bei der ausgewählten Arbeit üblich ist. Für die Justizvollzugsanstalten gilt zudem die Allgemeine Verfügung Nummer 7/2020 zu § 34 Absatz 2a HmbStVollzG (HmbJVBl. 2020, S. 53). 21. Gibt es auch private Stellen beziehungsweise Unternehmen, bei denen eine gemeinnützige Arbeit abgeleistet werden kann? Wenn ja, um welche Arten und Tätigkeiten handelt es sich dabei? Gemeinnützige Arbeit wird regelhaft in Einrichtungen, bei freien Trägern und Vereinen durchgeführt, deren Gemeinnützigkeit anerkannt ist. Im Justizvollzug gibt es keine gemeinnützigen Arbeitsplätze bei privaten Unterneh- men. Alle Arbeitsplätze gehören zur jeweiligen Anstalt. 22. Wie viele Plätze stehen zur Ableistung von gemeinnütziger Arbeit zur Abwendung von Ersatzfreiheitsstrafen aktuell zur Verfügung und bewer- tet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Platzanzahl als auskömmlich? Der Fachstelle Gemeinnützige Arbeit stehen circa 400 Einsatzstellen zur Vermittlung in Gemeinnützige Arbeit in ganz Hamburg zur Verfügung. Die Akquisition neuer Einsatzstellen wird betrieben, um gegebenenfalls im Einzelfall entstehende regionale Bedarfe decken zu können und das Angebotsspektrum zu erweitern. Einsatzstellen für zu Vermittelnde, die einen besonderen Betreuungsbedarf aufweisen, wie zum Beispiel Menschen mit besonderen Verhaltensauffälligkeiten, stehen nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Quantität der Einsatzstellen wird als auskömmlich bewertet. Im Vollzug stehen insgesamt 306 Plätze zur Verfügung. In der Jugendhaftanstalt Hahnöfersand besteht kein Bedarf an Plätzen zur Ableistung von gemeinnütziger Arbeit zur Abwendung von EFS, da eine Geldstrafe gegen Jugendliche nicht verlangt werden kann und die Insassen, die einer Beschäftigung zugewiesen sind, ausschließ- lich einer Ausbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahme nachgehen. Sollte die Not- wendigkeit entstehen, könnten hier zeitnah und bedarfsgerecht Plätze zur Verfügung gestellt werden. Die zur Verfügung stehenden Plätze des Justizvollzuges sind auskömmlich. 23. In Härtefällen besteht die Möglichkeit, die Arbeitszeit auf drei Stunden pro Tag zu reduzieren. Wie viele Anträge auf Feststellung als Härtefall wurden seit dem 01.01.2018 gestellt und wie viele wurden davon aus welchen Gründen abgelehnt? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Die Möglichkeit, die Arbeitszeit auf drei Stunden pro Tag zu reduzieren, besteht nicht nur in Härtefällen, sondern in jedem Fall. § 3 Absatz 2 Satz 1 Tilgungsverordnung bestimmt demgegenüber, dass in Härtefällen bereits die Ableistung von drei Stunden gemeinnütziger Arbeit (statt fünf) die Vollstreckung eines Tages der EFS abwendet. Aus MESTA (siehe zu Frage 2.) können lediglich anerkannte Härtefälle ausgelesen werden, da hier die Stundenzahl in der Eingabemaske von fünf auf drei reduziert ist. Anträge, in denen das Vorliegen der Härtefallvoraussetzungen abgelehnt wurde, wer- den dagegen nicht in MESTA erfasst. Entsprechende Akten müssten händisch herausgesucht und – auch hinsichtlich der Ablehnungsgründe – ausgewertet werden, was innerhalb der Zeit, die für die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung steht, nicht geleistet werden kann. Eine Auswertung des Fachamtes Straf- fälligen- und Gerichtshilfe – Fachstelle Gemeinnützige Arbeit – hat folgende Zahlen ergeben: Jahr      Härtefallregelung     Härtefallregelung Fallzahl beantragt    Fallzahl genehmigt 2018               17                     154 9
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Drucksache 22/7323        Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Jahr     Härtefallregelung       Härtefallregelung Fallzahl beantragt      Fallzahl genehmigt 2019               12                      110 2020                6                       88 2021               20                       90 Zudem gehen in der Fachstelle Gemeinnützige Arbeit Aufträge ein, bei denen bereits seitens der Staatsanwaltschaft Härtefallanträge genehmigt wurden. Das führt dazu, dass statistisch mehr Fälle als Härtefall erfasst werden, als seitens der Fachstelle Gemeinnützige Arbeit beantragt wurden. Dem Justizvollzug liegen für den abgefragten Zeitraum keine entsprechenden Anträge vor. 24. Welche Arten und welche Tätigkeiten stehen als gemeinnützige Arbeit für Personen zur Verfügung, die in ihrer körperlichen oder kognitiven Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind, aber nicht die Voraussetzungen für einen Härtefall erfüllen? Einsatzstellen für Klientinnen und Klienten, die körperlich eingeschränkt belastbar sind, stehen zur Verfügung. Sofern zu Vermittelnde derart in ihrem Leistungsvermö- gen (kognitiv, psychisch oder physisch) eingeschränkt sind, dass eine Vermittlung zunächst nicht möglich ist, wird seitens der Fachstelle Gemeinnützige Arbeit zudem Unterstützung beim Abbau dieser Hemmnisse angeboten. Die für gemeinnützige Arbeit vorgesehenen Tätigkeiten in den Justizvollzugsanstalten können auch von Personen ausgeführt werden, deren kognitives oder körperliches Leistungsvermögen Einschränkungen unterliegt. Die Zuweisung zu einem Arbeitsplatz wird im Einzelfall geprüft und entschieden. 25. Die Abwendung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit muss bei der Vollstreckungsbehörde beantragt werden. In wie vielen Fällen ist seit dem 01.01.2018 ein entsprechender Antrag abgelehnt worden und was waren dafür jeweils die Gründe? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Die Anzahl der Fälle, in denen die Abwendung der Vollstreckung der EFS durch gemeinnützige Arbeit versagt wurde, kann nicht beziffert werden, da die Ablehnung eines entsprechenden Antrags in MESTA nicht erfasst wird. Die Möglichkeit der Abwendung der Vollstreckung durch gemeinnützige Arbeit wird im Regelfall dann ver- sagt, wenn die verurteilte Person nicht in gemeinnützige Arbeit vermittelt werden kann oder kein Tilgungswille erkennbar ist, zum Beispiel weil sie bei früheren Einsatzstellen nicht erschienen ist oder die Arbeit ohne nachvollziehbaren Grund abgebrochen hat. 26. Wie viele der Personen, die seit dem 01.01.2018 Ersatzfreiheitsstrafen verbüßt haben, hatten zuvor Kontakt zu der Fachstelle für gemeinnützige Arbeit? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Die abgefragten Daten werden seitens zuständigen Behörde statistisch nicht erfasst beziehungsweise vorgehalten. Im Übrigen siehe Drs. 22/3784. 27. Was sind die häufigsten Gründe dafür, dass eine Abwendung der Voll- streckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit nicht rea- lisierbar ist? Es kommt häufig vor, dass Klientinnen und Klienten vereinbarte Termine zur Erstbera- tung und Vermittlung in gemeinnützige Arbeit nicht wahrnehmen. In diesen Fällen wird seitens der Fachstelle der wiederholte Versuch unternommen, den Kontakt wieder aufzunehmen, um die Ableistung gemeinnütziger Arbeit zu ermöglichen und etwaige Hinderungsgründe miteinander zu besprechen und Lösungen zu vereinbaren. Aufgrund der Pandemie gestaltet sich die Vermittlung in eine Einsatzstelle deutlich schwieriger und zeitaufwendiger. Zusätzliche Anforderungen aufseiten der Einsatz- stellen werden von einem Teil der zu vermittelnden Klientel nicht erfüllt, wie zum Bei- spiel ein erforderlicher Impfschutz. Dies wirkt sich aktuell ebenfalls negativ auf Ver- mittlungsmöglichkeiten aus. 10
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