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Anhang B Kapitel 2: Besonderheiten des Fluglärms

2.3.5 Ertäglichkeit des Lärms

In diesen Untersuchungen [Holzmann 1982] wurde gefragt, ob der Lärm mit zunehmender
Wohndauer erträglicher geworden ist. Zu Antworten war “Ja” oder “Nein”. Die Ergebnisse
zeigt die folgende Tabelle.

NEIN JA Hohndauer (£ »100%)
1 Jahr (4%)
2-3 Jahre (7%)
4-8 Jahre (12%)

8-15 Jahre (14%)
mehr als i5 J.(63%)

 

K—— tm — m — m
o 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100%
Abb. 2.5: Erträglichkeit des Fluglärms in Beziehung zur Wohndauer (Quelle: Holzmann 1982)

Daraus wird ersichtlich, daß sich bei diejenigen, die den Lärm unerträglich finden, ab 4 Jahre
Wohndauer das Niveau der Unerträglichkeitsquote auf 60% für die weiteren Zeiträume
einpendelt. Ca. 40% der Flughafenanwohner sind demnach in der Lage, den Lärm auch nach
mehr als 15jähriger Wohndauer zu ertragen. Ungeklärt bleibt bei diesen Untersuchungen, ob
sich hierbei um subjektiv wahrgenommene Gewöhnung oder um eine Adaptation handelt. Um
letzteres zu belegen, müßten unbedingt Untersuchungen an objektiven Parametern der
Gesundheit und Krankheit z.B. Blutdruck, Kortisol u.a. vorgenommen werden.

Es muß festgestellt werden, daß noch 60%, also nahezu 2/3 der Anwohner auch nach
15jähriger Wohndauer den Fluglärm als unerträglich wahrnehmen.

772720720101 item — — — — — — —

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21

3 Interaktion des Fluglärms zu Lärm anderer
Quellen

3.1 Extraaurale Physiologische Reaktionen

Die Gesamtwirkung einer Lärmexpositon zu Hause (Straßenverkehrlärm) und während der
Arbeit wurde bis jetzt nur in einer epidemiologischen Studie untersucht (Caerphilly und
Speedwell). Bei 255 Männern stellte sich heraus, daß die Wirkung auf den Blutdruck, das
Blutcholesterin, die Triglyzeride, den Glucosespiegel, die Plasmageschwindigkeit und die
Thrombozytenzahl bei Männern, die zu Hause Straßenverkehrslärm und während der Arbeit
hohen Lärmpegeln (Leq,8h über 90 dB(A)) exponiert sind, ausgeprägter ist als bei Männern,
die nur Straßenverkehrslärm exponiert waren [Paschier- Vermeer 1993].

3.2 Belästigung

In einer Literaturstudie von Ronnebaum et al. [Ronnebaum et al. 1996] werden
Untersuchungen, die sich mit der Gesamtbelästigung durch Einwirkung von Geräuschen
mehrerer Quellen befassen analysiert. Berücksichtigt wurden Studien der vergangenen 20 Jahre,
also ab 1976. Fast jede dieser Studien beschäftigt sich unter anderem mit der Belästigung durch
Straßenverkehrslärm, häufig genannte Quellen sind auch der Flugverkehr, Schienenverkehr und
Impulsgeräusche. Die Modelle, die in den analysierten Studien vorgestellt werden, sollen eine
Vorhersage der Lästigkiet liefern. In der Veröffentlichung werden die Studien zunächst
vorgestellt und im Anschluß daran, werden die von den einzelnen Autoren entwickelten
Modelle der Reihe nach beschrieben. Für unsere Zwecke interessant erweisen sich die Modelle
von Schultz 1978, Fidell et al. 1991 und Kryter 1982.

Die Grundlage für die von Fidell et al. entwickelte Belästigungskurve bildete die Kurve von
Schultz. Dieser berücksichtigte in seiner Zusammenfassung 18 Studien (davon 7 zur
Fluglärmbelästigung) [Alexandre 1970, MIL Research 1971, McKennell 1963, Rohrmann et al.
1974, Rylander et al. 1972, Grandjean et al. 1973, Fidell 1975] Fidell konnte 5 weitere
Arbeiten zur Fluglärmbelästigung in seine Auswertung miteinbeziehen [Borsky 1983, Fidell
etal. 1985, Hall et al. 1981, Hede und Bullen 1982, Schomer, 1983]

Damit die Studien in die Zusammenfassung aufgenommen werden konnten, mußten folgende
Kriterien, die von den Autoren festgelegt wurden, erfüllt sein:

l. Mindestens ein Fragebogen Item mußte direkt die langfristige Belästigung durch Lärm
betreffen.

2. Bei der Lärmquelle mußte es sich um Verkehrslärm handeln und die Lärmbelastung sollte
nach Möglichkeit gemessen worden sein.

3. Die akustischen Messungen sollten als Ldn erfolgt sein oder sich sinnvoll in dieses Lärmmaß
umrechnen lassen.

4. Die Stichproben sollten groß genug sein, um Mittelwerte für unterschiedliche Pegelstufen
genau genug abschätzen zu können.

 

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Anhang B

Kapitel 3: Interaktion des Fluglärmes

5. Es mußte sich der Prozentsatz der Befragten die “highly annoyed” sind aus den Daten
ermitteln lassen. (highly annoyed wird im folgenden mit stark belästigt übersetzt)

In der folgenden Abbildung ist die Kurve, die sich auch unter Einbeziehung anderer
Verkehrslärmquellen ergab zu sehen.

Als Lärmmaß wurde der Ldn verwendet, während wir in diesem Gutachten den LAeq und
LAmax zur Charakterisierung der Lärmbelastung verwenden wollen. Wir gehen davon aus, daß
der LAeq,24h 2 dB unter dem Ldn liegt.

Abb. 3.1:

so SCHULTZ (1978)

    
 

FIDELL, BARBER,
SCHULTZ (1990)

Prozent stark Belästigter
g

40 42 44 408 48 50 52 54 66 55 50 62 64 66 68 70 72 74 76 T8 BO 82 84 86 88 90

Ldn

Prozent stark belästigter Personen in Abhängigkeit vom Ldn (Quelle: Fidell et al 1991)

In der Abbildung fällt auf, daß sich die Belästigungskurve von Schultz von 1978 kaum von der
Kurve von Fidell, Barber und Schultz unterscheidet, obwohl letztere 15 weitere Studien in die
Auswertung miteinbezieht, die Schultz noch nicht berücksichtigen konnte.

Kryter entwickelte 1980 ebenfalls unter Berücksichtigung zahlreicher Studien ein Modell zur
Belästigung durch Verkehrslärm. Im Gegensatz zu Schultz kommt er zu dem Ergebnis, daß es
nicht sinnvoll ist, eine Belästigungskurve für alle Verkehrslärmarten aufzustellen, weil man so
die Belästigung durch den Fluglärm unterschätzt und die Belästigung durch den Verkehrslärm

überschätzt.

Abb. 3.2:

ie} TREND CUAVES, AIRCHAFT AND AROUND VEHICLE NOISE

AIRCRAFT NOISE,

PRESENT ANALYSIS

AIRCRAFT OR GROUND
VEHICLE NOISE,
SCHULTZ SYNTHESIS

% stark Belästigter

GROUND VEHICLE
NOISE, PRESENT
ANALYSIS

 

Prozentsatz stark belästigter durch Straßenverkehrslärm, Fluglärm und beide Lärmquellen zusammen
(Quelle: Kryter 1982a)

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Anhang B Kapitel 3: Interaktion des Fluglärmes

Nach Miedama [Miedema 1993] ist bei gleichen äquivalenten Dauerschallpegeln die
Belästigung durch Fluglärm am größten, gefolgt? vom Autobahnlärm, anderem
Straßenverkehrslärm und Schienenlärm.

— Flugzeug
— Autobahn
-- Straßenverkehr

m Zug

Quelle der Belästigung

 

20 40 60 80
LAeg (24)

Abb. 3.3: Vergleich der Belästigung durch verschiedene Lärmquellen (Quelle: Miedema 1993)

Zu der Frage, wie sich die Belästigungsreaktion bei Vorhandensein mehrerer Lärmquellen (z.B.
Straßenverkehrs- und Fluglärm) verhält, gibt es generell zwei gegensätzliche Annahmen
[Fields 1987]:

1) Belästigung ist größer bei nur einer Störquelle, da sich das Störgeräusch deutlich vom
Hintergrundpegel hervorhebt.

2) Belästigung ist größer bei noch einer zusätzlichen Lärmquelle, da die Personen
schon durch die bestehende Lämaquelle sensibilisiert sind.

Nach den Ergebnissen von Taylor [Taylor et al. 1980] wird die Belästigung durch Fluglärm bei
gleichzeitigem Straßenverkehrslärm nicht signifikant verändert. Graf [Graf et al. 1974] kamen
zu dem Ergebnis, daß es unklar ist, ob die Belästigung durch Fluglärm durch
Straßenverkehrslärm beeinflußt wird.

In einer neueren Umfrage in den Flughafengebieten Zürich-Kloten und Genf-Cointrin [Bulletin
1993] wurden 913 Bewohnerrinnen und Bewohner zur Belästigung durch Flug- und
Straßenverkehrslärm befragt. Das Ergebnis der Befragung ist in der folgenden Abbildung
dargestellt.

nn 2, tk. —

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wenig mittel viel Fluglärm
Strassanlärm

Abb. 3.4: Belästigung durch Fluglärm-/Straßenverkehrslärm bei Vorhandensein von Straßenverkehrs-/Fluglärm
(Quelle: Bulletin 1993)

Die Abbildung zeigt die Störung durch Fluglärm bei vorhandenem Straßenverkehrslärm. Es
zeigt sich, daß bei mittleren bis kleinen Straßenlärmbelastungen die Sensibilisierung durch
Fluglärm erhöht ist. Am meisten stört der Fluglärm in Gebieten mit wenig Straßen- und viel
Fluglärm, also in Gebieten, in denen die Pegeldifferenz groß ist.

Miedema [Miedema 1984, 1987] entwickelte ein Modell zur Ermittlung der Belästigung, die
durch mehr als eine Lärmquelle hervorgerufen wurde. Er gab eine mathematische Beziehung
zwischen der Belästigungsreaktion, die durch unterschiedliche Lärmquellen hervorgerufen
wurde, und der Summenwirkung an. Bei zwei Lärmquellen liegt der Grad der
Belästigungsreaktion demnach zwischen dem der am meisten störenden Quelle und dem bei
einem um 3 dB erhöhten äquivalenten Dauerschallpegel.

Diese Ergebnisse widersprechen nicht den Aussagen des vorherigen Kapitels. In der dort
angeführten ipos-Befragung wurde die Belästigung durch Fluglärm bzw. Straßenverkehrslärm
ermittelt, ohne dabei das gleichzeitige Vorhandensein beider Lärmquellen zu berücksichtigen.

Aussagen zur Summenwirkung (Straßenverkehrs- und Fluglärm) können in diesem Gutachen
nicht getroffen werden, da für das Gebiet um den Hamburger Flughafen keine Lärmkataster
vorliegen.

a T——n—nnn——eeeee Je a —

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4 Physiologische Lärmwirkungen

4.1 Aurale Wirkungen - Wirkungen von Schall auf das Gehör

Infolge einer Beschallung mit genügend hoher Intensität liegt im Innenohr des Menschen ein
gesteigerte, schwer zu kompensierender Stoffwechsel vor. Führen eine zu hohe
Schallintensität oder eine zu lange Einwirkdauer zu einem unphysiologischen
Enzymverbrauch, treten Ermüdungserscheinungen an den Haarzellen auf, die zeitweilige oder
bleibende Schäden hinterlassen können. Infolge einer Beschallung läßt sich demzufolge,
abhängig von ihrer Intensität und Dauer, eine verminderte Empfindlichkeit der
Schallrezeptoren in Form einer zeitweiligen Anhebung der Hörschwelle messen. Die Differenz
zwischen der vor und nach der Schallexposition gemessenen Hörschwellenpegel wird als
TTS (Temporary Threshold Shift) bezeichnet.

Durch andauernde oder häufige Schalleinwirkung hoher Intensität bildet sich eine nicht mehr
reversible Verschiebung der Hörschwelle (Hörverlust, Noise Induced Permanent Threshold
Shift: NIPTS) aus. Der Hörverlust wird als Pegeldifferenz zwischen der Hörschwelle des
geschädigten Ohres und der Normalhörschwelle ermittelt (vgl. DIN 45620 und DIN 45630).

In diesem Sinn ist die TTS als “Vorstufe” der NIPTS anzusehen.

Außer dem sich allmählich aufbauenden lärmbedingten Hörverlust kann auch eine kurzfristige
Überlastung des Gehörs durch extrem hohe Schallintensitäten zu einem Hörverlust führen.

4.1.1 Presbyacusis und Sosiocusis

Ein Verlust der Hörfähigkeit, kann nicht nur auf die Geräuschbelastung zurückgeführt werden.
In diesem Zusammenhang sind z.B. Krankheiten, ototoxische Drogen, erbliche Faktoren, und
Entzündungen des Mittelohres zu nennen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Alter. Eine
Abnahme der Hörfähigkeit mit dem Alter wird als altersbedingter Hörverlust bezeichnet und
medizinisch mit dem Ausdruck Presbyacusis belegt. Der altersbedingte Hörverlust ist ein
allmählicher Prozeß, der in den westlichen Industriestaaten mit einem Alter von etwa
30 Jahren beginnt. Die Abbildungen 1 und 2 zeigen den Mittelwert des altersbedingten
Hörverlustes für die männliche und weibliche Bevölkerungen in westlichen Industriestaaten
gemäß ISO 7029. Der mittlere Wert von Personen mit einem Alter von 25 Jahren wurde als
Bezugswert (0 dB) gewählt. Die Kurven basieren auf Studien die in den 60er Jahren
durchgeführt wurden. Beide Abbildungen zeigen, daß der altersbedingte Hörverlust bei höheren
Frequenzen beginnt; mit zunehmendem Altern ist auch ein Hörverlust bei den tieferen
Frequenzen zu verzeichnen. Im allgemeinen haben Frauen im gleichen Alter ein etwas besseres
Hörvermögen als Männer. Die Abbildungen beziehen sich auf otologisch ausgewählte
Bevölkerungsgruppen, die keinem Arbeitslärm ausgesetzt waren.

 

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‚Fraßuane in Hertz
1500 2000 3000 4000 6000 8000

0
3%
10 40
20
so
40 60
50
60

Abb. 4.1: Median des altersbedingten Hörverlustes von otologisch ausgewählten männlichen
Bevölkerungsgruppen, die keinem Arbeitslärm ausgesetzt waren (Quelle: ISO 7029)

Median der Hörschwellenverschiebung in dB
&
ALTER

Frequenz in Hertz
1000 1500 2000 3000 4000 6000 8000

0
a
40

10
50

20
60

30
” 70

50

Abb. 4.2: Median des altersbedingten Hörverlustes von otologisch ausgewählten weiblichen
Bevölkerungsgruppen, die keinem Arbeitslärm ausgesetzt waren (Quelle: DIN 7029)

ALTER

Median der Hörschwellenverschiebung in dB

Für otologisch nicht kontrollierte Bevölkerungsgruppen westlicher Industriestaaten, die
keinem Arbeitslärm ausgesetzt sind, kann eine Erhöhung von 2 dB für die mittleren Werte in
den Kurven angesetzt werden, die in den Abbildungen 4.1 und 4.2 verzeichnet sind.

Es ist bis heute nicht bekannt, in welchem Umfang die zunehmende Geräuschbelastung in den
westlichen Industriestaaten für die Verschlechterung der Hörfähigkeit im Verlauf des Lebens
verantwortlich ist. Es ist jedoch bekannt, daß die Hörfähigkeit von Menschen die naturnah und
verhältnismäßig geräuscharm leben, wie z.B. die Maban im ehemaligen Sudan (Afrika), eine
geringere Presbyacusis aufweisen, als die Bevölkerung der westlichen Industriestaaten.
Abbildung 4.3 zeigt den mittleren altersbedingten Hörverlust des Maban Stammes. Der
Mittelwert des Hörvermögens von jungen Mabans wurde als Bezugswert (0 dB)
herangezogen.

 

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Anhang B Kapitel 4: Physiologische Lärmwirkungen

—- Frequenz in Hertz
500 1000 2000 3000 4000 6000

 

Abb. 4.3: Mittlere Hörschwellenverschiebung der Mabans (Quelle: Rosen 1962)

Ein Vergleich der Abbildungen 4.1 und 4.3 zeigt, daß der Mittelwert der
Hörschwellenverschiebungen von 75 jährigen Mabans 15 dB nicht übersteigt, während in
westlichen Industriestaaten Hörverluste bei Männern des gleichen Alters von 60 dB
angetroffen werden. Die Hörfähigkeit von 75 Jahre alten Mabans gleicht der Hörfähigkeit von
50-jährigen Männern in den westlichen Industriestaaten.

Bei dieser Untersuchung bleibt die Frage offen, ob nur die Geräuschbelastung für die größeren
Hörschwellenverschiebungen in westlichen Industriestaaten - verglichen mit den Maban -
verantwortlich ist, da sich die beiden Gruppen auch in vielen anderen Bereichen wie z.B.
Ernährung, Klima, Lebensstil und ethnischen Faktoren stark unterscheiden.

Dieser Frage ging J. Gruber [1988] in seiner Portugalstudie nach. Eine stark geräuschbelastete
Stadtbevölkerung (Lissabon) wurde mit einer lärmarmen, ländlichen Region ( Träs-os-Montes)
verglichen. Die Personen wurden otologisch kontrolliert, d.h. Personen mit Ohrerkrankungen,
nicht einwandfreiem Gehörgäng oder Trommelfell usw. wurden von der Untersuchung
ausgeschlossen. Die Ergebnisse der Studie belegen, daß die Stadtbevölkerung größere
Hörverluste aufweist als die Landbevölkerung. In der Abbildung 4.4 ist der mittlere Hörverlust
von Männern im Alter zwischen 55 und 64 Jahren verzeichnet, die mindestens 10 Jahre in
Lissabon bzw. in lärmarmen Dörfern lebten. Zum Vergleich sind die Ergebnisse von Hincliffe
verzeichnet.

 

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Anhang B

     
 

 

 

 

 

 

 

 

    
 

————

eo ===
N a
rs See
HR Se
a
SS
Be = 5
N
Dr kt]

   

 

 

Hörverlust [dB]

 

 

4 6 12
Frequenz [kHz] ——

Abb. 4.4: Mittlerer Hörverlust von portugiesischen Männern zwischen 55 und 64 Jahre, die in ländlicher
Umgebung (Quadrat) bzw. in Lissabon (Dreieck) lebten (Quelle: Gruber 1988)

4.1.2 Zeitliche Entwicklung des Hörverlustes in Europa und den USA

Ob die Hörfähigkeit der Bevölkerung in den letzten 30 Jahre abgenommen hat, kann
grundsätzlich durch einen Vergleichen von “neuen” und “alten” epidemiologischen
Forschungsergebnisse überprüft werden. Seit den 80er Jahren werden mehrere Datenbanken
für otologisch nicht kontrollierte männliche Arbeiter aufgebaut, die keinem Arbeitslärm
ausgesetzt waren:

- Niederlande: W. Passchier-Vermeer [1984,1986]

- Deutschland: H. Irion [1983] und B.H. Pfeiffer [1985]
- Hong Kong: W. A. Evans [1982]

- Frankreich: L. Thierry [1988]

- Schweden: C. Hansson [1992]

- farbige Männer in den USA: D.P. Driscoll [1984].

Ein Vergleich dieser “neuen” Daten mit der Datenbank der ISO 1999 zeigt eine gute
Übereinstimmung zwischen den Daten aus den 60er Jahren und den neueren Datenbanken.
Eine Verschlechterung der Hörfähigkeit kann nicht nachgewiesen werden.

Dem stehen die Ergebnisse von zwei umfangreichen epidemiologischen Untersuchungen
entgegen, die in Norwegen unter Wehrdienstpflichtigen und in Österreich unter jungen
Arbeitern [Borchgrevink 1988, 1993; Körpert 1992] durchgeführt wurden. Sie belegen eine
deutliche Abnahme der Hörfähigkeit. H.M. Borchgrevink konnte zeigen, daß der Prozentsatz
von Rekruten mit einer Hochtonsenke von mindestens 20 dB, von 15% in den Jahren
1981/1982 auf 35% in den Jahren 1987/1988/1989 zunahm. 1990/1991 fiel der Anteil auf 31%
und betrug 1992 noch 25% . Borchgrevink vertritt die Meinung, daß laute Musik für die starke
Zunahme der Personen mit einer Hochtonsenke verantwortlich ist und die beobachtete

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Anhang B Kapitel 4: Physiologische Lärmwirkungen

Abnahme der Hörschäden in den letzten Jahren auf die öffentlichen Informationen über die
Gefahren lauter Musik zurückgeführt werden kann.

Körperts Untersuchung zeigt für den Zeitraum von 1976 bis 1991 eine deutliche Verminderung
der Hörfähigkeit junger Menschen. Die Daten beziehen sich auf die Gesamtbevölkerung
(27150 Männer, 3009 Frauen) und auf eine otologisch kontrollierte Untergruppe, die während
ihrer Ausbildung einer Arbeitslärmbelastung von maximal 85 dB(A) (2323 Männer,
149 Frauen) ausgesetzt waren.

Eine Untersuchung von L. Esser [Esser 1992] zeigt die gleiche Tendenz. Er ermittelte, bei einer
Auswertung von 115 Audiogrammen junger Versuchspersonen, die sich für einen Hörtest zur
Bewertung von Telekommunikationseinrichtungen bei der Telecom gemeldet hatten, eine um
6 dB verminderte Hörfähigkeit bei 2000 Hz. Die Hörfähigkeit bei 8000 Hz lag über der
Normhörschwelle.

Die Befunde der österreichischen, der norwegischen und der Berliner Studie entsprechen nicht
den Ergebnissen einer schwedischen Studie von U. Rosenhall [Rosenhall 1993]. Rosenhall
verglich die Hörfähigkeit von 500 18 jährigen Wehrdienstpflichtigen aus dem Jahr 1992 mit der
Hörfähigkeit von 37000 Wehrdienstpflichtigen aus den Jahren 1970-1977. Die Prozentsätze
junger Männer mit einem Hörverlust von mindestens 25 dB sind in beiden Gruppen nahezu
gleich. Zusätzlich ist die Anzahl von Personen mit einem Hörverlust mindestens 25 dB in
Schweden wesentlich geringer anzusetzen (maximal 6% bei 6000 Hz) als jene, die von
Borchgrevink und Körpert angegeben werden. Eine Erklärung für diese Unterschiede kann z.Z.
nicht gegeben werden.

4.1.3 Berufsbedingte Geräuschbelastung und Hörvermögen

Die zweite Ausgabe der ISO 1999 gestattet die Abschätzung des Hörverlustes für Personen,
die während der Arbeit einer Geräuschbelastung ausgesetzt sind. Die Geräuschbelastung wird
durch den äquivalenten Dauerschallpegel eines repräsentativen Arbeitstages von 8 Stunden
charakterisiert und als Noise Exposure Level (Lgx,»n) bezeichnet. Dieses Vorgehen bedeutet,
daß die Abschätzung des Hörverlustes auf der Annahme beruht, daß die im Laufe eines
Arbeitstages einwirkende Schallenergie als Maß für die Beanspruchung des Gehörs angesehen
werden kann. Statistische Zusammenhänge, die zwischen dem LEX 8h und dem lärmbedingten
Hörverlust (NIPTS) für Frequenzen von 500 bis 6000 Hz und in Abhängigkeit von der
Expositionsdauer (1 bis 40 Jahren) zu beobachten sind, unterstützen diese Annahme. Bei einer
breitbandigen Beschallung ist die NIPTS bei der Frequenz von 4000 Hz am stärksten
ausgeprägt. In Abbildung 5 ist die prozentuale Verteilung der NIPTS bei 4000 Hz und einer
Expositionsdauer von 40 Jahren widergegeben.

et m —

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