2015-09-15-hessen-expertenkommission-zu-verfassungsschutzgesetz.pdf

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Stellungnahme der Expertenkommission zum LfV-GE

/ 37
PDF herunterladen
gegen den Wettbewerb). Darüber hinausgehend fehlt es an einer Auseinandersetzung mit dem Merkmal der „Eingriffsschwelle". 54 Die Kommission weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die vom Entwurf intendierte Verbesserung des Informationsaustauschs der Sicherheitsbehörden nicht allein dadurch erreicht we rde n kann, dass das Gesetz die Übermittlungstatbestände ausweitet. Die Empfehlung des Bundestagsuntersuchungsausschusses zur „konsequenten" Anwendung von Vorschriften zur Informationsübermittlung zielt in erster Linie darauf, dass bedeutsame und dringliche Informationen tatsächlich als solche erkannt und in der Folge auch über- mittelt werden. 55 Daher empfiehlt es sich, vorrangig den Prozess der Bewertung durch die Verfassungsschutz- behörde in den Blick zu nehmen . Zu diskutieren ist, ob und inwieweit der Verfassungs- schutzbehörde hierbei der Austausch mit der Polizei möglich sein soll. Nach Einschätzung der Kommission steht das informationelle Trennungsprinzip einem Austausch nicht zwin- gend entgegen, sofern zwischen der Erörterung im Vorfeld der Datenübermittlung und der Übermittlung der Information selbst hinreichend unterschieden wird. Hierfür ist von Bedeu- tung, dass sichergestellt wird, dass Erkenntnisse, die mit nachrichtendienstlichen Mit teln er- langt wurden, nicht vor ihrer Überm ittlung durch die Verfassungsschutzbehörde in den „Verarbeitungsbestand" der Polizei übergehen. Zum Zwecke der Erörterung dürfen sie nur einem begrenzten Personenkreis ausschließlich zum Zwecke der Analyse der Bedeutsamkeit und Dringlichkeit im Einzelfall zur Kenntnis gelangen. Auf der anderen Seite schließt das aus dem informationellen Trennungsprinzip abzuleitende Verwertungsverbot für operative Zwe- cke nicht aus, dass die befassten Mitarbeiter ihr Wissen, das naturgemäß „in den Köpfen" verbleibt, zur gedanklichen Vorbereitung auf eine mögliche Einsatzlage verwenden, z.B. für planerische Überlegungen, etwa um auf einen kurzfristigen Bedarf an Kräften zeitnah re- agieren zu können. 56 Insgesamt erachtet die Kommission die Auseinandersetzung mit dem informationellen Tren- nungsprinzip daher für unzureichend. Hinzu tritt die wenig zweckmäßige Gestaltung des Entwurfs. Dieser spaltet die Materie in zwei weit entfernte Bestimmungen (§§ 7, 22 LN-GE} auf. Dies erschwert die Gesetzesanwendung und verunklart die Rechtslage, obwohl gerade in verfas sungsrechtlich sensiblen Bereichen ein hohes Maß an Normen klarheit zu fordern ist. 20
21

57 Auch im Weiteren hat die Kommission mit Blick auf den Grundrechtssc hutz Bedenken . So bestimmt beispielsweise § 20 tN-GE, dass nicht nur „Behörden und sonstige öffentl iche Stellen des Landes" sowie „Gemeinden, Gemeindeverbände und die sonstigen de r Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentliche n Rechts" (so schon § 8 Abs. 1 HVerfSchG), sondern auch die Gerichte von sich aus dem LN Hessen „die ihnen bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten" zu übermitteln haben . 58 Die Begründung stützt diese generelle Verpflichtung im Wesentlichen auf die Erwägung, dass sich „Einschränkungen" bei den Regelungen zur lnform ·ationsweitergabe, insbesondere das Nebeneinander von ,,,Darf-', ,Kann-' und ,Muss-Regelungen"' nachtei lig auf „Vers tän d- lichkeit und Praktikabilität" auswirkten . 59 Die Kommission hat hiergegen Vorbehalte. Zunächst gibt sie zu bedenken, dass die ange- strebte Vereinheitlichung der Rechtslage nicht begründet, weshalb an die Stelle einer Er- messensnorm eine gebundene Entscheidung treten müsste . Unbeschadet dessen erscheint die Größe des Adressatenkreises und das Ausmaß der Verpflichtung unangemessen weitre i- chend. Der Entwurf mobilisiert Einrichtungen für den Zweck des Verfassungsschutzes , di e dieser Aufgabe an sich fern stehen . . 60 Besondere Bedenken hat die Kommission hierbei gegen die Verpflicht ung der Gerichte . Ihre Befugnis zur Erhebung von Informationen resultiert aus der rechtsstaat lich elementaren Funkt ion, Recht und Gesetz zu gewährleisten. Das Verfahrensrecht enthält differe nzierte Regeln zum Ausgleich von lnteressenskonflikten der Öffentlichkeit (z.B . Zeugnispflicht einerseits, Ausschluss andererse its) . Hierm it ist eine nahezu schrankenlose Verpflichtung der Gerichte, von sich aus sämtliche „ihnen bekannt gewordene Daten" - etwa auch solche aus einer nicht öffentli chen Beweiserhebung - an die Verfassungsschutzbehörde zu überm it- teln, kaum vereinbar . 61 Auch kann eine besondere prozessuale Lage, etwa in einem Sorgerechtsst reit ode r im Vor- feld einer Verständigung, Anlass dazu geben, Informationen zu erfragen, die nur zu erlangen sind, wenn die Betroffenen erwarten können, dass sie für „Augen und Ohren" der Verfah - rensbeteiligten bestimmt sind. Eine Übermittlungspfli cht an die Verfa ssungsschutzbehörde kann insoweit die Möglichkeiten der Verhandlun gsführung und Entscheidungsfindung er- heblich beschränken. 21
22

62 Die Kommission hat aufgrund dessen nicht nur Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift . Es dürfte sich nachteilig auf das Vertrauen in die grundrechtsschützende Funk- tion des Verfassungsschutzes insgesamt auswirken, wenn „der Staat" in allen Bereichen dar- auf verpflichtet würde, dem Verfassungsschutz zuzuarbeiten. 22
23

Vertrauenspersonen XV. Der Entwu rf hält am nachrichtendienst lichen Instrument der Vertrauensperson fest. Die Kommission befürwortet dies, da auch sie davon ausgeht, dass es sich um ein unverzichtbares Instrument der Aufklärung extremistischer Bestrebungen handelt. XVI. Der Auftrag der Verfassungsschutzbehörden umfasst auch die Beobachtung von Bestre- bungen, bei denen Mitgliedschaft und Unterstützung strafbar sind. Hierbei besteht auch für die Mitarbeiter des LfV Hessen ein eigenes strafrechtliches Risiko. § 15 Abs. 5 LfV-GE unternimmt den Versuch, dem Problem entgegenzuwirken, indem er eine landesgeset.zliche Befugnis statu- iert. XVII.A llerdings erscheinen die Regelungen im Entwurf unzureichend. Dies betrifft sowohl die Frage des grenzüberschreitenden Einsatzes von Vertrauenspersonen als auch den Umgang mit ,,szenetypischen Begleittaten". XVIII.Das Problem wird dadurch verschärft, dass die Behörde aufgrund der partiellen Aufhe- bung von Übermittlungs verboten (§ 25 Abs. 2 LfV-GE) ihre Mitarbeiter und die Vertrauensper - son ggf. auch bei einer geringfügigen Übertretung der Befugnisse bei der Strafverfolgungsbe - hörde anzeigen müsste. Die Kommission hat große Sorge, dass dies die Aufklärung gefährlicher Bestrebungen erlahmen lässt. XIX. Die Kommission hält es für unerlässlich, die Befugnisse beim Einsatz von Vertrauenspe r- sonen durch das LfV Hessen auf eine tragfähige und auskömmliche gesetzliche Grundlage zu stellen. Sie empfiehlt hierbei, auf eine bundesgesetzliche oder zumindest bundesweit harmo- nisierte Regelung hinzuwirken. 63 Die Beobachtung extremistischer Bestrebungen ist gemäß § 3 Abs. 1 BVerfSchG nicht nu r Aufgabe des BfV, sonde.rn auch der Landesverfassungsschutzbehörden. Zur Erfü llung dieses Auftrags haben die Verfassungsschutzgesetze des Bundes und der Länder die Verfassungs- schutzbehörden mit der Befugnis zum Einsatz sog. Vertrauenspersonen (V-Personen, VP) ausgestattet (vgl. auch BuH, Rn. 470 ff.). 64 Der Entwurf hält an diesem nachrichtendienstlichen Instrument fest . Er zählt die Vertrau- enspersonen in § 15 ,Abs. 1 LfV-GE zum Kreis der „verdeckt eingesetzten Personen ". Die Kommission befürwortet dies, da auch sie davon ausgeht, dass es sich bei den Vertrauens- 23
24

personen um ein unverzichtbares Inst rument der Aufklärung extremistischer Bestrebungen handelt, zu denen aufgrund ihres konspirativen Vorgehens häufig kein anderer Zugang be- steht (BuH, a.a.O.). 65 Allerdings sind hierbei spezifische Probleme zu vergegenwärtigen. Diese erge!;>ensich insbe - sondere daraus, dass der gesetzliche Auftrag der Verfassungsschutzbehörden obachtung von verbotenen, kriminellen und terroristischen lich derer Mitgliedschaft und Unterstützung auch die Be- Bestrebungen umfasst, hinsicht - ggf . in strafbewehrter Weise (§§ 129, 129a StGB) verboten sind. Insoweit besteht ein grundlegendes Dilemma : Je stärker sich die Ten- denzen einer Best_rebung in Richtung Strafbarkeit entwickeln, destQ größer ist das Aufklä - rungsinteresse ; zugleich hängen Ausmaß und Qualität der Information, zu der eine Vertrau - ensperson Zugang hat, regelmäßig davon ab, wie „nahe" sie dem Beobachtungsobjekt st eht . Eine Vertrauensperson, die besonders viele werthaltige Informationen zu einer besonders gefährlichen Bestrebung liefern kann, bewegt sich häufig in einem Bereich, in welchem das Risiko groß ist, dass sie die Grenze zu M itgliedschaft §§ 129, 129a StGB bereits überschritten oder Unterstützung hat oder zu überschreiten im Sinne der droht . Auch kann im Zeitpunkt der Entsche idung für die Beobacht ung mithilfe einer Vertrauensper son die recht - liche Einordnung einer Bestrebung zweifelhaft sein; ggf. lässt sich erst nach dem Beginn der Beobachtung mithilfe der Vertrauensperson feststellen, ob es sich um eine im vorgenannten Sinne „inkriminierte" Organisation handelt . Diese Erkenntnis kann dazu führen, dass die Tätigkeit der Vertrauensperson im Nachhinein als (straf -) tatbestandlich zu bewerten ist . 66 Der Bundesgesetzgeber hat dieses Problem aufgegriffen. Das Bundesverfassungsschut zge- setz in der Fassung des am 03 .07 .2015 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzes zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes (BVerfSchG- B 2015) sieht in §§ 9a/b vor, dass Vertrauenspersonen - allerdings nur solche des BN - in Vereinigungen zum Zwecke der Aufklärung tätig werden und hierbei bestimmte, ggf. auch tatbestandliche, 67 Beteiligungshandlungen Auch der .hessische Entwurf unternimmt Problem entgegenzuwirken. vornehmen dürfen. den Versuch, dem oben genannten strafrechtlichen Hierzu führt § 15 Abs. 5 LN-GE aus, dass vom LN Hessen ver - deckt eingesetzte Personen zur Erfüllung ihres Auftrags zwar „keine Straftaten begehen", jedoch in kriminellen, terroristischen oder verbotenen Vereinigungen od er in für verfas- sungswidrig erklärten Parteien oder deren Ersatzorganisationen eingesetzt werden und sich dort unter näher bezeichneten Voraussetzungen 24 „als Mitglieder oder Unterstützer betei -
25

ligen" dürfen. Nach der schriftlichen Begründung soll durch § 15 Abs. 5 LN-GE „unterhalb der Tatbestandsebene eine Regelung als Rechtfertigungsgrund" eingeführt werden, um „bei der Führung von verdeckt eingesetzten Personen Rechtssicherheit" zu schaffen . 68 Die Kommission hat hiergegen Bedenken . Dies betrifft im Ausgangspunk t erneut die Frage der Gesetzgebungskompetenz. 69 Tatsäch lich wurd e auch in der Bund-Länder-Kommiss ion Rechtsterrorismus die Rechtsmei- nung vertret en, die Länder könnten derartige Regelungen erlassen, weil die strafrechtlichen Rechtfertigungs - und Entschuldigungsgründe „keine Gegenstände des ,Strafrechts' im ur- sprüng lichen Sinne" und daher nicht von der „ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz " des Bundes umfasst seien (vgl. Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsterror- ismus, Rn. 684). 70 Die Kommission hält das für zweifelhaft. Die vom Bundesgesetzgeber im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art . 74 Abs. 1 Nr. 1 GG erlassenen Strafrechtsnorme n bringen eine andere, auf den Bund konzentrierte, Vorstellung über die Kompetenzverteilung zum Ausdruck. Dies gilt insbesonde.re mit Blick auf die Rechtfertigungsgründe. Nicht nur hat der Bundesgesetzgeber selbst .Rechtfe rtigungsgründe (z. B. §§ 32, 34 StGB) geschaffen . Art. 1 EGStGBstellt flankierend klar, dass diese Vorschriften auch für das „bestehende und das zukünftige Landesrecht" gelten. Gemäß Art. 2 EGStGBsollen die Vorschriften des Allge- meinen Teils des StGB das Landesrecht nur insoweit unberührt lassen, als dieses bei einzel- nen „la ndesrechtlichen Straftatbeständen" (z.B. bei Feld- und Forstdelikten) ,,unter beson- deren Vorau ssetzungen Straflosigkeit" vorsieht (vgl: Hofmann/Ritzert, NStZ 2014, 180 mit Fn. 37). Ausgehend hiervon liegt es sehr viel näher anzunehmen, dass es dem Landes- gesetzgeber grundsätzlich verwehrt ist, für Strafnormen des Bundes eigene landesrechtliche Rechtfertigungs - und Entschuldigungsgründe zu statuieren. 71 Hinzu tritt, dass jedenfalls für die Tätigkeit von Amtsträgern und Verwaltungshelfern Bedarf an einem land esgesetzlichen Rechtfertigungsgrund kein besteht, da bereits das beste- hende Bundesrecht die Rechtmäßigkeit des dienstlichen Handelns anerkennt (vgl. hierzu Rönnau in Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 12. Auflage, Vor 32 Rn. 233 ff.). Auch andere Normg eber sind davon ausgegangen, dass durch entsprechende Vorschriften für das Handeln von Vertrauenspersonen der Landesverfassungsschutzbehörde kein „neuer Recht- fertigungsgrund" geschaffen werde (Niedersächsischer Landtag, Drucksache 12/2440, S. 64). Vielmehr wird die rechtfertigende Wirkung der gesetzlichen Befugnis zur Vornahme be- 25
26

stimmter Tathandlungen auf den „anerkannten Rechtfertigungsgrund der Ausübung eines Amts - oder Dienstrechts" zurückgeführt, den die Verfassungsschutzbehörde „ebenso wie andere Behörden (z. B. Gerichtsvollzieher, Feuerwehr oder Polizei)" in Anspruch nehmen können (NLT-Drs. 12/2240, a.a.0 .). 72 Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass auch die Vertreter des Hessischen Minis - teriums des Innern und für Sport in der mündlichen Erörterung gleichfalls zu der Einschät- zung gelangt sind, dass es sich bei § 15 Abs. 5 LN -GE um eine landesgesetzliche Befugnis- norm handeln solle . 73 Die Kommission sieht hierdurch zwar die kompetenzrechtlichen Zweifel ausgeräumt . Jedoch bestehen auf der Grundlage dieser „befugnisrechtlichen Konzeption" inhaltliche Bedenken fort . Diese beruhen auf der zeitlichen (dazu u. Rn. 94) und räumlichen Begrenztheit der rechtfertigenden Wirkung einer landesgesetzlichen Befugnisnorm . 74 In räumlicher Hinsicht reicht diese grundsätzlich nicht über die Landesgrenzen hinaus (vgl. Hofmann/Ritzert, NStZ 2014, 183: ,,rechtfertigende Wirkung nur, wenn kein Tatort außer - halb dieses Bundeslandes besteht") . Die Kommission weist darauf hin, dass nach Einschät- zung von Praktikern im LN Hessen ein großer Bedarf für den grenzüberschreitenden Einsatz von Vertrauenspersonen besteh t . Dieser ergibt sich beispielsweise bei der Aufklärung von Organisation und Vorbereitung rechtsextremisti scher Mu sikkon zerte oder der Beobachtung überregionaler Zusammenkünfte von Kameradschaftsbünden. Auch „profitieren" Bestre- bungen immer wieder von der wechselnden Zuständigkeit von Landesbehörden innerhalb bestimmter Regionen, etwa wenn sie Sammelpunkte für die Anreise und Anreisewege so einrichten, dass Landesgrenzen gekreuzt werden . Nach Einschätzung der Kommission handelt es sich hierbei keineswegs um „Ausnahmeerscheinungen". Auch können die ge- nannten Beispiele schnell „Schule machen" . 75 Die bisherige Praxis im LN Hessen ging dahin, in den Fällen eines grenzüberschreitenden Auftrags mit den betroffenen Ländern Einvernehmen über den Einsatz der Vertrauensper- son zu erzielen. Dieses Vorgehen war aus Sicht der Kommission zu rechtfertigen, weil § 5 Abs. 1 BVerfSchG die Zuständigkeit der Landesverfassungsschutzbehörden nicht orts-, sondern aufgabenbezogen definierte; das Bundesrecht gestattete, dass die Landesverfas- sungsschutzbehörden auch außerhalb des Gebietes ihres Landes Informationen (vgl. Roth in Schenke/Graulich/Ruthig, Rn. 4 f .). Dies implizierte sammeln Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, BVerfSchG, § 5 die Übertragung der Kompetenz, 26 die hierzu erforderlichen Hand -
27

lungen auch auf landesfremdem nehmung von Amtsbefugnissen" samt bundesrechtlich Gebiet vorzunehmen. Die Rechtfertigung bei der „Wahr- war damit für die Landesverfassungsschutzbehörden vermi tte lt und in ihrer Geltung „länderübergreifend" insge- und unabhängig vom Ereignisort . 76 Die Tragfähigkeit die ser Lösung wird durch die vom Bundestag beschlossene Streichung von § 5 Abs . 1 BVerfSchG .aus dem Bundesverfassungsschutzgesetz erheblich geschwächt. Kommission hält den Fortfall der Norm aus Perspektive der Länder für problematisch, infolge der Neufassung von § 5 BVerfSchG-B 2015 (,,Zuständigkeit Verfassungsschut z" an Stelle von „Abgrenzung behörden") zweifelsfrei der Zuständigkeiten weil des Bundesamtes für der Verfassungsschutz - sein dürfte, dass das Bundesgesetz die Zuständigkeit fassungsschutzbehörden Die der Landesver - nicht mehr regelt . Eine Bestimmung, welche die Lücke positiv aus- . füllt, fehlt. Sie kann aus kompetenzrechtlichen Gründen auch nicht dur ch den Landesgesetz- geber geschlossen werden . Unbes chadet dessen verhält sich der Entwurf gar nicht zur Frage einer grenzüberschreitenden Tätigkeit de s LN Hessen (vgl.§ 3 Abs . 2 LN-GE ; anders z.B.§ 3 Abs. 2 Satz 2 VerfSchG HH für die dortige Verfassungsschutzbehörde). 77 In diesem Zusammenhang die Vertrauensperson erlangt auch Bedeutung, dass das strafrechtliche begr enzt ist . Rechtswidrige §§ 26 ff. StGB. Dies schafft für die Bediensteten der Vertrauensperson insbesondere „umzugehen" ader Sachleistungen, Tat ~n sind teilnahmefähig im Sinne der der Verfassungsschutzbehörde, haben, ein eigenes Strafbarkeitsrisiko. an For men der Teilnahme, eines bestehenden Tatentschlusses, Risiko nicht auf etwa die „psychische Beihilfe" welche mit Zu denken ist durch Bestärken z. B. durch die Zusicherung oder Gewährung von Geld - oder „Anstiftung" durch Steuerung der Vertrauensperson in entspre- chenden Bereichen (näher BuH, Rn. 474) . 78 Im Blick zu behalten sind dabei auch die „szenetypischen §§ 9a/b Begleittaten". Anders als etwa die BVerfSchG -B 201 5 oder § 6 Abs. 3 VerfSchG NI, welche die Befugnis zur Verwirk - lichung z.B . von §§ 86, 86a StGB enthalten, die Vertrauensperson geht § 15 Abs. 5 Satz 1 LN-GE davon aus, dass keine Befugnis zur Verwirklichung anderer Straftatbestände haben soll. Damit aber gehen Steuerung und Führung der Vertrauensperson · mit erheblichen sönlichen Risiken einher . Fragt beispiel sweise eine hessische Vertrauensperson rung um Rat, wie sie sich in einem Demonstrationszug erwartet skandiert, wird, dass sie ein bestimmtes Lieder mitsingt), Verhalten zu verhalten per - die VP-Füh- habe, bei dem von ihr zeigt (z.B. Kennzeichen trägt, Parolen stünde der VP- Führer vor dem Dilemma, dass das Anraten zur 27
28

Mit...yirkung ggf. (straf-) rechtswidrig haltens die Vertrauensperson tion, an der Demonstration ist, während das Anraten zur Verweigerung des Ver - auffallen ließe und gefährden könnte. Die verbleibende überhaupt nicht teilzunehmen, Op- böte nur einen schwachen und nicht beliebig häufig gangbaren Ausweg, der zudem dem Beobachtungszweck zuwiderläuft. Letztlich würden extremistische Bestrebungen durch § 15 Abs. 5 LN -GE in die Lage versetzt, Vertrauenspersonen durch einfachste „Proben" verdächtig zu machen oder von der An- wesenheit abzuhalten . 79 Hierdurch werden wichtige Aufklärungserfolge eine rechtsextremistische Bestrebung berät, wo Lagerstätten für bestimmte Tatmittel einge - richtet werden sollen. Aufgrund ratung" der fehlenden (z.B. von Propagandaschriften person ihre Mitwirkung gefährdet . Man bedenke etwa den Fall, dass Befugnis zur Beteiligung an der „Bevor - im Sinne des § 86 StGB) müsste die Vertrauens - an der Beratung ggf. so frühzeitig beenden, dass ihr die Aufbewah - rungsorte letztlich unbekannt bleiben. Hierdurch würde ggf. auch die Gelegenheit vertan, dass Gegenstände von der Vertrauensperson selbst übernommen werden, wo sie in legen - dierter Form (z. B. im Zusammenhang mit einer „Brandschutzbegehung") in Verwahrung ge- nommen werden könnten . 80 Das Problem wird zudem dadurch verschärft, dass § 25 Abs . 2 LN -GE bei Staatsschutzdelik - ten im Ergebnis eine nahezu ausnahmslos geltende Übermittlungspflicht vorsieht (näher u. Rn. 91 ff .). Die Behörde wäre hierdurch gehalten, bei jeder Übertretung ihren Mitarbeiter und die Vertrauensperson von Befugnissen bei der Strafverfolgungsbehörde anzuzeigen. Die Kommission hat große Sorge, dass sich dies auf die Aufklärung gerade der besonders ge- fährlichen Bestrebungen lähmend auswirkt, da viele Mitarbeiter durch das Strafbarkeits - risiko verunsichert sind (näher BuH, Rn. 475) . 81 Die Einwände bestehen auch angesichts des Umstands fort, dass die §§ 9a/b BVerfSchG- B 2015 eine Erweiterung der staatsanwaltschaftlichen die Landesverfassungsschutzbehörden verfolgung der Vertrauensperson Einstellungsbefugnis mit Wirkung für vorsehen. Zwar kann hierdurch im Einzelfall die Straf- und des Mitarbeiters im Ergebnis vermieden Gleichwohl würden die Beteiligten und die Behörde durch die fortbestehende werden. Verpflichtung zur Strafanzeige erheblich belastet. Auch erblickt die Kommission hierin ein ungünstiges Sig- nal an eirie Behörde, die ohnehin mit einem Verlust an Vertrauen konfrontiert 82 Zu bedenken ist schließlich, dass die Rechtswirkung der oben diskutierten das Strafrecht begrenzt ist. Nach al lgemeiner 28 Auffassung beschreibt ist . Fragen nicht auf das Strafrecht die
29

äußerste Grenze des zivil - und öffentlich-rechtlich Erlaubten . Wäre das Tun der Vertra uens- person strafrechtlich verboten, darf und kann sie hierzu auch dann nicht verpflichtet we r- den, wenn die Straftat aufgrund einer Ermessensentscheidung der Staatsanwaltscha ft nicht verfolgt wird (näher BuH, Rn. 474) . 83 Ausgehend hiervon hält e~ die Kommission für unerläs slich, die Befugnisse beim Einsatz von Vertrauenspersonen durch das LN Hessen auf eine tragfähige und auskömmliche gesetz- liche Grundlage zu stellen. Sie empfieh lt hierbei erneut, auf eine bundesgesetzliche oder zu- mindest bundesweit harmonisierte Regelung hinzuwirken (siehe auch Körting, Stellungnah- me [zum Gesetz zur Verbesserung der Zusammena rbeit im Bereich des Verfassungs- schutzes] vom 02.06 .20°15, S. 3 f .). 29
30

Zur nächsten Seite