SchlussberichtBatterie-OberleitungsbusBerlin-Spandau230120.pdf

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Machbarkeitstudie Oberleitungsbusse

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3 Grundlagen 17 3 Grundlagen 3.1 Allgemeine Einführung Die BVG betreibt das größte Busnetz in Deutschland (1.400 Busse, 154 Linien, 6.581 Halt- stellen). Damit ist das Busnetz Berlin eine wichtige Säule des öffentlichen Nahverkehrsan- gebots der Hauptstadt. Im Rahmen der #BerlinSteigtUm Strategie der BVG werden die Rahmenbedingungen auf Basis des Berliner Mobilitätsgesetzes und des Nahverkehrsplans für eine umweltfreundliche und lokal emissionsfreie Mobilität in Berlin dargestellt. Ein Pfad der Strategie ist die Umstellung der Motorisierung von Verbrennungsmotoren hin zu elektri- schen Antrieben. Ziel ist es, bis 2030 eine 100% lokal emissionsfreie Busflotte zu betreiben. Durch die betrieblichen Eigenschaften der elektrisch angetriebenen Busse und im Hinblick auf eine entsprechend dem NVP 2019-2023 beabsichtigte Ausweitung des Angebots wird derzeit davon ausgegangen, dass die Busflotte im Jahr 2030 ca. 1.700 bis 1.800 Fahrzeuge umfasst. Unabhängig von der Ausführung der elektrischen Busse ist deren Einführung in Kombination mit Energiespeichern immer auch eine elektrische Infrastrukturaufgabe. Dabei hängt die aufzubauende Infrastruktur immer von den betrieblichen Anforderungen, elektri- schen Rahmenparametern und physikalischen Grenzen ab. Rein batteriebetriebene elekt- rische Busse benötigen elektrische Infrastruktur in Form von Ladestationen entlang der Strecke und/oder auf den Busbetriebshöfen. Bei Betreibern, die auf Busbetriebshöfen viel Energie in möglichst kurzer Zeit in die Batterien nachladen müssen, ist davon ausgehen, dass die zu installierende elektrische Leistung im Megawattbereich liegt. Dabei können die Mittelspannungsnetze der städtischen Energieversorger sehr schnell an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gebracht werden, zumal perspektivisch auch verstärkt der motorisierte Individualverkehr vorwiegend elektrisch betrieben und der bereits bestehende elektrische Nahverkehr auch weiter ausgebaut werden soll. Die Betriebserfahrungen der Betreiber, die batterieelektrische Busse bereits im Linieneinsatz testen, zeigen verschiedene Verbesse- rungspotenziale auf. In den letzten Jahren ist eine Steigerung der Verfügbarkeit mit neuen elektrischen Busgenerationen erreicht worden, doch die notwendigen Reichweiten der Energiespeicher sind für täglichen Linienbetrieb noch oft zu gering (siehe [93]). Dies ist einer der Gründe, warum Betreiber von der Bestellung größerer Stückzahlen rein batterie- elektrischer Busse bisher abgesehen haben. Eine Möglichkeit, dennoch lange unterbre- chungsfreie Umläufe mit großen Gefäßgrößen (Gelenk- oder Doppelstockbusse) und dich- ten Fahrzeugfolgen auf lokal emissionsfreie elektrische Busse umzustellen, bietet sich in der Kombination von bewährter Oberleitungsbustechnik mit elektrischen Energiespeichern in Form von Batterien. Aus dieser Kombination heraus ergeben sich Freiräume für eine stadtverträgliche Gestaltung der elektrischen Infrastruktur. In den folgenden Unterkapiteln werden die wesentlichen Grundlagen für die Beurteilung der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit gelegt. Dabei wird auf alle relevanten techni- schen Details überblicksartig eingegangen; dazu gehören: Wissenschaftliche Beratung des BMVI zur Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie
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18 3 Grundlagen  die Fahrzeuge und Fahrzeugkonfigurationen,  die elektrischen Energiespeicher,  die elektrische Infrastruktur und  die Grundlagen der Betriebssimulation und elektrischen Netzberechnung. Ebenfalls wird die Vorgehensweise bei der Untersuchung der technischen Machbarkeit er- läutert und die technischen Bewertungskriterien der elektrischen Infrastruktur und einzelner elektrischer Komponenten dargestellt. Letztlich wird ein Überblick über einzelne Oberlei- tungsbusnetze in Deutschland und weltweit sowie eine Übersicht über Fahrzeughersteller gegeben. Verwendete Begriffe dieser Studie werden im Kapitel 9.1 Glossar definiert. Für eine zukünf- tige Realisierung des Projektes relevante Gesetze, Verordnungen und Normen sind ohne Anspruch auf Vollständigkeit in Kapitel 9.2 zusammengestellt. 3.2 Fahrzeuge Konzepte, den städtischen Busbetrieb elektrisch zu realisieren, gibt es zahlreiche und es stellt eine große Herausforderung dar zu entscheiden, welche Antriebstechnologie- und welcher Systemansatz langfristig die ökonomisch und ökologisch nachhaltigste Lösung ist. Von modernen Bussystemen wird gefordert, dass sie 1. flottentauglich sind und wirtschaftlich betrieben werden können, 2. leistungsfähig genug sind, um die großen geforderten Transportleistungen zu er- bringen, 3. flexibel genug sind, um den Betrieb auch unter veränderten betrieblichen Randbe- dingungen abzusichern, 4. zur Reduktion von lokalen Umweltbelastungen und zur Verbesserung der Lebens- qualität beitragen und 5. ökologisch nachhaltig umgewandelte Energie nutzen können. Der Einsatz konventioneller Dieselbusse kann hinsichtlich der Anforderungen 1 bis 3 als optimale Systemlösung betrachtet werden und liefert somit die Begründung für dessen Vor- machtstellung beim Betrieb von ÖPNV auf der Straße. Da der Dieselbus aber von Politik und Gesellschaft hinsichtlich der Anforderungen 4 und 5 als nicht befriedigende Systemlö- sung gesehen wird, stellen elektrische Bussysteme eine praktikable Alternative dar. Außer- dem sind die Traktionsenergiekosten eines Dieselfahrzeugs gegenüber einem konventio- nellen Obus aufgrund des deutlich geringeren Wirkungsgrades des Antriebs und der nicht vorhandenen Möglichkeit, die Bremsenergie zu rekuperieren bedeutend höher. Für die Realisierung elektrischen (Bus-)Verkehrs wurden verschiedene Antriebs- und Spei- cherkonzepte mit spezifischen Vor- und Nachteilen entwickelt. All diese Konzepte erfordern Teilstudie „Machbarkeit eines Hybridoberleitungsbusbetriebs – „Berlin-Spandau“
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3 Grundlagen 19 die Errichtung von Infrastrukturanlagen zur Energieversorgung der Fahrzeuge. Der Umfang der Aufwendungen für die Auslegung der wichtigsten elektrischen Bussysteme, damit ver- bundene Systemwirkungsgrade und die spezifischen Systemvor- und -nachteile werden nachfolgend vergleichend gegenübergestellt und bewertet. Zu erwarten ist, dass zurzeit angebotene Batteriebusse nur begrenzt für einen großflächi- gen Einsatz geeignet sind, da sie, trotz zahlreicher Fortschritte in der Batterietechnik, be- züglich ihrer Reichweite limitiert sind. Final realisierbare Reichweiten von Batteriefahrzeu- gen hängen erheblich vom notwendigen Heiz- und Klimatisierungsbedarf ab. Nach [79] er- scheint es sinnvoll, Batteriefahrzeuge mittels einer Brennstoffheizung aufzuwärmen, da der Energiebedarf für rein elektrisches Heizen groß ist. 3.2.1 Betrieb mit dem Dieselbus Eigenschaften des Diesel-(Hybrid)-Bussystems (18-m-Einfachgelenkbus): Wirkungsgrad der Energieversorgung:  rund 0,85 Fahrzeugwirkungsgrad (vom Dieselkraftstoff bis zum Rad):  0,27 … 0,30 Energieverbrauch:   konventioneller Dieselbus: ~ 0,57 l/km Diesel-Hybrid-Bus: ~ 0,51 l/km Verfügbarkeit:   konventioneller Dieselbus: ~ 95% Diesel-Hybrid-Bus: ~ 70-83% Lebensdauer:    konventioneller Dieselbus: 10-14 Jahre Diesel-Hybrid-Bus: 10-14 Jahre (Energiespeicher 7-12 Jahre) Tankstelle: ~ 30 Jahre Üblicherweise werden elektrisch betriebene Busse vergleichend dem konventionellen Die- selbus gegenübergestellt. Da aber die BVG plant den ÖPNV lokal emissionsfrei durchzu- führen und somit auch die heute verfügbaren hybriden Antriebssysteme keine Lösungsal- ternative darstellen, müssen in der vorliegenden Arbeit elektrische Antriebssysteme sowohl dem konventionellem Dieselantrieb als auch verfügbaren hybriden Antriebsstrukturen ge- genübergestellt werden. Aufgrund der großen Nachfrage in den vergangenen Jahrzehnten fallen die Beschaffungs- kosten von konventionellen Dieselbussen vergleichsweise niedrig aus. Gleichzeitig erwirbt man ein sehr zuverlässiges Produkt, welches, aufgrund der vergleichbar großen Energie- Wissenschaftliche Beratung des BMVI zur Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie
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20 3 Grundlagen und Leistungsdichte von Dieselkraftstoff, große Reichweiten realisieren kann. Die hohe Fle- xibilität bezüglich des Einsatzprofils der Fahrzeuge ermöglicht zudem zeitnahe betriebliche Anpassungen auch bei außergewöhnlichen Vorkommnissen. Fernab all der genannten positiven Argumente für den Dieselbus-Betrieb bleiben die Ab- hängigkeit vom fossilen, nicht erneuerbaren Energieträger, die lokalen Schadstoffemission und der schlechte Wirkungsgrad des Dieselmotors. Zusätzliche Infrastrukturkosten zur Sicherstellung der Energieversorgung der Busse müs- sen vom Betreiber kaum aufgebracht werden und der Herstellungsprozess kann als kos- tengünstig bezeichnet werden. Die Preisstabilität ist natürlich abhängig von der Erschließ- barkeit weiterer Vorkommen. Die meisten der genannten Vorteile gelten ebenfalls für diesel-hybride Fahrzeuge. Durch die Kombination aus Elektromotor und Dieselmotor im Zusammenspiel mit einem mitge- führten Energiespeicher können jedoch zielgerichtet die Nachteile des konventionellen Die- selbusses reduziert werden. Genannt werden müssen hierbei die Verringerung des Gesam- tenergieverbrauchs um ca. 10% in Folge der Möglichkeit, Teile der Bremsenergie zu reku- perieren und die Reduktion lokaler Emissionen. Hinzu kommen die Reduktion der Lärmemission und die Verbesserung des Fahrkomforts im niedrigen Drehzahlbereich. Diese Vorteile „kauft“ man durch eine in etwa Verdoppelung der Beschaffungskosten, einer schlechteren Verfügbarkeit, da der Antriebsstrang zusätzliche Elemente enthält und einen verminderten Fahrgastraum, da die Traktions-Batterie mitgeführt werden muss. Ein weite- rer Nachteil ist, dass die zu erwartenden Batterielebensdauern momentan nicht den Fahr- zeuglebensdauern entsprechen und deswegen im Fahrzeuglebenszyklus erneuert werden müssen. In der an [76] angelehnten Tabelle 3-1 sind die Vor- und Nachteile des Dieselbussystems abschließend zusammengefasst. Teilstudie „Machbarkeit eines Hybridoberleitungsbusbetriebs – „Berlin-Spandau“
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3 Grundlagen Tabelle 3-1: 21 Vor- und Nachteile von Dieselbus- und Diesel-Hybridbus-Systemen, nach [76] Vorteile: Technisch:  Höchste Reichweite aller punktuell nachladbaren Antriebssysteme  Kürzeste Betankungsdauer  Hybridbusse können in eigenen Speicher rekuperieren Ökonomisch:  Geringste Investitionskosten  Infrastruktur normalerweise vorhanden  Keine Zusatzkosten für Schulung, Instandhaltung etc. Ökologisch:  Konventioneller Diesel hat eine gute Prozessökobilanz Nachteile: Technisch:  Unstetige Anfahrzugkraft beim konventionellen Diesel  Geringerer Fahrkomfort aufgrund Motorvibration und -geräusch  Höherer Verschleiß des Antriebsstrangs gegenüber E-Motor  Schlechter Motorwirkungsgrad  Mäßiger Fahrzeugwirkungsgrad  Diesel-Hybrid: Lebensdauer des Energiespeichers Ökonomisch:  geringere Fahrzeuglebensdauer gegenüber Elektrobussen  höhere Kosten für Primärenergie  Fahrzeuginvestitionskosten für Hybridfahrzeuge  Erhöhter Wartungsaufwand  Hybrid-Fahrzeug: Wiederbeschaffungskosten der Energiespeicher Ökologisch:  Hohe lokale Emissionswerte  Erhöhte globale Emission  Hohe Lärmemission Wissenschaftliche Beratung des BMVI zur Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie
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22 3 Grundlagen 3.2.2 Technischer Hintergrund von Elektro-Bus-Systemen 3.2.2.1 Elektrische Traktion Für die Wandlung der elektrischen Energie in kinetische Energie werden in Elektrobussen meist Asynchronmaschinen oder permanenterregte Synchronmaschinen (beides Dreh- strommotoren) verwendet. Diese haben ein sehr gutes Masse-Leistungs-Verhältnis und der Wartungsaufwand ist vernachlässigbar gering. Die Ausführung des Stators mit jeweils 120° phasenversetzt angeordneten Wicklungen beider Maschinen ist nahezu identisch. Hinsicht- lich der Gestaltung des Läufers unterscheiden sich die Maschinen aber grundsätzlich. Asynchronmotoren induzieren in einen kurz geschlossenen Läufer ein Drehfeld, welches sich hinsichtlich der Drehzahl vom speisenden Ständerdrehfeld, Schlupf bedingt, unter- scheidet (asynchrones Verhalten). Dagegen bilden permanenterregte Synchronmaschinen durch Nutzung starker Magnete ein permanentes, dem Ständerdrehfeld synchrones Läu- ferfeld aus. Die nötige Drehspannung wird auf den Fahrzeugen in IGBT-Wechselrichtern, üblicherweise mit konstanter Zwischenkreisspannung, erzeugt. Aus den Unterschieden im Aufbau des Läufers ergeben sich spezifische Vor- und Nachteile im Betriebsverhalten. In Tabelle 3-2 sind diese übersichtlich zusammengefasst. Tabelle 3-2: Vergleich von Asynchron- und permanenterregter Synchronmaschine, nach [78] Nachteile Vorteile Kurzschlussläufer Asynchronmotoren - - - - - Einfacher / robuster Aufbau Einfache Regelung Einfaches Schutzkonzept Günstigere Beschaffungskosten Einfachere Fertigung - - Wirkungsgrad im Nennpunkt Rotorverluste bei geringer Dreh- zahl  Erwärmung Masse-Leistungs-Verhältnis nicht so kompakt weniger kompakt als PSM - - Permanenterregte Synchronmotoren - - - - - - - - - - Geringe Rotorverluste Wirkungsgrad im Nennpunkt besseres Masse-Leistungs-Verhält- nis geringere Masse geräuscharm Regelung erfordert Polradlagegeber komplexere Schutztechnik Hoher Blindstromanteil bei hoher Drehzahl Zusatzverluste wegen erforderlicher Feldschwächung im Leerlauf Material- / Produktionskosten Die von allen Elektrobussen benötigte Gleichspannung kann entweder aus der Oberleitung, einem Energiespeicher oder aus alternativen Energiequellen bezogen werden. Abbildung 3-1 zeigt eine typische Konfiguration des Traktionskreises eines Obusses. Die Speisung des Fahrmotors erfolgt über einen IGBT-Sechspuls-Wechselrichter, welcher aus Teilstudie „Machbarkeit eines Hybridoberleitungsbusbetriebs – „Berlin-Spandau“
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3 Grundlagen 23 dem kondensatorgestützten Gleichspannungs-Zwischenkreis die benötigte Wechselspan- nungsamplitude und Frequenz erstellt. Der Aufbau der Regelung ist sowohl für Fahrzeuge geeignet, die von Asynchronmotoren angetrieben werden als auch für permanenterregte Synchronantriebe. Der Antrieb durch Elektromotoren hat gegenüber der Ausführung Dieselmotor mit mecha- nischer Kraftübertragung den Vorteil, dass sich Drehmoment und Drehzahl des Traktions- antriebes frei einstellen lassen. Zusätzlich können die Motoren im Bremsvorgang genera- torisch betrieben und die entstehende Energie zurückgespeist oder in einer mitgeführten Batterie gespeichert werden. Da Batterien zum Laden mit Gleichspannung versorgt werden müssen, wird das Batterie- system, wie in Abbildung 3-2 dargestellt, üblicherweise an den Zwischenkreis angeschlos- sen. Für eine flexible, über viele Freiheitsgrade regelbare Speichersteuerung werden nor- malerweise bidirektionale DC/DC-Wandler (Abbildung 3-3) eingesetzt. So lässt sich die Speicherspannung unabhängig von der Zwischenkreisspannung einstellen. Weitere Erläu- terungen zur Steuerung der leistungselektronischen Stellglieder und verfeinerter DC/DC- Wandler-Topologien finden sich in der Fachliteratur [86], [87] und [88]. Abbildung 3-1: Prinzip des Traktionskreises von Obussen Wissenschaftliche Beratung des BMVI zur Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie
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24 Abbildung 3-2: Abbildung 3-3: 3 Grundlagen Prinzip des Traktionskreises von HObussen (Obus mit Energiespeicher) Prinzip des Ladestellers für den Energiespeicher Da die maximale Traktionsleistung erst ab Erreichen der Übergangsgeschwindigkeit benö- tigt wird und dies im Stadtverkehr aufgrund kurzer Haltestellenabstände nur kurzzeitig der Fall ist, zeigt sich, dass Bordnetzverbraucher einen beträchtlichen Anteil am Gesamtener- gieverbrauch haben. Speziell bei ungünstigen Witterungsbedingungen steigt der Energie- bedarf erheblich an. Betriebserfahrungen verschiedener Betreiber zeigen, dass der Gesam- tenergiebedarf an einem strengen Wintertag bis um mehr als 80 % ansteigen kann. Teilstudie „Machbarkeit eines Hybridoberleitungsbusbetriebs – „Berlin-Spandau“
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3 Grundlagen 25 Außer bei Obussen mit kontinuierlicher Energieversorgung muss der beachtliche Einfluss der Bordnetzverbraucher im Auslegungsprozess der Fahrzeugenergiespeicher berücksich- tigt werden. Beispielsweise in [79] wird daher für eine unbestimmte Übergangszeit die Nut- zung einer Brennstoffheizung in Batteriebussen gefordert, da andererseits die erzielbaren Fahrzeugreichweiten für den ÖPNV unbefriedigend sind. 3.2.2.2 Elektrische Energieerzeugung und -bereitstellung Der Primärenergiebedarf eines Elektrobusses hängt, bezüglich Effizienz und Schadstoff- emission, direkt von der Art der Energieerzeugung ab. Um im Folgenden konventionelle dieselbasierte und verschiedene elektrische Antriebskonzepte energetisch miteinander ver- gleichen zu können, ist eingangs die Beschäftigung mit der Wirkungsgradkette elektrischer Energieversorgung erforderlich. Die in Tabelle 3-3 aufgeführten mittleren Wirkungsgrade unterschiedlicher Kraftwerkstypen zeigen zunächst die Effizienz unterschiedlicher Energieerzeuger. Der Wirkungsgrad be- zieht sich auf den eingesetzten „Rohstoff“, wobei kommerziell die unterschiedlichen Kosten des „Rohstoffs“ zu berücksichtigen sind. Der schlechte Wirkungsgrad von Solaranlagen wird durch die kostenlose Bereitstellung der Sonneneinstrahlung kompensiert. Tabelle 3-3: Physikalischer Wirkungsgrad von Energieerzeugungssystemen, nach [76] Bauart Wirkungsgrad Solarkraftwerk 0,15 0,15…0,2 Photovoltaikanlage Wasserkraftwerk 0,85 0,50…0,42 Thermisches Kraftwerk Gas und Dampf-Kraftwerk > 0,55 Kernkraftwerk 0,33…0,36 Windkraftanlagen 0,40…0,45 Übertragen und verteilt wird die Energie über Höchst-, Hoch- und Mittelspannungsnetze. Einschließlich der notwendigen Umspannvorgänge sind die Übertragungsverluste gering. In der ProBas-Datenbank des Umweltbundesamtes finden sich bspw. die nachstehenden Effizienzangaben (Tabelle 3-4). Tabelle 3-4: Effizienz unterschiedlicher Freileitungsanlagen, nach [76] Spannungsebene Eigenschaften Einheit 30 kV 150 kV 400 kV Leistung [MW] 15 60 900 Verluste [%/100 km] 2,00 0,44 0,33 Wissenschaftliche Beratung des BMVI zur Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie
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26 3 Grundlagen Spannungsebene Eigenschaften Einheit 30 kV 150 kV 400 kV Länge [km] 50 100 300 Gesamtverluste [%] 1,00 0,44 0,99 Gesamtwirkungsgrad [%] 99,00 99,56 99,01 Nicht betrachtet werden an dieser Stelle der Einfluss der Trassenlängen, die Netzverma- schung und die Verluste in Folge der tatsächlich fließenden Ströme. Nach [76] kann der Gesamtwirkungsgrad der Kette 380 kV – 150 kV – 6 kV mit 96% und für die Kette 380 kV – 150 kV – 6 kV – 0,4 kV mit 94% angenommen werden. 3.2.3 Oberleitungsbus Wirkungsgrad der Energieversorgung:   0,34 (Kraftwerk – Fahrzeug) 0,93 (Eingang Unterwerk – Fahrzeug) Fahrzeugwirkungsgrad:  0,855 (bei direkter Speisung des Antriebs aus der Oberleitung) Energieverbrauch:  rund 2,4 kWh/km (mit Möglichkeit der Rekuperation) Verfügbarkeit:  vergleichbar einem konventionellem Dieselbus Lebensdauer:   Fahrzeuge: 15-20 Jahre Infrastrukturanlagen: mindestens 30 Jahre Teilstudie „Machbarkeit eines Hybridoberleitungsbusbetriebs – „Berlin-Spandau“
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