Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze

Dies ist die mittlerweise nicht mehr aktuelle Version des Entwurfs zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfGS). Laut Medienberichten plant das Gesundheitsministerium inzwischen nicht mehr, die Möglichkeit zur Handyortung direkt einzuführen.

Die neue Kabinettsvorlage vom 23. März gibt es hier.

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- 11 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr In der Folge dieser Feststellung durch die Bundesregierung wird das Bundesministerium für Gesundheit ermächtigt, durch Anordnung oder Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur Grundversorgung mit Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln sowie zur Stärkung der personellen Ressourcen im Gesundheitswesen zu treffen. Das Robert Koch-Institut (RKI) kann nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Zusammenarbeit zwischen den Ländern, zwischen den Ländern und dem Bund sowie weiteren beteiligten Behörden und sonstigen beteiligten Stellen koordinieren und Informationen austauschen. Für länderübergreifende Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung an denen öffentliche und nichtöffentliche Stellen des Bundes und der Länder beteiligt sind, werden Regelungen vorgesehen, die eine Klarstellung der Zuständigkeiten der datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörden bei Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung im Sinne eines „One-Stop-Shop“ ermöglichen, länderübergreifende Versorgungs- und Gesundheitsforschung unter Wahrung des Datenschutzes beschleunigen und eine einheitliche Rechtsauslegung zum Wohle aller Betroffenen gewährleisten. Alternativen Gleich wirksame Alternativen stehen nicht zur Verfügung, da die in der Normallage geltende Zuständigkeit für den Vollzug des Infektionsschutzgesetzes an ihre Grenzen stößt, wenn in einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ein länderübergreifendes Krisenmanagement unbedingt erforderlich ist. Dies zeigt sich besonders deutlich bei der Beschränkung insbesondere des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs sowie bei der bundeslandübergreifenden Sicherstellung von personellen und materiellen Ressourcen. Gesetzgebungskompetenz Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Maßnahmen gegen übertragbare Krankheiten beim Menschen ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 19 GG. Insoweit durch das Gesetz die Ausübung der Heilberufe geregelt wird, ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus dem hier vorrangigen Artikel 74 Absatz 1 Nummer 19 GG. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Maßnahmen nach Artikel 3 folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 12 des Grundgesetzes (Sozialversicherung), Artikel 74 Absatz 1 Nummer 11 des Grundgesetzes (Recht der Wirtschaft) sowie Artikel 74 Absatz 1 Nummer 13 des Grundgesetzes (Förderung der wissenschaftlichen Forschung). Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union sowie mit den Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) vom 23. Mai 2005 vereinbar. Gesetzesfolgen Rechts- und Verwaltungsvereinfachung Regelungen zur Rechts- oder Verwaltungsvereinfachung sind nicht vorgesehen. Die genannten Maßnahmen zur Bündelung der Vollzugskompetenzen beim Bund gelten nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite.
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Nachhaltigkeitsaspekte Der Gesetzentwurf wurde unter Berücksichtigung der Managementregeln der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie im Hinblick auf die Nachhaltigkeit geprüft. Das Regelungsvorhaben zielt auf eine wirkungsvolle Bekämpfung erheblicher Gefahrenlagen, die in der Folge der weltweiten Verbreitung eines Krankheitserregers für die Bundesrepublik Deutschland entstehen können. Die Regelung zur federführenden datenschutzrechtlichen Aufsicht bei gesundheitsbezogenen Forschungsvorhaben trägt zur konsequenten Anwendung des Leitprinzips der nachhaltigen Entwicklung zur Vermeidung von Gefahren und unvertretbaren Risiken für die menschliche Gesundheit und zur Nutzung von Innovationen als Treiber einer nachhaltigen Entwicklung bei. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand Keine. Erfüllungsaufwand Das Gesetz selbst schafft nur Befugnisgrundlagen und hat daher keine unmittelbaren Kostenfolgen. Soweit im Fall einer von der Bundesregierung festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite auf seiner Basis Anordnungen ergehen oder Rechtsverordnungen erlassen werden, könnten für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung Kosten entstehen, die lagespezifisch und daher nicht allgemein bezifferbar sind. Durch die Einführung der federführenden datenschutzrechtlichen Zuständigkeit bei der Aufsicht über länderübergreifende Vorhaben der Gesundheits- und Versorgungsforschung entstehen bei den zuständigen Datenschutzbehörden der Länder geringe, nicht quantifizierbare Einsparungen durch das Entfallen des Tätigwerdens der Datenschutzbehörden aller von dem Forschungsvorhaben betroffenen Länder. Den öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen des Bundes und der Länder entstehen durch die Einführung der federführenden datenschutzrechtlichen Zuständigkeit bei der Aufsicht über länderübergreifende Vorhaben der Gesundheits- und Versorgungsforschung geringe, nicht quantifizierbare Einsparungen bei der Konzeption und Durchführung von Forschungsvorhaben. Weitere Kosten Keine. Weitere Gesetzesfolgen Keine. Befristung; Evaluierung Keine. B. Besonderer Teil Zu Artikel 1 (Änderung des Infektionsschutzgesetzes) Zu Nummer 1 Zu Buchstabe a Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung der Inhaltsübersicht. Zu Buchstabe b Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung der Inhaltsübersicht.
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- 13 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr Zu Nummer 2 Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung der Überschrift des Abschnitts. Zu Nummer 3 Zu Buchstabe a Der Aufgabenbereich des Robert Koch-Institutes im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes wird künftig klar aus der gesetzlichen Aufgabennorm des § 4 Absatz 1 Satz 1 IfSG erkennbar. Damit wird klargestellt, dass das Robert Koch-Institut sich ebenfalls wie die anderen internationalen und nationalen Behörden mit der Prävention und Bekämpfung von übertragbaren Erkrankungen beschäftigt. Satz 3 entspricht dem bisherigen Satz 6. Die Sätze 4 bis 6 entsprechen den bisherigen Sätzen 3 bis 5. Zu Buchstabe b Die einmalige Berichtspflicht zum 31. März 2021 wurde neu eingefügt, um sicherzustellen, dass der Deutsche Bundestag über die Erkenntnisse der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachte Epidemie informiert wird. Der Bericht beinhaltet Vorschläge zur gesetzlichen, infrastrukturellen und personellen Stärkung des Robert Koch-Instituts sowie gegebenenfalls zusätzlicher Behörden zur Umsetzung der Zwecke dieses Gesetz.“ die bei der Bewältigung der Corona-Epidemie gewonnen praktischen Erfahrungen und daraus gewonnen Erkenntnisse unterrichtet wird. Diese Erkenntnisse und ihre Evaluierung sollten genutzt werden und in einen Vorschlag zur weiteren Verbesserung der Resilienz Deutschlands bei schweren, biologischen Gefahrenlagen von nationaler Bedeutung einfließen. Insbesondere ermöglicht die Berichtspflicht, aus den Erfahrungen vor und nach der Einführung der neuen gesetzlichen Regelungen zu lernen. Eine ähnliche Gefahrensituation kann sich – insbesondere bedingt durch Klimawandel und immer weiter steigende Mobilität der Bevölkerung - wiederholen. Daher ist es umso wichtiger, gezielt zu überprüfen, welche Maßnahmen zu einer Stärkung der zukünftigen, proaktiven effizienten Gefahrenbewältigung beitragen können. Mit dieser Regelung wird dem bisher in Deutschland seit Bestehen des Infektionsschutzgesetzes schwersten Krankheitsausbruch Rechnung getragen. Zu Nummer 4 Zu § 5 (Epidemische Lage von nationaler Tragweite) Zu Absatz 1 In Absatz 1 werden die Voraussetzungen benannt, unter denen eine epidemische Lage von nationaler Bedeutung vorliegt. Es obliegt der Bundesregierung als Kollegialorgan (Artikel 62 Grundgesetz), festzustellen, dass eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland vorliegt. Definitionsgemäß geht eine solche außerordentliche Lage über die epidemiologische Normallage hinaus, in der es keiner Modifikationen in der Vollzugskompetenz für das Infektionsschutzgesetz bedarf. Die Feststellung durch die Bundesregierung ist ihrerseits an zwei Voraussetzungen geknüpft, die alternativ erfüllt sein müssen. Zu Nummer 1 Nach Nummer 1 liegt eine besondere Lage vor, wenn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Rahmen der Internationalen Gesundheitsvorschriften vom 23. Mai 2005 (IGV) das Bestehen einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite feststellt und eine Einschleppung schwerwiegender übertragbarer Krankheiten in die Bundesrepublik Deutschland droht. Innerhalb der WHO ist der Generaldirektor der WHO aufgrund der IGV für die Feststellung einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite zuständig. Er arbeitet dabei eng mit den betroffenen WHO-Vertragsstaaten zusammen. Er wird unterstützt von einem im Rahmen der IGV eingesetzten Notfallausschuss. Die
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Feststellung des Eintretens einer solchen Notlage ist ihrerseits an bestimmte Kriterien geknüpft und wird restriktiv gehandhabt (vgl. Artikel 12 IGV). Diese Feststellung löst innerstaatlich in der Bundesrepublik Deutschland keinen Automatismus von Rechtsfolgen aus. Vielmehr bedarf es stets der gesonderten Feststellung durch die Bundesregierung. Zu Nummer 2 Nummer 2 sieht eine Feststellungsbefugnis der Bundesregierung auch ohne eine vorherige Feststellung durch die WHO vor. Voraussetzung ist, dass eine landesübergreifende Ausbreitung schwerwiegender übertragbarer Krankheiten droht. Von einer solchen Lage ist auszugehen, wenn von der drohenden Verbreitung das Gebiet von mehr als zwei Bundesländern betroffen ist (wie etwa bei der EHEC-Epidemie 2011). Durch die vorgeschriebene Veröffentlichung im Bundesanzeiger (Satz 2) wird die nötige Publizität der durch die Bundesregierung erfolgten Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Bedeutung gewährleistet. Zu Absatz 2 Wenn eine epidemische Lage von nationaler Bedeutung festgestellt wurde, stehen der Bundesregierung die in diesem Gesetz vorgesehenen Befugnisse zum Ergreifen der aufgeführten Maßnahmen zu. Im weiteren Verlauf muss die Entwicklung der Lage ständig beobachtet und überprüft werden. Sobald sich die festgestellte Lage dergestalt fortentwickelt, dass die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr gegeben sind, hat die Bundesregierung die Lage unverzüglich für beendet zu erklären. Durch Satz 2 wird die unmittelbare Rückkehr in den Normalzustand gewährleistet, sämtliche Maßnahmen, die nach Absatz 3 getroffen worden sind, verlieren ihre Gültigkeit. Auch die Beendigung der Feststellung der Lage ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen (Satz 3). Zu Absatz 3 Für den Fall einer festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweitewird das Bundesministerium für Gesundheit ermächtigt Anordnungen und Rechtsverordnungen ohne Zustimmung des Bundesrates nach den Nummern 1 bis 6 zu erlassen. Diese Anordnungsbefugnisse treten neben die Befugnisse der Länder nach diesem Gesetz. Die Vollzugskompetenz der Länder bei der Durchführung der auf Grund dieses Absatzes erlassenen Anordnungen und Rechtsverordnungen bleibt unberührt. Zu Nummer 1 Die gegenwärtige Epidemie ist maßgeblich auch durch einen Import eines Virus durch den internationalen Reiseverkehr verursacht. Nach Nummer 1 kann das Bundesministerium für Gesundheit durch Anordnung in Übereinstimmung mit den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) Personen verpflichten, die in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollen oder eingereist sind und die wahrscheinlich einem erhöhten Infektionsrisiko für bestimmte schwerwiegende übertragbare Krankheiten ausgesetzt waren, insbesondere weil sie aus Gebiete einreisen, die das Robert Koch-Institut als gefährdet eingestuft hat, bestimmte Auskünfte zu geben oder Maßnahmen zu dulden. Zu Nummer 2 Nach Nummer 2 kann das Bundesministerium für Gesundheit durch Anordnung Unternehmen, die im Eisenbahn-, Bus-, Schiffs- oder Flugverkehr grenzüberschreitend Reisende befördern, Flughafenunternehmer, Betreiber von Häfen, Personenbahnhöfen und Omnibusbahnhöfen sowie Reiseveranstalter verpflichten, bei der Durchführung der Maßnahmen nach Nummer 1 mitzuwirken. Außerdem können diese Unternehmen verpflichtet werden, im Rahmen ihrer betrieblichen und technischen Möglichkeiten bei Maßnahmen mitzuwirken, die eine Einschleppung und Weiterverbreitung einer übertragbaren Krankheit vorbeugen können. Diese Maßnahmen können unabhängig von den bestehenden Befugnissen nach dem Gesetz zur Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften vorgesehen werden.
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- 15 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr Zu Nummer 3 Nach Nummer 3 kann das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen von den Vorschriften dieses Gesetz zulassen und weitere Entschädigungen neben § 56 des Infektionsschutzgesetzes vorzusehen, wenn der Bund für die entsprechenden Kosten aufkommt. Zu Nummer 4 Zur Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln, Betäubungsmitteln, Wirkstoffen, Ausgangs-und Hilfsstoffen, Medizinprodukten und Gegenständen der persönlichen Schutzausrüstung wird das Bundesministerium für Gesundheit ermächtigt, durch Allgemeinverfügung oder durch Rechtsverordnung verschiedene Maßnahmen anzuordnen. Neben der Versorgung mit Medizinprodukten nach dem Medizinproduktegesetz ist auch die Versorgung der gesetzlich Versicherten mit Hilfsmitteln nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch sicherzustellen, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Zu Buchstabe a Das Bundesministerium für Gesundheit kann insbesondere Ausnahmen von den unter Buchstabe a genannten spezialgesetzlichen Vorschriften anordnen, um die Herstellung, die Anwendung, die Verschreibung und die Abgabe, die Ein- und Ausfuhr und das Verbringen der dort genannten Produkte zu erleichtern oder ermöglichen. Dies kann für den Bereich des Betäubungsmittelrechts etwa für die Überlassung zum unmittelbaren Verbrauch bei der Substitutionstherapie opioidabhängiger Menschen der Fall sein. Zudem können Ausnahmen von gesetzlichen Vorgaben zum Betrieb von Apotheken zugelassen werden. Zu Buchstabe b Die zuständigen Behörden der Länder können ermächtigt werden im Einzelfall Ausnahmen von den unter Buchstabe a) genannten spezialgesetzlichen Vorschriften zu gestatten. Hierdurch soll den Landesbehörden ermöglicht werden, flexibel auf die jeweilige Situation vor Ort reagieren zu können. Zu Buchstabe c Das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Sicherstellung der Versorgung mit den genannten Produkten Maßnahmen zum Bezug, zur Beschaffung, Bevorratung, Verteilung und Abgabe durch den Bund anordnen. Zu Buchstabe d Als Maßnahme zur Sicherstellung der Versorgung können auch Sicherstellungen und Beschlagnahmen der Produkte angeordnet werden. In diesem Fall sind erforderliche Regelungen zur Entschädigung zu treffen. Zu Buchstabe e Die Ermächtigung zum Erlass des Verpflichtungsverbots verhindert die vorrangige Bedienung schuldrechtlicher Verpflichtungen hinsichtlich der Produkte und ermöglich somit die Zurverfügungstellung der Produkte für die Sicherstellung der Versorgung im Krisenfall. In diesem Fall sind erforderliche Regelungen zur Entschädigung zu treffen. Zu Buchstabe f Die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung ist von hoher Bedeutung für die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, Abweichungen von den bestehenden Vorschriften zur Abgabe, Preisbildung, Erstattung von Arzneimitteln und der Vergütung bei deren Abgabe anzuordnen. Diese Anordnungsbefugnis kann sich beispielsweise auf die Außerkraftsetzung sozialrechtlicher
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Vorgaben zur Austauschbarkeit von Arzneimitteln, die Geltung von Rabattverträgen oder auch auf die in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegten Zuschläge beziehen. In Bezug auf Hilfsmittel kann sich die Anordnungsbefugnis auf die Abweichung von sozialrechtlichen Vorgaben nach den §§ 126, 127 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch beziehen, beispielsweise auf die zeitliche Aussetzung der Vorgaben für die Versorgungsberechtigung der Leistungserbringer, wie die Vorlage eines gültigen von einer Präqualifizierungsstelle ausgestellten Zertifikats oder das Vorhandensein eines Versorgungsvertrags mit der Krankenkasse des jeweiligen Versicherten. Zu Buchstabe g Die Anordnungsbefugnis des Bundesministeriums für Gesundheit bezieht sich auch auf Anordnungen zum Betrieb von Produktionsstätten oder einzelnen Betriebsstätten. Zur Sicherstellung der Versorgung mit den Produkten können bestimmte Anordnungen getroffen werden, die insbesondere die Produktion des jeweils erforderlichen Produktes sicherstellen. In diesem Fall sind erforderliche Regelungen zur Entschädigung zu treffen. Zu Buchstabe h Um im Krisenfall eine Versorgung mit den Produkten sicherzustellen kann auch die Wirkung eines Patentes nach § 13 PatG eingeschränkt werden, um beispielsweise lebenswichtige Wirkstoffe oder Arzneimittel herstellen zu können. Die Anordnung erfolgt abweichend von §13 Absatz 1 Satz 1 PatG durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit. In der Rechtsverordnung kann das Bundesministerium für Gesundheit auch ermächtigt werden, die Anordnung im Wege eines Verwaltungsakt oder einer Allgemeinverfügung zu treffen. Zu Buchstabe i Zudem kann es erforderlich sein, dass in einem Krisenfall neben den für den Vollzug zuständigen Landesbehörden, Stellen des Bundes Befugnisse zum Vollzug übertragen bekommen. Dies kann insbesondere dann erforderlich sein, wenn zur Durchführung der Rechtsverordnung durch die zuständigen Stellen des Bundes im konkreten Einzelfall ergänzende Regelungen im Wege von Verwaltungsakten getroffen werden müssen (z.B. Genehmigungen, Auflagen o.ä.). Zu Nummer 5 Zu den ambulanten Praxen gehören in erster Linie die Praxen niedergelassener Ärztinnen und Ärzte. Von der Regelung erfasst werden aber u.a. auch medizinische Versorgungszentren nach § 95 Absatz 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch. Zu Buchstabe a Medizinstudierende können wie Ärztinnen und Ärzte und Angehörige von Gesundheitsfachberufen abhängig von ihrem Ausbildungsstand einen wichtigen Beitrag zur gesundheitlichen Versorgung leisten und sollen daher ebenfalls im Fall einer epidemischen Lage von übergeordneter Bedeutung als Maßnahme zur Aufrechterhaltung der gesundheitlichen Versorgung in ambulanten Praxen, Krankenhäusern und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen verpflichtend herangezogen werden können. Zu Buchstabe b Die Erfahrungen mit der Bewältigung der Ansteckungen mit dem Coronavirus SARS-CoV- 2 haben gezeigt, dass es für eine effektive Bekämpfung einer ansteckenden Krankheit von besonderer Bedeutung ist, dass ausreichend Versorgungskapazitäten zur Versorgung der infizierten Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen. Daher sollen insbesondere die Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen künftig verpflichtet werden können, derartige Kapazitäten vorzuhalten. Soweit hierdurch Erlösausfälle entstehen, können durch Rechtsverordnung Regelungen vorgesehen werden, um diese auszugleichen. Außerdem ist es unerlässlich, kurzfristig einen Überblick über bestehende Kapazitäten zur Bekämpfung einer ansteckenden Krankheit zu erlangen, da es andernfalls nicht möglich ist, Entscheidungen über eine gezielte Verstärkung von
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- 17 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr Versorgungskapazitäten in besonders betroffenen Regionen zu erhalten. Aus diesem Grund kann künftig auch eine Meldepflicht in Bezug auf bestehende Versorgungskapazitäten und deren Auslastung vorgesehen werden. Zu Buchstabe c Das Leistungsgeschehen in der gesetzlichen Krankenversicherung wird wesentlich durch die Selbstverwaltung der Krankenkassen und der Leistungserbringer sowie insbesondere durch den Gemeinsamen Bundesausschuss als Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung konkretisiert. Bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite kann es erforderlich sein, kurzfristig von Entscheidungen der Selbstverwaltung abzuweichen. Zu Buchstabe d Buchstabe d) ermöglicht dem Bundesministerium für Gesundheit Änderungen der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO). Ziel der Änderungen soll sein, dass Medizinstudierende im Rahmen ihres Studiums stärker als bisher auch in der Versorgung eingesetzt werden können. Zudem soll ihnen ihr Einsatz so weit wie möglich als Studienleistung angerechnet werden, damit daraus keine Nachteile für den Studienfortschritt entstehen. Das kann sich z.B. auf die Einsatzmöglichkeiten im Praktischen Jahr (PJ) nach § 3 ÄApprO beziehen, die zeitlich oder inhaltlich anders als bisher aufgeteilt werden könnten. Auch gilt es, die Voraussetzungen für den Beginn der Ausbildung im PJ vorübergehend zu flexibilisieren. So wird der Zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung aufgrund der epidemischen Lage nach derzeitigen Erkenntnissen voraussichtlich nicht planmäßig durchgeführt werden können. Daher sollen die Studierenden, die zum Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung zugelassen sind, zuerst das PJ durchlaufen, dessen Beginn auf Anfang April 2020 vorgezogen werden soll. Der Zweite und Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung würde dann im Anschluss abgelegt werden. Weiterhin sollen Erleichterungen im Ablauf des Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung vorgesehen werden, um zu gewährleisten, dass die aktuellen Studierenden ihr Medizinstudium planmäßig abschließen können. Die Maßnahmen insgesamt werden so ausgelegt, dass sie einerseits sicherstellen, dass Studierende sofort einen Beitrag zur Versorgung leisten können und ihnen gleichzeitig keine Nachteile im Studienverlauf entstehen. Insgesamt soll ein Rahmen für Fakultäten und Länder geschaffen werden, um das Medizinstudium an die erforderlichen Maßnahmen für den Krisenfall anzupassen. Dies korrespondiert auch mit den Empfehlungen des Medizinischen Fakultätentages (MFT), der sich an Fakultäten und Länder bereits gewandt hat, um entsprechende Maßnahmen zu treffen. Zu Nummer 6 Die Regelungen in Nummer 6 ermöglichen es dem Bundesministerium für Gesundheit, zielgerichtete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zu treffen. Dabei kann sowohl von geltenden gesetzlichen Vorschriften des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) als auch von Vereinbarungen der Selbstverwaltung in der Pflege abgewichen werden. Im Einzelnen werden folgende Bestimmungen getroffen: Zu Buchstabe a Durch die Regelung in Buchstabe a) können Pflege- und Betreuungseinrichtungen angewiesen werden, bestimmte Kapazitäten vorzuhalten. Damit soll etwa in einer Situation, in der eine oder mehrere Einrichtungen geschlossen werden müssen, die Versorgung der Pflegebedürftigen in anderen Einrichtungen sichergestellt werden können. Die Kapazitäten und deren Auslastung sind an eine festzulegende Stelle zu melden. Zu Buchstabe b Buchstabe b) konkretisiert die generelle Abweichungsmöglichkeit dahingehend, dass die Aussetzung oder Änderung von gesetzlichen oder vertraglichen Anforderungen an Pflegeeinrichtungen möglich ist.
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Zu Buchstabe c Mit Buchstabe c) wird die Möglichkeit eröffnet, sämtliche untergesetzliche Festlegungen einschließlich von Vereinbarungen und Beschlüssen der Pflegeselbstverwaltung auf Bundes- und Landesebene befristet anzupassen, zu ergänzen oder auszusetzen. Zu Buchstabe d Pflegeinrichtungen, Pflegekassen und Medizinischen Dienste erfüllen regelhaft und notwendigerweise eine Vielzahl von Aufgaben, die über die unmittelbare Pflege und Betreuung von Pflegebedürftigen hinausgehen (z.B. in den Bereichen der Dokumentation, der Beratung und Beratungsbesuche, der zusätzlichen Betreuung, des Qualitätsmanagements, der Vorbereitung und Durchführung von Qualitätsprüfungen, der häuslichen Begutachtung usw.). Es kann zur Sicherstellung der Versorgung erforderlich werden, solche Aufgaben grundsätzlich auszusetzen oder einzuschränken; dies wird durch Buchstabe d) geregelt. Zu Buchstabe e In kritischen Versorgungssituationen aufgrund einer pandemischen Entwicklung, etwa wenn in einer Einrichtung eine besonders hohe Infektionsrate herrscht, wird es darauf ankommen, alle verfügbaren personellen Kräfte zu bündeln und nicht nur die pflegerische Versorgung sicher zu stellen, sondern aktiv bei der Bekämpfung und Bewältigung übertragbarer Krankheiten mitzuwirken. Diese Problematik wird in Buchstabe e) adressiert. Zu Buchstabe f In Buchstabe f) wird darüber hinaus gehend die Möglichkeit geschaffen, Regelungen zu treffen die zur personellen Sicherstellung der pflegerischen Versorgung erforderlich sein können, um etwa Pflegefachkräfte und andere in der Pflege tätige Personen zu entlasten oder Aufgaben temporär unter Einbeziehung aller geeigneten medizinisch, pflegerisch oder therapeutisch geschulten Kräfte umzuverteilen. Dies kann auch die Ermöglichung der Übernahme grundpflegerischer Aufgaben im Bedarfsfall auch durch zusätzliche Betreuungskräfte nach § 43b SGB XI sowie die Prüfung der Übernahme bestimmter behandlungspflegerischer Maßnahmen auch durch Pflegeassistenzkräfte einschließen. Schließlich ist auch die Verpflichtung von geeigneten Organisationen und Einrichtungen zur Abstellung solcher Kräfte zu ermöglichen. Insoweit eine solche Maßnahme enteignende Wirkung hat, können die davon Betroffene eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Zu Absatz 4 Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen nach Absatz 3 haben entgegen § 80 Absatz 1 Satz 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Die Dynamik einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite macht es gegebenenfalls erforderlich, dass staatliche Maßnahmen sofort vollzogen werden. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen zu erlassende Maßnahmen ist daher geboten. Da es sich bei allen Maßnahmen nach Absatz 3 um Maßnahmen zur Bekämpfung einer temporären Lage nationaler Tragweite handelt, ist die zeitliche Begrenzung der nach Absatz 3 erlassenen Verordnungen auf spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten vorgesehen. Soweit die bestehende Lage es erfordert, kann eine nach Absatz 3 erlassene Verordnung in ihrer Geltungsdauer verlängert werden. Eine zeitliche Verlängerung der Geltung ist in diesem Fall jedoch nur mit Zustimmung des Bundesrates möglich. Zu Absatz 5 Absatz 5 trägt dem Zitiergebot nach Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz Rechnung. Das Zitiergebot sieht vor, dass soweit ein Grundrecht durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes eingeschränkt werden kann, auch das jeweilige Grundrecht im Gesetz unter Angabe des Artikels genannt werden muss. Mit dem vorliegenden Gesetz sind Maßnahmen möglich, die Einschränkungen in das Grundrecht der körperlichen
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- 19 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz) ermöglichen (Absatz 3 Nummer 1). Zu Absatz 6 Das Gesetz sieht die Ermächtigung der Bundesregierung vor, im Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite zur Ausführung dieses Gesetzes sowie des Arzneimittel-, des Apothekengesetzes und der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen und der medizinprodukterechtlichen Vorschriften in Ausnahmefällen gegenüber den Ländern Einzelweisungen erteilen, wenn dies zur Sicherung der öffentlichen Gesundheit in der Bundesrepublik Deutschland dringend geboten ist (Art. 84 Absatz 5 GG). Gerade in Fällen einer Krisenlage von nationaler Tragweite über die Grenzen der Bundesländer hinweg, kann es geboten sein, dass eine zentrale Stelle in der Lage ist, bundeseinheitliche Regelungen zu treffen, um die bestehenden Gefahren für Leib und Leben der Bevölkerung effektiv abzuwehren. Die der Bundesregierung eingeräumte Möglichkeit, den Ländern in Ausnahmefällen Einzelweisungen zu erteilen, trägt effektiv zu eben diesem Instrument einer einheitlichen Bewältigung der Lage bei. Zu Absatz 7 Sofern es die Lage erforderlich macht, kann das Bundesministerium für Gesundheit unter Heranziehung der Empfehlungen des Robert Koch-Instituts Empfehlungen für Maßnahmen der von den zuständigen Behörden zu treffenden Schutzmaßnahmen abgeben. Insbesondere das aktuelle Ausbruchsgeschehen der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Krankheit COVID-19 zeigt, dass eine enge Begleitung der durch die zuständigen Landesbehörden zu ergreifenden Maßnahmen für die Bewältigung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite maßgeblich ist, um die Bevölkerung wirksam zu schützen. Der Bundesregierung wird durch diese Regelung die Befugnis eingeräumt, ein koordiniertes Vorgehen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einzuleiten und zu begleiten. Zu Absatz 8 Absatz 8 verdeutlicht noch einmal die besondere Rolle des Robert Koch-Instituts im Falle einer epidemischen Lage von nationaler Bedeutung. Dem Institut kann vorliegend die Aufgabe übertragen werden, die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und zwischen den Ländern und dem Bund sowie weiteren beteiligten Behörden und Stellen zu koordinieren und Informationen auszutauschen. Eine zentral koordinierende Stelle, die vor allem die naturwissenschaftlichen Aspekte der Lage in besonderem Maße beleuchten kann, ist in den mit diesem Gesetz zu regelnden Lagen von außerordentlicher Bedeutung. Dem Robert Koch-Institut an der Schnittstelle zu Wissenschaft und Verwaltung können insofern wichtige Aufgaben für die Bewältigung der Lage übertragen werden. Durch den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschrift mit Zustimmung des Bundesrates kann die Bundesregierung Näheres bestimmen. Zu Absatz 9 Mit der Vorschrift wird für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite dem benannten Personenkreis vorübergehend und im Rahmen der von ihnen in der Berufsausbildung erlangten Kompetenzen die Befugnis zur Ausübung von heilkundlichen Tätigkeiten übertragen. Damit sollen Ärztinnen und Ärzte insbesondere von Behandlungen entlastet werden, deren Art und Schwere eine ärztliche Behandlung im Ausnahmefall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht zwingend erfordert, die aber eine ärztliche Beteiligung erforderlich machen, weil sie der Heilkunde zuzurechnen sind. Satz 1 benennt abschließend den Personenkreis, der von der Regelung umfasst ist. Die Personen müssen eine Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach den jeweiligen Berufsgesetzen haben. Voraussetzung für die vorübergehende Ausübung der jeweiligen heilkundlichen Tätigkeit ist die persönliche Kompetenz der jeweiligen Person, die sich sowohl aus der Ausbildung
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wie den persönlichen Fähigkeiten ergibt. Persönliche Fähigkeiten können sich beispielsweise aus Berufserfahrung oder aus Fort- und Weiterbildungen ergeben. Die Tätigkeit findet ihre Grenze insbesondere im Patientenwohl, das gewährleistet bleiben muss. Der Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten ist im Einzelfall zu berücksichtigen. Die Vorschrift ist eine Ausnahmeregelung für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Vorrangig ist eine ärztliche Veranlassung heilkundlicher Maßnahmen, also die ärztliche Delegation. Dabei sind auch die vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten (z.B. Telemedizin) oder vorhandene Behandlungsstandards (SOP – Standard Operating Procedures) umfangreich zu nutzen, um eine flexible und pragmatische Handhabung der ärztlichen Delegation zu ermöglichen. Die vorgesehene Dokumentation und die Information des verantwortlichen oder des behandelnden Arztes dienen der Sicherstellung des Patientenwohls. Die Information des Arztes dient zugleich der fachlichen Absicherung der vorgenommenen Maßnahme und als Grundlage weiterer ärztlicher Behandlungsentscheidungen. Die Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Gesundheit in Satz 5 zur Erweiterung des genannten Personenkreises ermöglicht unter den Voraussetzungen des Absatzes 9 eine flexible und kurzfristige Anpassung der Regelung an die jeweilige Lage. Die Befugnisse nach diesem Absatz enden mit der Erklärung der Bundesregierung nach Absatz 2 Satz 1. Zu Absatz 10 Internationale Erfahrungen etwa im Rahmen der Südkoreanischen Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 zeigen, dass die Nachverfolgung von Standortdaten einen Beitrag zur Bestimmung von Kontaktpersonen leisten kann. Dementsprechend wird den zuständigen Gesundheitsbehörden für den Fall der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Befugnis eingeräumt, Kontaktpersonen von erkrankten Personen anhand der Auswertung von Standortdaten des Mobilfunkgerätes zu ermitteln, dadurch die Bewegung von Personen zu verfolgen und im Verdachtsfall zu kontaktieren. Zugleich dürfen die zuständigen Behörden Verkehrsdaten zur Bestimmung des Aufenthaltsortes einer Person nutzen. Die Auswertung der Daten kann dabei genutzt werden, um betroffene Personen sowie Kontaktpersonen gezielt zu lokalisieren und informieren zu können. Je nach eingesetztem technischem Verfahren kann dabei eine Rekonstruktion von Infektionsketten anhand der Bestimmung potenzieller Kontaktpersonen oder die Identifizierung der von der erkrankten Person namentlich benannter Kontaktpersonen erfolgen. Die Dienstanbieter sind verpflichtet, den Gesundheitsbehörden die hierzu erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck ist es ausreichend, dass die Dienstanbieter die Telekommunikationsverkehrsdaten, die spezifischen Kennungen sowie Daten zur Verfügung stellen, die eine Kontaktaufnahme zu betroffenen Personen ermöglicht. Diese Pflicht bezieht sich daher nicht auf Herausgabe weiterer personenbezogener Daten. Von der Befugnis werden keine Inhaltsdaten und keine Kommunikationsinhalte erfasst. Nach allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind die Daten zu löschen. Die Löschung ist zu dokumentieren. Die Regelung stellt eine Befugnis zur Datenverarbeitung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d und 2 sowie Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe i der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG dar. Durch die Ermittlung von Standortdaten werden die betroffenen Personen nicht in dem nach Artikel 10 Absatz 1 3. Variante des Grundgesetzes geschützten Fernmeldegeheimnis verletzt. Der Austausch von Standortdaten birgt keine geschützten individuellen Gesprächsinhalte in sich (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. August 2006 – 2 BvR 1345/03, Rn. 50ff. insb. Rn. 52). Die von
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