pkw-maut-gutachten.pdf
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Gutachten zur Vereinbarkeit des Pkw-Maut-Gesetzes mit europäischem Recht“
Die Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes
Diese Anfrage wurde als Teil der Kampagne „Frag den Bundestag“ gestellt.
Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 11 | PE 6 - 3000 - 68/15 schließlich im Sinne der Richtlinie 1999/62/EG für den Güterverkehr bestimmt und in einem an- deren EU-Mitgliedstaat zugelassen sind ($ 1 Abs. 1 Nr. 2 KfzStG). Ein Fahrzeug gilt als ausländi- sches Fahrzeug, wenn es im Zulassungsverfahren eines anderen Staates zugelassen ist ($ 2 Abs. 4 KfzStG). Steuerschuldner ist bei einem ausländischen Fahrzeug die Person, die das Fahrzeug im Inland nutzt ($ 7 Nr. 2 KfzStG). Bemessungsgrundlage der Kfz-Steuer sind wie bei inländischen Fahrzeugen in der Regel die Schadstoff- und Kohlendioxidemissionen bzw. die Kohlendioxide- missionen und der Hubraum des jeweiligen Fahrzeugs ($ 8 KfzStG), auf die ein spezifischer Steu- ersatz Anwendung findet ($ 9 Abs. 3 KfzStG). Die Steuer wird, wenn der Zeitpunkt der Beendi- gung der Steuerpflicht nicht feststeht, unbefristet, in allen anderen Fällen für einen bestimmten Zeitraum oder tageweise festgesetzt ($ 13 KfzStG).* Ausländische Pkw und ihre Anhänger, die zum vorübergehenden Aufenthalt in das Inland gelan- gen, sind vorbehaltlich der Ausnahmen in $ 3 Nr, 13 S. 2 KfzStG für die Dauer bis zu einem Jahr von der Kfz-Steuer befreit ($ 3 Nr. 13 S. 1 KfzStG). Sofern die Voraussetzungen für eine Steuerbe- freiung nicht (mehr) vorliegen, dauert die Kfz-Steuerpflicht bei einem ausländischen Fahrzeug grundsätzlich solange, wie sich das Fahrzeug im Inland befindet ($ 5 Abs. 1 Nr. 2 KfzStG). Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) kann die Erhebung der Steuer bei ausländischen Fahrzeugen zudem bis zu einem Jahr aussetzen, sobald mit dem Staat, in dem die Fahrzeuge zu- gelassen sind, Verhandlungen über ein Abkommen zum gegenseitigen Verzicht auf die Kfz- Steuer aufgenommen worden sind ($ 16 KfzStG). 2.3.2.3. Wirkung des Steuerentlastungsbetrages Die in Art. 1 Nr. 7 lit. b 2. VerkehrStÄndG als Steuerentlastüngsbetrag legaldefinierte Ermäßigung der Jahressteuer für inländische Kfz zur Vermeidung einer Doppelbelastung von in- und auslän- dischen Kfz-Haltern ist Teil der Bestimmungen zur Festlegung des Steuersatzes gemäß $ 9 Kfz- StG. Der Steuerentlastungsbetrag lässt das Entstehen der Kfz-Steuerpflicht unberührt. Er führt je- doch dazu, dass sich die Steuer, d.h. die anfallende Steuerschuld im Rahmen der jeweiligen Kfz- ‚Steuerpflicht im Falle des Bestehens einer Infrastrukturabgabenpflichtigkeit* bei inländischen Fahrzeugen um einen in der Höhe der jeweils zu entrichtenden Infrastrukturabgabe entsprechen- den Betrag, bei ausländischen Fahrzeugen um einen Tagessatz in Höhe von 0,35 Euro, ermäßigt.® 23 Zur Besteuerung von ausländischen Fahrzeugen siehe auch $$ 10 bis 17 KraftStDV, zu den Steuersätzen $ 9 Abs. 3 KizStG ‚zur Entrichtung $ 11 KfzStG. 24 Art. 1 Nr. 12 lit. f} 2. VerkehrStÄndG, S 18 Abs. 13 KfzStG-E. 25 2. VerkehrS$StÄndG, S. 14.
Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 12 PE 6 - 3000 --68/15 3. Unionsrechtliche Vorgaben 3.1. Zur Einführung von Straßenbenutzungsgebühren Straßenbenutzungsgebühren unterfallen dem Regelungsbereich der gemeinsamen Verkehrspolitik sem. Art. 90 ff. AEUV.* Die EU besitzt auf dem Gebiet der Verkehrspolitik die geteilte Zuständig- keit (Art. 4 Abs. 2 lit. g Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)). Das be- deutet, dass die Mitgliedstaaten bis zu einer Regelung durch die EU für diese Materie die Rege- lungskompetenz besitzen. Maßgeblich ist also, inwieweit die EU auf dem Gebiet der Straßenbe- nutzungsgebühren bereits tätig geworden ist. 3.1.1. Sekundärrecht Beim derzeitigen Stand des Unionsrechts fällt die Regelung von Straßenbenutzungsgebühren für Kfz bis zu 3,5 t Gesamtgewicht in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die Union hat in die- sem Bereich von ihrer geteilten Zuständigkeit in der Verkehrspolitik bislang keinen Gebrauch ge- macht.?” Sekundärrechtlich regelt die Richtlinie 1999/62/EG®® die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge. Ihr Anwendungsbereich er- fasst nur die Benutzung größerer Straßen (Autobahnen und andere mehrspurige Straßen) durch. Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t (Art. 2 lit d RL 1999/62). Die Richtlinie erklärt Straßenbenutzungsgebühren für zulässig und legt Mindestsätze für die Kfz-Steuer und Höchstsätze für die Benutzungsgebühren fest. Dabei folgt die Richtlinie dem Nutzerprinzip: die Mitgliedstaaten können die Entgelte für die Infrastruktur auf die Nutzer entfernungsabhängig (Maut) umlegen. Daneben ist aber auch die zeitabhängige Benutzungsgebühr (Vignette) bis zu ei- nem bestimmten Höchstsatz erlaubt. Die Mautgebührensätze können unter der Bedingung der Er- tragsneutralität nach Maßgabe der Fahrzeugemissionsnormen und der Verkehrslage (Staunei- gung) alle zwei Jahre angepasst werden. Diese Richtlinie wurde im Jahr 2006 mit dem Ziel geän- dert, Regeln für die Berechnung anlastbarer Infrastrukturkosten aufzustellen. Dadurch wurde in Bergregionen ein Mautaufschlag um bis zu 25 % zur Mitfinanzierung alternativer Infrastrukturen möglich. Mit der Novelle wurde auch eine Bestimmung in Bezug auf spezifische Gebühren einge- führt, mit der der Umweltverschmutzung und Staus entigegengewirkt werden soll. _ 26 Vgl. Mückenhausen, in: Lenz/Borchardt, Art. 90 AEUV, Rn. 5. 27 ‚Vgl. die Mitteilung der Kommission vom 14. Mai 2012 über die Erhebung nationaler Straßenbenutzungsgebüh- ren auf leichte Privatfahrzeuge, KOM(2012) 199 endg, S. 3. 28 Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, ABl. L 187/42, konsoli- dierte Fassung abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexllriServ/LexUriServ.dofuri=CONS- LEG:19991L0062:20070101:DE:PDE; vgl. auch Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungs- gebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten, ABl. L 279/32, abrufbar unter http://eur- lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:319931L0089&gid=1406555292243&from=DE sowie EuGH, Rs. C-21/94 (Parlament/Rat) zur Nichtigkeit der Richtlinie 93/89/ EWG. 2a Richtlinie 2006/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2006, ABl. L 157/8, abrufbar unter httn’//eur-lex.europa.eu/LexlUlriServ/LexUriServ.doTusi=OT:L:2006:157:0008:0023:DE:PDF.
Fachbereich Europa Ausarbeitung | | Seite 13 PE 6 - 3000 - 68/15 3.1.2. Stellungnahmen der Kommission 3.1.2.1. Weißbücher und Mitteilungen Für den Bereich des Individualverkehrs mit Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 tenthält das Unionsrecht keine speziellen Regelungen. Nach dem Weißbuch der Kommission aus dem Jahre 1999, in dem sie die binnenmarktkonforme Erhebung von Straßenbenutzungsge- bühren für schwere Nutzfahrzeuge und für den gewerblichen Personenverkehr empfohlen hat, soll die Erhebung von Gebühren für den privaten PKW-Verkehr aus Gründen der Subsidiarität wegen der geringen grenzüberschreitenden Auswirkungen den Mitgliedstaaten überlassen blei- ben.” In ihrem Weißbuch vom 28. März 2011 hat die Kommission die Schaffung eines EU-Rahmens für die Innenstadt-Maut sowie die Entwicklung und Validierung von Rahmenbedingungen für Stra- Benbenutzungsgebühren angekündigt.°' In ihrer Mitteilung „über die Erhebung nationaler Straßenbenutzungsgebühren auf leichte Pri- vatfahrzeuge“ vom 14. Mai 2012” will die Kommission mit den von ihr vorgeschlagenen Leitli- nien die Mitgliedstaaten unterstützen, solche Systeme von Straßenbenutzungsgebühren einzu- führen, die nicht zu einer mit dem europäischen Recht unvereinbaren Diskriminierung von EU- Ausländern führen. Hierbei konkretisiert die Kommission ihren Standpunkt dahingehend, dass entfernungsabhängige Mautsysteme vorzugswürdig seien. Bei Einführung von zeitabhängigen na- tionalen Vignettensystemen müssten zusätzlich zu Jahres- und Monatsvignetten Vignetten für eine Woche oder kürzere Nutzungsphasen angeboten werden. Eine Kurzzeitvignette sollte im Vergleich zur Jahresvignette zu einem verhältnismäßigen Preis angeboten werden.* Die bei Kurz- zeitvignetten entstehenden höheren Verwaltungskosten könnten zwar Berücksichtigung finden; Kurzzeitvignetten dürften allerdings nicht unverhältnismäßig teurer als Langzeitvignetten sein. Aus Sicht der Kommission seien die Bestimmungen in Art. 7a Abs. 1 der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Preisgestaltung für Kurzzeit- und Lang- zeitvignetten entsprechend auch für PKW-Vignetten heranzuziehen. Nach diesem Prüfungsmaß- stab hält die Kommission eine Bemessung des Tagespreises für nicht Gebietsansässige in einer a0 Weißbuch - Faire Preise für die Infrastrukturbenutzung: Ein abgestuftes Konzept für einen Gemeinschaftsrah- men für Verkehrsinfrastrukturgebühren in der EU, KOM(1999) 466 endg., S. 15. Weißbuch - Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum — Hin zu einem wettbewerbsorien- tierten und ressourcenschonenden Verkehrsraum, KOM(2011) 144 end., Ziff. 32, abrufbar unter http://eur- lex. europa. eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0144:FIN:DE:PDF: vgl. hierzu Schröer/Kullick, Auf dem Weg zur City-Maut, NZBau 2012, 5. 760. "2 Mitteilung der EU-Kommission vom 14. Mai 2012 über die Erhebung nationaler Straßenbenutzungsgebühren auf leichte Privatfahrzeuge, KOM(2012) 199 endg., S. 3, abrufbar unter: htt //eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexÜri- Serv.do?uri=COM:2012:0199:FIN:DE:PDF, 34 KOM(2012} 199 5. 8. =. KOM(2012) 199, S, 8.
Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 14 PE 6 - 3000 - 68/15 ne nn Größenordnung zwischen dem 2,5-fachen und dem 8,2-fachen des von Gebietsansässigen erhobe- nen Preises für zulässig.°® Weitere Vorgaben der Kommission betreffen Anforderungen an die Be- reitstellung von Informationen und die diskriminierungsfteie Erhebung von Straßenbenutzungs- gebühren. Die Mitgliedstaaten sollen hiernach für nicht Gebietsansässige leicht zugängliche, klare Informationen zu den Straßenbenutzungsgebühren sowie verschiedene Zahlungsoptionen bereitstellen.” Ergänzend zu den Weißbüchern und Stellungnahmen der Kommission hat sich der ehemalige _ eT]-Kommissar Kallas in seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage vom 8. Oktober 2013? zu der grundsätzlichen Möglichkeit der Einführung von angemessenen Nutzungsgebühren fiir alle Nutzer bei gleichzeitiger Senkung der Kraftfahrzeugsteuern für gebietsansässige Nutzer geäußert.” 3.1.2.2. Zusammenfassung Zusammenfassend geben die Weißbücher, Mitteilungen und Stellungnahme der Kommission Hinweise darauf, wie nach ihrer Auffassung die Bemessung der Gebühren für die Straßennut- zung, die Art der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren sowie die Verfolgung von Rechts- verstößen gegen Regelungen zur Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren unionsrechtskonform ausgestaltet werden könnten. Auch konkrete Stellungnahmen der Kommission präjudizieren je- doch nicht die Unionsrechtskonformität späterer Maßnahmen.” 3.2. Zur Ausgestaltung der nationalen Kiz-Steuersysteme Die Kfz-Steuer ist in Deutschland entsprechend ihrer sesetzestechnischen Ausgestaltung eine Verkehrssteuer und zählt als solche zu den direkten Steuern.” Aus Sicht des Unionsrechts be- steht insbesondere wegen der erheblichen Unterschiede entsprechender Steuern und Abgaben in ee ie Pressemitteilung der Kommission vom 14. Mai 2012, abrufbar unter: http//europa,eu/rapid/press-reiease IP-12- 471 de.htm. ;e KOM(2012} 199, 5.81. u Anfrage zur schriftlichen Beantwortung an die Kommission Artikel 117 der Geschäftsordnung Michael Cramer (Verts/ALE) vom 8. Oktober 2013, abrufbar unter: httn://www.euronarl.europa.eu/sides/getDoc.do? ubRef=- /YEPF/TEXT+WO+P-2013-0115 20+0+DOC+XML+VO/DE, su Antwort vom 28. Oktober 2013 abrufbar unter hitp: rence=P-2013-011520&language=DE. » EuGH, Rs. C-415/93 (Bosman), Rn. 136, o BFH, Urteil von 27. Juni 1973, IIR 179/71, BStBl. 111973, S. 808 £.: BFH, Beschluss vom 13. Juli 2000, VII B 120/00 —, juris.
Fachbereich Europa | Ausarbeitung Seite 15 PE 6 - 3000 - 68/15 den Mitgliedstaaten sowohl hinsichtlich ihrer Struktur als auch ihrer Höhe keine einheitliche Ty- pisierung,® jedoch wird die an die Nutzung anknüpfende Besteuerung eines Fahrzeugs regelmä- Big dem Bereich der indirekten Steuer zugeordnet.” Ungeachtet der konkreten Typisierung fallen Regelungen im Bereich der Besteuerung von Kraft- fahrzeugen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.* Eine Ausnahme besteht derzeit nur hinsichtlich einer Angleichung der mitgliedstaatlichen Kfz-Steuersätze durch die Richtlinie 1999/62/EG für Nutzfahrzeuge im Güterverkehr mit einem Gesamtgewicht von min- destens 3,5 t. Im Hinblick auf Pkw, kleine Lieferwagen und Fahrzeuge zum gewerblichen Perso- nentransport sind die Kfz-steuerlichen Vorschriften hingegen auf europäischer Ebene grundsätz- lich nicht harmonisiert.“ Eine Ausnahme hiervon stellen die Richtlinien 83/182/EWG® und 2009/55/EG® über potenzielle Steuerbefreiungen für die vorübergehende oder dauerhafte Ver- bringung bestimmter Fahrzeuge dar. Es steht den Mitgliedstaaten daher - abgesehen vom Bereich der Mehrwertsteuer - frei, ihre Steuerhoheit in Bezug auf Zulassungs- und/oder Kfz-Steuern für “ Vgl. die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Besteuerung von Personen- kraftwagen in der Europäischen Union - Handlungsmöglichkeiten auf nationaler und gemeinschaftlicher Ebens, KOM(2002) 431 endg., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-con- ten/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52002DC0431&cid=1418660492717&from=DE. ’ Vgl. EuGH, Rs. C-451/99 (Cura), Rn. 40; GA Kokott, Schlussanträge zu EuGH, Rs. C-302/12 (X), Rn. 21 ff, = Vgl. BVerfGE 889, 155 (181 ff.); 123, 267 (359 ff.); 129, 124 (177); 130, 318 (343), 4 Zu entsprechenden Harmonisierungsvorschlägen in den Bereichen der Kfz-Steuer und der Zulassungssteuern vgl. den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 10. Februar 1998 für eine Richtlinie des Rates zur steuer- lichen Behandlung von privaten Kraftfahrzeugen, die im Zusammenhang mit einer Verlegung des Wohnsitzes auf Dauer in einen anderen Mitgliedstaat verbracht werden oder die vorübergehend in einen anderen Mitglied- staat als dem der Zulassung benutzt werden, KOM(1998), 30 endg, abrufbar unter http:/ /eur-lex.europa.eu/legal- content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:51998PC0030&gid=1418639037750&from=DE: Vorschlag der Europäischen Kommission vom 5. Juli 2005 für eine Richtlinie des Rates über die Besteuerung von Personenkraftwagen, KOM1{2005) 261 endg., abrufbar unter http://eur-lex,euro Ja.eu/legal-con- tent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52005PC0261&gid=1418639170915& from=DE; Vorschlag der Europäischen Kommission vom 4. April 2012 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Vereinfa- chung der Verbringung von in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeugen innerhalb des Bin- nenmarkts, KOM(2012} 164 endg., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/lesal-con- ten/DE/TXT/PDF/Ruri=CELEX:52012PC0164& id=1418639338826&from=DE, 5 Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel, ABl. L 105/59, konsolidierte Fassung abrufbar unter http://enr-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:019831.0182- 20130701&gid=1418637682168&from=NE. ’ Richtlinie 2009/55/EG des Rates vom 25. Mai 2009 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Verbringung per- sönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat, ABl, L 145/36, abrufbar unter http://eur- lex. europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:3200910055& :d=1418654566508&from=DE. Der An- wendungsbereich der Richtlinie ist jedoch dahingehend eingeschränkt, dass Abgaben für die Benutzung des Fahrzeugs gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. c) von der Befreiung ausgenommen sind, vgl. zur Vorgängervorschrift (Richt- linie 83/183/EWG) vgl. EuGH, Rs. C-365/02 {Lindfors), Rn, 24 ff.
Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 16 PE 6 - 3000 - 68/15 mn Personenkraftwagen auszuüben, solange diese Steuern mit dem Unionsrecht im Einklang ste- hen.” Dementsprechend fallen die vom 2. VerkehrStÄändG erfassten Regelungen im Rahmen des Kraft- StG mangels unionsrechtlicher Harmonisierung in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. 4. Vereinbarkeit der Vorschläge zur Einführung einer Infrastrukturabgabe und zur Reform des KfzStG mit dem Unionsrecht Das Unionsrecht steht der Einführung einer Infrastrukturabgabe für Pkw sowie einer Änderung des KfzStG grundsätzlich nicht entgegen. Zwar liegt die Zuständigkeit für den konkreten Bereich der Verkehrspolitik sowie für die direkten Steuern und damit auch die Zuständigkeit für die Aus- gestaltung der Kfz-Steuer bei den Mitgliedstaaten. Diese müssen ihre Zuständigkeiten aber unter Wahrung des Unionsrechts ausüben und dabei insbesondere die allgemeinen und besonderen Diskriminierungsverbote beachten.” 41. Unionsrechtliche Diskriminierungs- und Schlechterstellungsverbote Die potenzielle Ausgestaltung der Infrastrukturabgabe ist mit Blick auf die unterschiedlichen Kiz- Nutzungsarten für Verkehrsunternehmer wie beispielsweise Kurierdienste oder Personenbeförde- rungen an der sog. Stillbalteklausel des Art. 92 AEUV zu messen (hierzu 4.1.1.). Für die Nutzung eines Kfz im Rahmen anderer wirtschaftlicher Tätigkeiten sind die Grundfreiheiten (hierzu 4.1.2.) sowie für sonstige, primär nichtwirtschaftliche Kfz-Nutzungen das allgemeine Diskrimi- nierungsverbot gem. Art. 18 AEUV (hierzu 4.1.3.) einschlägig. 4.1.1. Art. 92 AEUV Art. 92 AEUV enthält ein spezielles Diskriminierungsverbot für den Verkehrssektor. Es betrifft Verkehrsunternehmer, d.h. Personen, die am Verkehr teilnehmen und dabei einer wirtschaftli- chen Tätigkeit nachgehen, die spezifisch auf die Nutzung der Straße als Transportweg bezogen —, ist.“ Für die Eigenschaft als Verkehrsunternehmer ist auf die generelle Zweckbestimmung des n Fahrzeugs unabhängig vom Verwendungszweck im Einzelfall abzustellen.” Eine Verkehrsunter- nehmereigenschaft besteht dabei insbesondere dann, wenn sich die wirtschaftliche Tätigkeit spe- zifisch auf die Nutzung der Straße als Transportweg bezieht und der entgeltliche Transport von 47 Vgl. EuGH, verb. Rs. C-578/10 und C-580/10 (van Putten u.a.}, Rn. 37 m.w.N.; EuGH, Rs. C-302/12 (X), Rn. 23. 48 Vel. EuGH, Rs..C-319/02 (Manninen), Rn. 19; EuGH, Rs. C-293/06 (Deutsche Shell}, Rn. 30 fL.; EuGH, Rs. C- 337/08 {X Holding), Rn. 18 f.; EuGH, Rs C-282/12 (Itelcar), Rn. 26 sowie Hufeld, Steuerstaat als Staatsform in Europa, in: Depenheuer u.a. (Hrsg.), Staat im Wort: Festschrift für Josef Isensee, 2007, 5. 857 (862). Für die Be- troffenheit von Bürgern des Europäischen Wirtschaftsraumes (ABl. 1994 L 1/3 ff.) und von Staaten, mit denen die EU ein Assoziationsabkommen geschlossen hat, vgl. Vöneky/ Beylage-Haarmann, in: Grabitz/Hilt/Nettes- heim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union I, 44. EL 2011, Art. 217 AEUV, En. 73. 19 Vel. Kainer/Ponterlitschek, Einführung von nationalen Straßenbenutzungsgebühren für Pkw: Verstoß gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot?, ZRP 2013, 5. 198 (200). au Vgl. EuGH, Rs. C-193/98 (Pfennigmann), Rn. 38.
Fachbereich Europa | Ausarbeitung Ä - Ä Seite 17 PE 6 - 3000 - 68/15 mann nl ml Waren oder Personen der eigentliche Geschäftszweck der Tätigkeit ist.°' Zudem findet Art. 92 ABUV nur Anwendung, soweit der konkrete Verkehrsunternehmer nicht vom Anwendungsbe- reich der oben beschriebenen Sekundärtechtsakte erfasst wird, welche insoweit abschließend sind.”” Dementsprechend sind von Art. 92 AEUV insbesondere gewerbliche Bustransporte oder Warentransporte mit Kfz unter 3,5 t erfasst.’? 4.1.1.1. Tatbestand des Art. 92 AEUV Auf Grundlage von Art. 91 AEUV kann die EU Regelungen für eine gemeinsame Verkehrspolitik treffen.°® Die Kompetenz im Verkehrsbereich bleibt dabei eine zwischen der EU und den Mit- gliedstaaten geteilte, so dass die Mitgliedstaaten eigene Regelungen erlassen können, solange und soweit die Union ihre Zuständigkeiten nicht ausgeübt hat (Art. 2 Abs. 2 S. 2 AEUV). Damit die Mitgliedstaaten von ihrer dementsprechenden Zuständigkeit in unionsrechtskonformer Weise Gebrauch machen, sieht Art. 92 AEUV bestimmte Grenzen vor. Danach dürfen die Mitgliedstaa- ten im Sinne eines Verschlechterungsverbots ihre zum Beitrittszeitpunkt geltenden Vorschriften bis zum Erlass der in Art. 91 Abs. 1 AEUV genannten Vorschriften nicht dahingehend ändern, dass sie die wettbewerbliche Stellung von Verkehrsunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmen verschlechtern. Die Mitgliedstaaten dür- fen ihre nationalen Regeln in ihren unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf die Ver- kehrsunternehmer anderer Mitgliedstaaten im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunterneh- mern nicht ungünstiger gestalten, sofern der Rat nicht einstimmig eine Ausnahmeregelung hier- von bewilligt. Verboten ist demnach nicht nur die schlechtere Behandlung ausländischer gegen- über inländischen Verkehrsunternehmen, sondern schon der Abbau bestehender Vorteile für ausländische Verkehrsunternehmen.’® Verboten sind solche Maßnahmen, die alleine oder in s1 EuGH, Rs. C-193/98 (Pfennigmann), Rn. 28 f ”2 Hof, Straßenverkehrsabgaben und Europarecht, 1998, S. 200; Knauff, Transportrecht, in: Ruffert (Hrsg.), EnzEuR Band 5, 2014, $ 6, Rn. 62 ff. ” Für die Reichweite des Schlechterstellungsverbots nach Art. 92 AEUV für im Personenkraftverkehr tätige Ver- kehrsunternehmen vgl. Verordnung (EG) Nr. 12/98 des Rates vom 11. Dezember 1997 über die Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Personenkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie ansässig sind, ABl. L 4/10, abrufbar unter http://eur-lex,europa.eu/LexUriServ/LexUri- Serv.do?uri=OJ:L:1998:004:0010:0014:DE: PDF n Für Bestimmungen über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege vgl. beispiels- weise die Richtlinie 1999/62/EG, oben 3.1.1. os EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 30; Basedow, Zum Verstoß des StrBG gegen EWGVtr Art. 76, JZ 1992, 870 (872). 56 EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 12 ff.
Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 18 Ä PE 6 - 3000 - 68/15 nn Kombination miteinander bewirken, dass sich die Situation für Verkehrsunternehmer aus ande- ren Mitgliedstaaten im Vergleich zu inländischen Verkehrsunternehmern im Sinne einer Desser- behandlung der Inländer verändert.” 4.1.1.2. Gebotene weite Auslegung des Art. 92 AEUV Mit Blick auf die unveränderte Rechtsprechung des EuGH und seine Befugnis zur verbindlichen Auslegung des Unionsrechts ist — vorbehaltlich einer ausdrücklichen Änderung der EuGH-Recht- sprechung — auch weiterhin von einer weiten Auslegung des Tatbestandes des Art. 92 AEUV und nicht lediglich von einem bloßen Verbot der Diskriminierung von Verkehrsunternehmen anderer Mitgliedstaaten auszugehen. Auch die in der rechtswissenschaftlichen Literatur geäußerten Be- denken’? gegen einen weiten Anwendungsbereich lassen keine andere, restriktivere Auslegung des Art. 92 AEUV durch den EuGH erwarten. Hierfür sind insbesondere mit Blick auf den unver- änderten Normzweck des Art. 92 AEUV keine rechtlichen Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr gebietet der Normzweck des Art. 92 AEUV auch angesichts eines fortentwickelten Integrations- standes im Bereich der Verkehrspolitik eine weite Auslegung des Schutzbereichs.” Nie Stillhalteklausel des Art. 92 AEUV soll verhindern, „dass die Einführung der gemeinsamen Verkehrspolitik durch den Rat dadurch erschwert oder behindert wird, dass ohne Billigung des Rates nationale Maßnahmen erlassen werden, die unmittelbar oder mittelbar bewirken würden, dass die Lage, in der sich in einem Mitgliedstaat die Verkehrsunternehmen der anderen Mitglied- staaten befinden, im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmen in einem für erstere ungünstigeren Sinne verändert wird“, Dabei genügt nach Ansicht des EuGH für den VerstoD ge- gen Art. 92 AEUV, dass eine nationale Vorschrift die ausländischen Verkehrsunternehmen schwerer trifft als die inländischen.‘ Den Mitgliedstaaten bleibt jedoch der Erlass solcher Mab- nahmen unbenommen, die sich für die inländischen Verkehrsunternehmen und die Verkehrsun- ternehmen der anderen Mitgliedstaaten gleich ungünstig auswirken — mithin nicht nur der bloße Tr 7 EuGH, Rs C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 23 f£.; vgl. hierzu Korte/Gurrek, EuR 2014, 5. 420 [429] so- wie Zabel, NVwZ 2015, 5. 186 (183).Zur Kritik an der Rechtsprechung vgl. Jung, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., 2011, Art. 92, Rn. 5 £. m.w.N. | 58 Vgl. für eine Überholung der Auslegung des Art. 92 AEUV durch den EuGH aufgrund der Fortentwicklung des Unionsrechts vgl. Kainer/Ponterlitschek, ZRP 2013, S. 198 (199} sowie Hillgruber, Rechtsgutachten vom 17. Ok- tober 2014 über die Vereinbarkeit der Einführung einer Infrastrukturabgabe für Kraftfahrzeuge mit einem zuläs- sigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen auf dem deutschen Bundesfernstraßennetz mit dem Recht der Euro- päischen Union, erstattet im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, abrufbar unter http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anla e/VerkehrUndMobilitaet/Strasse/infrastrukturabgabe- utach- ten.pdf? blob=publicationFile (im Folgenden; Hillgruber, Gutachten), S. 12 ff. sH Vgl. hierzu Korte/Gurrek, EuR 2014, S. 420 (429 ff.) sowie Zabel, NVwZ 2015, S. 186 (188 f.) v0 EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 20. 61 EuGH, Rs. C-193/90 (Kommission/Deutschland), En. 20.
Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 19 PE 6 - 3000 - 68/15 Abbau einer bestehenden Begünstigung, sondern auch die Einführung einer für in- und ausländi- sche Verkehrsunternehmer gleichermaßen geltenden Belastung. ? 4.1.2. Grundfreiheiten Sofern die Nutzung eines Kfz von bis zu 3,5 t Gesamtgewicht nicht in den Anwendungsbereich des Art. 92 AEUV fällt, kann sich die unionsrechtliche Zulässigkeit der Einführung einer Infra- strukturabgabe und eines hierauf bezogenen Kfz-Steuerentlastungsbetrags nach den europäischen Grundireiheiten bemessen. Die Grundfreiheiten gewährleisten die grenzüberschreitende Mobilität von Waren, Personen. Dienstleistungen und Kapital als maßgebliche Normen zur Verwirklichung des Binnenmarkts und mit dem Ziel, einen grenzüberschreitenden Wettbewerb zu ermöglichen.“ Demnach sind Marktzugangsbeeinträchtigungen und sonstige Beschränkungen wirtschaftlicher Tätigkeiten zwi- schen den Mitgliedstaaten sowie unmittelbare und mittelbare Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit verboten, sofern die Beeinträchtigung bzw. die mittelbare Diskriminierung nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Die Anwendbarkeit der Grundfreiheiten setzt voraus, dass die grenzüberschreitende Infrastrukturnutzung im Zusammen- hang mit einer unselbstständigen Tätigkeit, einer Dienstleistungserbringung oder einem Waren- transport steht. Infrastrukturabgaben können den Anwendungsbereich der Grundfreiheiten für Pkw-Fahrten im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr berühren und sowohl grenzüber- schreitende Arbeitsverhältnisse (Art. 45 AEUV) wie auch grenzüberschreitende Dienstleistungen (Art. 56 ABUV) weniger attraktiv machen. Schließlich könnte die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV) beim Transport von Waren mit kleinen Nutzfahrzeugen unter 3,5t Gesamtgewicht betrof- fen sein. In Abgrenzung zu Art. 92 AEUV setzt die Anwendung der Grundfreiheiten voraus, dass die Leis- tungserbringung mit Hilfe der Verkehrsteilnahme erfolgt und die Verkehrsteilnahme nur Mittel zum Zweck ist. Im Bereich der Dienstleistungsfreiheit sieht Art. 58 Abs. 1 AEUV eine Ausnahme vom Anwendungsbereich dieser Grundfreiheit auf dem Gebiet des Verkehrs, d.h. die Nutzung der typischen Verkehrsträger und damit auch der Straße zum Zwecke der Leistungserbringung ‚vor, um.den Besonderheiten dieses Wirtschaftssektors und insbesondere seiner hohen Infrastruk- turabhängigkeit gerecht zu werden. Wenn die Verkehrsteilnahme jedoch nicht im Zentrum der Tätigkeit steht, sondern nur Mittel zum Zweck der eigentlichen Leistungserbringung ist, so kann auch der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit eröffnet sein.® 52 EuGH, Rs. C-195/90 (Kommission/Deutschland), Rn. 21: vgl. hierzu Korte/Gurrek, EuR 2014, S, 420 (429 f.) so- wie Zabel, NVwZ 2015, S. 186 (188 £.}. 63 EuGH, Rs G-28/09 (Kommission/Österreich), Rn. 113; vgl. Müller-Graff, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, 2013, AI Rn. 128. 54 Müller-Graff, in: Streinz, EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 58 AEUV, Rn. 4. 65 Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union II, 44. EL. 2011. Art, 58 AEUV, Rn. 5. M
Fachbereich Europa Ausarbeitung Seite 20 PE 6 - 3000 - 68/15 0 ——, — — — — ,. 4.1.3. Allgemeines Diskriminierungsverbot, Art. 18 AEUV Für den Fall, dass die Nutzung eines Kiz weder unter Art. 92 AEUV, noch in den Anwendungs- bereich der Grundfreiheiten fällt und die srenzüberschreitende Straßennutzung gegenüber dem Regelfall der grenzüberschreitenden Nutzung keine Bezüge zum Wirtschaftsleben aufweist, greift das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV aus Gründen der Staatsangehörigkeit.” Art. 18 AEUV untersagt jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Neben der offenen Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit verbietet Art. 18 AEUV auch alle ver- deckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer, nicht unmittelbar auf die Staatsangehörigkeit abstellender Unterscheidungsmerkmale, die typischerweise nur Auslän- der oder Inländer erfüllen und damit tatsächlich zum gleichen Ergebnis führen.” Anwendbar ist das Diskriminierungsverbot nach Art. 18 AEUV nur im Anwendungsbereich der Verträge, d.h. nsbesondere bei der Ausübung der durch Art. 20 und 21 AEUV geschützten Freiheit der Unions- bürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu bewegen und aufzuhalten.“ Vor diesem Hintergrund fordert das allgemeine Diskriminierungsverbot gem. Art. 18 AEUV die grundsätzliche Gleichbehandlung von inländischen Haltern mit im EU-Ausland ansässigen Hal- tern sowohl hinsichtlich der Bemessung der Gebühren für die Nutzung deutscher Straßen, der Art und Weise der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren sowie der Verfolgung von Rechts- verstößen gegen Regelungen zur Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren. 42. Bestehen einer mittelbaren Diskriminierung ausländischer Infrastrukturnutzer 4.2.1. Allgemeine Maßstäbe Die Prüfungsmaßstäbe des Diskriminierungsverbots im Rahmen der Grundfreiheiten und des all- semeinen Diskriminierungsverbots entsprechen einander, so dass die folgenden Ausführungen zum Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung für beide Schutzbereiche entsprechend gelten. Nie Vorschriften über die Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern in der EU verbieten Diskriminierungen, die unmittelbar an die Staatsbürgerschaft anknüpfen. Darüber hinaus ver- bieten sie auch alle versteckten, verschleierten, mittelbaren und indirekten Formen der Diskri- minierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen.°° Dies trifft insbesondere auf Maßnahmen zu, die eine Unterscheidung anhand solcher Kriterien treffen, die für alle gelten, von Ausländern faktisch aber nicht oder nur b6 EuGH, Rs. C-85/96 (Martinez Sala), Rn. 62; EuGH, Rs. C-209/03 (Bidar), Rn. 31; EuGH, Rs. C-403/03 (Schempp), Rn. 15 f£.; EuGH, Rs. C-103/08 (Gottwald), Rn. 23 f. 67 EuGH, Rs. C-388/01 (Kommission/ltalien). 58 EuGH, Rs C-103/08 (Gottwald), Rn. 23 ff.: EuGH, Rs C-382/08 (Neukirchinger), Rn. 32 ff.: EuGH, Rs. C-148/02 (Garcia Avello), Rn. 24; EuGH, Rs. C-209/03 (Bidar), Rn. 33; EuGH, Rs. C-158/07 (Förster), Rn. 37. Ö8 EuGH, Rs. C-279/93 (Schumacker), Rn. 26; EuGH, Rs. C-29/95 {Pastoors und Trans-Cap), Rn. 16; EuGH, Rs. C-224/00 (Kommission/ltalien), Rn. 15; EuGH, Rs. C-28/04 (Tod’s und Tod'’s France), Rn. 19; EuGH, Rs. C- 73/08 {Bressol), Rn. 29,