3873853_201218_verfassungsbeschwerde_final

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Gesprächsvorbereitung de Maiziere mit Facebook-Chef Zuckerberg

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Seite 21 Durch das angegriffene Urteil ist der Beschwerdeführer verpflichtet, ge- mäß des § 10 Abs. 1 und 2 IFG i. V. m. § 1 Abs. 1 IFGGebV und der Tarif- stelle 2.2 des zugehörigen Gebühren- und Auslagenverzeichnisses Ge- bühren in Höhe von 235,00 EUR für den Zugang zu Informationen nach § 1 IFG Bund zu zahlen, wobei jede der 3 Stunden und 55 Minuten Arbeit eines Mitarbeiters des BMI pauschal mit einem (reduzierten) Stunden- satz von 60,- EUR bemessen worden ist. Die Erhebung dieser Gebühren stellt vorliegend einen Eingriff in das Grundrecht dar, weil der Beschwerdeführer durch die Gebühr in der Be- schaffung und Entgegennahme von Informationen behindert wird - ent- sprechend wurde der Eingriffscharakter von Rundfunkgebühren für in- ternetfähige PCs als Eingriff in die Informationsfreiheit gewertet (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22. August 2012 – 1 BvR 199/11). Dieser Eingriffscharakter gilt in besonderem Maße für die nach Zeitauf- wand bemessene Gebühr für IFG-Anträge seitens des BMI. Hierdurch werden, wie im konkreten Fall, schnell für IFG-Anträge, deren Bearbei- tung einen relativ geringen Aufwand macht und die wegen der teilweise Versagung des Informationszugangs nur zum Erhalt eines relativ gerin- gen Teils der begehrten Informationen führen, verhältnismäßig hohe Gebühren erreicht. Das Nutzungsverhalten wird hierdurch erheblich be- einflusst. Hinzu kommt, dass die relativ hohen Gebühren nicht das we- sentliche Anliegen des Beschwerdeführers, als Journalist die beantrag- ten amtlichen Informationen in einer Angelegenheit von öffentlichem, sogar politischem Interesse in den öffentlichen Diskurs einzubringen. Die Gebührenbemessungspraxis des BMI, die schnell zu hohen Gebüh- ren führt, bildet dieses rein ideelle und nicht-wirtschaftliche Interesse, das im Sinne der zivilgesellschaftlichen Teilhabe und politischen Gestal- tung wahrgenommen wird, nicht hinreichend ab. bb)     Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
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Seite 22 Der Eingriff in den Schutzbereich ist verfassungsrechtlich nicht gerecht- fertigt. Insoweit ist bereits die Verfassungsgemäßheit des § 10 Abs. 1 und 2 IFG i. V. m. § 1 Abs. 1 IFGGebV und den in Teil A enthaltenen Tarifstellen Ziffer 1.2, 1.3, 2.1., 2.2 des zugehörigen Gebühren- und Auslagenver- zeichnisses zu zweifeln, da die IFGGebV keinerlei Kriterien bereit hält, um zu gewährleisten, dass die Einordnung in die Gebührenklassen an- hand des Verwaltungsaufwands sachgerecht erfolgt und Gebührenent- scheidungen getroffen werden, die sich auf die Wahrnehmung des Grundrechtsrecht der Informationsfreiheit insoweit nicht abschreckend auswirken. Dies adressiert Aspekte der aus rechtsstaatlichen Gesichts- punkten zu fordernden Bestimmtheit. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem die Gebührenbemes- sungspraxis des BMI als nicht ermessensfehlerhaft bestätigenden Urteil gleichsam die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG verkannt. Insbesondere die kriterienlose, oft widersprüchliche Einord- nung von IFG-Anträgen in die verschiedenen Gebührenklassen und die Bemessung der Gebühr für Informationsfreiheitsanfragen nach Maß- gabe des Prinzips der Kostendeckung ohne Rücksichtnahme auf das An- liegen des Antragstellers ist mit Blick auf das normierte Abschreckungs- verbot aus § 10 Abs. 2 IFG, das ein wesentliches Element der Ausgestal- tung des Informationszugangs im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG dar- stellt, verfassungswidrig. (1)      § 10 Abs. 1 und 2 IFG i. V. m. § 1 Abs. 1 IFGGebV i. V. m. Gebührenverzeichnis (Teil A) für angemessene Bemessung der Gebühren nicht hinreichend bestimmt Der IFGGebV mangelt es an Normenklarheit und Rechtssicherheit. Schon vor diesem Hintergrund hätte das Bundesverwaltungsgericht die
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Seite 23 Sprungrevision abweisen müssen. Für die Informationsfreiheit gilt die Schranke des Art. 5 Abs. 2 GG. Danach finden diese Rechte ihre Schran- ken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Best- immungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Allgemeine Gesetze können auch Gesetze im materiellen Sinne (Rechts- verordnungen, Satzungen) sein, sofern sie – wegen ihrer Eingriffsrele- vanz – eine formelle Ermächtigungsgrundlage aufweisen. Umgekehrt genügt nicht jedes formelle Gesetz (Sachs/Bethge, 8. Aufl. 2018, GG Art. 5 Rn. 143). Der qualifizierte Gesetzesvorbehalt des Schrankenregimes des Art. 5 Abs. 2 GG ist damit im Grunde ein Parlamentsvorbehalt. Des Weiteren folgt aus der Wesentlichkeitstheorie, dass der Gesetzgeber ge- halten ist, die Detailliertheit der von ihm getroffenen Eingriffsregelun- gen an der Schwere des Eingriffs zu orientieren: Je schwerwiegender ein zu erwartender Eingriff ausfallen wird, umso höher sind die Anforderun- gen an Bestimmtheit und Dichte der Eingriffsregelung (Maunz/Dü- rig/Grabenwarter, 91. EL April 2020, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 131) Bei der IFGGebV handelt es sich um ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG. Der IFGGebV mangelt es aber insbesondere an Normenklarheit und Rechtssicherheit. Sie ist in verschiedenen Punkten in diesem grund- rechtssensiblen Bereich der Gebührenbemessung für IFG-Anträge zu unbestimmt, um eine angemessene Gebührenpraxis, wie sie Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG in der einfachrechtlichen Ausprägung nach § 10 Abs. 2 IFG fordert, zu gewährleisten. Die Vorgaben, die den Bundesbehörden gemacht werden, können nur als „nebulös” bezeichnet werden. So fehlt jedes Korrektiv, um die Bun- desbehörden darauf zu verpflichten, eine nachvollziehbare Gebühren- praxis zu etablieren, um für IFG-Anträge angemessene Gebühren in
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Seite 24 Abhängigkeit von dem jeweiligen Informationsanliegen (öffentliches o- der wirtschaftliches Interesse) und dessen Bescheidung (erfolgreich, nicht erfolgreich, teilweise erfolgreich) festzusetzen. Beim BMI hat sich eine Praxis entwickelt, selbst im Falle der teilweisen Ablehnung von IFG- Anträgen, nach Möglichkeit sämtliche durch die Prüfung des IFG-An- trags auf Ablehnungsgründe sowie ggf. durch die Zusammenstellung von Unterlagen entstandenen, und damit mittelbaren, Kosten auf den Antragsteller umzulegen, indem Kosten bis zur sog. „Kappungsgrenze” 1:1 übertragen werden. Diese Praxis führt in der derzeitigen Verwal- tungspraxis des BMI zudem dazu, dass die untersten Gebührenstellen zudem niemals einschlägig sind, was so vom Gesetzgeber nicht mit Blick auf § 10 Abs. 2 IFG und nicht mit Blick auf die IFGGebV bezweckt gewe- sen sein kann. Normen, die keinen praktischen Anwendungsbereich ha- ben und insoweit „ins Leere” gehen, kann es nicht geben (hierzu unter C) II. 2. b) dd)). (2)       Verfassungswidrige Anwendung der IFGGebV durch das BMI durch Festsetzung nach Zeitaufwand bemessener Gebühren mit Abschreckungswirkung Das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Urteil durch die Billigung der Gebührenbemessungspraxis des BMI die verfassungs- rechtlichen Maßstäbe des Art. 5 Abs. 1 Hs. 2 GG verkannt. Die Gebühr ist unverhältnismäßig. So folgt die Gebührenfestsetzung nach dem Maßstab des Äquivalenzprinzips und der Kostendeckung zwar einem le- gitimen Zweck und ist zu dessen Erreichung auch geeignet und erfor- derlich. Sie ist jedoch nicht angemessen. Mit Blick auf den vorausset- zungslosen und wirksamen „Jedermann”-Anspruch auf Zugang zu amt- lichen Informationen nach § 1 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 10 Abs. 2 IFG, stellt diese Praxis jedoch einen Verstoß gegen die Informationsfreiheit dar, die im konkreten Fall durch die in Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG sowie Art. 10
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Seite 25 EMRK grund- bzw. konventionsrechtlich garantierte Meinungs- und Pressefreiheit gestärkt wird. So werden insbesondere für Konstellatio- nen wie der beschwerdegegenständlichen, in der IFG-Anträge im öffent- lichen Interesse gestellt werden und nur teilweise erfolgreich sind, un- angemessene Gebühren mit Abschreckungswirkung festgesetzt. (a)     Legitimer Zweck Die erhobenen Gebühren für die Bereitstellung der begehrten Informa- tion dienen einem legitimen Zweck. Gebühren sind als öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die in Anknüp- fung an eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung erhoben wer- den, um deren Kosten ganz oder teilweise zu decken (vgl. BVerfGE 7, 244 [254] = NJW 1958, 625; BVerfGE 50, 217 [226] = NJW 1979, 1345; BVerfGE 91, 207 [223] = NVwZ 1995, 368 = NJW 1995, 2343 L; BVerfGE 108, 1 [13] = NVwZ 2003, 715; BVerfGE 110, 370 [388] = NVwZ 2004, 1477), dem Grunde nach durch ihre Ausgleichsfunktion gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 108, 186 [216] = NVwZ 2003, 1241 = NJW 2003, 3468 L). Als sachliche Gründe, die die Bemessung der Gebühr rechtfertigen kön- nen, sind neben dem Zweck der Kostendeckung auch Zwecke des Vor- teilsausgleichs, der Verhaltenslenkung sowie soziale Zwecke anerkannt (vgl. BVerfGE 50, 217 [230 f.] = NJW 1979, 1345; BVerfGE 97, 332 [345 ff.] = NJW 1998, 2128 = NVwZ 1998, 834 L; BVerfGE 107, 133 [144] = NJW 2003, 737 = NVwZ 2003, 595 L; BVerfGE 108, 1 [18] = NVwZ 2003, 715, m. w. Nachw.). Das BMI folgt in seiner Gebührenbemessungspraxis unter anderem dem Ansatz der Kostendeckung, was einen legitimen Zweck darstellt. (b)     Geeignetheit
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Seite 26 Die Gebühren sind zur Erreichung des legitimen Zwecks geeignet, in- dem ein erheblicher Teil der durch die Informationsanfragen entstehen- den Personal- und Sachkosten durch die Gebühren nach § 10 Abs. 1 und 2 IFG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 IFGGebV, und der Tarifstelle 2.2 des zugehörigen Gebühren- und Auslagenverzeichnisses abgedeckt wird (vgl. Gesetzesbegründung zum IFG, Bundestags-Drucksache 15/4493, S. 1). (c)     Erforderlichkeit Es sind keine milderen, gleich effektiven Maßnahmen ersichtlich, um den legitimen Zweck des Kostenausgleichs in identischem Maße zu errei- chen. (d)     Angemessenheit Die Gebührenbemessung ist jedoch nicht angemessen. Sie verstößt ge- gen das Verbot prohibitiv wirkender Gebühren als Gegenstand der In- formationsfreiheit, gestärkt durch die Meinungs-/Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Billigung der Gebührenpraxis des BMI im konkreten Fall das Verbot prohibitiv wirkender Gebühren als Teil des Schutzbereichs von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG verkannt. Dies ist vor- liegend besonders dramatisch, da in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse und angesichts der identischen Behandlung einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle daraus erhebliche „chilling effects” mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 10 EMRK) und die im Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Kon- trolle der Exekutive im demokratischen Gefüge resultieren.
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Seite 27 (aa)    Allgemeiner normativer Maßstab für das IFG als sog. „Jeder- mannsrecht” Der Informationszugang aus § 1 IFG muss wirksam in Anspruch genom- men werden können. Die Informationsfreiheit als Grundvoraussetzung für Meinungsfreiheit hat insoweit eine herausgehobene Stellung in der Grundrechtsordnung und eine besondere Bedeutung für die gesamte Rechtsordnung (vgl. Degenhart in Dolzer/Kahl/Waldhoff/Graßhof, Bon- ner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 2, Stand: 117. Lfg. Juni 2005, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 60). Die Bedeutung des Grundrechts der Informati- onsfreiheit als Essentiale des öffentlichen Meinungsbildungsprozesses und als Menschenrecht beschreibt das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung wie folgt: „Dieses Freiheitsrecht ist die Voraussetzung der der Meinungsäu- ßerung vorausgehenden Meinungsbildung. Denn nur umfassende Informationen, für die durch ausreichende Informationsquellen Sorge getragen wird, ermöglichen eine freie Meinungsbildung und -äußerung für den Einzelnen wie für die Gemeinschaft.“ (BVerfG, Urteil vom 05. August 1966 – 1 BvR 586/62 –, BVerfGE 20, 162-230, 20, 162 [174]. „Für die in Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistete Informationsfreiheit sind danach zwei Komponenten wesensbestimmend. Einmal ist es der Bezug zum demokratischen Prinzip des Art. 20 Abs. 1 GG: Ein demokratischer Staat kann nicht ohne freie und möglichst gut in- formierte öffentliche Meinung bestehen. Daneben weist die Infor- mationsfreiheit eine individualrechtliche, aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitete Komponente auf. Es gehört zu den elementaren Bedürfnissen des Menschen, sich aus möglichst vielen Quellen zu unterrichten, das eigene Wissen zu erweitern und sich so als Per- sönlichkeit   zu    entfalten.   Zudem    ist   in   der  modernen
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Seite 28 Industriegesellschaft der Besitz von Informationen von wesentli- cher Bedeutung für die soziale Stellung des Einzelnen. Das Grund- recht der Informationsfreiheit ist wie das Grundrecht der freien Meinungsäußerung eine der wichtigsten Voraussetzungen der freiheitlichen Demokratie.“ (Beschluss vom 15. Januar 1958 - 1 BvR 400/51, BVerfGE 7, 198 [208]) „Erst mit seiner Hilfe wird der Bürger in den Stand gesetzt, sich selbst die notwendigen Voraussetzungen zur Ausübung seiner persönlichen und politischen Aufgaben zu verschaffen, um im de- mokratischen Sinne verantwortlich handeln zu können. Mit zu- nehmender Informiertheit erkennt der Bürger Wechselwirkungen in der Politik und ihre Bedeutung für seine Existenz und kann da- raus Folgerungen ziehen; seine Freiheit zur Mitverantwortung und zur Kritik wächst. Nicht zuletzt können die Informationen den Ein- zelnen befähigen, die Meinungen anderer kennenzulernen, sie ge- geneinander abzuwägen, damit Vorurteile zu beseitigen und Ver- ständnis für Andersdenkende zu wecken.“ (Beschluss vom 15. Januar 1958 - 1 BvR 400/51, BVerfGE 7, 198) Bürger und Organisationen müssen auf Informationen zugreifen kön- nen, weil sonst keine effektive Kontrolle stattfinden kann. Maßnahmen, die die Informationsfreiheit beschränken, hindern den Bürger an der ef- fektiven Ausübung seiner demokratischen Rechte: “Denn nur umfassende Informationen, für die durch ausreichende Informationsquellen Sorge getragen wird, ermöglichen eine freie Meinungsbildung und -äußerung für den Einzelnen wie für die Ge- meinschaft.”
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Seite 29 (BVerfG Beschl. v. 3.10.1969 – 1 BvR 46/65, BeckRS 9998, 109522, BVerfGE 27, 71, Rn. 27.) Das dementsprechend bewusst als „Jedermannsrecht” ausgestaltete In- formationszugangsrecht nach IFG muss daher allen Personen gleich welchen wirtschaftlichen und sozialen Hintergrunds einen vorausset- zungslosen Anspruch auf Zugang zu Informationen vermitteln. Insoweit hat das BVerwG in einer Entscheidung aus dem Jahr 2016 unter Verweis auf die Gesetzesbegründung in einer früheren Entscheidung richtig ausgeführt: “Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 IFG a.F. werden Gebühren für Amtshand- lungen nach dem IFG erhoben. Gem. Satz 2 der Vorschrift sind sie so zu bemessen, dass der Informationszugang nach § 1 IFG wirk- sam in Anspruch genommen werden kann. Diese Vorschrift ist Ausdruck des gesetzgeberischen Ziels, dass je- der ggü. den Behörden und Einrichtungen des Bundes einen An- spruch auf Informationszugang haben soll, ohne hiervon durch er- hebliche finanzielle Hürden abgeschreckt zu werden. Deshalb sol- len Gebühren und Auslagen orientiert am Verwaltungsaufwand, jedoch nicht notwendig kostendeckend bemessen werden. Die Be- messung der Gebühren nach § 10 Abs. 2 IFG a.F. hat den Verwal- tungsaufwand – nur – zu berücksichtigen, die wirksame Inan- spruchnahme des Informationszugangs aber in vollem Umfang zu gewährleisten. Die Gebühren dürfen also nicht abschreckend wir- ken (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6 u. 16). Für die Frage einer abschre- ckenden Wirkung der Gebührenbemessung ist entscheidend, ob die Gebühr ihrer Höhe nach objektiv geeignet ist, potenzielle Ast. von      der    Geltendmachung          eines     Anspruchs      auf
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Seite 30 Informationszugang abzuhalten (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 10 Rdnr. 73-78).” (BVerwG, Urt. v. 20.10.2016 – 7 C 6/15, NVwZ 2017, 485 Rn. 17/18.) Eine lückenlose und wirksame Kontrolle durch jede Bürgerin und jeden Bürger muss daher, insbesondere auch finanziell, möglich sein. Dies ist nicht der Fall, wenn das BMI seine Kosten für die Bescheidung eines IFG- Antrags und ggf. die Bereitstellung der Akten im Grundsatz 1:1 auf einen Antragsteller umlegt; dies zudem ohne Unterscheidung, ob der IFG-An- trag ausschließlich im öffentlichen Interesse oder mit einer kommerziell- wirtschaftlichen Motivation gestellt wird. Für die Persönlichkeitsentfal- tung des Einzelnen und die Aufrechterhaltung der demokratischen Ord- nung ist das Grundrecht der Informationsfreiheit daher ebenso wichtig wie die Freiheit der Meinungsäußerung und der Medienberichterstat- tung (vgl. Sachs/Bethge, 8. Aufl. 2018, GG Art. 5). Entsprechend hat das BVerfG zuletzt ausgeführt: “Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs liegt das Ziel des Informationsfreiheitsgesetzes darin, durch Zugang zu Informatio- nen und eine größere Transparenz behördlicher Entscheidungen die Voraussetzungen für die Wahrnehmung individueller Bürger- rechte zu befördern und die demokratische Meinungs- und Wil- lensbildung zu unterstützen (vgl. Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 6).” (BVerfG Beschl. v. 20.6.2017 – 1 BvR 1978/13, BeckRS 2017, 116390 Rn. 28.) Im beschwerdegegenständlichen Fall war es sogar die Grundvorausset- zung zu deren adäquater Wahrnehmung durch den Beschwerdeführer.
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