2013-11-20-o-5-abs-4-s-1-nr-3-eugh-urteil.pdf

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Erlasse des BMBF zum BAföG

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POSTANSCHRIFT Bundesministerium für Bildung und Forschung, 53170 Bonn HAUSANSCHRIFT An die Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung POSTANSCHRIFT TEL FAX BEARBEITET VON Nachrichtlich: Landesämter für Ausbildungsförderung E-MAIL HOMEPAGE DATUM GZ Heinemannstraße 2, 53175 Bonn 53170 Bonn +49 (0)228 99 57-3292 +49 (0)228 99 57-83292 Anja Weinhold Anja.Weinhold@bmbf.bund.de www.bmbf.de Bonn, den 20.11.2013 414 – 42531 - § 5 (Bitte stets angeben) BETREFF ANLAGE Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) hier: Erklärung zur europarechtskonformen Auslegung des § 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BAföG auf Grund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 24. Oktober 2013 in der Rechtssache C-275/12 1 (Urteil des EuGH) Im Lichte des oben genannten Urteils des EuGH ist § 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BAföG dahingehend europarechtskonform auszulegen, dass der Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungs- stätte nicht nur dann förderungsfähig ist, wenn dieser – wie bisher – mit dem Besuch einer im Inland gelegenen Berufsfachschulklasse nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BAföG gleichwertig ist, sondern in Ergänzung der bestehenden Regelung des § 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BAföG vielmehr auch dann, wenn er dem Besuch einer im Inland gelegenen Berufsfachschulklasse nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BAföG gleichwertig ist. Der EuGH führt aus, dass eine ungerechtfertigte Beschränkung des unionsrechtlichen Frei- zügigkeitsrechts gegeben sei, wenn die Gewährung von Ausbildungsförderung im Ausland an die Voraussetzung der Gleichwertigkeit mit einer in einer Berufsfachschulklasse vermittelten Ausbildung geknüpft wird, die nach einem mindestens zweijährigen Ausbildungsgang mit einem berufsqualifizierenden Abschluss beendet wird, wenn Ausbildungsförderung für eine im Inland absolvierte Ausbildung in einem vergleichbaren einjährigen Ausbildungsgang ohne berufsqualifizierenden Abschluss gewährt würde. Das Erfordernis einer zweijährigen Dauer der Ausbildung sei im Hinblick auf das angestrebte Ziel, nur solche Ausbildungen im Ausland zu fördern, die die Chancen der Auszubildenden auf dem Arbeitsmarkt erhöhen, nicht verhältnismäßig. Das Urteil gilt ab sofort, d.h. Auszubildende haben nun einen Anspruch auf Ausbildungs- förderung im Ausland für den Besuch jeder Ausbildungsstätte, der einer im Inland förderungsfähigen Berufsfachschulklasse gleichwertig ist, und zwar unabhängig davon, ob TELEFONZENTRALE FAX-ZENTRALE E-MAIL-ZENTRALE +49 (0)228 99 57-0 oder +49 (0)30 18 57-0 +49 (0)228 99 57-83601 oder +49 (0)30 18 57-83601 bmbf@bmbf.bund.de
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SEITE 2 die Ausbildung ein- oder zweijährig ist und einen berufsqualifizierenden Abschluss vermittelt oder nicht. Die Förderung einer Ausbildung im Ausland, die dem Besuch einer einjährigen Berufsfach- schulklasse im Inland nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BAföG gleichwertig ist und vollständig im EU- Ausland absolviert wird, erfolgt nach § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BAföG. Die Tz. 5.2.20 BAföGVwV ist nicht anzuwenden. Da es sich um eine vollständig im EU-Ausland absolvierte Ausbildung handelt, findet die Tz. 5.2.1 BAföGVwV Anwendung. Die für eine Berufsfachschule nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BAföG erforderliche „notwendige auswärtige Unterbringung“ ist weiterhin nach § 2 Abs. 1a BAföG zu prüfen. Der Verzicht auf die Prüfung der „notwendigen auswärtigen Unterbringung“ in Tz. 5.4.7 BAföGVwV ist nur für Ausbildungen im Ausland nach § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 i. V. m. § 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BAföG vorgesehen, die gemäß der dort genannten Voraussetzungen Teil einer Inlandsausbildung sind. Diese europarechtskonforme Auslegung des § 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BAföG wirkt sich ebenfalls auf die Regelung des § 5 Abs. 5 Satz 1 BAföG dahingehend aus, dass ein Auslandspraktikum nun in Ergänzung der bestehenden Regelung auch im Zusammenhang mit dem Besuch einer im Inland gelegenen Berufsfachschule nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BAföG förderungsfähig ist. Diese neue Vollzugsvorgabe entfaltet wegen § 44 SGB X Rückwirkung für die Vergangenheit. Dies gilt naturgemäß für alle nicht bestandskräftigen Bescheide. Bestandskräftige Bescheide werden jedoch ebenfalls erfasst. Hier regelt § 44 SGB X, dass letztere mit Wirkung für die Vergangenheit für einen Zeitraum von vier Jahren aufgegriffen werden müssen, wenn das zuständige Amt im Einzelfall Kenntnis von einer unrichtigen Ablehnung erhält. Dies beinhaltet zwar keine Verpflichtung der Ämter zum „Aktensturz“. Jedoch können Personen, die in der Vergangenheit nicht nach § 5 BAföG gefördert worden sind, weil sie eine Ausbildungsstätte im Ausland besucht haben, die mit einer im Inland gelegenen nur einjährigen Berufsfachschulklasse nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BAföG gleichwertig war oder weil sie ein Praktikum im Zusammenhang mit dem Besuch einer im Inland gelegenen Berufsfachschule nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BAföG absolvieren wollten, und einen ablehnenden Bescheid erhalten haben, die Überprüfung des Bescheids unter der Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH verlangen. Um Beachtung im Vollzug wird gebeten. Im Auftrag A. Weinhold
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