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Aktenzeichen
15 A 1578/15
Datum
5. Mai 2017
Gericht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 5. Mai 2017

15 A 1578/15

Das Oberverwaltungsgericht ändert das angefochtene Urteil der Vorinstanz über die Einsicht in die Akten des Verteidigungsministeriums zu dem ehemaligen Soldaten und NSU-Mitglied Uwe Mundlos teilweise; somit sind Teile der Unterlagen offen zu legen. Zwar erstreckt sich die Bereichsausnahme der Nachrichtendienste vom Anspruch auf Informationszugang auch auf die dem Verteidigungsministerium vorliegenden Unterlagen des Militärischen Abschirmdienstes. Auch verhindert eine spezialgesetzliche Geheimhaltungsvorschrift den Zugang zu Disziplinarakten. Bezüglich der übrigen streitgegenständlichen Personalakten steht der Offenlegung aber kein Ausnahmetatbestand entgegen: Die Ausnahme von Verschlusssachen greift nicht, da deren materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung nicht ersichtlich ist. Die Durchführung des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages erfüllt nicht die Voraussetzungen von Gerichts- und bestimmten Verwaltungsverfahren, deren Durchführung durch das Informationsfreiheitsgesetz geschützt ist. Nachteilige Auswirkungen auf militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr erkennt das Oberverwaltungsgericht zudem nicht. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Interessenabwägung Personenbezogene Daten Schutz besonderer Verfahren Sicherheitsaspekte Verteidigung

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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1578/15                                           Seite 1 von 37 Datum:                  05.05.2017 Gericht:                Oberverwaltungsgericht NRW Spruchkörper:           15. Senat Entscheidungsart:       Urteil Aktenzeichen:           15 A 1578/15 ECLI:                   ECLI:DE:OVGNRW:2017:0505.15A1578.15.00 Vorinstanz:             Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3809/13 Schlagworte:            Personalakten Disziplinarakten Bundeswehr MAD Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit Normen:                 IFG § 1, § 3 Nr. 1 b), Nr. 1 g), Nr. 4, Nr. 8; SG § 29 Abs. 3 Satz 9; WDO § 9 Abs. 1 Satz 1 Leitsätze:              § 29 Abs. 3 Satz 9 SG und § 9 Abs. 1 Satz 1 WDO sind keine Spezialregelungen im Sinne von § 1 Abs. 3 IFG. Ein parlamentarisches Untersuchungsverfahren nach Art. 44 GG fällt nicht in den Schutzbereich des § 3 Nr. 1 g) IFG. Den über § 3 Nr. 4 IFG geschützten öffentlichen Belangen drohen nur dann Nach-teile, wenn eine als Verschlusssache eingestufte Information nach wie vor materiell geheimhaltungsbedürftig ist. Der gerichtlichen Prüfung des § 3 Nr. 4 IFG ist die prognostische Einschätzung der Behörde zugrunde zu legen, die auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch tragfähig sein muss. Tenor:                  Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert. Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom 13. November 2012 in Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2013 verpflichtet, der Klägerin die in Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 4. September 2013, ergänzt und korrigiert durch Schriftsatz der Beklagten vom 19. Juni 2015, aufgeführten Unterlagen in Kopie in folgendem Umfang zur Verfügung zu stellen: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/15_A_1578_15_Urteil_2017050... 15.08.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1578/15                                         Seite 2 von 37 2. Ordner zu     komplett (S. 1 bis 344) BVMg-3, Ordner zu 3.               komplett (S. 345 bis 725) BMVg-3, Ordner zu 4.               komplett (S. 1 bis 51) BMVg-3, Ordner zu 5.               S. 4 bis 175 BMVg-3, Ordner zu 6.               S. 1 bis 278 BMVg-3, Ordner zu 7.               S. 29 bis 83 BMVg-3, Ordner zu 8.               S. 1 bis 52 BMVg-3, Ordner zu    S. 1 bis 129, 147 bis 164, 172 bis 342, 350 bis 9. BMVg-3,      432 Ordner zu 10.              S. 1 bis 48, 51 bis 100 BMVg-3, Ordner zu 11.              S. 1 bis 317 BMVg-3, Ordner zu 13.              S. 1 bis 175, 178 bis 271 BMVg-3, S. 1 bis 83, 105 bis 147, 157 bis 181, 184 bis Ordner zu 14.              234, 257 bis 321, 360 bis 432, 451 bis 541, 553 BMVg-3, bis 585, 592 bis 750 Ordner zu    S. 1 bis 69, 76 bis 161, 187 bis 209, 211 bis 15. BMVg-3,      251, 277 bis 330 Ordner zu 16.              komplett (S. 1 bis 46) BMVg-3, S. 1 bis 21, 38 bis 100, 108 bis 140, 145 bis Ordner zu 17.              149, 175 bis 252, 268 bis 316, 351 bis 355, 358 BMVg-3, bis 395 1. Ordner zu     S. 1 bis 48 BMVg-7, https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/15_A_1578_15_Urteil_2017050... 15.08.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1578/15                                          Seite 3 von 37 Ordner zu 2.                 S. 1 bis 262 BMVg-7, Ordner zu 3.                 S. 1 bis 124 BMVg-7, Ordner zu 4.                 komplett (S. 1 bis 385) BMVg-7, Ordner zu 5.                 S. 1 bis 255, 258 bis 425. BMVg-7, 1. Ordner zu BMVg-1, S. 1 bis 16. Ordner zu BMVg-4, komplett (S. 1 bis 198). Personenbezogene Daten - mit Ausnahme des Uwe Mundlos - darf die Beklagte in allen herauszugebenden Ordnern schwärzen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Unter Einbeziehung des erstinstanzlich für erledigt erklärten bzw. zurückgenommenen Teils des Rechtsstreits tragen die Klägerin und die Beklagte die Kosten des Verfahrens beider Instanzen jeweils zur Hälfte. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin wird für notwendig erklärt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand:                                                                                  1 Die Klägerin ist ein Verlagshaus. Sie verlegt u. a. die Zeitung „Die Welt“.                  2 Am 19. September 2012 beantragte ein Journalist der Zeitung „Die Welt“ beim                  3 Bundesministerium der Verteidigung (im Folgenden: BMVg) die Herausgabe von Informationen zu dem mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos. Zur Begründung führte er aus, der Antrag umfasse alle Informationen, die dem BMVg sowie den ihm unterstehenden Stellen wie beispielsweise dem Militärischen Abschirmdienst (im Folgenden: MAD) vorlägen. Das BMVg habe dem NSU-Untersuchungs-ausschuss des Deutschen Bundestages zu Uwe Mundlos ein speziell zusammengestelltes Konvolut überlassen. Dieses liege dem Antragsteller vor. Die Unterlagen seien https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/15_A_1578_15_Urteil_2017050... 15.08.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1578/15                                        Seite 4 von 37 offenbar eigens neu paginiert worden und umfassten danach 78 Blatt. Es bestehe nach Äußerungen von Bundestagsabgeordneten mehrerer Fraktionen der Verdacht, dass das BMVg Unterlagen zurückhalte, die möglicherweise für die Aufarbeitung der Versäumnisse im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie wichtig seien. Der Aufklärung dieses Vorwurfs diene dieser Antrag, der mehrere Bestandteile habe: „Teilantrag 1)                                                                  4 Bitte teilen Sie uns mit, wie umfangreich die Unterlagen des                               5 Verteidigungsministeriums zu Uwe Mundlos sind (genaue Angabe in Seiten). Teilen Sie uns zudem für jeden Aktenbestandteil in Stichworten mit, um welche Art von Unterlage es sich handelt. (Für die dem Antragsteller bereits vorliegenden 78 Blatt müssen diese Angaben nicht gemacht werden) Teilantrag 2)                                                                   6 Bitte stellen Sie uns die dem Antragsteller bislang nicht zur Verfügung stehenden          7 Unterlagen zur Verfügung, möglichst in Kopieform. Dabei erklären wir uns schon vorab damit einverstanden, dass Daten zu dritten Personen geschwärzt werden können. Teilantrag 3)                                                                              8 Per E-Mail vom 23. November 2011 hat die MDR-Redakteurin N.             T.   einen         9 IFG-Antrag bei der Wehrbereichsverwaltung Ost gestellt (Blatt 62 und 63 des vorliegenden Konvoluts). Bitte stellen Sie dem Antragsteller alle Informationen zu dem Vorgang zur Verfügung. Dabei erklären wir uns schon vorab damit einverstanden, dass Daten zu dritten Personen geschwärzt werden können. Teilantrag 4)                                                                            10 Bitte teilen Sie uns mit, welche Informationen dem Militärischen Abschirmdienst zu       11 Uwe Mundlos vorliegen. Falls solche Informationen vorhanden sein sollten, bitten wir um die Herausgabe in Kopieform - mit den erforderlichen Schwärzungen. Nicht von diesem Teilantrag erfasst sind die zunächst vom BfV aufgefundenen Unterlagen zu Mundlos (Paginier: 284-305 sowie 448-473 sowie 245-257; diese Unterlagen liegen dem Antragsteller bereits vor) Teilantrag 5)                                                                 12 „Bitte teilen Sie uns mit, wie umfangreich das im Verteidigungsministerium               13 vorhandene Material im Zusammenhang mit der Herausgabe der Informationen an den Deutschen Bundestag ist, interministerielle Abstimmungen einbezogen (genaue Anzahl der Seiten). Bitte stellen Sie uns diese Unterlagen möglichst in Kopieform zur Verfügung.“ In seinen Sitzungen am 9. Februar 2012, am 5. Juli 2012, am 13. September 2012           14 und am 8. November 2012 fasste der 2. Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages der 17. Wahlperiode - der NSU-Untersuchungs-ausschuss - die Beweisbeschlüsse BMVg-1, BMVg-2, BMVg-3, BMVg-4, BMVg-5, BMVg-6 und BMVg-7. Die Beweisbeschlüsse waren jeweils auf die Beiziehung von Akten und Dokumenten des BMVg gerichtet. Der Beweisbeschluss BMVg-1 richtete sich auf die Bezeichnung des Aktenplans und der Datenverzeichnisse des MAD und des BMVg. Der Beweisbeschluss BMVg-2 betraf die Beiziehung sämtlicher Akten und Dokumente, die sich auf den Diebstahl und Verbleib von Sprengstoff aus einem https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/15_A_1578_15_Urteil_2017050... 15.08.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1578/15                                        Seite 5 von 37 Munitionsdepot der NVA/Bundeswehr in den Jahren 1990/91 bezögen und die im BMVg oder in dem diesem nachgeordneten Bereich, insbesondere im MAD, vorhanden seien. Die Beweisbeschlüsse BMVg-3 und BMVg-4 hatten die Beiziehung sämtlicher Akten und Dokumente zum Inhalt, die den Untersuchungsgegenstand des 2. Untersuchungsausschusses beträfen und die im BMVg nebst nachgeordnetem Bereich im Untersuchungszeitraum vom 1. Januar 1992 bis 8. November 2011 vorhanden gewesen seien, soweit sie nicht durch zuvor gefasste Beweisbeschlüsse bereits beigezogen seien. Der Beweisbeschluss BMVg-5 forderte das BMVg auf, für den gesamten Untersuchungszeitraum sämtliche Einsätze operativer nachrichtendienstlicher Mittel seiner nachgeordneten Behörden mit Laufzeit, Beschreibung der Art der Maßnahme, Benennung ihres Zwecks oder Auftrags zu bezeichnen, die im Zusammenhang gestanden hätten mit einer der Personen, die vom Bundeskriminalamt in der Antwort auf einen anderweitigen Beweisbeschluss berücksichtigt worden seien. Durch den Beweisbeschluss BMVg-6 wurden sämtliche Unterlagen angefordert, die im Geschäftsbereich des BMVg entstanden oder in Gewahrsam genommen worden seien und sich auf die Wehrdienstzeit des Uwe Mundlos bezögen, insbesondere zu Kontakten des MAD zu Uwe Mundlos und sonstigen Erkenntnissen über Auffälligkeiten während seines Wehrdienstes sowie alle Vorgänge, die sich auf den Umgang mit diesen Erkenntnissen im BMVg, seinem Geschäftsbereich sowie innerhalb der Bundesregierung bezögen. Der Beweisbeschluss BMVg-7 erstreckte sich auf die Beiziehung sämtlicher Unterlagen, die im Geschäftsbereich des BMVg entstanden oder in Gewahrsam genommen worden seien und sich auf die Wehrdienstzeit bestimmter Personen bezögen, insbesondere Unterlagen des MAD, Personalakten sowie Unterlagen über Disziplinarverfahren. Mit Bescheid vom 13. November 2012 gab das BMVg dem Teilantrag zu 3) statt. Im           15 Übrigen lehnte es den Informationsantrag ab. Zur Begründung führte es aus, der mit den Teilanträgen zu 1), zu 2), zu 4) und zu 5) begehrte Informationszugang sei gemäß § 3 Nr. 1 g), Nr. 4 sowie Nr. 8 IFG ausgeschlossen. § 3 Nr. 1 g) IFG greife im Hinblick auf das laufende parlamentarische Untersuchungsverfahren. § 3 Nr. 4 IFG stehe dem Informationsanspruch in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Inneren zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung - VSA) entgegen, weil die begehrten Unterlagen überwiegend als Verschlusssachen einzustufen seien. § 3 Nr. 8 IFG schließe einen Anspruch auf Informationszugang zu den begehrten Unterlagen des MAD aus, bei dem es sich um einen Nachrichtendienst im Sinne der Vorschrift handele. Die Klägerin erhob am 29. November 2012 Widerspruch gegen die Ablehnung der              16 Teilanträge zu 1), zu 2) und zu 5). Zur Begründung machte sie geltend, parlamentarische Untersuchungsausschüsse seien von § 3 Nr. 1 g) IFG nicht erfasst. Mit Blick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sei eine verfassungskonforme enge Auslegung der Ausnahmetatbestände des Informationsfreiheitsgesetzes hinsichtlich des Grundrechtsträgers Presse erforderlich. Die Bezeichnung der streitgegenständlichen Dokumente als Verschlusssache allein rechtfertige nicht die Annahme einer Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht i.S.d. § 3 Nr. 4 IFG. Eine materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit sei nicht erkennbar. Angesichts der vielen Verfehlungen der Verfassungsorgane und ihrer Versuche, die Akten dazu zu vernichten, überwiege das Offenbarungsinteresse. Zudem sei auch der Ablehnungsgrund des § 3 Nr. 4 IFG eng auszulegen. Ein besonderer Ausnahmefall sei nicht dargelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2013, zugestellt am 22. Mai 2013, wies das          17 BMVg den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es aus: Bis auf zwei https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/15_A_1578_15_Urteil_2017050... 15.08.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1578/15                                         Seite 6 von 37 Aktenstücke, die Personalakten darstellten, seien die in den Teilanträgen zu 1), zu 2) und zu 5) begehrten Unterlagen als Verschlusssachen i.S.v. § 3 Nr. 4 IFG in Verbindung mit der VS-Anweisung einzustufen. Hierbei handele es sich um Unterlagen, die als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD), „Verschlusssache - Vertraulich“ (VSA-Vertraulich) bzw. als „Geheim“ qualifiziert worden seien. Eine Prüfung anlässlich des Antrags der Klägerin habe ergeben, dass die Gründe für die Einstufung fortbestünden. Die Dokumente beinhalteten größtenteils Quellenberichte, Erkenntnisübermittlungen, Informationen zur Terrorismusabwehr, Gesprächsvermerke und Dokumente zu Einzelpersonen. Bei einer Offenlegung bestünde die Gefahr, dass die Aufgabenerfüllung des MAD in den Bereichen „Aufklärung“ und „Beschaffung“ gefährdet würde. Auch ließe ein Bekanntwerden der Informationen Rückschlüsse auf technische und operative Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Nachrichtenbeschaffung zu. Nachteilige Auswirkungen für sicherheitsempfindliche Belange der Bundesrepublik Deutschland seien bei einer Offenlegung nicht auszuschließen. Im Hinblick auf die genannten zwei Teilakten, die Personalakten seien, sei ein Informationszugang nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG ausgeschlossen. Des Weiteren sei der Informationsanspruch gemäß § 3 Nr. 8 IFG in Bezug auf die begehrten Unterlagen des MAD abzulehnen, weil dieser ein Nachrichtendienst im Sinne der Bestimmung sei. Der Vollständigkeit halber halte das BMVg auch an seiner im Ablehnungsbescheid vertretenen Auffassung fest, dass mit Blick auf das laufende parlamentarische Untersuchungsverfahren der Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 g) IFG vorliege. Die Klägerin hat am Montag, dem 24. Juni 2013, Klage erhoben.                             18 Zur Begründung hat sie wiederholend und ergänzend vorgetragen: § 3 Nr. 1 g) IFG           19 gelte nicht für parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Auch sei eine Gefährdungslage nicht konkret dargelegt. Soweit die Beklagte sich pauschal auf den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG berufe, da Teile der streitgegenständlichen Unterlagen als „VS-NfD“ eingestuft seien, werde deren materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit bestritten. Diese Einstufung sei der niedrigste Geheimhaltungsgrad, so dass an die Darlegung der materiellen Geheimhaltungsbedürftigkeit besonders hohe Anforderungen zu stellen seien. Diese habe die Beklagte mit ihren Ausführungen in den Schriftsätzen vom 4. September 2013 und vom 29. Oktober 2013 nicht erfüllt. Entsprechendes gelte für den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 b) IFG. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit der begehrte Informationszugang heute noch konkrete nachteilige Auswirkungen auf militärische oder sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr haben solle. Das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung sei vom Schutzbereich des § 3 Nr. 4 IFG zu trennen. Die Beklagte verkenne auch, dass es vorliegend nicht um die Veröffentlichung der Informationen gehe, sondern lediglich um deren Herausgabe. Die Erstreckung des eng auszulegenden Ausnahmetatbestands des § 3 Nr. 8 IFG auf das BMVg sei nach dem Wortlaut der Norm, der Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes und dessen Sinn und Zweck ausgeschlossen. Auch die Formulierung „soweit“ zeige, dass nur abgegrenzte Teilaufgaben anderer Behörden als der Nachrichtendienste von diesem Ausnahmetatbestand umfasst seien. Der Gesetzgeber habe dem Schutzbereich des § 3 Nr. 8 IFG darüber hinaus Rechnung getragen, indem er sonstige öffentliche Stellen des Bundes, die Aufgaben i.S.d. § 10 Nr. 3 Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) wahrnähmen, vom Anspruch auf Informationszugang ausgenommen habe. Erst recht könne sich eine Behörde nicht auf § 3 Nr. 8 IFG berufen, wenn ihre Aufgaben nicht von § 10 Nr. 3 SÜG erfasst seien. Um den Grundsatz des freien Informationszugangs nicht zu gefährden, solle der Ausnahmebereich des § 3Nr. 8 IFG eng begrenzt bleiben. Im Übrigen handele es https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/15_A_1578_15_Urteil_2017050... 15.08.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1578/15                                          Seite 7 von 37 sich bei den streitgegenständlichen Unterlagen um solche, die sich beim BMVg befänden, und damit nicht gerade um Unterlagen des MAD. Das BMVg sei insoweit auch verfügungsbefugt i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG, zumal es seiner Vorlagepflicht gegenüber dem NSU-Untersuchungsausschuss auch bezüglich der bei ihm vorhandenen Unterlagen des MAD nachgekommen sei. Auch der - seinerseits eng zu verstehende - Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG sei nicht erfüllt. Der Schutz von Personalakten sei nicht absolut. Er sei im Einzelfall gegen das Informationsinteresse abzuwägen. Auskünfte aus Personalakten seien nicht grundsätzlich verboten, wenn der Betroffene zustimme oder soweit dem schutzwürdigen Interesse des Betroffenen ein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit oder eines Dritten an der Auskunft entgegenstehe. Da es sich bei den in Rede stehenden Personalakten um diejenigen eines bekennenden Neonazis und mutmaßlichen Mörders handele, dessen mutmaßlicher Gehilfin oder Mittäterin zur Zeit ein in der Öffentlichkeit äußerst beachteter Prozess gemacht werde, seien das Informationsinteresse der Klägerin und der Öffentlichkeit entsprechend hoch zu bewerten. Da in dem besagten Gerichtsverfahren sämtliche vorhandenen Informationen über Herrn Mundlos berücksichtigt und in sämtlichen Medien verbreitet würden, erscheine dessen Geheimhaltungsinteresse aus einem postmortalen Persönlichkeitsschutz heraus verhältnismäßig gering oder sogar ausgeschlossen. Der Betroffene sei eine absolute Person der Zeitgeschichte gewesen, dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung als wesentlich weniger schutzwürdig anzusehen sei als das der Öffentlichkeit und der Presse. Insoweit sei das Gewicht des Grundrechts auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG sowie der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen. Jedenfalls liege ein Ermessensausfall vor, weil eine Abwägung durch die Beklagte nicht stattgefunden habe. Etwas anderes gelte auch nicht aufgrund von § 5 Abs. 2 IFG. § 29 Abs. 3 SG ändere gleichfalls nichts an der Herausgabefähigkeit der Informationen. Auch diese Norm regle lediglich den Umgang mit Personalakten lebender Soldaten. Gleiches gelte für den Inhalt der streitgegenständlichen Disziplinarakten. Vorsorglich werde die Einleitung eines in-camera-Verfahrens gemäß § 99 Abs. 2 VwGO beantragt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 25. Juni 2015 haben            20 die Beteiligten die Hauptsache im Hinblick auf den Teilantrag zu 1) übereinstimmend für erledigt erklärt. Hinsichtlich des 1. Ordners BMVg-3 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen, weil sie davon ausgegangen ist, dass ihr dieser Ordner vorliegt. Die Klägerin hat sodann beantragt,                                                         21 22 • 1. die Beklagte unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Bescheides des            23 Bundesministeriums der Verteidigung vom 13. November 2012 in Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2013 zu verpflichten, ihr Zugang zu den mit den Teilanträgen zu 2) und zu 5) vom 19. September 2012 begehrten Informationen zu gewähren, nämlich a)     „Bitte stellen Sie uns dem Antragsteller bislang nicht zur Verfügung stehende       24 Unterlagen zur Verfügung, möglichst in Kopieform. Dabei erklären wir uns schon vorab damit einverstanden, dass Daten zu dritten Personen geschwärzt werden können.“ b)     „Bitte teilen Sie uns mit, wie umfangreich das im Verteidigungsministerium          25 vorhandene Material im Zusammenhang mit der Herausgabe der Informationen an den Deutschen Bundestag ist, interministerielle Abstimmungen einbezogen (genaue https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/15_A_1578_15_Urteil_2017050... 15.08.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1578/15                                        Seite 8 von 37 Anzahl der Seiten). Bitte stellen Sie uns diese Unterlagen möglichst in Kopieform zur Verfügung.“ 26 • 2. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für                 27 notwendig zu erklären. Die Beklagte hat beantragt,                                                              28 die Klage abzuweisen.                                                                    29 Sie hat wiederholend und ergänzend vorgetragen: Soweit sich der Klageantrag auf          30 Überlassung von Kopien bzw. Akteneinsicht in Akten/Aktenteile des MAD beziehe, stehe ihm § 3 Nr. 8 IFG entgegen. Unter diese Bereichsausnahme fielen nicht nur Ansprüche auf Informationszugang gegenüber dem MAD selbst. Sie gelte vielmehr auch für solche Akten des MAD, die dieser dem BMVg vorlege. Sinn und Zweck einer Bereichsausnahme sei, ganze Verwaltungsbereiche vom Informationszugangsanspruch freizustellen. Dies gelte selbst dann, wenn keine sicherheitsrelevanten Informationen betroffen seien. Der nachrichtendienstliche Aufgabenbezug des MAD gehe nicht durch die Lagerung entsprechender Akten in anderen Bereichen zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten verloren. Die entsprechend gekennzeichneten Akten/Aktenteile des MAD, die in der Anlage 2 zur Klageerwiderung vom 4. September 2013 aufgeführt seien, seien zur Übersendung an den NSU-Untersuchungsausschuss zusammengestellt und über das BMVg in Erfüllung der Beweisbeschlüsse des Untersuchungsausschusses BMVg-1 bis 7 im Wege der Dienst- und Fachaufsicht als aufsichtführende Behörde für den MAD an den Untersuchungsausschuss übermittelt worden. Die Umsetzung der Beweisbeschlüsse erfolge wie in anderen Ressorts durch das BMVg. Eine eigenständige Beantwortung durch den MAD erfolge nicht, wenngleich die übersandten Akten unter dem Gesichtspunkt der Verfügungsberechtigung i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG solche des MAD blieben. Die Frage der Bereichsausnahme gemä3 ߧ Nr. 8 IFG entfalte daher bereits an der Stelle der Prüfung der Verfügungsbefugnis ihre Wirkung. Die in der besagten Anlage 2 angeführten und entsprechend gekennzeichneten Akten bzw. Aktenteile des MAD, die auf S. 2 f. der Klageerwiderung vom 4. September 2013 aufgelistet seien, fielen damit unter die Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG. Soweit die streitgegenständlichen Akten/Aktenteile nicht solche des MAD seien, handele es sich um Personalakten, die durch § 5 Abs. 2 IFG i.V.m. § 29 Abs. 3 SG vom Informationsanspruch ausgenommen seien. Der Schutz der Personalakten sei infolge der gesetzgeberischen Abwägungsentscheidung nicht gegen das Informationsinteresse abzuwägen. Aus der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sei eine Einsichtnahme in Personal- und Disziplinarakten - und sei es auch nur zur Vorbereitung späterer Veröffentlichungen - nicht ableitbar. § 5 Abs. 2 IFG wirke insoweit absolut. Personalaktenrechtlich sei eine Auskunftserteilung aus Personalakten an Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs nur unter den Voraussetzungen des§ 29 Abs. 3 Satz 9 SG zulässig. Eine Einsichtnahme sei insoweit überhaupt nicht vorgesehen. Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 3 Satz 9 SG seien vorliegend auch nicht erfüllt. Der Schutz personenbezogener Daten ende nicht mit dem Dienstverhältnis. Er reiche für Angaben mit Personenbezug auch über den Tod hinaus. Dies stehe somit einer Herausgabe der in Anlage 2 zur Klageerwiderung vom 4. September 2013 aufgeführten und auf deren S. 4 aufgelisteten Akten bzw. Aktenteile entgegen. Gleiches gelte für die Akten, die Teile aus disziplinaren Ermittlungsakten der Wehrdisziplinaranwaltschaften bzw. aus https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/15_A_1578_15_Urteil_2017050... 15.08.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1578/15                                       Seite 9 von 37 gerichtlichen Disziplinarverfahren der Truppendienstgerichte enthielten. Disziplinarsachen seien ihrer Natur nach zu den Personalangelegenheiten der Soldaten zu zählen. Schon aus diesem Grund bedürften sie wie Personalunterlagen der vertraulichen Behandlung. Das Auskunftsrecht in Bezug auf Disziplinarmaßnahmen, disziplinare Ermittlungen und gerichtliche Disziplinarverfahren etc. werde spezialgesetzlich in § 9 Wehrdisziplinarordnung (WDO) geregelt. Diese Regelung sei gemäß § 1Abs. 3 IFG gegenüber dem Informationsanspruch vorrangig. Hiervon seien die in Anlage 2 zur Klageerwiderung vom 4. September 2013 aufgeführten und auf S. 5 dieser Klageerwiderung genannten Akten bzw. Aktenteile - ergänzt durch den Schriftsatz vom 19. Juni 2015 - umfasst. Die übrigen, nicht von den vorgenannten Gründen umfassten Akten/Aktenteile unterlägen der Einstufung nach der VS-Anweisung und seien als „VS-NfD“ oder „VS-Vertraulich“ eingeordnet. Diesbezüglich bestehe ein Anspruch auf Informationszugang nach § 3 Nr. 4 IFG nicht. Die Dokumente beinhalteten geheimhaltungsbedürftige Tatsachen oder Erkenntnisse, die im öffentlichen Interesse schutzbedürftig seien. Hinsichtlich der Dokumente zum Sachverhalt und den Hintergründen zum Diebstahl und Verbleib von Sprengstoff in den 1990er Jahren liege darüber hinaus der Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 b) IFG vor. Neben den Ermittlungsvorgängen zu gemeldeten Munitions- und Waffenverlusten seien dort auch Einschätzungen zu Gefährdungslagen und Sicherheitshinweisen enthalten, die zur Vermeidung von Ausspähversuchen nicht offengelegt werden könnten. Diese Vorgänge bezögen sich auch auf die aktuelle Arbeit des MAD im Jahr 2011. Aus Anlass von entsprechenden Presseberichten seien in diesem Jahr ältere Fälle aufgearbeitet worden. Mit Urteil vom 25. Juni 2015 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt,      31 soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat bzw. die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, soweit das Zugangsbegehren Informationen aus Disziplinarakten von Soldaten betreffe, sei der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes gemäß § 1 Abs. 3 IFG nicht eröffnet. § 9 WDO bilde einen vorrangigen spezialgesetzlichen Auskunftsanspruch. Im Übrigen unterfielen die von der Klägerin begehrten Informationen in vollem Umfang Ausschlusstatbeständen nach dem Informationsfreiheitsgesetz. § 3 Nr. 8 IFG finde nach seinem Sinn und Zweck auch auf die Konstellation Anwendung, in der Akten eines Nachrichtendienstes an eine weitere Behörde weitergegeben worden seien und dieser gegenüber ein Informationsanspruch geltend gemacht werde. Die rein formale Frage der Verfügungsberechtigung i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG sei hierfür nicht ausschlaggebend. Soweit sich das Informationsbegehren der Klägerin auf Akten bzw. Aktenteile erstrecke, die über Uwe Mundlos geführt würden, sei ihr Auskunftsanspruch nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 IFG ausgeschlossen. Auch der Zugang zu Personalakten eines Verstorbenen sei von dem Schutz des Art. 1 Abs. 1 GG erfasst. Die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und dem Datenschutzinteresse habe der Gesetzgeber für personenbezogene Daten i.S.d. § 5 Abs. 2 IFG abschließend vorweggenommen. Der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 2 IFG gelte überdies für Akten über Disziplinarverfahren gegen Soldaten. Schließlich sei der Anspruch auf Informationszugang hinsichtlich derjenigen Akten und Aktenteile nach § 3 Nr. 4 IFG ausgeschlossen, welche die Beklagte als „VS-NfD“ eingestuft habe und die weder Personalakten noch solche des MAD seien. Veranlassung, ein in-camera-Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO einzuleiten, habe nicht bestanden. Ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe nicht. Auch stünden insbesondere die durch § 5 Abs. 2 IFG https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/15_A_1578_15_Urteil_2017050... 15.08.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1578/15                                        Seite 10 von 37 gezogenen Grenzen des einfachgesetzlichen Informationsanspruchs nicht im Widerspruch zur Pressefreiheit. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.                                       32 Zu deren Begründung trägt die Klägerin wiederholend und ergänzend vor: Das                33 Informationsfreiheitsgesetz sei auf alle beantragten Informationen anwendbar.§ 9 WDO sei keine speziellen Norm i.S.d. § 1 Abs. 3 IFG, der eng auszulegen sei. Die Norm enthalte keinen mit dem Informationsanspruch identischen sachlichen Regelungsgegenstand. § 9 Abs. 3 WDO bestimme ausdrücklich, dass andere Rechtsvorschriften, die eine Auskunftserteilung zuließen, unberührt blieben. Eine Ausnahme nach § 3 Nr. 8 IFG liege ebenso wenig vor. Auch dieser Ablehnungsgrund sei eng zu interpretieren. Eine erweiternde Auslegung des § 3 Nr. 8 IFG laufe auf eine nicht vertretbare Analogie hinaus. Demgegenüber folge aus dem Wortlaut von § 3 Nr. 8 IFG, dass ein Informationsanspruch nur gegenüber Nachrichtendiensten und den in der Vorschrift genannten Behörden - nicht also gegenüber dem BMVg - ausgeschlossen sei. Aus systematischer Sicht sei festzustellen, dass sich § 3 Nr. 8 IFG im Unterschied zu den anderen Ausschlussgründen auf bestimmte Behörden beziehe, nicht auf einen bestimmten Typus von Information. Dem gesetzgeberischen Willen sei zu entnehmen, dass lediglich alle nicht durch § 3 Nr. 1 c) oder Nr. 4 IFG schützbaren Informationen vom Informationsanspruch auszunehmen seien, wenn sich diese bei den entsprechenden Behörden befänden. Eine Information, die den Bereich eines Nachrichtendienstes verlassen habe, tangiere dessen Interessen nur, wenn diese z. B. als Verschlusssache gekennzeichnet sei. Andernfalls könne kein Geheimhaltungsinteresse bestehen. Zweck der Bereichsausnahme sei nicht, sämtliche nachrichtendienstlichen Informationen vom Informationsanspruch auszunehmen. Der Ausschluss nach § 3 Nr. 8 IFG betreffe damit nur solche Informationen, die sich ausschließlich bei den entsprechenden Behörden befänden. Sobald eine Information die Herrschaftssphäre dieser Behörden verlassen habe, regelten die übrigen Ausnahmevorschriften das Geheimhaltungsinteresse. Das BMVg sei hinsichtlich der streitgegenständlichen Unterlagen auch verfügungsbefugt i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG. Ferner greife der Ausschlusstatbestand des § 3 Nr. 4 IFG nicht. Die Beklagte habe diesen nicht hinreichend konkret ausgefüllt. Auszüge aus dem Einheitsaktenplan der Bundeswehr für das Jahr 2005 seien im Internet frei einsehbar. Die Erläuterungen zum Verbleib von Sprengstoff aus dem Jahr 1990 seien gleichfalls nicht materiell geheimhaltungsbedürftig, was auch die Archivgesetze des Bundes und der Länder zeigten. Im Hinblick auf § 5 IFG habe die Beklagte bei den Erben von Uwe Mundlos anfragen müssen, ob diese in den Zugang zu den personenbezogenen Daten einwilligten. Das Verwaltungsgericht hätte insoweit ein Bescheidungsurteil erlassen müssen. Erst nach einer Ablehnung durch die Erben hätte man zur Ausschlussnorm des § 5 Abs. 2 IFG kommen dürfen. Diese müsse jedoch im Licht der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG interpretiert werden. Dieser Grundrechtsschutz sei verkannt worden. Er sei nicht abgewogen worden. Ohnehin ergebe sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG direkt ein Auskunftsanspruch. Verkannt worden sei überdies die Bedeutung von Art. 10 EMRK. Dieser gewährleiste ebenfalls einen Informationszugang. Zumindest habe er als Auslegungshilfe herangezogen werden müssen. Es werde klargestellt, dass das Klagebegehren nicht zusätzlich auf einen presserechtlichen Auskunftsanspruch als eigenständige Anspruchsgrundlage gestützt werden solle. Die Klägerin beantragt,                                                                   34 35 36 https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/15_A_1578_15_Urteil_2017050... 15.08.2017
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