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Aktenzeichen
1 K 583/14
Datum
10. September 2015
Gericht
Verwaltungsgericht Mainz
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Mainz am 10. September 2015

1 K 583/14

Der Kläger, ein ALG II-Empfänger, verfolgt insbesondere kein besonderes öffentliches Interesse am Zugang zu den Informationen, es geht ihm nicht um die Kontrolle staatlichen Handelns, sondern um ein privates Informationsinteresse. Zwar komme den personenbezogenen Daten der Mitarbeiter wegen des dienstlichen Bezugs kein hoher Schutz zu, dem Kläger fehlt es jedoch an der spezifischen Nähe zu den begehrten Informationen. Das Jobcenter hat zudem keine größere Hürde in Bezug auf die telefonische Erreichbarkeit der Mitarbeiter aufgebaut. Der Personenbezug entfällt auch nicht, wenn die Vor- und Nachnamen der Mitarbeiter geschwärzt werden. Die im Informationsfreiheitsgesetz vorgesehene Rückausnahme der Bearbeiterdaten vom Datenschutz kommt nicht zum Tragen, da der konkrete Bezug zu einem Verwaltungsvorgang fehlt. Zwar bedarf eine Behörde zur Veröffentlichung von Mitarbeitertelefonlisten keiner Ermächtigungsgrundlage (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 2008, 2 B 131/07). Daraus kann jedoch nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass ein Bürger einen Anspruch auf Herausgabe dieser Informationen hat. Das Gericht schließt sich damit ausdrücklich einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 4. September 2014 (4 K 466/14) an. Zur Rechtsprechung den Informationszugang zu dienstlichen Telefonlisten betreffend siehe höchstrichterliche Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2016 (7 C 20.15, 7 C 23.15, 7 C 27.15, 7 C 28.15). (Quelle: LDA Brandenburg)

Aussonderungen Personenbezogene Daten Begriffsbestimmung Veröffentlichung von Informationen

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Verkündet am: 10.09.2015 1 K 583/14.MZ (Ristow) Justizbeschäftigte als Urkunds- beamtin der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT MAINZ URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit - Kläger - Prozessbevollmächtigter: gegen das Jobcenter Mainz, vertreten durch den Geschäftsführer, Am Rodelberg 21, 55131 Mainz, - Beklagter - Prozessbevollmächtigte: wegen       Sonstiges, Auskunft nach dem IFG, Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste des Jobcenters Mainz und Antrag auf Prozesskostenhilfe
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-2- hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2015, an der teilgenommen haben Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Eckert Richter am Verwaltungsgericht Zehgruber-Merz Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Wabnitz ehrenamtliche Richterin Hausfrau Meertens ehrenamtliche Richterin Handelsfachwirtin Neumann für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird zugelassen. T a t b e s t a n d Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihm Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste aller Mitarbeiter unter Unkenntlichmachung der jeweiligen Vornamen der betreffenden Mitarbeiter zu gewähren. Der Kläger wohnt in A-Stadt und bezieht Leistungen nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – vom dortigen Jobcenter. Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung zwischen der Agentur für Arbeit und der Stadt Mainz. Er betreut Bezieher von Arbeitslosengeld II in der Stadt Mainz. Der Beklagte betreibt die telefonische Abwicklung über ein Servicecenter. Telefonische Anfragen werden in der Zeit von Montag bis Freitag von 8:00 bis 18:00 Uhr beantwortet. Können die Mitarbeiter des Servicecenters die dort anfallenden Anfragen nicht sofort und abschließend beantworten, wird die Anfrage an das zuständige Beratungsteam des Beklagten weitergegeben. Vor der Weitergabe bereitet das Servicecenter die weitere Bearbeitung vor, indem alle -3-
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-3- erforderlichen Informationen vom Anrufer erfragt werden. Der Kunde wird sodann binnen 48 Stunden von dem zuständigen Sachbearbeiter zurückgerufen. Mit Schreiben vom 26. Dezember 2013 beantragte der Kläger bei dem Beklagten, ihm   binnen     Monatsfrist    eine   Liste   mit  allen   Durchwahlnummern        der Sachbearbeiter und Vermittler sowie der sachbearbeitenden Mitarbeiter der Widerspruchsstelle (Diensttelefonliste) zur Verfügung zu stellen. Dabei benötige er die Vornamen der Mitarbeiter nicht und die Nachnamen seien ebenfalls entbehrlich, soweit die Zuständigkeit der Mitarbeiter klar einer Telefonnummer zugeordnet werde. Grund seines Anschreibens sei, dass er in den ihm zugänglichen Informationsquellen, vor allem dem Internet, keine oder keine aktuelle Diensttelefonliste gefunden habe bzw. diese zum Teil nur von Privatpersonen veröffentlich worden seien, von denen er nicht wisse, ob sie tatsächlich die richtigen bzw. aktuellen Listen veröffentlicht hätten. Hierauf reagierte der Beklagte nicht. Der Kläger hat am 5. Mai 2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Er habe auf der Grundlage des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen     des   Bundes     (Informationsfreiheitsgesetz    –   IFG   –)   einen voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste des Beklagten. Die dienstlichen Durchwahlnummern der Mitarbeiter des Beklagten seien amtliche Informationen im Sinne dieses Gesetzes. An deren Charakter als amtliche Informationen ändere sich auch nicht deshalb etwas, weil es vorliegend nicht um die dienstliche Telefonnummer eines einzelnen Mitarbeiters im Zusammenhang mit einem konkreten Verwaltungsvorgang gehe, sondern losgelöst   hiervon    um    die   Telefondurchwahlen     aller  Sachbearbeiter      mit Außenkontakt. Seinem Informationsanspruch stünden auch keine Ausnahmetat- bestände entgegen. Ausschlussgründe nach den §§ 3, 4 und 6 IFG seien nicht ersichtlich, insbesondere auch nicht der allenfalls in Betracht kommende Ausschlussgrund einer möglichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bei Bekanntwerden der Information (§ 3 Nr. 2 IFG). Es spreche nichts dafür, dass die Funktionsfähigkeit     des    Beklagten      bei   Bekanntgabe       der   dienstlichen Telefonnummern in Frage gestellt wäre. Es sei insbesondere nicht anzunehmen, dass die Arbeit einer ganzen Behörde lahmgelegt werde, wenn ihre Sachbe- -4-
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-4- arbeiter direkt telefonisch erreichbar seien. Die telefonische Kommunikation mit dem Bürger sei selbst Teil der behördlichen Aufgabe und es sei Ausdruck modernen staatlichen Selbstverständnisses, die telefonische Erreichbarkeit in beide     Richtungen    unmittelbar  sicherzustellen.   Zahlreiche  Jobcenter    in Deutschland hätten die Diensttelefonnummern ihrer Mitarbeiter ins Internet gestellt, ohne dass es Sicherheitsprobleme irgendwelcher Art bei den betreffenden Jobcentern oder deren Mitarbeitern gegeben hätte. Auch überwiege kein schutzwürdiges Interesse der Mitarbeiter des Beklagten sein Interesse am Informationszugang (§ 5 Abs. 1, 4 IFG). Mit der Nennung des jeweiligen Nachnamens der Mitarbeiter und deren Telefondurchwahlnummern würden keine in irgendeiner Hinsicht schützenswerten personenbezogenen Daten preisge- geben. Es sei daher auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zulässig, dem außenstehenden Benutzer einer Behörde, für dessen Bedürfnisse diese eingerichtet worden sei, einen Hinweis darauf zu geben, welche natürlichen Personen als Amtswalter mit der Erfüllung einer bestimmten Aufgabe betraut und damit in einer auf Außenkontakt gerichteten Behörde für das Publikum die zuständigen Ansprechpartner seien. Zudem spreche das allgemeine Verständnis von der datenschutzrechtlichen Relevanz einer dienstlichen Telefonnummer gegen die Schutzbedürftigkeit eines konkreten Mitarbeiters des Beklagten. Die Bediensteten     einer    Behörden    hätten    keinen   Anspruch    darauf,   von Publikumsverkehr und von der Möglichkeit, postalisch oder elektronisch von außen mit ihm Kontakt aufzunehmen, abgeschirmt zu werden. Seinem Informationsanspruch      stehe   nach   derzeitigem   Kenntnisstand   auch   kein schützenswertes Interesse eines Dritten entgegen. Mangels schützenswerter eigener Interessen müssten die Mitarbeiter des Beklagten auch nicht als „Dritte“ vor der Informationsweitergabe angehört werden. Auch Organisationserwägungen fänden als Ausschlussgrund gegen seinen Informationsanspruch im Gesetz keine Stütze. Dass der Zugangsanspruch des Informationsfreiheitsgesetzes den Behörden gegebenenfalls einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand aufbürde und sie vor organisatorische Herausforderungen stellen könne, sei diesem modernen Bürgerrecht immanent. Das eventuelle Anliegen, den Behördenmitarbeitern die Lösung ihrer komplexen Aufgaben grundsätzlich ohne plötzliche Unterbrechung durch Telefonate zu ermöglichen, sei kein gesetzlich geschützter Belang. Demgegenüber überwiege sein Informationsinteresse. Er engagiere sich seit -5-
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-5- langem in der Erwerbslosenarbeit und begleite Arbeitslosengeld II-Empfänger als Beistand, was wegen der fehlenden Telefonlisten überregional nicht möglich sei. Auch wolle er ein politisches Zeichen setzen. Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste aller Mitarbeiter des Beklagten unter Unkenntlichmachung der jeweiligen Vornamen der betreffenden Mitarbeiter zu gewähren. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klage sei bereits unzulässig. Da der Kläger in A-Stadt wohne und keine Leistungen des beklagten Jobcenters beziehe, benötige er die Telefonliste nicht für eigene Zwecke. Insoweit fehle es am Rechtsschutzbedürfnis. Zudem überziehe der Kläger willkürlich eine Vielzahl von Jobcenter im gesamten Bundesgebiet mit identischen Klagen, die auf die Herausgabe von Telefonnummernlisten gerichtet seien. Dies sei von Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes nicht gedeckt. Die Klage sei aber auch unbegründet. Bei der vom Kläger begehrten Telefonliste handele es sich schon nicht um amtliche Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG. Der Informationsanspruch sei auf einen konkreten Vorgang beschränkt,   weshalb     Diensttelefonlisten   im   Rahmen   eines  umfassenden Herausgabeanspruchs        –   wie    hier    –,   da   sie  keinem    bestimmten Verwaltungsvorgang zugeordnet seien, dem Auskunftsanspruch nicht unterlägen. Ungeachtet dessen stehe der Übermittlung aller Telefon- und Durchwahlnummern seiner Mitarbeiter der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG zum Schutz personenbezogener Daten Dritter entgegen. Die Vorschrift des § 5 Abs. 4 IFG komme dem Kläger nicht zugute, da es sich bei den begehrten Telefonnummern nicht um solche von „Bearbeitern“ handele. Die Interessenabwägung lasse kein überwiegendes        Informationsinteresse       des    Klägers,    der     seinen Informationsanspruch nicht aus eigenem Interesse, sondern ohne einen auf ihn bezogenen Anlass, vermutlich zur Veröffentlichung im Internet, geltend mache, gegenüber den schutzwürdigen Interessen der betroffenen Mitarbeiter im Hinblick -6-
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-6- auf ihr grundrechtlich geschütztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung erkennen. Die Zugänglichmachung der Telefondurchwahlen hätte zur Folge, dass seine Mitarbeiter ihre hoheitlichen Aufgaben nicht wie bisher durchführen könnten und in hohem zeitlichen Umfang an der eigentlichen Aktenbearbeitung gehindert seien. Es liege in seinem organisatorischen Ermessen, ob er Diensttelefonlisten seiner    Mitarbeiter   öffentlich   bekannt    gebe.    Soweit   er   von    seinem Organisationsermessen Gebrauch gemacht und sich ausdrücklich dagegen entschieden habe, dürfe diese Entscheidung nicht nachträglich durch die Bezugnahme auf das Informationsfreiheitsgesetz ausgehebelt werden. Die bei ihm gehandhabte telefonische Abwicklung über ein Servicecenter habe sich bewährt. Sie gewährleiste einen geordneten Behördenablauf und eine zeitlich hohe telefonische Erreichbarkeit für die Kunden. Die telefonische Kommunikation mit dem Bürger sowie die Erreichbarkeit in beide Richtungen durch das Servicecenter seien sichergestellt. Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verfahren 1 K 584/14.MZ und 1 K 660/14.MZ verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist als Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO in Form der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO statthaft. Der Kläger begehrt mit dem geltend gemachten       Informationsanspruch      den     Erlass    eines    begünstigenden Verwaltungsakts. Die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung des Zugangs zu der aktuellen Diensttelefonliste des Beklagten, also einer Telefonliste, in der die Durchwahlnummern derjenigen Mitarbeiter aufgeführt sind, die in ihrer amtlichen Tätigkeit Außenkontakt zum Bürger haben, erfolgt – wie auch § 9 Abs. 4 des Gesetzes     zur   Regelung      des  Zugangs     zu   Informationen   des    Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) verdeutlicht – in Form eines Verwaltungsakts (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. Mai 2011 – OVG 12 N 20.10 –, -7-
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-7- juris, Rn. 5; VG Neustadt, Urteil vom 4. September 2014 – 4 K 466/14.NW –, juris, Rn. 22; VG Ansbach, Urteil vom 27. Mai 2014 – AN 4 K 13.01194 –, juris, Rn. 22). Die Klage ist gemäß § 75 VwGO auch ohne Erlass eines (ablehnenden) Verwaltungsakts und abweichend von §§ 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO, 9 Abs. 4 IFG als Untätigkeitsklage zulässig. Denn über den Antrag des Klägers auf Vornahme      eines   Verwaltungsakts    wurde  ohne     zureichenden   Grund    in angemessener Frist sachlich nicht entschieden (§ 75 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat auch die Drei-Monats-Frist des § 75 Abs. 1 Satz 2 VwGO vor Klageerhebung am 5. Mai 2014 abgewartet, da zu diesem Zeitpunkt sein mit Schreiben vom 26. Dezember 2013 gestellter Antrag auf Informationszugang noch nicht beschieden worden war. Der Beklagte ist auch als (teil-)rechtfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft sui generis für das vorliegende Verfahren gemäß § 61 Nr. 1 VwGO beteiligungsfähig (VG Neustadt, Urteil vom 4. September 2014, a.a.O., Rn. 26; VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014 – 26 K 4682/13 –, juris, Rn. 15; VG B-Stadt, Urteil vom 10. Januar 2013 - 5 K 981/11 –, juris, Rn. 21; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – 4 BAS 90/10 R –, juris, Rn. 11). Mit „Jobcenter“ wird nach § 6 d SGB II der zugelassene kommunale Träger (Optionskommune) oder die gemeinsame Einrichtung nach § 44 b SGB II der Bundesagentur für Arbeit und des kommunalen Träger bezeichnet. Das Jobcenter steht damit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleich. Die gemeinsame Einrichtung ist im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenzuweisung Trägerin von Rechten und Pflichten und    nimmt    die  Aufgaben     der  Träger  wahr,    indem    sie insbesondere Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide erlässt (§ 44 b Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II). Es fehlt auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse des Klägers. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG steht der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen jedem ohne Einschränkungen zu, weshalb die Motive des jeweiligen Antragstellers bei der Verfolgung des Anspruchs für seine Anspruchsberechtigung unerheblich sind (vgl. etwa HessVGH, Urteil vom 29. November 2013 – 6 A 1293/13 –, juris, Rn. 35). Von daher ist es im vorliegenden Zusammenhang rechtlich ohne Belang, dass der Kläger in A-Stadt -8-
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-8- wohnt, von dem beklagten Jobcenter keine Leistungen bezieht und – so die Vermutung des Beklagten – die Telefonliste auch nicht für eigene Zwecke benötigt. Die Klage ist auch nicht deshalb als rechtsmissbräuchlich anzusehen, weil der Kläger identische Klagen gegen Jobcenter auch vor zahlreichen anderen Verwaltungsgerichten erhoben hat. Zwar ist, auch wenn der Gesetzgeber im Informationsfreiheitsgesetz im      Unterschied zu sonstigen Regelungen des Informationszugangsrechts des Bundes auf die Normierung einer allgemeinen Missbrauchsklausel verzichtet hat, der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht ausgeschlossen. Da es jedoch, wie dargelegt, auf die Motivation des jeweiligen Antragstellers ebenso wenig ankommen soll wie auf die Nützlichkeit der Information (vgl. Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 1. Aufl. 2009, § 9 Rn. 50), greift dieser Einwand nur in besonders gelagerten Fällen ein, z.B. bei Klagen, die ersichtlich allein dazu dienen, den Gegner bewusst zu schädigen oder das Gericht zu belästigen. Hierbei muss die Schädigungsabsicht eindeutig erkennbar sein, was     vorliegend     jedoch  mit   Blick   auf   die   weite Ausgestaltung   der Anspruchsberechtigung des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG einerseits und den Vortrag des Klägers andererseits nicht anzunehmen ist (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 4. September 2014, a.a.O., juris, Rn. 28 m.w.N.). Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihm Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste aller Mitarbeiter des Beklagten unter Unkenntlichmachung der jeweiligen Vornamen der betreffenden Mitarbeiter gewährt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Unterlassung, einen Bescheid mit dem vom Kläger gewünschten Inhalt zu erlassen, verletzt diesen daher nicht in seinen Rechten. Insoweit folgt die Kammer der Rechtsprechung des VG Neustadt, das in seinem – ebenfalls ein Verfahren des Klägers gegen ein Jobcenter betreffenden – Urteil vom 14. September 2014 (a.a.O., Rn. 30 bis 58) ausgeführt hat: „…2.1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste aller Mitarbeiter des Beklagten mit der Angabe ihrer Zuständigkeitsbereiche unter Unkenntlichmachung der jeweiligen Vornamen der betreffenden Mitarbeiter ist § 1 Abs. 1 IFG. -9-
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-9- Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Kläger ist grundsätzlich anspruchsberechtigt (2.1.1.) und der Beklagte ist anspruchsverpflichtet (2.1.2.). Der vom Kläger geltend gemachte Auskunftsanspruch richtet sich auch auf den Zugang zu amtlichen Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG (2.1.3.). Zwar stehen dem Informationsanspruch des Klägers nicht die Schutzvorschriften der §§ 3, 4 und 6 IFG entgegen (2.1.4.). Es ist jedoch der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 IFG gegeben (2.1.5.). 2.1.1. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“ im Sinne des § 1 Abs. 1 IFG. Der Informationsanspruch ist voraussetzungslos und besteht, wie oben bereits ausgeführt, unabhängig davon, aus welchem Interesse der Kläger diesen geltend macht. Das IFG soll die demokratische Meinungs- und Willensbildung nachhaltig unterstützen, die Kontrolle staatlichen      Handelns       verbessern    und     die   Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz behördlicher Entscheidungen erhöhen       (vgl.      Begründung       zum      Gesetzentwurf      des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes, BT-Drucksache 15/4493 Seite 6). 2.1.2. Der Beklagte ist nach § 1 Abs. 1 IFG anspruchsverpflichtet. Zwar ist das Jobcenter keine Behörde des Bundes bzw. ein sonstiges Bundesorgan oder eine sonstige Bundeseinrichtung, sondern gemäß § 6d SGB II eine gemeinsame Einrichtung im Sinne von § 44 b SGB II (s. oben). Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen ihm gegenüber        richtet    sich    jedoch    gleichwohl    nach     dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Denn insoweit wird die Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes von § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II ausdrücklich angeordnet (s. auch VG Berlin, Urteil vom 5. Juni 2014 - VG 2 K 54.14 -). 2.1.3. Die vom Kläger begehrte Diensttelefonliste des Beklagten ist nach Auffassung der Kammer eine „amtliche Information“ (so auch VG B-Stadt, Urteil vom 10. Januar 2013 – 5 K 981/11 –, juris; VG Arnsberg, Urteil vom 31. März 2014 – 7 K 1755/13 –, juris; VG Gießen, Urteil vom 24. Februar 2014 – 4 K 2911/13.GI –, juris; VG Berlin, Urteil vom 5. Juni 2014 – VG 2 K 54.14 –; VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014 – 26 K 4682/13 –, juris; vgl. auch VG Aachen, Urteil vom 17. Juli 2013 – 8 K 532/11 –, juris zum Telefonverzeichnis eines Gerichts; andere Ansicht VG Ansbach, Urteil vom 27. Mai 2014 – AN 4 K 13.01194 –, juris: erforderlich ist ein konkreter Vorgang; VG Chemnitz, Urteil vom 26. März 2014 – 5 K 1237/13 –: Amtliche Informationen sind nicht Gegenstände der Erkenntnis, welche die Verwaltung selbst generiert). Amtliche Informationen im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes sind nach § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG alle dienstlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Ausgenommen werden insoweit lediglich Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen (§ 2 Nr. 1 Satz 2 IFG). Nach der Begründung des Gesetzgebers erfasst eine amtliche - 10 -
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- 10 - Information alle Formen von festgehaltener und gespeicherter Information, die auf einem Informationsträger gespeichert ist. Gemeint sind Aufzeichnungen (Schriften, Tabellen, Diagramme, Bilder, Pläne und     Karten      sowie     Tonaufzeichnungen),      die   elektronisch (Magnetbänder, Magnetplatten, Disketten, CD-ROMs, DVDs), optisch (Filme, Fotos auf Papier), akustisch oder anderweitig gespeichert sind. Nicht erfasst werden private Informationen oder solche, die nicht mit amtlicher Tätigkeit zusammenhängen (BT-Drucksache 15/4493, Seite 8 f.). Das Telefonverzeichnis des Beklagten steht diesem zur Verfügung und muss nicht erst angefertigt werden. Es ist in dienstlichem Zusammenhang erstellt worden, dient der Erreichbarkeit der Mitarbeiter des Beklagten und ist daher als amtliche Information anzusehen. Am     Charakter      als    amtliche   Information    im   Sinne     des Informationsfreiheitsgesetzes ändert sich nicht deshalb etwas, weil es vorliegend nicht um die dienstliche Telefonnummer eines einzelnen Mitarbeiters      im      Zusammenhang       mit     einem     konkreten Verwaltungsvorgang,         sondern   losgelöst     hiervon    um      die Telefondurchwahlliste aller Sachbearbeiter mit Außenkontakt geht (so aber VG Ansbach, Urteil vom 27. Mai 2014 – AN 4 K 13.01194 –, juris). § 2 Nr. 1 IFG selbst enthält eine solche Einschränkung des Informationsanspruches auf einen konkreten Verwaltungsvorgang nicht. Sie stünde auch nicht in Einklang mit dem Grundsatz des § 1 Abs. 1 IFG, der gerade keine weiteren Einschränkungen auf eine besondere Betroffenheit oder auf konkrete Verwaltungsvorgänge enthält. Dem Informationsfreiheitsgesetz lässt sich auch sonst keine Einschränkung dahin entnehmen, die Telefonlisten amtlicher Stellen seien als solche keine amtlichen Informationen im Sinne von § 2 Nr. 1 IFG. Zwar sind nach § 11 Abs. 2 IFG Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten nach Maßgabe dieses Gesetzes allgemein zugänglich zu machen. Telefonlisten stehen einem solchen Organisationsplan gleich. Denn sie sind um ihrer Handhabbarkeit willen üblicher- und sinnvollerweise nach der Organisation der Behörde strukturiert. § 11 Abs. 2 IFG regelt aber nur eine Verpflichtung der Behörden zur Mindestausgestaltung veröffentlichter Zuständigkeitsübersichten, ohne deren Personalisierung auszuschließen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. September 2007 – 2 A 10413/07.OVG –, LKRZ 2007, 443). Eine Beschränkung des Informationsanspruchs zu Lasten des Bürgers enthält § 11 Abs. 2 IFG hingegen dem Wortlaut nach nicht. Dies lässt sich auch der Gesetzesbegründung zu § 11 Abs. 2 IFG (BT-Drucksache 15/4493 Seite 16) entnehmen. Darin heißt es, Geschäftsverteilungspläne, die Namen, dienstliche Rufnummer und Aufgabenbereich des einzelnen Mitarbeiters enthalten, unterlägen nicht der Offenlegungspflicht des § 11 Abs. 2 IFG. Sie seien als sonstige amtliche Information – vorbehaltlich etwaiger Ausnahmetatbestände – nur auf Antrag mitzuteilen. Der Gesetzgeber hat die vorliegende Problematik also nicht - 11 -
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