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Aktenzeichen
T-188/12
ECLI
ECLI:EU:T:2015:124
Datum
27. Februar 2015
Gericht
Gerichtshof der Europäischen Union
Gesetz
Regulation (EC) No 1049/2001
Regulation (EC) No 1049/2001

Urteil: Gerichtshof der Europäischen Union am 27. Februar 2015

T-188/12

Der Kläger hat gegenüber der Europäischen Kommission einen Anspruch auf Zugang zu Schriftsätzen, welche die Republik Österreich im Zusammenhang mit einem - zum Zeitpunkt der Antragstellung abgeschlossenen - Vertragsverletzungsverfahren bezüglich der Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung an den Gerichtshof übermittelt hat und die der Kommission als Abschriften vorliegen. Der Dokumentenbegriff der Transparenzverordnung ist bereits erfüllt, wenn die Information vorhanden ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Abschriften oder Originale handelt. Die Verordnung nimmt die Tätigkeit der Organe im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren zudem nicht pauschal vom Zugangsrecht aus, so dass die Schriftsätze unter ihren Anwendungsbereich fallen. Sie stellen insbesondere keine Dokumente des Gerichtshofs dar, die als solche vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgenommen wären. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Schutz besonderer Verfahren

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CURIA - Dokumente                                                                    Seite 1 von 24 URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer) 27. Februar 2015(*) „Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Schriftsätze der Republik Österreich in einem Vertragsverletzungsverfahren vor dem Gerichtshof – Verweigerung des Zugangs“ In der Rechtssache T-188/12 Patrick Breyer, wohnhaft in Wald-Michelbach (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Starostik, Kläger, unterstützt durch Republik Finnland, vertreten durch J. Heliskoski und S. Hartikainen als Bevollmächtigte, und durch Königreich Schweden, zunächst vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, C. Stege, S. Johannesson, U. Persson, K. Ahlstrand-Oxhamre und H. Karlsson, dann durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, U. Persson, L. Swedenborg, N. Otte Widgren, E. Karlsson und F. Sjövall als Bevollmächtigte, Streithelfer, gegen Europäische Kommission, zunächst vertreten durch P. Costa de Oliveira und H. Krämer, dann durch H. Krämer und M. Konstantinidis als Bevollmächtigte im Beistand zunächst der Rechtsanwälte A. Krämer und R. Van der Hout, dann von Rechtsanwalt R. Van der Hout, Beklagte, wegen Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission vom 16. März 2012, mit dem ein Antrag des Klägers auf Gewährung des Zugangs zu einem Rechtsgutachten der Kommission betreffend die Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher        elektronischer     Kommunikationsdienste        oder       öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. L 105, S. 54) abgelehnt wurde, und des Beschlusses der Kommission vom 3. April 2012, mit dem die Kommission es ablehnte, dem Kläger umfassenden Zugang zu Dokumenten betreffend die Umsetzung der Richtlinie 2006/24 durch die Republik Österreich sowie zu Dokumenten, die sich auf die Rechtssache beziehen, in der das Urteil vom 29. Juli 2010, Kommission/Österreich (C-189/09, EU:C:2010:455) ergangen ist, zu gewähren, soweit mit diesem Beschluss der Zugang zu den von der Republik Österreich im Rahmen dieser Rechtssache eingereichten Schriftsätzen verweigert wurde, erlässt http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIn... 20.07.2015
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CURIA - Dokumente                                                                    Seite 2 von 24 DAS GERICHT (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Gervasoni und L. Madise (Berichterstatter), Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. September 2014 folgendes Urteil Rechtlicher Rahmen 1       Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 und 4 AEUV bestimmt: „Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz in einem Mitgliedstaat hat das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger, vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die nach diesem Absatz festzulegen sind. … Dieser Absatz gilt für den Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und die Europäische Investitionsbank nur dann, wenn sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.“ 2       Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) legt die Grundsätze und Bedingungen sowie die Einschränkungen für die Ausübung des in Art. 15 AEUV niedergelegten Rechts auf Zugang zu den Dokumenten des Rates der Europäischen Union, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission fest. 3       Art. 2 („Zugangsberechtigte und Anwendungsbereich“) Abs. 1 und 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 bestimmt: „(1) Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat hat vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe. … (3) Diese Verordnung gilt für alle Dokumente eines Organs, das heißt Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden.“ 4       Art. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 definiert die Begriffe „Dokument“ und „Dritte“ wie folgt: http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIn... 20.07.2015
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CURIA - Dokumente                                                                      Seite 5 von 24 17      Mit Schreiben, das am 3. Mai 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger dem Gericht mitgeteilt, dass er am 30. April 2012 von einem ihm per E-Mail übermittelten Schreiben der Kommission Kenntnis erhalten habe, bei dem es sich um das von seinem Antrag vom 4. Januar 2012 erfasste Rechtsgutachten handele. 18      Mit am 3. und am 17. August 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen haben das Königreich Schweden und die Republik Finnland beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Klägers zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 28. September 2012 hat der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts diese Streitbeitritte zugelassen. Das Königreich Schweden hat seinen Streithilfeschriftsatz innerhalb der gesetzten Frist eingereicht. Die Republik Finnland hat keinen Streithilfeschriftsatz eingereicht. Die Kommission hat zum Streithilfeschriftsatz des Königreichs Schweden fristgerecht Stellung genommen. 19      Nach der teilweisen Neubesetzung der Richterstellen des Gerichts ist die Rechtssache einem neuen Berichterstatter zugewiesen worden. Dieser ist sodann der Zweiten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache infolgedessen zugewiesen worden ist. 20      Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. 21      In der Sitzung vom 5. September 2014 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 22      In der Klageschrift beantragt der Kläger, –      den Beschluss vom 16. März 2012 für nichtig zu erklären; –      den Beschluss vom 3. April 2012 für nichtig zu erklären, soweit kein Zugang zu den in Rede stehenden Schriftsätzen gewährt worden ist; –      der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 23      In seinem Schreiben vom 3. Mai 2012 (siehe oben, Rn. 17) beantragt der Kläger, den Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 16. März 2012 für erledigt zu erklären. 24      Die Kommission beantragt, –      den Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 16. März 2012 für erledigt zu erklären; –      den Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 3. April 2012 als unbegründet zurückzuweisen; –      dem Kläger die Kosten aufzuerlegen. 25      In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission hilfsweise beantragt, den Kläger im Fall einer teilweisen Nichtigerklärung des Beschlusses vom 3. April 2012 gemäß Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts wegen eines außergewöhnlichen Grundes zur Tragung seiner eigenen Kosten zu verurteilen; dies wurde im Sitzungsprotokoll vermerkt. Der außergewöhnliche Grund bestehe darin, dass bestimmte Schriftsätze in Bezug auf das vorliegende Verfahren und ein Schriftwechsel, der in diesem Zusammenhang zwischen der Kommission und dem Kläger stattgefunden habe, im Internet veröffentlicht worden seien. http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIn... 20.07.2015
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CURIA - Dokumente                                                                       Seite 8 von 24 Slg, EU:C:2007:802, Rn. 53, und Schweden u. a./API und Kommission, oben in Rn. 15 angeführt, EU:C:2010:541, Rn. 69). 40      Als Zweites ist sogleich zu beachten, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 nach ihrem Art. 2 Abs. 3 für alle Dokumente eines Organs gilt, d. h. Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden (Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C-506/08 P, Slg, EU:C:2011:496, Rn. 88). Das Recht auf Zugang zu den Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission umfasst somit nicht nur die von diesen Organen erstellten Dokumente, sondern auch die Dokumente, die sie von Dritten erhalten haben, zu denen – wie Art. 3 Buchst. b der Verordnung ausdrücklich klarstellt – auch die Mitgliedstaaten zählen (Urteile Schweden/Kommission, oben in Rn. 39 angeführt, EU:C:2007:802, Rn. 55, und vom 14. Februar 2012, Deutschland/Kommission, T-59/09, Slg, EU:T:2012:75, Rn. 27). 41      Sodann umfasst der Begriff „Dokument“, der in Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 weit definiert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2007, API/Kommission, T-36/04, Slg, EU:T:2007:258, Rn. 59), „Inhalte unabhängig von der Form des Datenträgers (auf Papier oder in elektronischer Form, Ton-, Bild- oder audiovisuelles Material), die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Organs betreffen“. 42      Folglich beruht die Definition in Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 im Wesentlichen auf dem Vorhandensein eines aufgezeichneten Inhalts, der nach seiner Erstellung reproduziert oder konsultiert werden kann, wobei darauf hinzuweisen ist, dass zum einen die Art des Datenträgers und die Art und Natur der gespeicherten Inhalte ebenso wie Umfang, Länge, Bedeutung und Darstellung eines Inhalts für die Frage, ob der Inhalt unter die Definition fällt oder nicht, unerheblich sind, und zum anderen die Inhalte, die von der Definition erfasst sein können, allein der Einschränkung unterliegen, dass sie im Zusammenhang mit den Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen des fraglichen Organs stehen müssen (vgl. entsprechend Urteil vom 26. Oktober 2011, Dufour/EZB, T-436/09, Slg, EU:T:2011:634, Rn. 88 und 90 bis 93). 43      Schließlich ist bereits entschieden worden, dass sich aus der weiten Definition des Dokumentenbegriffs in Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 sowie aus der Formulierung und dem bloßen Bestehen der Ausnahme zum Schutz von Gerichtsverfahren in Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich ergibt, dass der Unionsgesetzgeber die Tätigkeit der Organe im Zusammenhang mit solchen Verfahren nicht vom Zugangsrecht der Bürger ausschließen wollte, sondern hierfür vorgesehen hat, dass sie die Freigabe von Dokumenten aus einem Gerichtsverfahren dann verweigern, wenn eine solche Freigabe das Verfahren, auf das sich die Dokumente beziehen, beeinträchtigen würde (Urteil API/Kommission, oben in Rn. 41 angeführt, EU:T:2007:258, Rn. 59). 44      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Kommission den Gerichtshof im Rahmen der Rechtssache, in der das Urteil Kommission/Österreich (oben in Rn. 7 angeführt, EU:C:2010:455) ergangen ist, nach Art. 226 EG (jetzt Art. 258 AEUV) mit einer Vertragsverletzungsklage gegen die Republik Österreich befasst hat. 45      Außerdem steht fest, dass der Gerichtshof im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens in dieser Rechtssache der Kommission Abschriften der in Rede stehenden Schriftsätze übermittelt hat. 46      Die Kommission bestreitet nicht, dass sich die Abschriften der in Rede stehenden Schriftsätze in ihrem Besitz befinden. http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIn... 20.07.2015
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