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Aktenzeichen
12 B 2.13
Datum
28. Januar 2015
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 28. Januar 2015

12 B 2.13

Das Oberverwaltungsgericht weist die Berufung gegen das Urteil der Vorinstanz zurück. Die Satzung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die vom Bundesministerium für Finanzen als Rechtsverordnung erlassen wurde, bestimmt, dass die Sitzungen des Verwaltungsrats nicht öffentlich sind. Diese bereichsspezifische Regelung ist eine Geheimhaltungsvorschrift im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes. Dass die gesetzlichen Bestimmungen, auf welche die Satzung zurückzuführen ist, lediglich eine allgemeine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass untergesetzlicher Rechtsvorschriften enthält, steht dem nicht entgegen. Von der Geheimhaltungsvorschrift sind auch die streitbefangenen Protokolle und Sitzungsniederschriften umfasst. (Quelle: LDA Brandenburg)

(Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten

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Wappen Berlins und Brandenburgs OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL OVG 12 B 2.13                                       Verkündet am 28. Januar 2015 VG 2 K 28.12 Berlin                                 Schumann, Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In der Verwaltungsstreitsache Klägers und Berufungsklägers, bevollmächtigt: gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen, Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin, Beklagte und Berufungsbeklagte, hat der 12. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2015 durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann, die Richter am Oberverwaltungsgericht Böcker und Bath und die ehrenamtlichen Richterinnen Gierke und Glogner für Recht erkannt: Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe -2-
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-2- des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Hö- he des Vollstreckungsbetrages leistet. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand Der Kläger begehrt Akteneinsicht in Protokolle und Niederschriften der Sitzungen des Verwaltungsrats und des Haushaltskontroll- und Prüfungsausschusses der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Der Kläger war von März 2006 bis Ende Juni 2010 als Leiter der Gruppe „Informa- tionstechnologie“ bei der BaFin beschäftigt. Zum 1. Juli 2010 wurde er von seiner Gruppenleiterfunktion abgelöst und sein Arbeitsverhältnis durch Auflösungsver- trag mit Wirkung zum Ende Februar 2011 beendet. Das beklagte Bundesminist e- rium der Finanzen führt die Rechts- und Fachaufsicht über die BaFin. Mit mehreren Schreiben beantragte der Kläger im Frühjahr 2011, ihm Aktenein- sicht in die Unterlagen des Bundesministeriums für Finanzen zu gewähren, die den Bereich „Informationstechnologie“ betreffen und einen Bezug zu seiner Per- son sowie seiner vormaligen Tätigkeit und Funktion haben. Anfang Juli 2011 er- hielt er daraufhin Einsicht in die Protokolle der sogenannten Aufsichtsgespräche zwischen Vertretern der Bundesanstalt und dem Bundesfinanzministerium vom 11. Dezember 2009, 22. Februar und 2. Juli 2010. Mit Schreiben vom 20. September 2011 konkretisierte der Kläger sein Begehren und beantragte Einsicht in sämtliche Protokolle der Sitzungen des Verwaltungs- rats und des Haushaltskontroll- und Prüfungsausschusses (HKPA) der BaFin so- wie der Aufsichtsgespräche aus dem Zeitraum März 2006 bis Februar 2011 ein- schließlich aller Vorlagen, Berichte und ergänzenden Dokumente (z.B. Anlagen), die den Bereich „Informationstechnologie“ der BaFin betreffen und einen unmittel- baren oder mittelbaren Bezug zu seiner Person, zu seiner vormaligen Tätigkeit oder seiner vormaligen Funktion aufweisen. Mit Bescheid vom 2. November 2011 -3-
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-3- lehnte das Bundesministerium der Finanzen die beantragte Einsicht in die Proto- kolle der Sitzungen des Verwaltungsrats und des Haushaltskontroll- und Prü- fungsausschusses unter Verweis auf die Ausschlussgründe des § 3 Nr. 4 und § 3 Nr. 3 b) des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) ab. Die Sitzungen seien nach § 6 Abs. 1 der Satzung der BaFin und § 3 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Verwal- tungsrats der BaFin nicht öffentlich und unterlägen der Vertraulichkeit. Die Mitar- beiter des Ministeriums und der BaFin seien hinsichtlich der Beratungsinhalte ge- mäß § 67 des Bundesbeamtengesetzes und § 11 des Finanzdienstleistungsauf- sichtsgesetzes (FinDAG) zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Veröffentlichung der Protokolle würde zudem die Beratungen des Verwaltungsrats und seines Aus- schusses beeinträchtigen. Hinsichtlich der begehrten Protokolle über Aufsichtsge- spräche verwies das Ministerium darauf, dass ihm keine weiteren - dem Kläger noch nicht zugänglich gemachten - Aufzeichnungen mit Bezug zu seiner Person oder seiner Tätigkeit als Gruppenleiter vorlägen. Den dagegen eingelegten Wider- spruch des Klägers wies das Bundesministerium für Finanzen mit Widerspruchs- bescheid vom 20. Februar 2012 zurück. Mit der gegen die vorstehenden Bescheide erhobenen Klage hat der Kläger sein Informationsbegehren weiterverfolgt. Nachdem die Beklagte den Inhalt der ein- schlägigen Protokolle und Sitzungsniederschriften des Verwaltungsrats der BaFin und des Haushaltskontroll- und Prüfungsausschusses näher konkretisiert hatte, hat er Einsicht in die Passagen der Wortprotokolle und Niederschriften der Ver- waltungsratssitzungen vom 1. Juli 2010 und 25. November 2010 sowie Einsicht in die als Ergebnisprotokolle vorliegenden Niederschriften der Sitzungen des Haus- haltskontroll- und Prüfungsausschusses vom 3. März 2010 und 10. Juni 2010 be- gehrt, die nach Angaben der Beklagten den Bereich der „Informationstechnologie“ betreffen und einen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu seiner Person, se i- ner vormaligen Tätigkeit oder seiner vormaligen Funktion aufweisen. Hinsichtlich des streitbefangenen Protokolls des Aufsichtsgesprächs vom 2. Dezember 2010 haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, nach- dem die Beklagte die den Nachfolger des Klägers im IT-Bereich betreffende Pas- sage im erstinstanzlichen Verhandlungstermin zu Protokoll gegeben hat. Zur Be- gründung seiner Klage hat der Kläger unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren geltend gemacht, dass sich die Beklag- te nicht mit Erfolg auf den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 3 Buchst. b) IFG ber ufen -4-
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-4- könne. Die Vorschrift schütze nur den eigentlichen Vorgang der behördlichen Ent- scheidungsfindung, nicht aber die Tatsachengrundlagen sowie das Ergebnis der Willensbildung. Darüber hinaus sei der Ablehnungsgrund zeitlich beschränkt. § 3 Nr. 4 IFG stehe der Akteneinsicht gleichfalls nicht entgegen. Bei den Vorschriften in der Satzung der BaFin und der Geschäftsordnung ihres Verwaltungsrats über die Nichtöffentlichkeit der Sitzungen des Verwaltungsrats handele es sich nicht um Rechtsvorschriften im Sinne des Ausschlussgrundes. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. November 2012 abge- wiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Bei den streitigen Unterlagen handele es sich um amtliche Informationen, die das Bundesministerium für Finanzen im Rahmen seiner Rechts- und Fachaufsicht über die BaFin erhalten habe und über die es auch verfügungsberechtigt sei. Dem grundsätzlich gegebenen Anspruch des Klägers auf Informationszugang aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG stehe jedoch der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG entgegen. Die Informationen in den Protokollen und Niederschriften der Sitzungen des Ver- waltungsrats unterlägen einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs - und Vertraulichkeitspflicht. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der BaFin und § 3 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats seien die Sitzungen des Ver- waltungsrats nicht öffentlich. Daraus folge, dass sowohl der Verlauf als auch der Inhalt der Sitzungen als Tatsachen der Geheimhaltung unterlägen. Von der G e- heimhaltungspflicht umfasst seien auch die erstellten Protokolle und Niederschrif- ten, ohne dass es einer gesonderten ausdrücklichen Anordnung der Vertraulich- keit bedürfe. Denn aus diesen ergäben sich Verlauf und Inhalt der Sitzungen; die angesichts der dem Verwaltungsrat zugewiesenen Aufgaben typisierend a ngeord- nete Nichtöffentlichkeit der Sitzungen liefe ins Leere, würden nicht auch die hierzu geführten Wortprotokolle und Sitzungsniederschriften erfasst. Dass es sich bei der Satzung der BaFin und der Geschäftsordnung des Verwa l- tungsrats nicht um Gesetze im formellen Sinne handele, stehe der Annahme des Ausschlussgrundes nicht entgegen. Die hier einschlägigen Regelungen seien j e- denfalls auf § 5 Abs. 2 und 3, § 7 Abs. 2 und § 11 Satz 2 FinDAG und damit auf gesetzliche Grundlagen zurückzuführen. Ob eine durch „Rechtsvorschrift“ gere- gelte Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflicht im Sinne des § 3 Nr. 4 IFG ein Gesetz im formellen Sinne erfordere oder auch eine untergesetzliche Rechtsvo r- -5-
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-5- schrift genüge, könne daher dahinstehen. Aus den dargelegten Gründen stehe der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG auch der begehrten Einsicht in die Ergebnis- protokolle des Haushaltskontroll- und Prüfungsausschusses entgegen, da es sich um einen Unterausschuss des Verwaltungsrats der BaFin handele. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen geltend macht: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liege der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG nicht vor. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung diene die Vorschrift - ebenso wie die anderen Ausschlusstatbestände des § 3 IFG - dem Schutz materieller öffentlicher Belange. Außerhalb des Informationsfreiheitsrechts geregelte Pflichten zur Geheimhaltung und Vertraulichkeit, die über die allgeme i- ne Pflicht zur Amtsverschwiegenheit hinausgingen, könnten dem Anspruch auf Informationszugang nur dann entgegengehalten werden, wenn sie dem Schutz materieller Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitsbedürfnisse dienten. Im Anwen- dungsbereich des § 3 Nr. 4 IFG bedürfe es danach einer konkreten formell- gesetzlichen Regelung zum materiellen Geheimnisschutz. Daran fehle es vorlie- gend. Die einschlägigen Bestimmungen der Satzung der BaFin und der Ge- schäftsordnung ihres Verwaltungsrats seien weder Gesetze im formellen Sine noch könnten sie auf eine gesetzliche Grundlage zurückgeführt werden. Die im angegriffenen Urteil angeführten Vorschriften des Finanzdienstleistungsaufsichts - gesetzes enthielten keine gesetzliche Ermächtigung für die Anordnung einer den Informationszugang ausschließenden Geheimhaltung oder Vertraulichkeit. Unabhängig davon sei eine generelle Anordnung einer Geheimhaltungs- und Ver- traulichkeitspflicht ohne Prüfung des jeweiligen Einzelfalles nicht geeignet, den Anspruch auf Informationszugang auszuschließen. Ein schutzwürdiges materielles Geheimhaltungsbedürfnis könne nur unter besonderen tatbestandlichen Vorau s- setzungen vorliegen, die jeweils konkret zu prüfen seien; andernfalls hätte es jede Behörde in der Hand, den Informationszugang durch prophylaktische Vertraulich- keits- und Geheimhaltungsregeln auf untergesetzlicher Ebene willkürlich auszu- hebeln. Allein die in der Satzung und der Geschäftsordnung generell angeordnete Nichtöffentlichkeit der Sitzungen des Verwaltungsrats und seiner Ausschüsse könne daher die Verweigerung des Informationszugangs nicht rechtfertigen. Viel- -6-
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-6- mehr bedürfe es der einzelfallbezogenen Prüfung, ob in den Sitzungen und in den sie dokumentierenden Protokollen und Niederschriften Fragestellungen angespr o- chen seien, die ein materielles Bedürfnis nach Geheimhaltung auslösten. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die begehrten Informationen stünden in keinerlei Z u- sammenhang mit den Regulierungsaufgaben der BaFin, sondern beträfen reine Interna. Gegenstand seien allein Managementfragen des Bereichs „Informations- technologie“ sowie seine Person und seine frühere Tätigkeit, für die ein schutz- würdiges materielles Geheimhaltungsinteresse nicht erkennbar sei. Der geltend gemachte Informationsanspruch berühre daher auch nicht den Anwendungsb e- reich des § 9 KWG, der als spezialgesetzliche Geheimhaltungsvorschrift über die Regelung in § 11 FinDAG auch für die Beschäftigten der BaFin und die Mitglieder des Verwaltungsrats gelte. Dies bestätige die Notwendigkeit einer konkreten Ei n- zelfallprüfung, da sich die angeordnete Nichtöffentlichkeit der Sitzungen des Ver- waltungsrats gerade auf die besondere Verschwiegenheitspflicht des § 11 FinDAG beziehe. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweise sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Aus den bereits erstinstanzlich dargelegten Gründen kön- ne sich die Beklagte nicht auf den darüber hinaus geltend gemachten Schutz der Beratungen von Behörden nach § 3 Nr. 3 Buchst. b) IFG berufen. Der Kläger beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. November 2012 zu än- dern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesminis- teriums der Finanzen vom 2. November 2011 in Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 20. Februar 2012 zu verpflichten, ihm Einsicht zu gewä h- ren in 1. das Wortprotokoll des Verwaltungsrates der BaFin vom 1. Juli 2010, soweit es folgende Passagen betrifft: Seite 10 8. Zeile von unten bis Seite 11 Zeile 19 von oben; Seite 20 Zeilen 12 bis 14 und Seite 20 let z- te Zeile bis Seite 21 Zeile 30; Seite 22 Zeilen 26 und 27; Seite 23 Zei- len 9 bis 33; Seite 24 Zeilen 26 bis 34; Seite 25 Zeilen 8 bis 27, 2. die Niederschrift des Verwaltungsrates der BaFin vom 1. Juli 2010, so- weit es folgende Passagen betrifft: Seite 5 Zeilen 19 bis 26; Seite 7 Ze i- len 17 bis 24 und Zeilen 40 bis 43; Seite 8 Zeilen 1 bis 7, -7-
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-7- 3. das Wortprotokoll des Verwaltungsrates der BaFin vom 25. November 2010, soweit es folgende Passagen betrifft: Seite 9 Zeilen 1 bis 28; Se i- te 40 die letzten 5 Zeilen; Seite 41 Zeilen 6 bis 13, 4. die Niederschrift des Verwaltungsrates der BaFin vom 25. November 2010, soweit es folgende Passagen betrifft: Seite 4 Zeilen 4 bis 9; Seite 9 Zeilen 9 bis 12 und Zeilen 23 bis 30, 5. das Ergebnisprotokoll des HKPA vom 3. März 2010, soweit es folgende Passagen betrifft: Seite 2 ab Zeile 12 bis Seite 3 Zeile 12, 6. das Ergebnisprotokoll des HKPA vom 10. Juli 2010, soweit es folgende Passagen betrifft: Seite 6 die letzten 9 Zeilen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält an den angefochtenen Bescheiden fest und verteidigt das angegriffene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und den eingereichten Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Entscheidungsgründe Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die begehrte Akteneinsicht zu; die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 1. Anspruchsgrundlage für das Informationsbegehren des Klägers ist § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes gegenüber den Be- hörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift sind unstreitig erfüllt. Der Kläger -8-
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-8- ist anspruchsberechtigt; das beklagte Bundesministerium für Finanzen ist eine anspruchsverpflichtete Behörde. Bei den streitbefangenen Unterlagen handelt es sich auch um amtliche Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG, die dem Bun- desministerium im Rahmen seiner Rechts- und Fachaufsicht über die BaFin (§ 2 FinDAG) zugegangen sind und über die es im Rahmen der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben verfügen kann (§ 7 Abs. 1 Satz 1 IFG). 2. Dem grundsätzlich gegebenen Informationsanspruch des Klägers steht j edoch der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG entgegen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die begehrte Information einer durch Rechts- vorschrift geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Be- rufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Zu Recht hat das Verwaltungs- gericht die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes als erfüllt angesehen. Die streitigen Informationen in den Protokollen und Sitzungsniederschriften unterlie- gen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der BaFin einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflicht. a) § 6 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der BaFin vom 29. April 2002 (BGBl. I S. 1499), zuletzt geändert am 1. März 2013 (BGBl. I S. 355), die vom Bundesministerium für Finanzen als Rechtsverordnung erlassen ist (§ 5 Abs. 3 Satz 1 FinDAG), be- stimmt, dass die Sitzungen des Verwaltungsrats nicht öffentlich sind. Die Vor- schrift enthält eine bereichsspezifische Regelung des Geheimhaltungsschutzes, die auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage beruht und eine Geheimhal- tungsvorschrift im Sinne des § 3 Nr. 4 IFG darstellt. Die Frage, ob es im Anwendungsbereich des § 3 Nr. 4 IFG einer durch forme lles Gesetz geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht bedarf oder auch eine untergesetzliche Rechtsvorschrift - wie § 6 Abs. 1 Satz 2 der Satzung oder die entsprechende Regelung in § 3 Abs. 6 Satz 1 der Geschäftsordnung des Ver- waltungsrats der BaFin - genügt, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Der Senat hat in seinem vom Verwaltungsgericht zitierten Urteil vom 6. November 2008 (OVG 12 B 50.07 - juris Rn. 29 ff.) Bestimmungen in der Geschäftsordnung des Bundesrates über die Vertraulichkeit der Verhandlungen von Ausschüssen und die Vertraulichkeit der Sitzungsniederschriften als ausreichende Geheimha l- tungsvorschriften im Sinne des Ausschlussgrundes angesehen (kritisch dazu: -9-
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-9- Schoch, Aktuelle Fragen des Informationsfreiheitsrechts, NJW 2009, 2987, 2890, der die Zuordnung von Regelungen der Geschäftsordnung zu § 3 Nr. 4 IFG für verfehlt hält und gesetzessystematisch auf den Schutz des Entscheidungsbil- dungsprozesses verweist; auf die kumulative Anwendung der Ausschlussgründe des § 3 IFG abstellend dagegen: Scherzberg/Solka, in: Fluck/Theuer, Informati- onsfreiheitsrecht, § 3 IFG Rn. 135 sowie Fußnote 327). Zur Begründung hat sich der Senat auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Umweltinformationsgesetzes (UIG) bezogen (Urteil vom 27. Sep- tember 2007 - 7 C 4.07 - Buchholz 406.252 § 8 UIG Nr. 1, zitiert nach juris). Mit Blick auf die in der einschlägigen Kreisordnung in Verbindung mit der Hauptsat- zung und der Geschäftsordnung des Kreistages vorgesehene Möglichkeit, die Öf- fentlichkeit durch Beschluss von Sitzungen auszuschließen, hat es das Bundes- verwaltungsgericht in der genannten Entscheidung als ausreichend angesehen, dass die durch § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG geschützte Vertraulichkeit von Bera- tungen der informationspflichtigen Stellen auf ein Gesetz im formellen Sinne zu- rückgeführt werden könne. Damit sei den Anforderungen der Umweltinformations- richtlinie an eine gesetzlich vorgesehene Vertraulichkeit von Beratungen genügt; die Richtlinie verlange nicht, dass bereits in einem formellen Gesetz selbst die informationspflichtigen Stellen und ihre Beratungsgegenstände konkret bezeichnet werden müssten (juris Rn. 17). Unter Bezugnahme auf die vorstehenden Entscheidungen hat es das Verwal- tungsgericht für die Qualifizierung als Geheimhaltungsvorschrift im Sinne des § 3 Nr. 4 IFG im Ergebnis zu Recht als ausreichend erachtet, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der BaFin auf eine formell-gesetzliche Grundlage zurückgeführt wer- den kann. § 5 Abs. 2 und 3 FinDAG ermächtigt das Bundesministerium für Finan- zen als Aufsichtsbehörde u.a., Aufbau und Organisation der Bundesanstalt sowie die Rechte und Pflichten ihrer Organe durch Satzung in Form einer Rechtsveror d- nung zu regeln. Dies schließt entgegen der Auffassung des Klägers die Ermächti- gung ein, Regelungen zum Schutz der Geheimhaltung und Vertraulichkeit zu er- lassen, wie sie § 6 Abs. 1 Satz 2 der Satzung enthält. Ob auch die vom Verwa l- tungsgericht darüber hinaus angeführte Vorschrift des § 11 Satz 2 FinDAG, die die Verschwiegenheit der Mitglieder des Verwaltungsrats regelt, eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass von Satzungsrecht enthält, erscheint dagegen fraglich, kann jedoch dahinstehen. Denn für die Annahme, dass es sich bei der einschlägi- - 10 -
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- 10 - gen Regelung in der Satzung um eine Geheimhaltungsvorschrift im Sinne des § 3 Nr. 4 IFG handelt, reicht es aus, dass sie jedenfalls eine gesetzliche Grundlage in § 5 Abs. 2 und 3 FinDAG findet. Dass die vorstehenden Bestimmungen lediglich eine allgemeine gesetzliche Er- mächtigung zum Erlass untergesetzlicher Rechtsvorschriften enthalten, nicht aber ausdrücklich den Erlass von Geheimhaltungsregelungen vorsehen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Unter Hinweis auf Stellungnahmen des Bundesbeauf- tragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird in der Kommentarli- teratur zwar die Auffassung vertreten, dass Vertraulichkeitsregelungen in Verwa l- tungsvorschriften den Informationszugang nach § 3 Nr. 4 IFG nur dann ausschlie- ßen könnten, wenn ein Gesetz ausdrücklich eine formale Ermächtigung zur Schaf- fung bestimmter Geheimhaltungsregelungen vorsehe (Roth, in: Berger/Partsch/ Roth/Scheel, IFG, 2. Aufl. 2013, § 3 Rn. 121). In der vorgenannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Umweltinformationsrecht war dies in der Tat der Fall; die Möglichkeit, für bestimmte Angelegenheiten die Öffentlichkeit der Sitzungen des Kreistages und seiner Ausschüsse auszuschließen, war bereits in der Kreisordnung als formelles Gesetz geregelt (Urteil vom 27. September 2007, a.a.O., Rn. 16). Für den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG lässt sich daraus je- doch nicht der Schluss ziehen, dass es stets einer ausdrücklichen Ermächtigung in einem formellen Gesetz zur Begründung von Geheimhaltungs- und Vertraulich- keitspflichten bedarf. Weder der Wortlaut des § 3 Nr. 4 IFG, der allein auf eine durch „Rechtsvorschrift“ geregelte Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht abstellt, während die als Verwaltungsvorschrift erlassene Verschlusssachenan- weisung gesondert erwähnt wird, noch der Sinn und Zweck des Ausschlussgrun- des, der dem Schutz materieller Geheimhaltungsinteressen dient (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 7 C 22.08 - NVwZ 2010, 321, zitiert nach juris Rn. 53), geben dafür etwas her. Insbesondere steht vorliegend nicht eine Vertraulichkeits- regelung durch Verwaltungsvorschrift in Rede. Selbst wenn es sich bei der auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 FinDAG erlassenen Geschäftsordnung des Verwa l- tungsrats der BaFin um lediglich an einen begrenzten Personenkreis gerichtetes und einer Verwaltungsvorschrift vergleichbares Innenrecht handeln sollte (vgl. Roth, a.a.O.), gilt dies nicht für die vom Bundesfinanzministerium als Rechtsve r- ordnung erlassene Satzung der BaFin. Als eine auf Gesetz beruhende Rechtsvor- schrift des Bundes, die erkennbar materiellen Geheimhaltungsinteressen auch - 11 -
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