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Aktenzeichen
2 K 201.13
Datum
6. November 2014
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Quellcode
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

(Informationen über Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofs)

2 K 201.13

Es besteht kein Anspruch auf Zugang zu jenen Teilen des Vermerks des Bundesministeriums des Innern, die den Prüfbericht des Bundesrechnungshofs wiedergeben. Die Bestimmung des Informationszugangsgesetzes, nach der Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen vorgehen, findet hier Anwendung. Es handelt sich um eine Vorschrift der Bundeshaushaltsordnung, nach welcher der Bundesrechnungshof jedermann Auskunft und Akteneinsicht über das Prüfergebnis gewähren kann, die den Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten zum Schutz des Prüfungsverfahrens aber ausschließt. Das Verwaltungsgericht verweist unter anderem auf eine entsprechende Änderung der Bundeshaushaltsordnung aus dem Jahre 2013, die dafür spricht, dass der Gesetzgeber den Zugang zu Informationen über die Prüftätigkeit des Bundesrechnungshofs damit abschließend geregelt hat. Jene Teile des Vermerks über die Konsequenzen des Ministeriums aus der Prüfung unterfallen dieser vorrangigen, spezialgesetzlichen Geheimhaltungsvorschrift jedoch nicht. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten

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VG 2 K 201.13 Verkündet am 6. November 2014 Neumann Justizbeschäftigte als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT BERLIN URTEIL Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache 1. des Herrn 2. des Herrn Kläger, Verfahrensbevollmächtigter zu 1. und 2.: Rechtsanwalt gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium des Innern, Alt-Moabit 101 D, 10559 Berlin, Beklagte, beigeladen: der hat das Verwaltungsgericht Berlin, 2. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2014 durch die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Xalter, den Richter am Verwaltungsgericht Schulte, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Castillon, den ehrenamtlichen Richter Heimann und die ehrenamtliche Richterin Kurzmann für Recht erkannt: -2-
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-2- Das Verfahren wird eingestellt soweit die Beteiligten den Rechtsstreit über- einstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesm i- nisteriums des Inneren vom 1. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides derselben Behörde vom 2. August 2013 verpflichtet, den Klägern Zugang zu gewähren zu -  jenen Teilen des Vermerks der Beklagten vom 11. November 2002 (Dokument 7) über die Konsequenzen, die die Beklagte aus der Prüfung durch den Bundesrechnungshof gezogen hat -  den Seiten 27 und 28 des Prüfberichtes des Bundesverwaltungsamts vom 11. September 2007 (in Dokument 15). Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kläger tragen 4/5 und die Beklagte trägt 1/5 der Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicher- heitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstre- ckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand Die Kläger begehren den Zugang zu Informationen des Bundesministeriums des In- nern betreffend dem Beigeladenen gewährte Subventionen. Die Kläger, zwei Journalisten, beantragten mit E-Mails vom 19. Mai und 21. Novem- ber 2011 beim Bundesministerium des Innern nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes Einsicht in die dortige Akte betreffend die Prüfung von Zuwendu ngen an den Beigeladenen durch die Prüfgruppen des Bundesverwaltungsamtes und des Bundesrechnungshofes (Az. S_____). Mit der Schwärzung von Namen, Straßen und Postleitzahlen erklärten sie sich einverstanden. Die Beklagte beteiligte den Beigela- denen; dieser widersprach der Veröffentlichung der Prüfberichte des Bundesrech- nungshofes 2004/2005 und des Bundesverwaltungsamtes 2007/2008 sowie aller Unterlagen mit finanziellen Inhalten. -3-
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-3- Mit Bescheid des Bundesministeriums des Innern vom 1. August 2012 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger bezogen auf die Dokumente Nr. 1, 2, 5 bis 7, 9 bis 12, 13, 14 und 15 bis 17 vollständig und bezogen auf die Dokumente Nr. 3, 4 und 8 teilweise ab; im Übrigen gab sie dem Antrag der Kläger statt. Hierzu händigte sie den Klägern eine Teilkopie ihrer Akte S_____ aus, in der die entnommenen Seiten und geschwärzten Stellen mit den im Bescheid genannten Dokumentennummern gekennzeichnet waren. Zur Begründung der teilweisen Ablehnung des Antrages führ- te die Beklagte aus: Die Schwärzungen in den Dokumenten Nr. 3, 4 und 8 beträfen personenbezogene Daten Dritter. Bei den identischen Dokumenten Nr. 1 und 13 handele es sich um einen Bericht des Bundesrechnungshofes aus 2004, der als Ver- schlusssache – Nur für den Dienstgebrauch eingestuft worden sei. Die identischen Dokumente Nr. 2 und 14 enthielten Details zur finanziellen Lage des Beigeladenen, die Dokumente Nr. 5 bis 7, 9 bis 12 und 15 bis 17 Informationen mit wettbewerb s- rechtlicher Relevanz; diese seien als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis des Beige- ladenen vom Informationszugang ausgenommen. Soweit ihr Antrag abgelehnt wurde, erhoben die Kläger Widerspruch. Zur Begrün- dung trugen sie vor, einen materiellen Grund für die Einstufung des Bericht es des Bundesrechnungshofes als Verschlusssache habe die Beklagte nicht dargelegt, der bloße Verweis auf die formale Einstufung reiche insofern nicht aus. Die zurückgehal- tenen Dokumente enthielten auch keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Vor- liegend gehe es um Informationen zu staatlichen Subventionen, um die kein Wett- bewerb geführt werde, da die Beklagte diese nach dem Gesetz bzw. nach Maßgabe des Gleichheitsgrundsatzes vergeben müsse. Auch Details zur finanziellen Lage des Beigeladenen stellten keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dar. Denn es be- stehe keine Wettbewerbssituation, auf die sich die Bekanntgabe dieser Informatio- nen nachteilig auswirken könne. Die Schwärzungen in den Dokumenten Nr. 3 und 4 beträfen Angaben zu Sponsoren des Beigeladenen; hierzu sei ein Einverständnis nicht erklärt worden. Mit Widerspruchsbescheid des Bundesministeriums des Innern vom 2. August 2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Zur Begründung führte sie aus, sie habe die Einstufung des Berichtes des Bundesrechnungshofes vom 3. De- zember 2004 als Verschlusssache nochmals überprüft; auch der Bundesrechnungs- hof halte ausdrücklich an seiner Einstufung fest. Die Dokumente Nr. 5 bis 7, 9 bis 12, 15 bis 17, 2 und 14 enthielten Aufstellungen darüber, wie der Beigeladene die Sub- vention im Einzelnen verwendet habe. Würden diese Informationen publik, könnten -4-
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-4- konkurrierende Nationale Olympische Komitees und kommerzielle Sportanbieter Rückschlüsse darauf ziehen, wie sportliche Erfolge durch die gewählte Mittelverte i- lung zu erreichen seien. Dies wäre mit einem erheblichen Wettbewerbsnachteil für den Beigeladenen verbunden. Am 29. August 2013 haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren wei- terverfolgen. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend führen sie aus: Die Regelung des § 96 Abs. 4 BHO schlösse die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes vorliegend nicht aus, denn die streitigen Informationen seien nicht beim Bundesrechnungshof, son- dern beim Bundesministerium des Innern erfragt worden. Jedenfalls sperre die Vor- schrift des § 96 Abs. 4 BHO nicht jeden Aktenbestandteil der geprüften Stelle, der irgendwie mit der Prüfung des Bundesrechnungshofs im Zusammenhang stehe. So- weit ihr Anspruch durch Inkrafttreten des § 96 Abs. 4 BHO zwischenzeitlich ganz oder teilweise entfallen sei, habe die Beklagte diesen mit seiner späten Entschei- dung vereitelt. Da dies dem Grundsatz des fairen Verfahrens widerspreche, müsse das Gericht seiner Entscheidung insoweit die Sach- und Rechtslage vor Inkrafttreten des § 96 Abs. 4 BHO zugrunde legen. Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beklagte den Klägern Zugang zu den ge- schwärzten Passagen in den Dokumenten Nr. 4 und 8 (Sponsorennamen) gewährt und darauf hingewiesen, dass die Sponsorennamen auf der Homepage des Beigela- denen veröffentlicht und damit offenkundig seien. Die Beklagte hat den Klägern in der mündlichen Verhandlung zugesagt, die Seiten 1, 3, 6, 11, 17, 21, 22, 23, 26 des Prüfberichtes des Bundesverwaltungsamtes vom 11. September 2007 (in Dokument Nr. 15) ohne Schwärzungen und dessen Seiten 15, 16 und 18 jeweils geschwärzt um die Angaben des Beigeladenen zugänglich zu machen. Die Kläger haben nach nähe- rer Erläuterung der Beklagten zum jeweiligen Inhalt auf den Zugang zu den Doku- menten Nr. 3, 9 bis 11, 13, 14, 16 und 17, zum internen Schreiben des Bundesminis- teriums des Innern vom 1. Oktober 2007 nebst dazugehörigem Übersendungsschrei- ben (in Dokument Nr. 15) sowie zu allen übrigen Seiten des Prüfberichtes des Bun- desverwaltungsamtes vom 11. September 2007 (in Dokument Nr. 15) mit Ausnahme der Seiten 27 und 28 verzichtet. Soweit die Beklagte den Klägern den Informations- zugang gewährt bzw. zugesagt hat und soweit die Kläger auf den Zugang zu Infor- mationen verzichtet haben, haben die Kläger und die Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. -5-
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-5- Die Kläger beantragen zuletzt, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesminist e- riums des Innern vom 1. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbe- scheides derselben Behörde vom 2. August 2013 zu verpflichten, ihnen Zu- gang zu den in den vorgenannten Bescheiden genannten Dokumenten Nr. 1, 2, 5, 6, 7, 12 und die Seiten 27 und 28 des Prüfberichts des Bundesverwal- tungsamts vom 11. September 2007 in Dokument 15 zu gewähren, sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwen- dig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Die Beklagte trägt ergänzend vor: Der Zugang zu Informationen betreffend die Prü- fungstätigkeit des Bundesrechnungshofes werde abschließend durch § 96 Abs. 4 BHO geregelt; das Informationsfreiheitsgesetz finde insoweit keine Anwendung. § 96 Abs. 4 BHO schließe den Zugang zu den Dokumenten Nr. 1, 2, 5 bis 7 und Nr. 12 aus, da diese Informationen zur Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofes ent- hielten. Das Dokument Nr. 2 enthalte eine versehentlich gesondert erfasste, jedoch als Verschlussache – Nur für den Dienstgebrauch gekennzeichnete Anlage zum Be- richt des Bundesrechnungshofes aus 2004 (Dokument Nr. 1). Dokument Nr. 5 sei ein Schreiben des Bundesministeriums des Innern an den Bundesrechnungshof vom 6. Mai 2003. Dokument Nr. 6 bestehe aus einem Schreiben des Bundesministeriums des Innern an den Bundesrechnungshof vom 23. Oktober 2003 sowie einem Ver- merk des Bundesministeriums des Innern, der der Vorbereitung dieses Schreibens gedient habe und diesem inhaltlich entspreche. Dokument Nr. 7 enthalte einen Ver- merk des Bundesministeriums des Innern vom 11. November 2002, der die Prü- fungsergebnisse des Bundesrechnungshofes aus 2002 inhaltlich wiedergebe und die Konsequenzen beschreibe, die das Bundesministerium des Innern hieraus gezogen habe. Bei Dokument Nr. 12 handele es sich um die Stellungnahme des Bundesminis- teriums des Innern vom 17. Januar 2005 zum Bericht des Bundesrechnungshofes vom 3. Dezember 2004. Die Dokumente Nr. 2, 5 bis 7 und 12 und 15 enthielten Informationen zur finanziellen Lage des Beigeladenen bzw. zur Höhe der vom Beigeladenen eingeworbenen Spon- sorengelder. Das Bundesverwaltungsamt habe im Auftrag des Bundesministeriums -6-
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-6- des Innern geprüft, ob die ordnungsgemäße Geschäftsführung des Beig eladenen gesichert erscheine. Auf Seite 27 und 28 des Prüfberichtes des Bundesverwaltungs- amtes vom 11. September 2007 (in Dokument Nr. 15) werde das Ergebnis dieser Prüfung dargelegt und erläutert. Die Preisgabe dieser Informationen könne sich nachteilig auf die Position des Beigeladenen im Wettbewerb mit den Verbänden an- derer Sportarten um die Einwerbung von Sponsoren auswirken. Der Beigeladene sei für die Sicherung seiner Existenz auf die Einwerbung von Sponsorengeldern ange- wiesen. Dabei sei die Zahl der für den Beigeladenen in Frage kommenden Spons o- ren begrenzt. Denn das Vermarktungspotential der von dem Beigeladenen betre uten Sportarten Eisschnelllauf und Short Track sei mit werbeträchtigen Sportarten, wie z.B. Fußball, nicht vergleichbar. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Die betreffenden Akten haben vorgelegen und ihr Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Entscheidungsgründe Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erl e- digt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO analog). Im Übrigen ist die Klage zulässig, teilweise unbegründet (I.) und teilweise begründet (II.). I. Die Klage ist unbegründet, soweit die Kläger Zugang zu den Dokumenten Nr. 1, 2, 5, 6 und 12 sowie zu jenen Teilen des Vermerkes des Bundesministeriums des In- nern vom 11. November 2002 (Dokument Nr. 7) begehren, die den Prüfbericht des Bundesrechnungshofes aus dem Jahr 2002 wiedergeben. Der angegriffene Bescheid des Bundesministeriums des Innern vom 1. August 2012 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 2. August 2013 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klä- ger daher nicht in ihren Rechten; diese haben keinen Anspruch auf Zugang zu die- sen Informationen (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Der Anspruch der Kläger nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) ist durch -7-
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-7- § 1 Abs. 3 IFG ausgeschlossen. Gemäß § 1 Abs. 3 IFG gehen Regelungen in ande- ren Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und des § 25 SGB X vor. Die am 19. Juli 2013 in Kraft getretene Vorschrift des § 96 Abs. 4 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) ist eine solche dem Informationsfreiheitsgesetz vorgehende Spezialregelung über den Zugang zu amtli- chen Informationen betreffend Prüfungen des Bundesrechnungshofes (vgl. Rossi, Neue Zugänge des Bundesrechnungshofes zur Öffentlichkeit – zugleich ein Beitrag zur Gesetzgebung durch Ausschüsse –, in DVBl. 2014, 676; Greve, Die Änderung der BHO: Eingeschränkter Informationszugang gegenüber dem Bundesrechnungshof unter Aufgabe der Regelungssystematik des IFG?, NVwZ 2014, 275 f.), und zwar unabhängig davon, ob die Informationen beim Bundesrechnungshof oder bei den geprüften Stellen vorliegen. Das Informationsfreiheitsgesetz wird nur durch Normen verdrängt und ist diesen ge- genüber subsidiär, die einen mit § 1 Abs. 1 IFG identischen sachlichen Regelung s- gegenstand aufweisen und sich als abschließend verstehen (BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 – BVerwG 7 C 1.12 – Juris Rn. 46) . Sie müssen in gleicher Weise wie das Informationsfreiheitsgesetz Regelungen über den Zugang zu amtlichen I n- formationen treffen; nur insoweit kann dem Fachrecht Geltung verschafft werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 – BVerwG 7 C 4.11 – Juris Rn. 9). Eine in diesem Sinne speziellere Norm liegt dann vor, wenn zwei Normen denselben Sachverhalt regeln und eine Norm alle Tatbestandsmerkmale einer anderen sowie mindestens ein weiteres Tatbestandsmerkmal enthält, so dass alle Anwendungsfälle der spezielleren Norm zugleich unter den Tatbestand der allgemeineren Norm fallen, nicht aber umgekehrt (vgl. VG Berlin, Urteil vom 11. April 2013 – VG 2 K 145.11 – Juris Rn. 75). Die speziellere Norm verdrängt die allgemeine, wenn sich die Recht s- folgen der Normen gegenseitig logisch ausschließen. Können die Rechtsfolgen ne- beneinander bestehen, so ist durch systematische und teleologische Auslegung zu bestimmen, ob die Rechtsfolge der spezielleren Norm die allgemeine ergänzt oder modifiziert oder aber an ihre Stelle treten soll (vgl. VG Berlin, Urteil vom 1. Septem- ber 2009 – VG 2 A 8.07 – Juris Rn. 23 m.w.N.). Gemessen hieran handelt es sich bei der Vorschrift des § 96 Abs. 4 BHO um eine das Informationsfreiheitsgesetz verdrängende Spezialregelung für den Zugang zu Informationen betreffend die Prüfungstätigkeit des Bundesrechungshofes (sog. Hof- bereich). Nach § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO kann der Bundesrechnungshof durch Aus- kunft, Akteneinsicht oder in sonstiger Weise Zugang zu dem Prüfungsergebnis g e- -8-
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-8- währen, wenn dieses abschließend festgestellt wurde. Zum Schutz des Prüfungsver- fahrens wird Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten nicht gewährt (§ 96 Abs. 4 Satz 3 BHO). Satz 3 gilt auch für die entsprechenden A k- ten bei den geprüften Stellen (§ 96 Abs. 4 Satz 4 BHO). Damit gewährt § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO wie § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG jedermann Zugang zu amtlichen Informati o- nen einer Behörde. Der Informationszugang nach § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO ist jedoch – über die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hinaus – tatbestandlich da- durch begrenzt, dass dieser nur bezogen auf abschließend festgestellte Prüfungser- gebnisse gewährt werden kann. In der Rechtsfolge ist die Gewährung des Zuganges zu abschließend festgestellten Prüfungsergebnissen nach § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO in das Ermessen des Bundesrechnungshofes gestellt. Zwar schließen sich die Rechts- folgen des § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO einerseits und des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG ande- rerseits nicht logisch aus. Die Vorschrift des § 96 Abs. 4 BHO, die insofern als Gan- zes zu sehen ist, soll jedoch § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht lediglich ergänzen oder mo- difizieren; sie regelt den Zugang zu Informationen betreffend die Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofes vielmehr abschließend. Hierfür sprechen die Systematik, Sinn und Zweck und die Entstehungsgeschichte der Norm: Die Einführung des § 96 Abs. 4 BHO geht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. November 2012 – BVerwG 7 C 1.12 – zurück, mit dem höchstrichterlich klargestellt wurde, dass der Bundesrechnungshof auch hinsichtlich seiner Prüfungstätigkeit anspruchsver- pflichtete Behörde im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG ist. Der Bundesrechnungshof sah sich hierdurch in seiner verfassungsrechtlichen Aufgabenwahrnehmung beein- trächtigt und befürchtete negative Auswirkungen auf die parlamentar ische Budget- kontrolle. Hierüber informierte er das Parlament und regte eine gesetzliche Klarste l- lung an, die sowohl dem Transparenzgedanken als auch dem verfassungsrechtli- chen Auftrag einer effektiven externen Finanzkontrolle gerecht wird (vgl. Bericht des Bundesrechnungshofes an den Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsaus- schusses des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO über die Weitergabe von Prüfungsergebnissen des Bundesrechnungshofes vom 12. März 2014 – Gz. I 1 – 206012 –, veröffentlicht unter www.bundesrechnungshof.de, dort Seite 3). Der Ge- setzgeber regelte den Zugang zu Informationen betreffend die Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofes daraufhin mit dem am 19. Juli 2013 in Kraft getretenen G e- setz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und der Bundeshaushaltsordnung neu. Die Regelung des § 96 Abs. 4 BHO stellt nach der Gesetzesbegründung eine spezialgesetzliche Informationszugangsregelung für die genannten Informationen dar (BT-Dr. 17/13931, Seite 4). Dem Gesetzgeber ging es ausdrücklich darum, ein einheitliches Schutzniveau zu gewährleisten (BT-Dr. 17/13931, Seite 4); deshalb -9-
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-9- wurde der Schutz des § 96 Abs. 4 Satz 3 BHO auf die entsprechenden Akten bei den geprüften Stellen erstreckt (§ 96 Abs. 4 Satz 4 BHO). Die Regelung des § 96 Abs. 4 BHO wurde durch Änderung der Vorschriften der §§ 97 und 99 BHO flankiert, die zur selben Zeit in Kraft getreten sind und den Bundesrechnungshof verpflichten, seine Bemerkungen und Sonderberichte unverzüglich nach Zuleitung im Internet zu veröf- fentlichen. Hiermit sollte nach der Gesetzesbegründung ein Ausgleich zu der Be- schränkung der Einsichtnahme nach § 96 Abs. 4 BHO geschaffen werden (BT-Dr. 17/13931, Seite 4). Auch dieser Umstand spricht dafür, dass der Gesetzgeber den Zugang zu Informationen betreffend die Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungsho- fes mit dieser Vorschrift abschließend geregelt hat. Die in der Literatur geäußerte Auffassung, dass die Vorschrift des § 96 Abs. 4 BHO nichtig, weil formell verfassungswidrig sei (vgl. Rossi, Neue Zugänge des Bundes- rechnungshofes zur Öffentlichkeit – zugleich ein Beitrag zur Gesetzgebung durch Ausschüsse –, in DVBl. 2014, S. 676 ff.), teilt die Kammer nicht, so dass eine Vorla- ge an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) aus- scheidet. Zwar trifft es zu, dass dem Haushaltsausschuss des Bundestages kein Ge- setzesinitiativrecht zukommt und dieser daher eine ihm zur Beratung zugewiesene Gesetzesvorlage nicht in einer Weise umgestalten darf, die auf ein faktisches Initi a- tivrecht hinausläuft und eine Beschneidung des in Art. 76 Abs. 1 GG geregelten Initi- ativrechts zur Folge hat (vgl. im Einzelnen hierzu: Rossi, a.a.O., S. 679 ff.). Während jedoch bei inhaltlichen Fehlern die Nichtigkeit die regelmäßige Folge des Verfa s- sungsverstoßes ist, führt ein Mangel im Gesetzgebungsverfahren mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit nur dann zur Nichtigkeit des Gesetzes, wenn er evident ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2009 – 2 BvR 758/07 – Juris Rn. 77; Entschei- dung vom 26. Juli 1972 – 2 BvF 1/71 – Juris Rn. 58; Beschluss vom 11.01.1994 – 1 BvR 337/92 – Juris Rn. 132). An der Evidenz eines Verstoßes gegen formelles Ver- fassungsrecht fehlt es im vorliegenden Fall, weil sich die aufgeworfene Frage einer etwaigen Denaturierung der Gesetzesvorlage (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. Okto- ber 2003 – V ZR 91/03 – Juris Rn. 15 m.w.N.) nur nach eingehender Prüfung des Gesetzgebungsverfahrens beantworten lässt, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass der Haushaltsauschuss des Bundestages, der die Änderungen der Bundes- haushaltsordnung mit Beschluss vom 12. Juni 2013 empfohlen hat, mit 41 Mitgli e- dern aus allen Fraktionen, mithin mit mehr als fünf Prozent der Mitglieder des Bu n- destages besetzt war. - 10 -
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- 10 - Die Dokumente Nr. 1, 2, 5, 6 und 12 sowie jene Teile des Vermerkes des Bundesmi- nisteriums des Innern vom 11. November 2002 (in Dokument Nr. 7), die den Prüfbe- richt des Bundesrechnungshofes aus dem Jahr 2002 wiedergeben, unterfallen der Spezialregelung des § 96 Abs. 4 BHO, denn sie gehören zu den durch § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO geschützten entsprechenden Akten bei der geprüften Stelle. Entspre- chende Akten im Sinne des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO sind diejenigen Akten bei der geprüften Stelle, die den beim Bundesrechnungshof zur jeweiligen Prüfungstätigkeit geführten Akten inhaltlich entsprechen, d.h. die inhaltlich zu den beim Bundesrech- nungshof zur Prüfungstätigkeit geführten Akten spiegelbildlich sind. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut („entsprechenden“) und aus dem Sinn und Zweck des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO, der ein einheitliches Schutzniveau gewährleisten soll (BT-Dr. 17/13931, Seite 4). Die in den Dokumenten Nr. 1, 2, 5, 6 und 12 sowie jenen Teilen des Vermerk es des Bundesministeriums des Innern vom 11. November 2002 (in Dokument Nr. 7), die den Prüfbericht des Bundesrechnungshofes aus dem Jahr 2002 wiedergeben, ent- haltenen Informationen entsprechen inhaltlich den beim Bundesrechnungshof zur Prüfungstätigkeit geführten Akten. Die Dokumente Nr. 1 (Bericht des Bundesrech- nungshofes vom 3. Dezember 2004), Nr. 2 (Anlage zum vorgenannten Bericht) und Nr. 12 (Stellungnahme des BMI vom 17. Januar 2005 zum vorgenannten Bericht) wurden anlässlich der Kontrollprüfung des Bundesrechnungshofes in den Jahren 2004/2005 zwischen dem Bundesrechnungshof und dem Bundesministerium des Innern als der geprüften Stelle versandt. Die Schreiben vom 6. Mai 2003 (Dokument Nr. 5) und vom 23. Oktober 2003 (in Dokument Nr. 6) hat das Bundesministerium des Innern dem Bundesrechnungshof bereits anlässlich dessen Grundprüfung in den Jahren 2002/2003 übersandt. Zwar liegen der Vermerk des Bundesministeriums des Innern zu seinem Schreiben vom 23. Oktober 2003 (in Dokument Nr. 6) und jene Teile des Vermerks des Bundesministeriums des Innern vom 11. November 2002 (Dokument Nr. 7), die den Prüfbericht des Bundesrechnungshofes aus dem Jahr 2002 wiedergeben, nicht in der gleichen Form verkörpert in den beim Bundesrech- nungshof zur Prüfungstätigkeit geführten Akten vor, diese enthalten jedoch die darin verkörperten Informationen. Nach den Angaben der Beklagten diente der Vermerk des Bundesministeriums des Innern (in Dokument Nr. 6) der Vorbereitung des Schreibens an den Bundesrechnungshof vom 23. Oktober 2003 (in Dokument Nr. 6) und entspricht diesem inhaltlich. Angesichts dessen muss auch dieser Vermerk der Regelung des § 96 Abs. 4 Satz 4 BHO unterfallen, denn anderenfalls liefe der durch diese Vorschrift ausdrücklich angeordnete Schutz für die in dem Schreiben des Bun- - 11 -
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