Information

Aktenzeichen
12 N 36.14
Datum
4. August 2014
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)

Beschluss: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 4. August 2014

12 N 36.14

Das Oberverwaltungsgericht lässt die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam zu, soweit es die Verpflichtung des Finanzamtes zur Gewährung von Akteneinsicht des Insolvenzverwalters in Körperschaftssteuervorgänge zum Insolvenzschuldner betrifft, da es offen erscheint, ob das Steuergeheimnis (Dritter) dem Informationszugang entgegensteht. Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Insbesondere bestätigt das Oberverwaltungsgericht die Auffassung der Vorinstanz, dass ein Besteuerungsverfahren durch Steuerforderungen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nicht auflebt, mithin die Ausnahme laufender Verfahren vom Anwendungsbereich des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes nicht zum Tragen kommt. Überwiegende öffentliche oder private Geheimhaltungsinteressen stehen dem Informationszugang nicht entgegen. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Personenbezogene Daten Schutz besonderer Verfahren Gefährdung des Erfolgs behördlicher Maßnahmen

/ 10
PDF herunterladen
Wappen Berlins und Brandenburgs OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS OVG 12 N 36.14 VG 9 K 312/13 Potsdam In der Verwaltungsstreitsache der , Klägerin und Antragsgegnerin, bevollmächtigt: Rechtsanwälte , gegen das Finanzamt Angermünde, Jahnstraße 49, 16278 Angermünde, Beklagten und Antragsteller, hat der 12. Senat durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Blumenberg am 4. August 2014 beschlossen: Auf den Antrag des Beklagten wird die Berufung gegen das ihm am 5. Mai 2014 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam zugelassen, soweit es die Verpflichtung zur Gewäh- rung von Akteneinsicht in Körperschaftssteuervorgänge der W_____ GmbH für den Zeitraum 2004 bis 2010 betrifft. Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung abge- lehnt. Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens folgt der Kostenentscheidung im Berufungsverfahren. -2-
1

-2- Gründe Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat nur teilweise Erfolg. 1. In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ist der Antrag begründet. Die erst- instanzlich ausgesprochene Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin Einsicht in alle bei ihm bezüglich der W_____ GmbH geführten Vorgänge betreffend den Zeitraum 2004 bis 2010 zu gewähren, erstreckt sich nach dem unwidersproche- nen Vorbringen des Beklagten auch auf Körperschaftssteuervorgänge. Der Be- klagte hat insoweit im Zulassungsverfahren geltend gemacht, dass diese Vorgän- ge Steuerdaten enthalten, die nicht nur die von der Klägerin vertretene Insolvenz- schuldnerin betreffen, sondern auch die „umsatzsteuerliche Organträgerin“, die W_____, K_____ und W_____ GbR. Dem ist die Klägerin mit der Antragserwide- rung nicht entgegengetreten. Nach dem Zulassungsvorbringen erscheint es daher offen, ob § 4 Abs. 3 AIG in Verbindung mit § 30 AO einem uneingeschränkten Anspruch der Klägerin auf Einsicht in die beim Beklagten geführten Körper- schaftssteuervorgänge aus den Jahren 2004 bis 2010 entgegensteht. Dies recht- fertigt es, die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen; die weitere Sachaufklärung hinsichtlich der vorgenannten Akten bleibt dem Berufungsverfah- ren vorbehalten. 2. Im Übrigen ist der Antrag auf Zulassung der Berufung unbegründet. Unter Zu- grundelegung des allein maßgeblichen Zulassungsvorbringens bestehen hinsicht- lich der weiteren streitbefangenen Vorgänge keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). a) Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Aktenein- sichtsrecht der Klägerin nicht nach § 2 Abs. 4 AIG ausgeschlossen ist. Soweit es dabei angenommen hat, dass das Begehren der Klägerin nicht die Akten des noch laufenden Insolvenzverfahrens, sondern Unterlagen zu abgeschlossenen Steuer- verfahren betreffe, bietet das Zulassungsvorbringen keinen Anlass für eine abwei- chende rechtliche Beurteilung. Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, dass die Steueransprüche, auf die die Insolvenzschuldnerin in der Vergangenheit Zahlungen geleistet habe, durch -3-
2

-3- die bereits erklärte Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO gegebenenfalls wieder aufleben könnten und es sich daher nicht um abgeschlossene Verfahren handele. Dass sich das Einsichtsbegehren auf laufende Verfahren im Sinne des § 2 Abs. 4 AIG bezieht, ist mit diesem Vorbringen nicht dargetan. Nach dem eige- nen Vortrag des Beklagten ist das Bestehen eines Anfechtungsanspruchs zwi- schen den Beteiligten streitig; eine zivilprozessuale Geltendmachung ist seitens der Klägerin bislang noch nicht erfolgt. Unter diesen Umständen ist derzeit offen, ob der Beklagte als Rechtsfolge einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung nach § 143 Abs. 1 InsO zur Rückgewähr der geleisteten Steuerzahlungen verpflichtet ist und die Steuerforderungen nach Erfüllung des Rückgewähranspruchs gemäß § 144 Abs. 1 InsO wieder aufleben. Allein die von der Klägerin erklärte Insolvenz- anfechtung ist nicht geeignet, die vorstehenden Rechtsfolgen auszulösen. Sie führt weder zur Unwirksamkeit der erlassenen Steuerbescheide, noch lässt sie die Erfüllungswirkung, die den ursprünglich geleisteten Steuerzahlungen nach § 47 AO zugekommen ist, nachträglich entfallen (vgl. BFH, Beschluss vom 5. Septem- ber 2012 - VII B 95/12 - BFHE 238, 325, zitiert nach juris Rn. 9; BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - IX ZB 36/09 - juris Rn. 6, 12). Ein laufendes Besteuerungs- verfahren liegt damit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vor. Auf die bloße Mög- lichkeit, dass die Steuerforderungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens, wie vom Beklagten geltend gemacht, „ggf.“ wieder aufleben, kann der Ausnahmetat- bestand des § 2 Abs. 4 AIG nicht gestützt werden. b) Der erstmals im Zulassungsverfahren geltend gemachte Ausschlussgrund des § 4 Abs. 2 Nr. 2 AIG liegt gleichfalls nicht vor. Dass durch das vorzeitige Be- kanntwerden des Akteninhalts der Erfolg bevorstehender behördlicher Maßnah- men gefährdet werden könnte, ist nicht dargetan. Nach Auffassung des Beklagten stellt die außerprozessuale sowie die ggf. zukünf- tige gerichtliche Verteidigung gegen aus seiner Sicht ungerechtfertigt geltend g e- machte Anfechtungsansprüche nach der Insolvenzordnung eine behördliche Maß- nahme im Sinne des gesetzlichen Ausschlussgrundes dar. Dies vermag bereits im Ansatz nicht zu überzeugen. Der Ablehnungsgrund des § 4 Abs. 2 Nr. 2 AIG dient - ebenso wie die weiteren in Absatz 2 Nr. 1 und Nr. 3 geregelten Ausnahmetatbestände - dem Schutz des be- hördlichen Entscheidungsprozesses. Er greift mithin nur dann ein, wenn sich die -4-
3

-4- begehrte Akteneinsicht auf eine konkret bevorstehende behördliche Maßnahme bezieht, deren Erfolg durch den vorzeitigen Informationszugang gefährdet werden kann. Dafür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Die streitgegenständlichen Akten betreffen, wie bereits vorstehend dargelegt, abgeschlossene Steuerverfa h- ren; dass in diesen Verfahren derzeit eine konkrete behördliche Entscheidung zur Steuererhebung oder zur Durchsetzung von Steuerforderungen aussteht, macht der Beklagte selbst nicht geltend. Soweit er seine Rechtsverteidigung gefährdet sieht und zur Begründung auf die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin in ei- nem zivilprozessualen Anfechtungsprozess verweist, will er vielmehr seine verfah- rensrechtliche und materiell-rechtliche Position im Insolvenzverfahren geschützt sehen. Dieses Anliegen liegt jenseits des Schutzzwecks des § 4 Abs. 2 Nr. 2 AIG. Der Schutz der öffentlichen Hand vor etwaigen Ansprüchen aus einer Insolvenz- anfechtung wird vom Anwendungsbereich der Vorschrift nicht erfasst. Dies gilt unabhängig davon, ob die begehrte Akteneinsicht, wie vom Beklagten geltend gemacht, die zivilrechtliche Durchsetzung derartiger Ansprüche erst ermöglicht oder erleichtert. Soweit sich auch der Insolvenzverwalter auf das allgemeine Ak- teneinsichtsrecht des § 1 AIG berufen kann (vgl. zum Auskunftsanspruch des In- solvenzverwalters gegenüber der Finanzverwaltung: BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 - juris Rn. 9 f.), kann der begehrte Informationszugang nur bei Vorliegen eines gesetzlichen Ablehnungsgrundes versagt werden. Eine allgemeine Bereichsausnahme für die vorliegende Fallkonstellation sieht das Ge- setz nicht vor. c) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass sich der Beklagte auch nicht mit Erfolg auf den Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 2 Nr. 4 AIG ber u- fen kann. Soweit es dabei unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien davon au s- gegangen ist, dass die begehrte Akteneinsicht nur dann verweigert werden kann, wenn durch die Aufbereitung und Sichtung der Akten die Aufgabenerfüllung der Behörde erheblich beeinträchtigt wird, sind substantiierte Einwände nicht erhoben worden. Der bloße Hinweis auf den Gesetzeswortlaut genügt dafür nicht. Dass die erstinstanzliche Auffassung die durch den Wortlaut des Gesetzes gezogene Grenze richterlicher Auslegung überschreitet, ist nicht dargetan. Im Übrigen begegnet die angefochtene Entscheidung im Ergebnis selbst dann keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln, wenn man mit dem Vorbringen des Be- -5-
4

-5- klagten nicht allein auf die personelle Belastung durch die Bearbeitung des Ak- teneinsichtsantrages, sondern auf die „qualitative Beeinträchtigung der Aufgabe n- erfüllung“ abstellen würde. Auch dann wären die tatbestandlichen Voraussetzun- gen des Ablehnungsgrundes nicht erfüllt. Die vom Beklagten angeführte allgemeine Aufgabe der Finanzbehörde, Steuern festzusetzen und einzuziehen, wird durch die begehrte Akteneinsicht nicht erheb- lich beeinträchtigt. Das Zulassungsvorbringen erschöpft sich auch insoweit im Wesentlichen in dem Hinweis, dass der Klägerin als Insolvenzverwalterin zivil- rechtlich kein Auskunftsanspruch zustünde und das „öffentliche Auskunftsrecht“ nicht dazu dienen könne, die „Waffengleichheit“ im insolvenzrechtlichen Anfech- tungsprozess zu stören. Dies wird der Bedeutung des allgemeinen Informations- freiheitsrechts und der sich daraus ergebenden eigenständigen Ansprüche nicht gerecht. Der Sache nach reklamiert der Beklagte auch im Rahmen des § 4 Abs. 2 Nr. 4 AIG eine Bereichsausnahme für die bei den Finanzbehörden geführten Steuerakten, für die das Gesetz keine Grundlage bietet. Mit § 1 AIG hat der Ge- setzgeber einen grundsätzlich freien und voraussetzungslosen Anspruch auf Ak- teneinsicht normiert, dem auch die Finanzbehörden unterworfen sind. Dieser An- spruch wird durch die Möglichkeit, in einem Insolvenzverfahren als Anfechtungs- gegner in Anspruch genommen zu werden, nicht berührt. Soweit sich auch ein Insolvenzverwalter auf den ihm aus dem allgemeinen Informationsfreiheitsrecht erwachsenen Anspruch auf Akteneinsicht berufen kann, nimmt es das Gesetz vielmehr hin, dass Ansprüche aus einer Insolvenzanfechtung gegenüber den Fi- nanzbehörden unter Umständen unter erleichterten Bedingungen geltend gemacht werden können. Ebenso nimmt es das Gesetz hin, dass Steuerzahlungen, die nach dem Insolvenzrecht erfolgreich angefochten werden, im Interesse der Ge- samtheit der Gläubiger zur Insolvenzmasse zurückzugewähren sind (vgl. zum Vorstehenden: OVG Hamburg, Beschluss vom 16. April 2012 - 5 Bf 241/10.Z - juris Rn. 14). Dass den Finanzbehörden im Falle einer rechtmäßigen Anfechtung damit nicht mehr abverlangt wird, als es der Rechtslage entspricht, und ihre Auf- gabenerfüllung nicht erheblich beeinträchtigt wird, hat zu Recht bereits das Ver- waltungsgericht festgestellt. d) Entgegen der Auffassung des Beklagten wird er durch die angefochtene Ent- scheidung auch nicht gezwungen, das Steuergeheimnis zu verletzen. Dass das -6-
5

-6- Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung des Ausschlussgrundes des § 4 Abs. 3 AIG i.V.m. § 30 AO Umfang und Bedeutung des Steuergeheimnisses ver- kannt habe, trifft nicht zu. Der pauschale Hinweis, dass sich das Steuergeheimnis auf die gesamten persön- lichen, wirtschaftlichen, rechtlichen, öffentlichen und privaten Verhältnisse einer natürlichen oder juristischen Person erstrecke und damit viel weiter gehe als das Auskunftsrecht des Insolvenzverwalters gegenüber dem Insolvenzschuldner aus § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO, gibt dafür nichts her. Auch die Auskunftspflicht des Schuldners aus § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO erstreckt sich auf alle das Verfahren be- treffenden rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse und ist grundsätzlich weit auszulegen (BGH, Beschluss vom 15. April 2010 - IX ZB 175/09 - juris Rn. 9). Von der Auskunftsplicht umfasst sind nach der zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts insbesondere auch Auskünfte zu vom Schuldner geleisteten Steuerzahlungen. Für die Annahme, dass die vorliegend streitbefangenen Steuerunterlagen darüber hinaus weitere Angaben zur Insol- venzschuldnerin enthielten, die zwar den Schutzbereich des Steuergeheimnisses berührten, nicht aber unter die insolvenzrechtliche Auskunftspflicht fielen, beste- hen keine Anhaltspunkte. Dem Zulassungsvorbringen lässt sich eine entspre- chende einzelfallbezogene Darlegung nicht entnehmen. Nichts anderes gilt, so- weit der Beklagte geltend macht, dass sich die Verwaltungs- und Verfügungsbe- fugnis des Insolvenzverwalters gemäß § 80 Abs. 1 InsO lediglich auf das zur In- solvenzmasse gehörende Vermögen beziehe. Auch insoweit erschöpft sich der Zulassungsantrag in allgemeinen Angaben zu nicht von diesem Vermögensbe- reich erfassten Erkenntnissen, ohne einen Bezug zum konkreten Einzelfall herzu- stellen. Inwieweit in Bezug auf die als GmbH firmierende Insolvenzschuldnerin hier Erkenntnisse „persönlicher Natur bei natürlichen Personen“ in den Steuera k- ten enthalten sein sollten, ist auch nicht ansatzweise dargetan. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht danach davon ausgegangen, dass die streit- befangenen Steuervorgänge jedenfalls der Klägerin als Insolvenzverwalterin ge- genüber keiner Geheimhaltungspflicht unterliegen und das Steuergeheim nis durch die begehrte Akteneinsicht nicht berührt wird (vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 - juris Rn. 99; OVG Koblenz, Urteil vom 12. Februar 2010 - 10 A 11156/09 - juris Rn. 31 zum Sozialgeheimnis bei Einsicht des Insol- -7-
6

-7- venzverwalters in Akten eines Sozialversicherungsträgers). Einer vom Beklagten für erforderlich erachteten Zustimmung der Insolvenzschuldnerin bedarf es inso- weit nicht; soweit es von vornherein an einer Geheimhaltungsbedürftigkeit gegen- über der Insolvenzverwalterin fehlt, liegt eine unbefugte Offenbarung von Steuer- daten auch unabhängig von den in § 30 Abs. 4 AO aufgeführten Rechtfertigungs- gründen nicht vor. Dass das Verwaltungsgericht fehlerhaft verschiedene Funktionen der Insolvenz- verwalterin vermischt habe, trifft gleichfalls nicht zu. Der Einwand beruht ersicht- lich auf einem unzutreffenden Verständnis der erstinstanzlichen Entscheidungs- gründe. Soweit das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten hat, dass die Klägerin als Insolvenzverwalterin einen eigenständigen Anspruch auf Aktenein- sicht nach § 1 AIG geltend mache, der nicht im Zusammenhang mit einer abga- benrechtlichen Angelegenheit der Insolvenzschuldnerin stehe, hat es die Klägerin ausdrücklich als „nicht am steuerlichen Verwaltungsverfahren Beteiligte“ angese- hen (UA S. 9). Davon geht offensichtlich auch der Beklagte aus, soweit er darauf verweist, dass die Insolvenzverwalterin im Rahmen der begehrten Akteneinsicht gerade nicht als steuerliche Vertreterin der Insolvenzschuldnerin tätig geworden sei. e) Die gegen den erstinstanzlichen Tenor erhobenen Einwände greifen schließlich gleichfalls nicht durch. Die ausgesprochene Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Aktenein- sicht ist nicht zu unbestimmt. Sie bezieht sich auf alle bei ihm zur Insolvenz- schuldnerin geführten Vorgänge, die den Zeitraum 2004 bis 2010 betreffen. Für eine Eingrenzung auf bestimmte Akten oder Aktenteile hat das Verwaltungsgericht zu Recht keine Veranlassung gesehen. Der Beklagte hat weder im Verwaltungs- verfahren (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 und 5 AIG) noch im erstinstanzlichen Verfahren eine hinreichende Bestimmtheit des Einsichtsbegehrens gerügt; vielmehr hat er sich auch nach gerichtlichem Hinweis auf die von der Kammer voraussichtlich als zulässig angesehene Klage damit begnügt, an seiner gegenteiligen Rechtsauffa s- sung festzuhalten und zur Begründetheit der Klage nicht Stellung genommen. Soweit er erstmals im Zulassungsverfahren darauf verweist, dass „in der Akte“ zur Insolvenzschuldnerin „eine Vielzahl von Vorgängen“ geführt würden, für die je- -8-
7

-8- weils unterschiedliche Stellen bzw. Bearbeiter zuständig seien, begründet auch dies keine fehlende Bestimmtheit. Die beispielhaft genannten Steuervorgänge werden ungeachtet etwaiger behördeninterner Zuständigkeiten von dem Verpflic h- tungsausspruch des Verwaltungsgerichts erfasst. Dies gilt aus den vorstehend zu Ziffer 1. dargelegten Gründen allerdings nicht für die beim Beklagten für den streitigen Zeitraum geführten Körperschaftssteuervor- gänge. Dem insoweit erhobenen Einwand des Beklagten, diese Vorgänge enthiel- ten auch dem Steuergeheimnis unterliegende Steuerdaten Dritter, hat der Senat durch die teilweise Zulassung der Berufung Rechnung getragen. Für die Annah- me, dass der Versagungsgrund des § 4 Abs. 3 AIG i.V.m. § 30 AO der begehrten Einsicht in weitere die Insolvenzschuldnerin betreffende Steuerakten entgegen- steht, bietet das Zulassungsvorbringen keine Anhaltspunkte. Angesichts des ge- setzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen freiem Informationszugang und Versagungsgründen obliegt es dem Beklagten als anspruchsverpflichtete Be- hörde, das Vorliegen von Ausnahmen vom Informationszugang einzelfallbezogen und substantiiert darzulegen. Daran fehlt es vorliegend. Der pauschale Hinweis, dass sich in der Steuerakte „oftmals“ auch steuerliche Erkenntnisse zu anderen Steuerpflichtigen befänden, lässt weder einen Bezug zum konkreten Einzelfall noch zu einzelnen Steuerverfahren der Insolvenzschuldnerin erkennen. Eine ein- zelfallbezogene Konkretisierung, die Anlass zu einer weiteren Prüfung im Beru- fungsverfahren bietet, ist lediglich hinsichtlich der Körperschaftssteuervorgänge erfolgt. Rechtsmittelbelehrung Soweit der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt worden ist, ist der B e- schluss gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar; das Urteil des Verwaltungsge- richts ist insoweit rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO). Der Beschluss über die Zulassung der Berufung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). -9-
8

-9- Das Antragsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung e i- ner Berufung bedarf es nicht. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Besch lusses zu begründen.    Die  Begründung      ist  bei  dem   Oberverwaltungsgericht    Berlin- Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, schriftlich oder in elektron i- scher Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signatu r- gesetzes versehen auf dem unter www.berlin.de/erv veröffentlichten Kommunika- tionsweg einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Berufungsbegründung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Ver- tragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus können auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung be- zeichneten Personen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zu- gelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Pers o- nen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffen t- lichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Plückelmann                              Bath                      Dr. Blumenberg - 10 -
9

- 10 -
10