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Aktenzeichen
24 W 21/14
Datum
12. März 2014
Gericht
Kammergericht Berlin
Gesetz
Sonstige
Sonstige

Beschluss: Kammergericht Berlin am 12. März 2014

24 W 21/14

Die Entscheidung des Kammergerichts beschäftigt sich mit der Frage eines urheberrechtlichen Verbots der Veröffentlichung eines nach dem IFG (Bund) herausgegebenen Dokuments und bestätigt die erstinstanzliche Verneinung eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs des Bundesinnenministeriums. Hintergrund war die Abmahnung der Betreiber der Plattform Frag den Staat durch das Bundesinnenministerium, welches die Veröffentlichung eines internen Vermerks als Urheberrechtsverstoß ansah. Das Rechtsgutachten des Bundesinnenministeriums betreffend das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu der 5%-Sperrklausel bei Europawahlen erfüllt nicht die Anforderungen, die an eine persönliche geistige Schöpfung zu stellen sind und unterfällt daher nicht dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes. Für den urheberrechtlichen Schutz verbleibt im Wesentlichen nur die Darstellung und Formgestaltung unter Ausschluss der inhaltlichen Elemente. Die sprachliche Gestaltung lässt im vorliegenden Vermerk keine ausgeprägt individuellen, eigenschöpferischen Züge erkennen. Der inhaltlich-fachliche Wert ist für die Frage der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit des Textes ebenso wenig von ausschlaggebender Bedeutung wie das Interesse, das diese Stellungnahme in der Öffentlichkeit gefunden hat. (Quelle: LDA Brandenburg)

Begriffsbestimmung Veröffentlichung von Informationen Urheberrecht

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Kammergericht Beschluss Geschäftsnummer: 24 W 21/14                                           12.03.2014 15 O 58/14 Landgericht Berlin In dem einstweiligen Verfügungsverfahren Bundesrepublik Deutschland ./. xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin, durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Harte, die Richterin am Kammergericht Dr. Kasprik-Teperoglou und den Richter am Kammergericht Landwehrmeyer am 12. März 2014 beschlossen: 1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 11. Februar 2014 - 15 O 58/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. 2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.667,00 EUR festgesetzt. Gründe: Die nach § 567 Abs.1 Nr.2 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Be- schwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 11. Februar 2014, durch den ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen worden ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Vielmehr hat das Landgericht zu Recht urheberrechtliche Unterlassungsansprüche der Antragstellerin nach den §§ 97 Abs.1, 2 Abs.1 Nr.1 und Abs.2, 15 Abs.2 S.2 Nr.2 und 19a UrhG verneint, weil die Antragsgegner mit der Veröffentlichung der
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ihnen zuvor auf der Grundlage des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) zugänglich gemachten Vorlage des Referats V I 5 des Bundesministerium des Innern vom 16.11.2011 (V I 5 – 121 333-7/1) im Internet nicht in Rechte der Antragstellerin an einem urheberrechtlich schutzfähigen Werk eingegriffen haben; denn die Anforderungen, die an eine persönliche geistige Schöpfung zu stellen sind, sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt (§ 2 Abs.2 UrhG). Zur Begründung kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochte- nen Entscheidung vom 11.02.2014 und in dem Nichtabhilfebeschluss vom 28.02.2014 verwie- sen werden. Dabei hat das Landgericht – entgegen der Beschwerdebegründung – auch nicht unterlassen, sich mit der – geltend gemachten - Individualität des Werkes auseinanderzuset- zen, hat aber zutreffend berücksichtigt, dass es sich um ein Sprachwerk handelt, das im wei- testen Sinne dem (rechts-)wissenschaftlichen Bereich zuzuordnen ist, ohne dass es insoweit auf eine genaue Abgrenzung zwischen dem Schutzbereich des § 2 Abs.1 Nr.1 und § 2 Abs.1 Nr.7 UrhG ankommt. Zwar trifft es zu, dass grundsätzlich auch inhaltliche Werkelemente – wie etwa die Fabel eines Romans – dem Urheberrechtsschutz zugänglich sein können; dies gilt bei Sprachwerken wissenschaftlichen und technischen Inhalts aber nur mit der Einschrän- kung, dass Gedanken und Lehren in ihrem Kern, ihrem gedanklichen Inhalt, in ihrer politi- schen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Aussage, Gegenstand der freien geistigen Auseinandersetzung bleiben müssen und nicht auf dem Weg über das Urheberrecht monopo- lisiert werden können (vgl. nur Loewenheim in: Schricker / Loewenheim (4. Auflage 2010) § 2 UrhG Rdn. 59). Dem steht schon der Schutz der Meinungsfreiheit und der Freiheit der Wis- senschaft und Lehre entgegen, der durch Art 5 Abs.1 und 3 GG gewährleistet wird. Dieser schützt gleichermaßen die Freiheit der wissenschaftlichen wie der politischen Auseinander- setzung; diese kann deshalb nicht dadurch eingeschränkt werden, dass bestimmte Argumente oder gedankliche Zusammenhänge einem Schutz unterstellt werden, der jeden anderen als den Urheber von ihrer Verwendung ausschließt. Für den urheberrechtlichen Schutz verbleibt deshalb im Wesentlichen nur die Darstellung und Formgestaltung unter Ausschluss der inhalt- lichen Elemente. Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Der vergleichsweise kurze – nur 4 ½ seitige – Text besteht zu weiten Teilen aus wörtlichen Zita- ten aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.11.2011; diese genießen schon nach § 5 Abs.1 UrhG keinen urheberrechtlichen Schutz. Dass weiteres Hintergrundmaterial in nennenswertem Umfang verarbeitet worden wäre, kommt im Text jedenfalls nicht zum Ausdruck. Natürlich trifft es zu, dass sich die Stellungnahme nicht auf eine rein deskriptive Beschreibung des Urteils beschränkt, sondern aus der Urteilsanalyse einen Argumentations-
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strang zum Beleg der Auffassung entwickelt, dass auch eine 2,5%ige Sperrklausel bei der Europawahl verfassungsrechtlich unzulässig wäre. Gedanken und Argumente sind aber - aus den dargelegten Gründen - als solche nicht urheberrechtsschutzfähig. Die sprachliche Gestaltung, zu der im Einzelfall auch die Darstellung und die Art und Form der Gedankenfüh- rung gehören können, lässt im vorliegenden Fall keine ausgeprägt individuellen, eigenschöp- ferischen Züge erkennen. Damit ist über den inhaltlich-fachlichen Wert der Vorlage kein Ur- teil gesprochen; dieser ist für die Frage der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit des Textes aber ebensowenig von ausschlaggebender Bedeutung wie das Interesse, das diese Stel- lungnahme in der Öffentlichkeit gefunden hat. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewerts erfolgt in Übereinstimmung mit den eigenen vorgerichtlichen Wertangaben der Antragstelle- rin und der Vorinstanz (§ 3 ZPO). Harte                          Dr. Kasprik-Teperoglou                     Landwehrmeyer
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