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Aktenzeichen
13 K 2072/11
Datum
30. Oktober 2013
Gericht
Verwaltungsgericht Hamburg
Gesetz
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)

Urteil: Verwaltungsgericht Hamburg am 30. Oktober 2013

13 K 2072/11

Die durch den Insolvenzverwalter vom Finanzamt begehrte Einsicht in die Vollstreckungsakte zur Insolvenzschuldnerin ist als Vorgang der Steuererhebung im Sinne der entsprechenden Ausnahmevorschrift des Hamburgischen Transparenzgesetzes zu sehen. Nach dieser Regelung besteht kein Anspruch auf Zugang zu solchen Vorgängen. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber durch das Aussparen des Begriffs der Vollstreckung den Anwendungsbereich dieser Ausnahmevorschrift einschränkten wollte; sie ist vielmehr weit auszulegen. Das Verwaltungsgericht weist die Klage gegen die verwehrte Einsicht in die Vollstreckungsakte ab. (Quelle: LDA Brandenburg)

Schutz besonderer Verfahren

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13 K 2072/11 Verwaltungsgericht Hamburg Urteil Im Namen des Volkes In der Verwaltungsrechtssache XXX, - Kläger - Prozessbevollmächtigter: XXX, An Verkündungs statt zugestellt. gegen die Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch das Finanzamt Hamburg-Hansa, dieses vertreten durch den Vorsteher, Steinstraße 10, 20095 Hamburg, - Beklagte - hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 13, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2013 durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht                   XXX für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
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-2- Die Berufung wird zugelassen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht zu. Sie ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer der in § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelheiten auf § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4 und Abs. 5 VwGO verwiesen. Auf die Möglichkeit der Sprungrevision nach § 134 VwGO wird hingewiesen. Tatbestand Der Kläger wurde mit Beschluss vom 9. April 2009 als Insolvenzverwalter über das Vermögen der X             (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) bestellt. Er begehrt die Einsichtnahme         in   die    bei    der    Beklagten     geführten     Vollstreckungsakten       der Insolvenzschuldnerin. Die Beklagte meldete keine Insolvenzforderungen zur Tabelle an. Der Kläger machte keine Insolvenzanfechtung gegenüber der Beklagten geltend. Am 22. April 2010 beantragte der Kläger unter Verweis auf das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz           (Gesetz        zum       Neuerlass       des       Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetztes vom 17.2.2009, HmbGVBl. S. 29 – im Folgenden HmbIFG) Akteneinsicht       in   die    bei     der    Beklagten      geführten    Vollstreckungsakten        der Insolvenzschuldnerin. -3-
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-3- Mit Verfügung vom 24. März 2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Einsichtnahme in die Vollstreckungsakten ab. Ein Anspruch auf Akteneinsicht nach dem HmbIFG sei gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 5 HmbIFG ausgeschlossen. Denn hiernach bestünden Ansprüche auf Informationszugang nicht für „Vorgänge der Steuererhebung und Steuerfestsetzung“. Hiervon seien auch Informationen in der Vollstreckungsakte erfasst. Denn die Vollstreckung eines Steueranspruches sei Teil des Steuererhebungsverfahrens. Dies ergebe sich nicht nur aus Wortlaut und Systematik, sondern auch aus der Gesetzesbegründung. Denn die Bürgerschaftsdrucksache 19/1283 führe hinsichtlich § 3 Abs. 2 Nr. 5 HmbIFG aus: „Vom Einsichtsrecht ausgenommen sind auch Unterlagen, die die Steuererhebung oder Steuerfestsetzung betreffen. Soweit sich ein Einsichtsrecht in Steuerakten aus anderen Vorschriften ergibt, wird dieses durch Abs. 2 Nr. 5 nicht beeinträchtigt.“ Die dortige Verwendung des Sammelbegriffes „Steuerakten“ spreche für ein Normverständnis, das Vollstreckungsakten einschließe. Hiergegen erhob der Kläger am 31. März 2011 Einspruch und berief sich auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Münster. Dieses habe zwischenzeitlich entschieden, dass die Finanzverwaltung nach § 4 Abs. 1 IFG NRW Auskunft durch Vorlage von Auszügen der Speicherkonten für Körperschaftssteuer, Umsatzsteuer und Lohnsteuer erteilen müsse. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. August 2011 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Sie vertiefte ihr Vorbringen aus dem Ausgangsbescheid und führte ergänzend an: Ein Auskunftsanspruch ergebe sich nicht aus § 242 BGB i.V.m. § 143 InsO. Denn ein solcher setze jedenfalls voraus, dass ein insolvenzrechtlicher Anfechtungsanspruch geltend gemacht werde. Dies sei nicht erfolgt. Auch aus der Abgabenordnung ergebe sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes kein Recht auf Akteneinsicht. Ein Recht auf Akteneinsicht werde auch im Wege einer Ermessensentscheidung abgelehnt, denn letztlich müsse die Beklagte dem Kläger nicht bei der Beschaffung von Unterlagen behilflich sein, die eine mögliche spätere zivilrechtliche Klage oder einen insolvenzrechtlichen Anfechtungsprozess begründen könnte. -4-
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-4- Am 2. September 2011 hat der Kläger Klage erhoben. Nachdem mit Wirkung vom 6. Oktober 2012 das HmbIFG durch das Hamburgische Transparenzgesetz vom 19. Juni 2012 (HmbGVBl. S. 271 – im Folgenden HmbTG) ersetzt wurde und das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. April 2013 (7 B 6/13, ZIP 2013, 1252 f.) entschieden hatte, dass bei Klagen eines Insolvenzverwalters auf Zugang zu den Informationen, die in den bei dem Finanzamt vorhandenen Vollstreckungsakten über den Insolvenzschuldner enthalten sind, der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, trägt der Kläger vor: Nach § 2 Abs. 7 HmbTG bestehe ein Anspruch auf Zugang zu den Vollstreckungsakten. § 5 Nr. 4 HmbTG, der Vorgänge der Steuerfestsetzung und Steuererhebung sowie der Innenrevision von der Informationspflicht ausnehme, sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Die Vollstreckung von Steuerforderungen sei nicht als Teil der Steuererhebung einzuordnen. Dies ergebe sich auch daraus, dass nach der eigenen Verwaltungspraxis der Beklagten die Akten getrennt geführt würden. Die Beklagte habe jedenfalls eine Ermessensentscheidung ordnungsgemäß zu treffen. Hierbei sei zu beachten, dass er ein Organ der Rechtspflege sei. Auf das Steuergeheimnis könne sich die Beklagte ihm gegenüber nicht berufen. Zudem sei unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung zu beachten, dass die in Berlin anwendbare       landesrechtliche   Regelung       keine     Unterscheidung     zwischen Vollstreckungsakten und sonstigen Akten des Finanzamtes kenne. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. März 2011 und der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2011 zu verurteilen, dem Kläger Informationszugang durch Einsicht in sämtliche Vollstreckungsakten betreffend die Firma „X“ unter der Steuernummer XXX oder anderen Steuernummern zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. -5-
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-5- Sie ist der Auffassung, Streitgegenstand sei allein ein Anspruch nach dem HmbTG. Dieser sei nach § 5 Nr. 4 HmbTG ausgeschlossen, denn Steuererhebung sei die Verwirklichung des festgesetzten Steueranspruches durch freiwillige Zahlungen oder auch durch Zwangsvollstreckung. Auch aus dem Inhaltsverzeichnis der Abgabenordnung lasse sich nicht zwingend herleiten, dass das Vollstreckungsverfahren nicht der Steuererhebung zuzurechnen sei. Dass in Berlin anderes Landesrecht gelte, könne dem Kläger nicht zugutekommen. Die Sachakte der Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Entscheidungsgründe Die Klage hat keinen Erfolg. I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, denn es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art, die insbesondere nicht dem Finanzrechtsweg ausdrücklich zugewiesen ist (vgl. ausführlich BVerwG, Beschl. v. 15.10.2012, 7 B 2/12, ZInsO 2012, 2140 ff. und v. 17.4.2013, 7 B 6/13, ZIP 2013, 1252 f.). II. Die Klage ist unbegründet. Die Ablehnung des Antrages auf Akteneinsicht in die bei der Beklagten geführten Vollstreckungsakten der Insolvenzschuldnerin ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, denn er hat keinen Anspruch auf Akteneinsicht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung seines Antrages ist bereits erfüllt (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). -6-
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-6- Ein Anspruch des Klägers ergibt sich weder aus § 1 Abs. 2 HmbTG (1), noch aus einer anderen Rechtsgrundlage. Der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ist bereits erfüllt (2). 1) Der Kläger kann aus § 1 Abs. 2 HmbTG keinen Anspruch auf Einsichtnahme der Vollstreckungsakten herleiten. Zwar ist der Kläger als Insolvenzverwalter eine Person im Sinne des § 1 Abs. 2 HmbTG und die Beklagte als Behörde im Sinne des § 2 Abs. 3 HmbTG gemäß § 2 Abs. 5 HmbTG grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet. Auch ergibt sich aus der Abgabenordnung keine Sperrwirkung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.5.2012, 7 B 53/11, NVwZ 2012, 824 f.). Der Anspruch des Klägers ist aber nach § 5 Nr. 4 HmbTG ausgeschlossen. Hiernach besteht keine Informationspflicht nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz für Vorgänge der Steuerfestsetzung und Steuererhebung sowie der Innenrevision. Die begehrte Einsicht in die Vollstreckungsakte ist ein Vorgang der Steuererhebung im Sinne dieser Vorschrift. Dem Wortlaut nach erfasst der Begriff der Steuererhebung die Verwirklichung des Steueranspruches sowohl durch freiwillige Zahlungen des Steuerpflichtigen als auch durch    Vollstreckungsmaßnahmen.       Der    Duden-Online   erläutert   den Begriff der Steuererhebung          mit      „Festsetzung      und      Einzug        von    Steuern“ http://www.duden.de/rechtschreibung/Steuererhebung).         Nach       dem   Duden     – Bedeutungswörterbuch - steht der Begriff „erheben“ für „einen bestimmten Betrag für etwas verlangen“. Der Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden – erklärt das Verb „erheben“ mit „als Zahlung verlangen, einfordern, einziehen“. Schließlich führt der Brockhaus/Wahrig – Deutsches Wörterbuch - aus, das Wort „erheben“ bedeute, „verlangen, dass etwas gezahlt wird“. Auch die Entstehungsgeschichte spricht eher für ein weites Verständnis der Norm. Denn bereits zu der gleichlautenden Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 5 des zuvor geltenden Hamburgischen          Informationsfreiheitsgesetzes     war      Rechtsprechung      des Verwaltungsgerichtes Hamburg (Urt. v. 27.8.2009, 7 K 429/09, ZInsO 2010, 2247 ff., nicht rkr.) und des Finanzgerichtes Hamburg (Beschl. v. 2.7.2010, 6 K 75/09, ZInsO 2010, 1613 ff.) ergangen, wonach die Vollstreckung als Steuererhebung im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen     sei.   Der   Gesetzgeber     hat  im   danach   erlassenen    Hamburgischen -7-
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-7- Transparenzgesetz vom 12. Juni 2012 auf eine Klarstellung verzichtet. Dies deutet auf eine Billigung der Auslegung durch die Rechtsprechung hin. Vor allem aber der Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung des § 5 Nr. 4 HmbTG spricht dafür, dass auch Akten der Vollstreckung unter den Begriff der Steuererhebung zu fassen sind. Die konkrete Gesetzesbegründung (vgl. Bürgerschaftsdrucksache 20/4466 S. 17) benennt als Ziel der Ausnahmeregelung, den Schutz der Arbeitsfähigkeit der bezeichneten Stellen. Die Arbeitsfähigkeit des jeweiligen Finanzamtes ist bei der Einsichtnahme in Akten der Steuererhebung einerseits und der Vollstreckung andererseits aber gleichermaßen betroffen. Angesichts der im Bereich der Vollstreckungsakten ggf. zusätzlich zu wahrender Steuergeheimnisse Dritter ist die Arbeitsfähigkeit in diesem Bereich eher noch stärker gefährdet. Denn im Rahmen der Vollstreckung können zudem Daten Dritter bei entsprechenden Pfändungen bei Drittschuldnern (§ 309 AO) betroffen sein. Insoweit müsste jede Akte vor Einsichtnahme hieraufhin durchgesehen werden. Vor dem Hintergrund des Zweckes des Gesetzes ist auch nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber die Begriffe „Steuerfestsetzung“ und „Steuererhebung“ allein im begrifflichen Sinne     des  Inhaltsverzeichnisses   der  Abgabenordnung     verwenden    wollte.   Das Inhaltsverzeichnis der Abgabenordnung trennt zwar das „Erhebungsverfahren“ (Fünfter Teil der Abgabenordnung) von der „Vollstreckung“ (Sechster Teil der Abgabenordnung). Es ist aber dennoch nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber durch das Aussparen des Begriffes der Vollstreckung den Anwendungsbereich des § 5 Nr. 4 HmbTG einschränken wollte. Es ist vielmehr anzunehmen, dass der Gesetzgeber mit den Begriffen Steuerfestsetzung und Erhebung jeweils einen Oberbegriff wählen wollte. Würde man hingegen     §5   Nr. 4   HmbTG    streng   im  Sinne  des    Inhaltsverzeichnisses   der Abgabenordnung auslegen, wären auch Akten des Verfahrens der einheitlichen und gesonderten Feststellung nicht von der Ausnahmevorschrift erfasst. Unter dem Vierten Teil der Abgabenordnung (Durchführung der Besteuerung) ist als dritter Abschnitt das „Festsetzungs- und Feststellungsverfahren“ genannt. Das Inhaltsverzeichnis gliedert aber noch weiter in einen 1. Unterabschnitt „Steuerfestsetzung“ und einen 2. Unterabschnitt „Gesonderte      Feststellung    von     Besteuerungsgrundlagen,      Festsetzung     von Steuermessbeträgen“.       Das    Verfahren    der   gesonderten      Feststellung    von Besteuerungsgrundlagen (insbesondere der einheitlichen und gesonderten Feststellung -8-
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-8- nach § 179 Abs. 1 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO) ist aber der Sache nach lediglich eine besondere Form des Festsetzungsverfahrens. Insbesondere werden im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung (§ 179 Abs. 1 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO) beispielsweise die Einkünfte ermittelt und festgestellt, die zwei verschiedene natürliche Personen als Gesellschafter einer OHG erzielen. Das Feststellungsverfahren dient hier dazu, dass Einkünfte, die jedem Gesellschafter nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einzeln zuzurechnen sind, zunächst einheitlich für die OHG ermittelt und festgestellt werden und sodann eine konkrete Aufteilung anhand der maßgeblichen Gewinnverteilung auf die Gesellschafter erfolgt. Ein am Ende des Verfahrens stehender Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung ist dann für die Veranlagung des jeweiligen Gesellschafters bindender Grundlagenbescheid (§ 182 Abs. 1 AO). Zwischen dem Verfahren der Steuerfestsetzung und der einheitlichen und gesonderten Feststellung besteht kein Unterschied, der eine unterschiedliche Behandlung im Rahmen der Anwendung des § 5 Nr. 4 HmbTG rechtfertigen könnte. Denn in beiden Verfahren können neben den Daten des Steuerpflichtigen auch sog. Kontrollmitteilungen in den Akten enthalten sein. Diese lassen Rückschlüsse auf steuerliche Verhältnisse dritter Personen zu. Insoweit hat die Beklagte das Steuergeheimnis (§ 30 AO) zu wahren. Die Akten müssten vor Einsichtnahme gleichermaßen durchgesehen werden. Hinzu kommt, dass das Hamburgische Transparenzgesetz in erster Linie beabsichtigt, die Verwaltung für den Bürger transparent zu machen und damit die Akzeptanz des Verwaltungshandelns zu erhöhen (vgl. Bürgerschaftsdrucksache 20/4466 S. 1). Dieses Ziel wird durch die gefundene Auslegung nicht beeinträchtigt. Es würde auch nicht gefördert, würde man Vorgänge der Vollstreckung nicht als Steuererhebung im Sinne des § 5 Nr. 4 HmbTG verstehen. 2)    Soweit  sich   ein  Anspruch     des    Klägers auf   Akteneinsicht  aus  anderen Rechtsgrundlagen ergeben kann, hat das Gericht über diese zu befinden. Das Gericht des zulässigen Rechtsweges hat den Rechtsstreit nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Dies gilt nach § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG lediglich nicht in den Fällen des Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 GG (Enteignungsentschädigung)      und     Artikel   34   Satz   3    (Schadensersatz     bei Amtspflichtverletzungen) des Grundgesetzes. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers -9-
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-9- soll das angerufene Gericht den Rechtsstreit grundsätzlich umfassend prüfen, sofern der zu ihm beschrittene Rechtsweg für einen Klagegrund zulässig ist (Begr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, BT-Drs 11/7030, S. 37). Rechtsstreit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG ist der Streitgegenstand (Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 24. Erg.-Lfg. 2012, § 17 GVG Rn. 24). Der Streitgegenstand bestimmt sich durch die mit dem Klagantrag begehrte Rechtsfolge sowie dem zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt (vgl. bspw. BVerwG, Beschl. v. 24.10.2011, 9 B 12/11, juris). Hier liegt lediglich ein Streitgegenstand vor. Denn der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter Einsicht in die Vollstreckungsakten der Insolvenzschuldnerin. Dass sich dieser von ihm geltend gemachte Anspruch aus mehreren Rechtsgrundlagen ergeben kann, ist unschädlich. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesbegründung. Denn hiernach ist Ziel des Gesetzes, in Fällen, in denen der Klageanspruch auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete (auch tatsächlich und rechtlich selbständige) Grundlagen gestützt ist, das angerufene Gericht zur Entscheidung über sämtliche Klagegründe zu verpflichten, sofern nur der Rechtsweg für einen von ihnen gegeben ist (vgl. BT-Drs 11/7030, S. 37). Eine im Einzelfall hierdurch eröffnete Möglichkeit für den Kläger, das Gericht anzurufen, welches seinen Anspruch (vermeintlich) am ehesten bejaht, ist hinzunehmen. a) Dem Kläger steht jedoch auch aus § 242 BGB i.V.m. § 143 InsO kein Anspruch auf Akteneinsicht in die Vollstreckungsakten zu. Der Bundesgerichtshof hat einen Auskunftsanspruch des Konkurs- bzw. Insolvenzverwalters gegen Gläubiger des Insolvenzschuldners     wegen      möglicher       Anfechtungsansprüche        in   ständiger Rechtsprechung davon abhängig gemacht, dass ein Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststeht und es nur noch um die nähere Bestimmung von Art und Umfang des Anspruchs geht. Solange ein Rückgewährschuldverhältnis nicht feststeht, hat sich der Verwalter wegen aller benötigten Auskünfte an den Schuldner zu halten (vgl. BGH, Urt. v. 13.8.2009, IX ZR 58/06, ZInsO 2009, 1810 f. m.w.N.). Dass ein Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststeht, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. b) Aus der Abgabenordnung selbst ergibt sich kein Anspruch auf Akteneinsicht (vgl. z.B. BFH, Beschl. v. 4.6.2003, VII B 138/01, BFHE 202, 231). - 10 -
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- 10 - c) Dem Kläger steht nur ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Akteneinsichtsgesuch zu. Der Anspruch des um Akteneinsicht Nachsuchenden auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ist gewahrt, wenn das Finanzamt im Rahmen einer Ermessensabwägung die Belange des Antragstellers und die Belange der Behörde gegeneinander abgewogen hat (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.06.2011, 1 K 1783/10, Juris). Ausgehend von diesem Maßstab ist die Ermessensentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keine Belange vorgetragen, die besonders schützenswert wären. Rechtliche Interessen hat er nicht dargelegt. Insoweit ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden (BFH, Urt. v. 19.3.2013, II R 17/11, BStBl. II 2013, 639). III. Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. IV. Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. XXX
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