Information
- Aktenzeichen
- 9 K 1716/10
- Datum
- 9. August 2013
- Gericht
- Verwaltungsgericht Potsdam
- Gesetz
- Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Urteil: Verwaltungsgericht Potsdam am 9. August 2013
9 K 1716/10
Das Führen von Fahrtenbüchern für Dienstkraftfahrzeuge verfolgt einen dienstlichen Zwecken; die Fahrtenbücher unterfallen dem Aktenbegriff des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes. Die Offenbarung personenbezogener Eintragungen der dienstlich veranlassten Fahrten eines ehemaligen Ministers ist zulässig; das Gesetz erlaubt sie, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls im Hinblick auf den Zweck der politischen Mitgestaltung das Offenbarungsinteresse des Antragstellers das Interesse der betroffenen Person an der vertraulichen Behandlung überwiegt. Das Offenbarungsinteresse des Klägers ist insoweit von erheblichem Gewicht, da er unter anderem untersuchen will, ob es sich tatsächlich um Dienst- oder aber um Privatfahrten handelte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es um Daten zu Fahrten geht, die als Dienstfahrten gekennzeichnet und daher der grundsätzlich weniger geschützten dienstlichen Sphäre zuzuordnen sind. Wenn es sich tatsächlich um Privatfahrten gehandelt hätte, käme dem Informationsinteresse des Klägers, eines Journalisten, sogar ein besonders hohes Gewicht zu. Auszusondern sind die Eintragungen zu den ausdrücklich als privat gekennzeichneten Fahrten. Der Zugangsanspruch erstreckt sich auch nicht auf Eintragungen zu anderen Personen; diese sind zuvor anzuhören. (Quelle: LDA Brandenburg)
Interessenabwägung Personenbezogene Daten Begriffsbestimmung Sicherheitsaspekte Exekutiver Kernbereich (Regierungshandeln)
Verkündet am: 09. August 2013 ….. Verwaltungsgerichtsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT POTSDAM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VG 9 K 1716/10 In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen Akteneinsicht hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. August 2013
-2- durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Kaufhold, die Richterin am Verwaltungsgericht Stüker-Fenski, den Richter am Verwaltungsgericht Weißmann, die ehrenamtliche Richterin Frau Borkamm und den ehrenamtlichen Richter Herr Tietz für R e c h t erkannt: Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat und der Kläger und der Beklagte den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Darüber hinaus wird der Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 22. September 2010, vom 20. Juli 2011 und vom 28. Oktober 2011 verpflichtet, dem Kläger Akteneinsicht in die in den Fahrtenbüchern enthaltenen Angaben zu den Dienstfahrten des Beigeladenen während dessen Amtszeit als Minister des Innern des Landes Brandenburg zu gewähren, soweit nicht personenbezogene Daten anderer Personen als des Beigeladenen betroffen sind, mit Ausnahme von Anschriften, Bankverbindungen und Kreditkartennummern des Beigeladenen, von personenbezogenen Angaben zu den Familienangehörigen des Beigeladenen, von Geburtsdaten, Anschriften, Bankverbindungen und Kreditkartennummern anderer Dritter sowie von Fahrernamen. Der Beklagte wird weiter unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 22. September 2010, vom 20. Juli 2011 und vom 28. Oktober 2011 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht - bezüglich der in den Fahrtenbüchern enthaltenen Angaben zu den Dienstfahrten des Beigeladenen betreffend dessen Amtszeit als Minister des Innern, soweit personenbezogene Daten anderer Personen enthalten sind, sowie -3-
-3- - bezüglich der Schwärzungen in der Rechnung des Park Hotel Bremen vom 4. Dezember 2009, soweit personenbezogene Daten anderer Personen enthalten sind, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt, haben der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3 zu tragen. Tatbestand: Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Akteneinsicht. Der Kläger ist Journalist bei einer Tageszeitung. Er beantragte unter dem 14. September 2010 bei dem Beklagten, ihm Einsicht in das Fahrtenbuch, Spesenabrechnungen inklusive Bewirtungs- und Übernachtungsabrechnungen und andere Abrechnungen sowie Unterlagen zu Kosten für Aufenthalte, Dienstreisen und offizielle Anlässe sowie den Terminkalender jeweils betreffend die Amtszeit des Beigeladenen als Minister des Innern des Landes Brandenburg zu gewähren. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 22. September 2010 ab. Darauf hat der Kläger am 23. September 2010 Klage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten zur Gewährung der beantragten Akteneinsicht zu verpflichten. Auf den gleichzeitig erhobenen Eilantrag (VG 9 L 635/10) hat das Gericht den Beklagten durch Beschluss vom 24. Januar 2011 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht bezüglich der Fahrtenbücher und der angeführten Spesenabrechnungen und anderen Unterlagen zu Kosten des Beigeladenen betreffend dessen Amtszeit als Minister des Innern unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, und im Übrigen den Eilantrag abgelehnt. -4-
-4- Nach Anhörung des Beigeladenen, der der Einsichtnahme widersprach, hat der Beklagte dem Kläger zunächst mit Bescheid vom 20. Juli 2011 unter Abweisung des Antrags im Übrigen Akteneinsicht gewährt in die Originale der Auslagenabrechnungen, in die Originale der Fahrtenbücher mit Ausnahme der Spalten 14 bis 16 und des Namens des Fahrers des Beigeladenen sowie in Kopien der Abrechnungsunterlagen für das personengebundene Dienstfahrzeug des Beigeladenen und der Unterlagen zu den Reise- und Unterkunftskosten jeweils mit Ausnahme der personenbezogenen Daten von zufällig und ohne Zusammenhang zum Beigeladenen aufgeführten anderen Personen. In der Folge hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15. August 2011 beantragt, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 20. Juli 2011 zu verpflichten, ihm Akteneinsicht in die Abrechnungsunterlagen für das personengebundene Dienstkraftfahrzeug des Beigeladenen, soweit geschwärzt, in die Fahrtenbücher des Beigeladenen, Spalten 14 bis 16, in die Unterlagen zu Reisekosten des Beigeladenen sowie in die Auslagenabrechnungen des Beigeladenen, soweit geschwärzt, zu gewähren, und im Übrigen den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat danach mit Rücknahmebescheid vom 28. Oktober 2011 den Bescheid vom 20. Juli 2011 hinsichtlich der teilweisen Gewährung der Einsicht in die Fahrtenbücher wieder zurückgenommen und den Antrag insofern vollständig abgelehnt. Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2011 hat er sich der Erledigungserklärung hinsichtlich der ursprünglich begehrten Einsicht in den Terminkalender angeschlossen. Im Weiteren hat der Kläger die ihm durch den Bescheid vom 20. Juli 2011 in der Gestalt des Rücknahmebescheides vom 28. Oktober 2011 gewährte Einsicht in die geschwärzten Unterlagen tatsächlich genommen und infolgedessen den Rechtsstreit für erledigt erklärt, soweit Akteneinsicht gewährt wurde; der Beklagte hat sich auch dieser Erledigungserklärung angeschlossen. Überdies hat der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte sein Recht auf Akteneinsicht verletzt hat, indem er sich weigerte, die Fahrtenbücher und Spesenabrechnungen als Akten im Sinne des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes zu behandeln -5-
-5- In der mündlichen Verhandlung haben der Kläger und der Beklagte den Rechtsstreit zudem übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt bezogen auf die als „sonstige Abrechnungsunterlagen“ bezeichneten Auslagenabrechnungen, bezogen auf die Reisekostenabrechnungen mit Ausnahme der Rechnung des Park Hotel Bremen vom 4. Dezember 2009 sowie bezogen auf die Abrechnungsunterlagen für das personengebundene Dienstfahrzeug. Der Kläger hat darüber hinaus den Feststellungsantrag zurückgenommen. Im Übrigen verfolgt der Kläger sein Akteneinsichtsbegehren weiter. Er trägt vor: Der geltend gemachte Anspruch folge aus dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz, der Verfassung des Landes Brandenburg, dem Grundrecht auf Medienfreiheit und dem Grundsatz von Treu und Glauben. Auch die Fahrtenbücher seien Akten im Sinne des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes. Der Anspruch auf Akteneinsicht sei nicht aufgrund überwiegender öffentlicher oder privater Interessen ausgeschlossen. Anschriften, Bankverbindungen und Kreditkartennummern des Beigeladenen, personenbezogene Angaben zu den Familienangehörigen des Beigeladenen sowie Geburtsdaten, Anschriften, Bankverbindungen und Kreditkartennummern anderer Dritter wolle er nicht einsehen; dieser rein private Akteninhalt könne geschwärzt oder ausgesondert werden. Ebenso wenig wolle er die Namen der Fahrer in den Fahrtenbüchern wissen. Im Übrigen überwiege angesichts des überragenden Interesses der Öffentlichkeit am Verhalten des Beigeladenen das Offenbarungsinteresse zum Zweck der politischen Mitgestaltung das Interesse des Beigeladenen an einer Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten. Die übrigen Personen, die von dem Akteneinsichtsantrag nicht ausdrücklich ausgenommen seien, seien Amtsträger bzw. relative Personen der Zeitgeschichte. Insofern überwiege jedenfalls das öffentliche Offenbarungsinteresse zum Zwecke der politischen Mitgestaltung das Geheimhaltungsinteresse der Dritten, weil das Ersuchen des Klägers bereits in einer Vielzahl von Ministerien des Landes Brandenburg zu einer Überprüfung der Spesen- und Fahrtkostenabrechnungen geführt habe. Schließlich hat er in der mündlichen Verhandlung noch verlangt, dass ihm die begehrte Akteneinsicht durch Übergabe von Kopien gewährt werde; er meint, die Übergabe von Kopien sei von dem Anspruch auf Akteneinsicht umfasst. -6-
-6- Der Kläger beantragt, 1. den Beklagten unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 22. September 2010, vom 20. Juli 2011 und vom 28. Oktober 2011 zu verpflichten, ihm Akteneinsicht zu gewähren in - das Fahrtenbuch des Beigeladenen betreffend seine Amtszeit als Minister bei dem Beklagten mit Ausnahme der Fahrernamen und mit Ausnahme von Anschriften, Bankverbindungen und Kreditkartennummern des Beigeladenen, von personenbezogenen Angaben zu den Familienangehörigen des Beigeladenen sowie von Geburtsdaten, Anschriften, Bankverbindungen und Kreditkartennummern anderer Dritter und - die Rechnung des Parkhotels Bremen vom 4. Dezember 2009; 2. den Beklagten zu verpflichten, ihm die nach Ziffer 1) beantragte Akteneinsicht in das Fahrtenbuch durch die Übermittlung von Vervielfältigungen zu gewähren. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er macht geltend: Hinsichtlich der Fahrtenbücher bestehe kein Akteneinsichtsrecht. Diese seien keine Akten im Sinne des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes, da sie bezüglich des geldwerten Vorteils der privaten Nutzung der Dienstfahrzeuge steuerrechtlich Eigenbelege des Fahrzeugführers seien und damit nicht ausschließlich amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienten. Jedenfalls stünden einer Einsicht in die Fahrtenbücher überwiegende öffentliche und private Interessen entgegen. Bezogen auf die Angaben zu Privatfahrten des Beigeladenen habe der Kläger keine besonderen Gründe des Einzelfalls dargelegt, aufgrund derer im Hinblick auf den Zweck der politischen Mitgestaltung das Offenbarungsinteresse das Interesse des Beigeladenen an der vertraulichen -7-
-7- Behandlung der Information überwiegen könnte. Die Privatfahrten habe der Beigeladene auch nicht als Amtsträger unternommen. Der Einsicht in die Unterlagen zu Dienstfahrten stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen, weil sie die Erstellung eines Bewegungsprofils ermöglichen und damit in erheblichem Maß zu einer Erhöhung des Gefährdungspotentials führen würde. Soweit die Fahrtenbücher Angaben über Dienstfahrten im Zusammenhang mit Beratungen der Landesregierung oder Arbeiten zu ihrer Vorbereitung enthielten, seien sie auch aus diesem Grund einer Einsicht nicht zugänglich. Eine Aussonderung wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden. Der eine teilweise Einsicht in die Fahrtenbücher gewährende Bescheid vom 20. Juli 2011 sei deswegen insoweit durch Bescheid vom 28. Oktober 2011 zurückgenommen worden. Der vom Kläger verwendete Begriff der relativen Person der Zeitgeschichte sei der Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ohne Einwilligung entlehnt, die inzwischen aufgegeben worden sei. Der Beigeladene, der zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen wurde, aber nicht erschienen ist, stellt keinen Antrag. Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Verfahrensakten VG 9 K 1716/10 (zwei Bände), VG 9 L 635/10 (zwei Bände), und VG 9 K 2225/11, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten zum Akteneinsichtsantrag (Beiakte Heft 5 und Beiakte Heft 1 zum Verfahren VG 9 K 2225/11) sowie die vom Beklagten übersandten geschwärzten Unterlagen, in die der Kläger Einsicht genommen hat (Beiakte Hefte 1 bis 4), verwiesen. Entscheidungsgründe: Das Gericht Urteil konnte gemäß § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) trotz Ausbleibens des Beigeladen bzw. seiner Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden, denn er ist in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. -8-
-8- Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat und der Kläger und der Beklagte den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen, vgl. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Dies betrifft die Akteneinsicht in den Terminkalender, in die Abrechnungsunterlagen für das personengebundene Dienstfahrzeug, in die sonstigen Abrechnungsunterlagen sowie in die Reisekostenabrechnungen mit Ausnahme der Schwärzungen in der Rechnung des Park Hotel Bremen. Im Übrigen hat die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. A. Soweit die Klage auf die Gewährung von Akteneinsicht gerichtet ist, ist sie als Verpflichtungsklage zulässig und teilweise begründet. Insoweit sind die Bescheide des Beklagten vom 22. September 2010, vom 20. Juli 2011 und vom 28. Oktober 2011 rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Akteneinsicht hat der Kläger nicht. I. Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 1 des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes (AIG). Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach §§ 4 und 5 AIG entgegenstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten. Das Akteneinsichtsrecht besteht gemäß §2 Abs. 1 AIG i.V.m. § 8 Landesorganisationsgesetz nicht nur gegenüber der eigentlichen Verwaltung im Sinne von Art. 96 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV), sondern ebenfalls gegenüber den Landesministerien (Art. 82 LV). 1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Einsicht in die in den Fahrtenbüchern enthaltenen Angaben zu den Dienstfahrten des Beigeladenen betreffend dessen Amtszeit als Minister des Innern des Landes Brandenburg in dem von ihm beantragten Umfang, soweit nicht personenbezogene Daten anderer Personen als des Beigeladenen betroffen sind. Soweit die in den Fahrtenbüchern enthaltenen -9-
-9- Angaben zu den Dienstfahrten des Beigeladenen personenbezogene Daten anderer Personen als des Beigeladenen enthalten, hat der Kläger nur einen Anspruch auf Neubescheidung, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Soweit die Fahrtenbücher Angaben zu den als privat gekennzeichneten Fahrten enthalten, steht dem Kläger kein Anspruch auf Akteneinsicht zu. Bei den Fahrtenbüchern handelt es sich um Akten im Sinne des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes. Gemäß § 3 Abs. 1 AIG sind Akten alle schriftlich, elektronisch, optisch, akustisch oder auf andere Weise aufgezeichneten Unterlagen, soweit diese ausschließlich amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienen. Nicht hierunter fallen Vorentwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil des Vorgangs sind und spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden. Danach sind vom Aktenbegriff sämtliche aufgezeichneten Vorgänge in einer Verwaltungsangelegenheit erfasst, aus denen sich der wesentliche Inhalt und Ablauf des Verwaltungsverfahrens ergibt, sowie Vorgänge der Regierungstätigkeit bzw. des entsprechenden Verfahrens; vgl. VG Potsdam, Beschluss vom 24. Januar 2012 – VG 9 L 635/10 -, amtl. Abdruck, S. 4 f. Hieran gemessen unterfallen – wie die Kammer bereits in ihrem Eilbeschluss vom 24. Januar 2011 ausgeführt hat – die Fahrtenbücher dem Aktenbegriff des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes. Bei ihnen erschließt sich der Bezug zu einem Vorgang jedenfalls aus der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Richtlinie über die Beschaffung, Haltung, Nutzung und Aussonderung von Dienstkraftfahrzeugen im Land Brandenburg vom 17. März 1998 (Dienstkraftfahrzeugrichtlinie – DKfzRL 1998). Nach der Regelung in Anlage 5 zu § 13 Abs. 4 DKfzRL 1998 dient das Fahrtenbuch dem Nachweis der Nutzung eines Dienstkraftfahrzeugs; unter anderem sind Kontrollen und Abgleiche mit dem Dienstkraftfahrzeug-Kostenblatt zum Zweck der Kostenermittlung sowie Aufbewahrungsfristen nach Haushaltsrecht vorgesehen. Dieser Einordnung steht nicht entgegen, dass die Fahrtenbücher auch Eintragungen zu Privatfahrten enthalten und dass sie nach dem Vortrag des Beklagten den zur - 10 -
- 10 - Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen Berechtigten gegenüber den Finanzbehörden bezogen auf diese Fahrten als Nachweis gemäß § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommenssteuergesetzes dienen können. Der Umstand, dass der Nutzungsberechtigte sie möglicherweise als Beleg in seinem Einkommenssteuerverfahren nutzen kann, entzieht die Fahrtenbücher nicht dem Anwendungsbereich des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes. Insbesondere entfällt dadurch nicht die Ausschließlichkeit ihrer amtlichen oder dienstlichen Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Satz 1 AIG. Maßgeblich für die Beurteilung, ob Unterlagen ausschließlich amtlichen oder dienstlichen Zwecken im Sinne des § 3 AIG dienen, ist deren unmittelbare Zweckbestimmung. Dies ergibt sich aus dem Gesetzentwurf der Landesregierung, wonach es entscheidend darauf ankommt, dass die Unterlagen ausschließlich amtlichen oder dienstlichen Zwecken unmittelbar zu dienen bestimmt sind; vgl. LT-Drs. 2/4417 S. 11. Daraus folgt, dass Unterlagen, die nach ihrer Zweckbestimmung lediglich mittelbar von privatem Nutzen sind - wie etwa im Bereich der Leistungsverwaltung typisch –, dem Anwendungsbereich des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes nicht entzogen sind. Den streitgegenständlichen Fahrtenbüchern kommt allenfalls eine solche mittelbar privatnützige Bedeutung zu. Die Führung der Fahrtenbücher von Dienstkraftfahrzeugen im Land Brandenburg dient nach der im fraglichen Zeitraum gültigen Dienstkraftfahrzeugrichtlinie unmittelbar allein dienstlichen Zwecken, nämlich nach § 13 DKfzRL 1998 der ordnungsgemäßen Verwaltung der Dienstkraftfahrzeuge und deren Nachweis. Soweit gemäß § 8 Abs. 6 bzw. § 9 Abs. 5 DKfzRL 1998 der sich aus der privaten Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen ergebende geldwerte Vorteil von der dienstkraftfahrzeughaltenden Stelle zu ermitteln und der lohnabrechnenden Stelle mitzuteilen ist, ergibt sich hieraus nichts anderes. Zwar muss zur Erfüllung dieser Verpflichtung auf den Nachweis von Privatfahrten in den Fahrtenbüchern zurückgegriffen werden. Das Fahrtenbuch dient aber auch insofern unmittelbar allein der dem Dienstherrn als Arbeitgeber obliegenden steuerrechtlichen Pflicht zur ordnungsgemäßen Berechnung und Abführung der Lohnsteuer und lediglich mittelbar dem Privatinteresse des Nutzungsberechtigten. - 11 -