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Aktenzeichen
19 L 1452/12
Datum
4. Januar 2013
Gericht
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Gesetz
Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch
Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch

Beschluss: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am 4. Januar 2013

19 L 1452/12

Die Regelung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs verlangt nicht, dass die Proben von zwei unterschiedlichen Laboratorien untersucht werden müssen. Die BasisVO der EG (Nr. 178/2002) entfaltet in Bezug auf darüber hinausgehende Informationspflichten keine Sperrwirkung. Die Vorschrift des § 40 Abs. 1 a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch verstößt nicht gegen höherrangiges Recht und Unionsrecht. Zweck einer Veröffentlichung nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch ist in erster Linie nicht die Abwehr von Gefahren für die menschliche Gesundheit, sondern die Herstellung von Transparenz. Diese Zielsetzung überwiegt das Interesse der Hersteller daran, dass Verstöße gegen Grenzwerte nicht veröffentlicht werden. (Quelle: LDA Brandenburg)

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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_gelsenkirchen/j2013/19_L_1452_12beschluss20130104.h... Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 19 L 1452/12 Datum:                   04.01.2013 Gericht:                 Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Spruchkörper:            19. Kammer Entscheidungsart:        Beschluss Aktenzeichen:            19 L 1452/12 Schlagworte:             Veröffentlichung; Höchstgehaltsüberschreitung; Futtermittel Normen:                  LFGB § 40 Abs. 1a Nr. 1 Leitsätze:               1. Maßgeblich für die Frage, ob eine tatbestandliche Rückanknüpfung oder eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen vorliegt, ist der Zeitpunkt der Verkündung der Norm. 2. § 40 Abs. 1 a LFGB verlangt nicht, dass die vorgenommenen Proben von zwei unterschiedlichen Laboratorien untersucht werden müssen. 3. Zur Vereinbarkeit von § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB mit höherrangigem Recht. 4. Art. 10 VO (EG) Nr. 178/2002 entfaltet in Bezug auf darüber hinausgehende Informationspflichten keine Sperrwirkung. NORMEN==LFGB § 40 Abs. 1a Nr. 1 Tenor:                   Die Anträge werden abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründe:                                                                                 1 Die Anträge ,                                                                           2 dem Antragsgegner vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in einem          3 Klageverfahren die in den Schreiben des Antragsgegners vom 18. Oktober und 12. November 2012 (Az.: 86-30.03.09-005/2012) angekündigte Veröffentlichung von Informationen über die Überschreitung der gesetzlichen Höchstgehalte für nicht- Seite 1 von 6
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_gelsenkirchen/j2013/19_L_1452_12beschluss20130104.h... dioxinähnliche PCB in von der Antragstellerin hergestellten Alleinfuttermitteln für Ferkel zu untersagen, sowie dem Antragsgegner vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in einem          4 Klageverfahren, die in den Schreiben des Antragsgegners vom 26. Oktober und 12. November 2012 (Az.: 86-30.03.09-006/2012) angekündigte Veröffentlichung von Informationen über eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstgehalte für nicht- dioxinähnliche PCB in einem von der Antragstellerin hergestellten Ergänzungsfuttermittel für Kälber zu untersagen, sind als Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen nach § 123 der                    5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig, aber unbegründet. Bei den von dem Antragsgegner angekündigten Veröffentlichungen von                      6 Informationen über die in Futtermitteln der Antragstellerin festgestellten Höchstgehaltsüberschreitungen handelt es sich mangels Regelungsgehalts nicht um Verwaltungsakte, sodass der Anwendungsbereich des § 80 Abs. 5 VwGO, der gemäß § 123 Abs. 5 VwGO vorrangig gegenüber § 123 Abs. 1 VwGO wäre, nicht einschlägig ist. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor              7 Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechtes eines Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) sind glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Es fehlt hier an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Die                    8 Voraussetzungen eines allein in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs sind nicht gegeben. Unabhängig von seiner dogmatischen Herleitung setzt dieser allgemein anerkannte         9 Anspruch voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in ein subjektiv- öffentliches Recht bevorsteht oder noch andauert. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben, weil der in den beabsichtigten Veröffentlichungen der Überschreitung gesetzlicher Höchstgehalte liegende Eingriff nicht rechtswidrig ist. Er ist durch die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1a Nr. 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) gedeckt. Gemäß § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB informiert die zuständige Behörde die                    10 Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels, sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen, im Falle von Proben nach § 39 Abs. 1 Satz 2 auf der Grundlage mindestens zweier unabhängiger Untersuchungen von Stellen nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 hinreichend begründete Verdacht besteht, dass in Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes festgelegte zulässige Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen überschritten wurden. Seite 2 von 6
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_gelsenkirchen/j2013/19_L_1452_12beschluss20130104.h... Zu Unrecht rügt die Antragstellerin, die streitbetroffenen                             11 Höchstgehaltsüberschreitungen fielen nicht in den zeitlichen Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1a LFGB, weil § 40 Abs. 1a LFGB erst am 1. September 2012 in Kraft getreten, die in Rede stehenden Futtermittel aber bereits im Juli 2012 hergestellt worden seien. Der damit der Sache nach geltend gemachte Einwand einer unzulässigen Rückwirkung der Norm verfängt schon deswegen nicht, weil vorliegend keine, nicht einmal eine sog. "unechte" Rückwirkung gegeben ist. Eine Rechtsnorm entfaltet eine "echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit          12 belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits vor Verkündung ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine "unechte" Rückwirkung vor. Eine "echte" Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig, eine "unechte" nicht, sie muss aber dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. -, BVerfGE 127, 31, vom 13 5. Februar 2002 - 2 BvR 305/93 und 2 BvR 348/93 -, BVerfGE 105, 17, und vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 -, BVerfGE 72, 200. Maßgeblich für die Frage, ob eine tatbestandliche Rückanknüpfung oder gar eine         14 Rückbewirkung von Rechtsfolgen vorliegt, ist demnach nicht, wie die Antragstellerin meint, der Zeitpunkt des Inkrafttretens, sondern derjenige der Verkündung der Norm. Die Neuregelung des § 40 Abs. 1a LFGB war bereits mit ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt vom 21. März 2012 (BGBl. I S. 476) verkündet worden. In ihrer Anwendung auf ein im Juli 2012 hergestelltes Futtermittel liegt dementsprechend keine tatbestandliche Rückanknüpfung und erst recht keine Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Für einen der Antragstellerin zugute kommenden Vertrauensschutz fehlt es bei dieser Sachlage an einer Grundlage. Vielmehr musste sie aufgrund der Verkündung der besagten Regelung damit rechnen, dass eine Überschreitung im Sinne von § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB eine Veröffentlichung nach sich ziehen würde. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB sind erfüllt.               15 Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass bei allen drei streitgegenständlichen Probenahmen die zulässigen Höchstgehalte nicht-dioxinähnlicher PCB überschritten waren, und dies durch jeweils zwei unabhängige Untersuchungen des CVUA Münsterland-Emscher-Lippe bzw. des CVUA Ostwestfalen-Lippe nachgewiesen wurde. § 40 Abs. 1a LFGB verlangt hingegen nicht, wie von der Antragstellerin vorgetragen, 16 dass die vorgenommenen Proben von zwei unterschiedlichen Laboratorien untersucht werden müssen. Ein solches Auslegungsergebnis ergibt sich nicht aus dem Normtext, wonach der          17 begründete Verdacht einer Grenzwertüberschreitung auf der Grundlage mindestens zweier unabhängiger Untersuchungen von Stellen nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 bestehen muss. Die vorgegebene Anzahl von mindestens zwei bezieht sich lediglich auf das Tatbestandsmerkmal der Untersuchungen, nicht hingegen auf das der Stellen im Sinne des Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 882/2004. Seite 3 von 6
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_gelsenkirchen/j2013/19_L_1452_12beschluss20130104.h... Dass der Begriff der Stellen im Plural verwendet wird, stützt die gegenteilige          18 Auffassung der Antragstellerin nicht. Der Plural dient lediglich zur Bezeichnung der Gesamtheit der für die Durchführung von Untersuchungen in Betracht kommenden Stellen, die sich - selbstverständlich - nicht auf eine einzige Einrichtung beschränkt. § 40 Abs. 1a LFGB greift damit lediglich den Plural "Laboratorien" in Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 882/2004 auf. Dieser Plural hat ersichtlich nur die Funktion, den Kreis der für eine Benennung durch in Betracht kommenden Laboratorien einzugrenzen. Im Übrigen entspricht es auch sonst gebräuchlicher Regelungstechnik, Tatbestandsmerkmale im Plural zu benennen, ohne dass damit die normative Forderung nach mehrfacher Verwirklichung des betreffenden Tatbestandsmerkmals verbunden wäre. Aus der Entstehungsgeschichte des § 40 Abs. 1a LFGB ergibt sich nichts                  19 Abweichendes. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf des § 40 Abs. 1a LFGB nannte als                      20 Voraussetzung lediglich "den durch Tatsachen hinreichend begründeten Verdacht" des Bestehens einer Grenzwertüberschreitung. Vgl. BT-Drs. 17/7374, S. 10.                                                            21 Nach einer Sachverständigenanhörung änderte der Ausschuss für Ernährung,                22 Landwirtschaft und Verbraucherschutz den Gesetzesentwurf in die nunmehr gültige Fassung und nahm für den Fall von Proben nach § 39 Abs. 1 Satz 2 als Grundlage des begründeten Verdachts die Forderung mindestens zweier unabhängiger Untersuchungen von Stellen nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 in den Gesetzestext auf. Die Änderung sollte den"durch Tatsachen hinreichend begründeten Verdacht" dahingehend konkretisieren, dass die Tatsachenbasis aus mindestens zwei unabhängigen Analyseergebnissen akkreditierter Stellen bestehen müsse. Vgl. BT-Drs. 17/7993, S. 18.                                                            23 Daraus ergeben sich keine Erkenntnisse, die das aus dem Wortlaut der Norm               24 hergeleitete Auslegungsergebnis in Frage ziehen. Die Äußerung der Abgeordneten Drobinski-Weiß in der 147. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 2. Dezember 2011, dass Proben nun von mindestens zwei unabhängigen Laboren untersucht werden müssten, vgl. Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 17/147,                                       25 ist für die Gesetzesauslegung ohne Belang. Es handelt sich um eine bloße (Fehl-)        26 Interpretation, die zudem vereinzelt geblieben ist. Schließlich lässt sich auch Sinn und Zweck der Vorschrift kein Erfordernis der          27 Untersuchung durch verschiedene Stellen ableiten. Die normative Forderung nach mindestens zwei Untersuchungen soll gewährleisten, dass der eine Veröffentlichung gebietende Untersuchungsbefund hinreichend abgesichert ist. Nach Auffassung des Gesetzgebers reicht hierzu eine einzige Untersuchung nicht aus, weil in der Vergangenheit Zweituntersuchungen von Proben teilweise zu Ergebnissen geführt haben, die von dem Ergebnis der Erstuntersuchung abgewichen sind. Dieser Zielvorstellung des Gesetzgebers ist bereits mit zwei unabhängigen Untersuchungen desselben Laboratoriums hinreichend Rechnung getragen. Dass er Seite 4 von 6
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_gelsenkirchen/j2013/19_L_1452_12beschluss20130104.h... zur Sicherung der Objektivität und Unvoreingenommenheit der Untersuchungen die Einschaltung einer zweiten Stelle für erforderlich gehalten hätte, hat der Gesetzgeber hingegen nicht zum Ausdruck gebracht. Vielmehr sah er die Einhaltung dieser Erfordernisse erkennbar bereits dadurch gewährleistet, dass nur akkreditierte Laboratorien im Sinne von Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 882/2004 die fraglichen Untersuchungen durchführen dürfen. Die in § 40 Abs. 1a LFGB vorgesehene Rechtsfolge der Information der                   28 Öffentlichkeit ist zwingend. Der Behörde steht kein Ermessen zu. Für Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit der im Einzelfall getroffenen Maßnahme ist bei dieser Sachlage kein Raum. Die Vorschrift selbst verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.                        29 Zunächst liegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin kein Verstoß gegen den 30 aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Der sinngemäße Vortrag der Antragstellerin, die mit möglichen Veröffentlichungen verbundenen "Prangerwirkungen" stünde außer Verhältnis zu den festgestellten geringfügigen und nicht gesundheitsgefährdenden Grenzwertüberschreitungen, geht fehl. Zweck einer Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB ist in erster Linie nicht die Abwehr von Gefahren für die menschliche Gesundheit, sondern die Herstellung von Transparenz. Konsumenten, insbesondere Futtermittel beziehende Landwirte sollen in die Lage versetzt werden, ihre Kaufentscheidungen auch daran auszurichten, ob der Hersteller des Futtermittels die einschlägigen Grenzwertregelungen beachtet hat. Zur Förderung dieses Ziels des Verbraucherschutzes ist die in § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB getroffene Regelung geeignet und erforderlich. Erfolgt keine Veröffentlichung, haben Verbraucher in der Regel keine Möglichkeit, von festgestellten Verstößen Kenntnis zu erlangen und diese ihrer Kaufentscheidung zu Grunde zu legen. Mittelbar verfolgt § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB darüber hinaus präventiven Gesundheitsschutz indem die Lebens- und Futtermittelhersteller zur Einhaltung der fraglichen Grenzwerte, Höchstgehalte und Höchstmengen angehalten werden. Diese Präventivfunktion ist legitim und gerechtfertigt, weil Überschreitungen dieser Werte bei der gebotenen generellen Betrachtung zu vermehrten Anreicherungen schädlicher Stoffe bei Menschen und Tieren führen können. Gegenüber den genannten Zielsetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB ist das Interesse der Hersteller daran, dass Verstöße gegen Grenzwertregelungen nicht veröffentlicht werden, nicht von solchem Gewicht, dass die durch die Veröffentlichungen bewirkten Nachteile außer Verhältnis zum verfolgten Zweck stünden. Zum Einen liegen die in Rede stehenden Überschreitungen in ihrem Einwirkungsbereich, zum Anderen beinhalten die fraglichen Veröffentlichungen ungeachtet ihrer faktischen Auswirkungen gerade keinen Vorwurf eines schuldhaften oder gar strafbaren Verhaltens. Vor diesem Hintergrund besteht auch der von der Antragstellerin sinngemäß mit          31 Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz behauptete Wertungswiderspruch zwischen § 40 Abs. 1a Nr. 1 und Nr. 2 LFGB nicht. Dass § 40 Abs. 1a LFGB in Nr. 1 anders als in Nr. 2 keine einschränkenden Vorgaben zur Schwere des Verstoßes macht, erklärt und rechtfertigt sich ohne weiteres daraus, dass die in Nr. 1 genannten Grenzwerte, Höchstgehalte, oder Höchstmengen für die Erreichung der vorstehend beschriebenen Normzwecke von zentraler Bedeutung sind. Den in Nr. 2 aufgeführten sonstigen Verstößen misst der Gesetzgeber nachvollziehbar nicht von vornherein, sondern nur unter der zusätzlichen Voraussetzung einer gewissen Seite 5 von 6
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_gelsenkirchen/j2013/19_L_1452_12beschluss20130104.h... Schwere des Verstoßes vergleichbares Gewicht im Hinblick auf diese Normzwecke bei. § 40 Abs. 1a LFGB verstößt auch nicht gegen Art. 10 der Verordnung (EG) Nr.            32 178/2002. Der Argumentation der Antragstellerin, über Art. 10 VO (EG) Nr. 178/2002 hinausgehende Informationspflichten dürften einzelstaatlich nicht festgelegt werden kann nicht gefolgt werden. Für eine solche Sperrwirkung bietet der Wortlaut des Art. 10 VO (EG) Nr. 178/2002      33 keinerlei Anhalt. Sie würde auch dem Sinn und Zweck der Verordnung widersprechen. Wie sich aus ihren aus Artikel 1 hervorgehenden Regelungszielen sowie ihren Erwägungsgründen ergibt, wird eine materiell-rechtliche Vollharmonisierung des Lebensmittelrechts nicht angestrebt. Vielmehr sollen lediglich Mindeststandards für die Informationstätigkeit der Behörden festgelegt werden. Weitergehende Informationsmaßnahmen der zuständigen nationalen Behörden werden damit gerade nicht ausgeschlossen. Dafür spricht auch Art. 17 Abs. 2 Satz 2 der VO (EG) Nr. 178/2002, wonach die          34 Mitgliedstaaten ein System amtlicher Kontrollen betreiben und andere den Umständen angemessene Maßnahmen durchführen, einschließlich der öffentlichen Bekanntgabe von Informationen über die Sicherheit und Risiken von Lebensmitteln. Dabei findet sich keine Einschränkung dahingehend, dass eine Information der Öffentlichkeit nur dann zulässig ist, wenn es sich um ein Risiko i. S. d. Art. 10 handelt. Vgl. näher VG München, Beschluss vom 13. September 2012 - M 22 E 12.4275 -,            35 juris Rdnr. 84 ff; VG Regensburg, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - RO 5 E 12.1580 -, juris, Rdnr. 65 ff. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.                                    36 Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 37 des Gerichtskostengesetzes. Die Kammer hält das mit den beiden Anträgen verfolgte Interesse an einer vorläufigen Vermeidung der strittigen Veröffentlichungen jeweils mit 2.500,- Euro für angemessen bewertet. 38 Seite 6 von 6
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