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Aktenzeichen
4 K 12.458
Datum
3. Januar 2013
Gericht
Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg
Gesetz
Umweltinformationsgesetz Bayern (BayUIG)
Umweltinformationsgesetz Bayern (BayUIG)

Gerichtsbescheid: Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg am 3. Januar 2013

4 K 12.458

Das Gericht lehnt die Bekanntgabe von Umweltinformationen unter Verweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des betroffenen Recyclinghofs ab. Die Entscheidung beschäftigt sich eingehend mit den Begriffen Betriebs- und Geschäftsgeheimnis und berechtigte Interessen. Anders als bei Angaben über die Kapazität einer Anlage, sind Daten über die Menge angelieferter Materialien ein schützenswertes Betriebs- und Geschäftsgeheimnis. Dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kommt in der Abwägung mit öffentlichen Interessen an der Bekanntgabe erhebliches Gewicht zu, da sie vom Schutzbereich der Artikel 12 und 14 Grundgesetz umfasst sind. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Interessenabwägung Begriffsbestimmung

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Gerichtsbescheid; Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen; Betriebs- und Geschäftsgeheimnis; überwiegendes Geheimhaltungsinteresse;

VG Würzburg 4. Kammer, Gerichtsbescheid vom 03.01.2013, W 4 K 12.458

§ 84 Abs 1 S 1 VwGO, Art 3 Abs 1 S 1 UIG, Art 2 Abs 2 Nr 2 UIG, Art 8 Abs 1 S 1 Nr 3 UIG, Art 8 Abs 1 S 2 UIG

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1 Der Kläger begehrt Informationen über Anlieferungsmengen von Stoffen im Recyclingbetrieb der Beigeladenen.

2 Mit Schreiben vom 5. Januar 2012 bat der Kläger das Landratsamt Haßberge um Auskunft über die Anlieferungsmengen von Elektro- und Elektroaltgeräten in der Recyclinganlage der Beigeladenen auf dem Grundstück FlNr. 4... der Gemarkung Wonfurt in den Jahren 2010 und 2011. Die Beigeladene übermittelte die daraufhin angeforderten Daten an das Landratsamt Haßberge mit dem Hinweis, sie vertraulich zu behandeln. Es sei ihr wichtig, dass keine Information über Materialeingänge und Produktionsstunden an ihre Mitbewerber gelangten. Unter dem 27. Januar 2012 erklärte das Landratsamt Haßberge gegenüber dem Kläger, die gewünschten Mengenangaben könnten nicht herausgegeben werden, da sie unter das von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayUIG geschützte Betriebsgeheimnis fielen. Es könne jedoch mitgeteilt werden, dass die Anliefermengen für die Jahre 2010 und 2011 die im Bescheid vom 6. Oktober 2008 genehmigte Mengenschwelle von 120 t am Tag (Gesamtmenge) deutlich unterschreite.

3 Mit E-Mail vom 24. Februar 2012 wies der Kläger auf das aus seiner Sicht überwiegende öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Daten hin. Zudem könne nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 BayUIG der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen nicht unter Berufung auf die in Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 BayUIG genannten Gründe abgelehnt werden. Mit Stellungnahme vom 1. März 2012 erklärte der daraufhin eingeschaltete Datenschutzbeauftragte des Landratsamts Haßberge im Wesentlichen, der Antrag auf die begehrten Mengenangaben sei zutreffend abgelehnt worden, da durch das Bekanntgeben Seite 1 von 9

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Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden und die Beigeladene ihre Zustimmung hierfür nicht erteilt habe. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der angelieferten Mengen sei ebenfalls nicht festzustellen.

4 Mit E-Mail vom 13. März 2012 forderte der Kläger das Landratsamt Hassberge erneut zur Herausgabe der Informationen auf. Nur so bestehe für die Öffentlichkeit die Möglichkeit, die gegenwärtigen Emissionsmessungen und Analysen vor dem Hintergrund der Verarbeitungsmengen der Vorjahre einzuordnen.

5 Mit Bescheid vom 16. März 2012 lehnte das Landratsamt Haßberge den Antrag des Klägers auf Herausgabe der Anlieferungsmengen in Tonnen pro Quartal bezüglich Elektro- und Elektroaltgeräten bei der Beigeladenen in den Jahren 2010 und 2011 ab.

6 Mit Schreiben vom 13. April 2012 erklärte der Klägerbevollmächtigte gegenüber dem Landratsamt Haßberge, infolge der zwischenzeitlich vorliegenden Messergebnisse der Fa. M... dränge sich eine andere Bewertung der Sachlage auf. Vor diesem Hintergrund bitte er darum, eine erneute Abwägung vorzunehmen und die Daten herauszugeben. Mit Schreiben vom 16. April 2012 kündigte das Landratsamt Haßberge an, aufgrund der geänderten Sachlage erneut über den Antrag zu entscheiden.

7 Mit E-Mail vom 24. April 2012 erklärte die Beigeladene, sie lege Wert darauf, dass die Informationen nicht weitergegeben würden. Andernfalls sei es Mitbewerbern möglich, anhand der Produktionszeiten die Produktionskosten zu errechnen und bei künftigen Ausschreibungen ein besseres Angebot abzugeben. Sie – die Beigeladene – könne so aus dem Markt gedrängt werden.

8 Mit Bescheid vom 8. Mai 2012 gab das Landratsamt Haßberge dem Antrag des Klägers auf Herausgabe der Anlieferungsmengen in Tonnen pro Quartal bezüglich Elektro- und Elektroaltgeräten bei der Beigeladenen in den Jahren 2010 und 2011 insoweit statt, als mitgeteilt wurde, dass die verarbeitete Elektroschrottmenge im Januar 2012 gegenüber Januar 2011 um ca. 30 v.H. höher liege und nach Auskunft der Beigeladenen die verarbeitete Elektroschrottmenge im Zeitraum Januar bis März 2012 zwischen 30 und 40 v.H. unter dem Wert im Vergleichszeitraum des Jahres 2011, aber über dem Vergleichszeitraum des Jahres 2010 liege (Ziffer 1). Im Übrigen lehnte das Landratsamt den Antrag ab (Ziffer 2). Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, bei den begehrten Mengenangaben in Tonnen pro Quartal handele es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Es bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der begehrten Daten.

9 Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 6. Juni 2012 beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage. Er beantragt sinngemäß,

10 das Landratsamt Haßberge unter Aufhebung des Bescheids vom 8. Mai 2012 zu verpflichten, dem Kläger Auskunft über die Anlieferungsmengen an Elektro- und Elektroaltgeräten (Stoffstrommengen in Tonnen/Quartal) im Betrieb der Beigeladenen für die Jahre 2010, 2011 und das erste Quartal 2012 zu erteilen.

11 Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, bei den begehrten Angaben handele es sich nicht um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. Es sei nicht damit zu rechnen, dass es durch die Herausgabe der Daten zu Wettbewerbsverzerrungen oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen der Beigeladenen komme. Es komme ihm – dem Kläger – nicht auf ein Auskundschaften von Betriebsgeheimnissen, sondern darauf an, einen kausalen Zusammenhang zwischen den umweltgefährdenden Produktionsprozessen und einer davon ausgehenden Gesundheitsgefahr für den Menschen aufzuzeigen. Bei Messungen im Januar

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2012 seien erhebliche Belastungen festgestellt worden. Sollte in den Vorjahren eine wesentlich höhere Stoffmenge verarbeitet worden sein, liege der Rückschluss nahe, dass damals auch die Belastungen für die Umwelt höher gewesen seien. Das öffentliche Interesse am Erhalt der Informationen überwiege das private Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen. Das überaus hohe Interesse der Öffentlichkeit zeige sich an der ständigen Berichterstattung in den Medien, an den stattfindenden Demonstrationen und an der Mitgliederzahl des Klägers von mehreren hundert Menschen. Zudem hätten bei der Beigeladenen Produktionsprozesse stattgefunden, die nicht genehmigt worden seien. Ferner seien die Angaben zur Begründung etwaiger Schadensersatzforderungen erforderlich. Schließlich habe das Landratsamt Haßberge es zumindest fehlerhaft unterlassen, die Informationen unter Schwärzung etwaiger Betriebsgeheimnisse herauszugeben.

12 Der Beklagtenvertreter beantragt,

13 die Klage abzuweisen.

14 Er vertritt die Auffassung, dem Kläger fehle das Rechtschutzbedürfnis, soweit er Auskunft über die Anlieferungsmengen im ersten Quartal 2012 verlange. Der Kläger habe vorgerichtlich lediglich Auskunft über die Stoffstrommengen in den Jahren 2010 und 2011 beantragt. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil dem geltend gemachten Anspruch der Ablehnungsgrund des Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayUIG entgegenstehe. Bei den begehrten Daten handele es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen. Sie ließen in Verbindung mit den Produktionszeiten Rückschlüsse auf die Produktionskosten zu. Das Wissen um die Produktionskosten von Mitbewerbern bedeute einen Informationsvorsprung und führe zu Wettbewerbsverzerrungen. Es liege auch kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der Daten vor. Die im ersten Quartal 2012 angelieferten Stoffe und die hierzu ermittelten Schadstoffkonzentrationen ließen sich nicht ins Verhältnis zu den Jahren 2010 und 2011 setzen. Neben den verarbeiteten Stoffmengen werde die auftretende Umweltbelastung von vielen weiteren Faktoren beeinflusst, wie etwa der Wetterlage oder der Jahreszeit. Die ungenehmigte Annahme und Verarbeitung von Schredderleichtfraktionen sei mit Bescheiden vom 6. und 14. Dezember 2012 untersagt worden.

15 Die Beigeladene schloss sich, ohne einen Antrag zu stellen, den Ausführungen des Beklagten an. Ergänzend führte sie im Wesentlichen aus, die begehrte Auskunft falle unter das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, da nur sie und ein von ihr eng bestimmter Personenkreis Zugang zu den Daten habe. Diese unterfielen zum einen dem technischen Wissen der Beigeladenen. Zum anderen seien sie auch Gegenstand kaufmännischer Erwägungen und Beurteilungen, die Marktkonkurrenten nicht zugänglich zu machen seien. Unerheblich sei dabei, dass der Kläger selbst keine Marktposition innehalte. Aus den Daten ließen sich unter anderem Rückschlüsse auf Produktionsabläufe, Kapazitäten, Abnahme- und Lieferfähigkeit und die Organisation der Beigeladenen ziehen. Allein im Raum Haßberge gebe es fünf ansässige Recyclingunternehmen, die aus ihrem branchenspezifischen Fachwissen heraus derartige Rückschlüsse vornehmen könnten.

16 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Die Akten aus den Verfahren W 4 S 12.267 und W 4 K 12.933 wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

17 Die Klage hat keinen Erfolg.

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18 Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

19 Es kann dahinstehen, ob die Klage hinsichtlich des gesamten Auskunftsbegehrens des Klägers zulässig oder ob das Rechtschutzinteresse des Klägers mangels vorheriger Antragstellung bei der Behörde entfallen ist, soweit er Auskunft über die Stoffmengenströme im ersten Quartal 2012 begehrt. Die Klage ist jedenfalls unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Zugang zu den von ihm begehrten Informationen hat. Die unter Ziffer 2 des Bescheids vom 8. Mai 2012 ausgesprochene Ablehnung des klägerischen Antrags ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

20 Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayUIG. Danach hat jede Person nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinn des Art. 2 Abs. 1 BayUIG verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.

1.

21 Zwar ist der Kläger als eingetragener Verein eine juristische Person des Privatrechts und damit eine "Person" i.S.v. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayUIG. Das Landratsamt Haßberge ist auch eine informationspflichtige Stelle i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayUIG i.V.m. Art. 1 BayVwVfG, nämlich eine Stelle der öffentlichen Verwaltung, die über die genannten Umweltinformationen verfügt (Art. 2 Abs. 3 Satz 1 BayUIG). Bei den vom Kläger begehrten Informationen handelt es sich zudem – worüber die Beteiligten nicht streiten um Umweltinformationen i.S.v. Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 BayUlG. Dazu gehören unter anderem Daten über Stoffe, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinn der Nr. 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Die vom Kläger begehrten Informationen betreffen Art und Menge der im Betrieb der Beigeladenen in den Jahren 2010 und 2011 sowie im ersten Quartal 2012 angelieferten Stoffe. Diese wirken sich aufgrund der Verarbeitungsvorgänge im Betrieb der Beigeladenen auf die unter Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayUIG genannten Umweltbestandteile Luft, Atmosphäre und Boden aus.

2.

22 Allerdings hält das Landratsamt Haßberge dem Informationsbegehren des Klägers zu Recht den Schutz geheimhaltungsbedürftiger Daten entgegen.

23 Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayUIG ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Die Voraussetzungen für diesen Ablehnungsgrund liegen hier vor. Bei den begehrten Informationen handelt es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen, die durch das Bekanntgeben ohne Zustimmung der Beigeladenen zugänglich gemacht würden (2.1.). An deren Bekanntgabe besteht kein überwiegendes öffentliches Interesse (2.2.). Die Regelung des Art. 8 Abs. 1 Satz 2 BayUIG, wonach der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen nicht unter Berufung auf die in Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 BayUIG genannten Gründe abgelehnt werden kann, ist nicht einschlägig (2.3.).

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24 Unter den Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses fallen alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (BVerfG vom 14.03.2006 Az. 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03; BVerwG vom 28.05.2009 Az. 7 C 18/08; vom 24.09.2009 Az. 7 C 2.09 - alle juris). Mit dem Kriterium des berechtigten Interesses an der Nichtverbreitung soll eine rein willkürliche Geheimhaltung verhindert werden. Entscheidend ist also, ob ein verständiger Unternehmer, gegebenenfalls auch die angerufene informationspflichtige Stelle selbst, Informationen dieser Art geheim halten würde. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Offenlegung der betreffenden Information geeignet wäre, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des betroffenen Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (BVerwG vom 19.01.2009 Az. 20 F 23.07; vom 28.05.2009 Az. 7 C 18/08; vom 24.09.2009 Az. 7 C 2/09 - alle juris). Während Betriebsgeheimnisse die technische Seite eines Unternehmens betreffen, beziehen sich Geschäftsgeheimnisse auf kaufmännische Gesichtspunkte (BVerwG vom 28.05.2009 Az. 7 C 18/08; vom 24.09.2009 Az. 7 C 2.09 - beide juris). Eine exakte Differenzierung zwischen beiden Begriffen ist letztlich jedoch entbehrlich, weil sie regelmäßig gemeinsam verwendet werden und dem gleichen Schutzanspruch unterliegen. Als Beispiele für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse können Informationen über Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- oder Forschungsprojekte aufgeführt werden (BVerfG vom 14.03.2006 Az. 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03). Da Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch die Bekanntgabe von Umweltinformationen lediglich "zugänglich" gemacht werden müssen, ist nicht erforderlich, dass sie unmittelbar bekannt gegeben werden. Vielmehr genügt die Möglichkeit entsprechender Rückschlüsse auf die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (BVerwG vom 24.09.2009 Az. 7 C 2/09 - juris). Was den Grad an Überzeugungsgewissheit bei der in die Zukunft gerichteten Einschätzung angeht, reicht es aus, dass nachteilige Wirkungen im Wettbewerb nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden.

25 Gemessen daran haben der Beklagte und die Beigeladene hinreichend substanziiert dargelegt, dass es sich bei den vom Kläger begehrten Daten um Betriebs- und Geschäftsgeheimnis handelt, die durch das Bekanntgeben ohne Zustimmung der Beigeladenen zugänglich gemacht würden. Die Informationen betreffen unternehmensbezogene Vorgänge, nämlich die im Betrieb der Beigeladenen angelieferten Stoffstrommengen. Nach den auch von der Klägerseite nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Beigeladenen stehen diese Informationen nur einem begrenzten Personenkreis bzw. nur den von diesem Personenkreis bestimmten Personen zur Verfügung. Die Beigeladene hat ihren Willen zur Geheimhaltung bei Übermittlung der Daten an das Landratsamt Haßberge im Verlauf des Verwaltungsverfahrens stets hervorgehoben (vgl. E- Mails vom 26. und 27. Januar sowie vom 24. Februar 2012). Überdies besteht ein berechtigtes Interesse der Beigeladenen an der Nichtverbreitung der vom Kläger begehrten Informationen. Anders als bei Angaben über die Kapazität der Anlage, welche von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayUIG nicht geschützt werden (BVerwG vom 24.09.2009 Az. 7 C 2/09 - juris), sind die vorliegend relevanten Daten über die tatsächliche Menge an angelieferten Materialien ein schützenswertes Betriebs- und Geschäftsgeheimnis. Zwar ist davon auszugehen, dass ein verständiger Unternehmer der Öffentlichkeit bei der Informationsfreigabe nicht völlig verschlossen gegenübersteht. Doch ist er nicht gehalten, wesentliche Bestandteile der betrieblichen Informationssphäre preiszugeben. Hierzu gehören die Angaben über die vom Kläger begehrten Informationen. Wie die Beigeladene nachvollziehbar und plausibel ausgeführt hat, lassen sie Rückschlüsse auf wirtschaftliche Seite 5 von 9

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relevante Daten des Betriebs zu. So können aus Art und Umfang der angelieferten Stoffe Aussagen über die Arbeitsweise, die technischen Abläufe oder die Abnahme- und Lieferfähigkeit des Betriebs abgeleitet werden. Weiterhin sind aus den Daten gegebenenfalls Entwicklungen ablesbar, die Erkenntnisse sowohl über Auslastung, Wachstumspotentiale und Kostenstruktur der Anlage als auch über Engpässe und wirtschaftliche Schwierigkeiten des Betriebs offenlegen. Es liegt auf der Hand, dass derartige Angaben über die Struktur und strategische Ausrichtung eines Standorts für die Wettbewerbsfähigkeit und die Marktstellung eines Unternehmens relevant sind und Marktkonkurrenten berechtigterweise nicht offenbart werden sollen. Andernfalls besteht die Möglichkeit, dass sich diese aufgrund ihres branchenspezifischen Fachwissens einen Informationsvorsprung verschaffen und dadurch die Wettbewerbsposition der Beigeladenen nachteilig beeinflussen. Von dieser Möglichkeit ist entgegen der Auffassung der Klägerseite auch ohne nähere Darlegung der Beigeladenen, ob und inwieweit ansässigen Unternehmen im Landkreis Haßberge tatsächlich die Eigenschaft eines Marktkonkurrenten zukommt, auszugehen. Denn zum einen ist nicht nur auf die Marktkonkurrenz im Landkreis Haßberge abzustellen, zum anderen kommt es allein auf eine potenzielle Relevanz der Informationen für mögliche Konkurrenten an. Da schon die vorgenannten Umstände nach Auffassung der Kammer ausreichen, um ein berechtigtes Interesse der Beigeladenen an der Geheimhaltung der Daten zu begründen, kann die zwischen den Beteiligten weiter umstrittene Frage dahinstehen, ob sich aus den Daten über die angelieferten Stoffe, gegebenenfalls in Verbindung mit den Produktionszeiten, ein Rückschluss auf die Produktionskosten der Beigeladenen ziehen lässt. Soweit der Kläger schließlich einwendet, er selbst habe kein Interesse an der wirtschaftlichen Bedeutung der Daten und könne sie einem Sachverständigen zur Verfügung stellen, ist dem entgegenzuhalten, dass die Schutzwirkung von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayUIG schon dann eingreift, wenn die Informationen den Einflussbereich der Behörde verlassen hat. Das "Zugänglichmachen" der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hängt gerade nicht davon ab, wie der Kläger mit dieser Information umzugehen gedenkt.

26 Damit handelt es sich bei den begehrten Informationen um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen, die durch das Bekanntgeben ohne Zustimmung der Beigeladenen zugänglich gemacht würden.

2.2.

27 Das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der begehrten Informationen überwiegt nicht das Interesse der Beigeladenen an der Geheimhaltung der Informationen.

28 Dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kommt in der Abwägung ein erhebliches Gewicht zu. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind sowohl vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsfreiheit (BVerfG vom 14.03.2006 Az. 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03 - juris RdNr. 81 ff.) als auch von Art. 14 Abs. 1 GG – sei es als Teil des Rechts am ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetriebs, sei es als selbständiges vermögenswertes Gut (OVG Schleswig-Holstein vom 22.06.2005 Az. 4 LB 30/04 - juris) – umfasst. Von einem überwiegenden öffentlichen Interesse ist nur dann auszugehen, wenn mit dem Antrag ein Interesse verfolgt und auch nachvollziehbar geltend gemacht wird, das über das allgemeine, jeden Antrag rechtfertigende Interesse hinausgeht. Es genügt nicht das allgemeine Interesse der Öffentlichkeit, Zugang zu Informationen über die Umwelt zu erhalten. Andernfalls überwöge stets das öffentliche Interesse und die Abwägung im Einzelfall wäre entbehrlich. Zu klären ist, ob der Antragsteller in erster Linie eigene Interessen verfolgt und ein Nutzen für den Umweltschutz allenfalls als Nebenprodukt abfällt oder ob letzterer im Vordergrund steht (BVerwG vom 24.09.2009 Az. 7 C 2/09 - juris). Daher kann auch entscheidend sein, Seite 6 von 9

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von wem und zu welchem Zweck die betreffenden Informationen begehrt werden (Reidt/Schiller in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 66. Erg. 2012, § 9 UIG RdNr. 34). Aus diesem Grund bedarf es in jedem Einzelfall einer Ermittlung, Bewertung und Gewichtung der einem Informationsbegehren gegenüberstehenden Ablehnungsgründe.

29 Vorliegend hat der Kläger, eine Bürgerinitiative mit umweltschützender Zielrichtung, zwar im gerichtlichen Verfahren betont, ihm gehe es in erster Linie darum, aus den von ihm begehrten Daten einen Kausalzusammenhang zwischen den Produktionsprozessen und einer unmittelbaren Gesundheitsgefahr für den Menschen (Mitarbeiter, Anwohner, Bevölkerung) aufzuzeigen. Dieses legitime öffentliche Interesse, welches unter anderem bei Demonstrationen und in der medialen Berichterstattung zum Ausdruck gekommen ist, tritt jedoch nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls hinter das private Interesse der Beigeladenen an der Geheimhaltung der Informationen zurück.

30 Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die vom Kläger begehrten Informationen für den von ihm angestrebten Zweck nur von geringer Aussagekraft sein können. Ein Ursachenzusammenhang zwischen den Produktionsprozessen der Beigeladenen und einer Gesundheitsgefährdung von Mitarbeitern, Anwohnern und der Bevölkerung kann aus ihnen nicht mit Gewissheit abgeleitet werden. Die Informationen sind allenfalls von indizieller Bedeutung. Insbesondere lässt der vom Kläger beabsichtigte Vergleich der Anlieferungsmengen des ersten Quartals 2012 mit denen der vorangegangenen Jahren keinen gesicherten Rückschluss auf eine Schadstoffbelastung zur damaligen Zeit zu, weil eine solche nicht nur von Art und Umfang der angelieferten Stoffe abhängt, sondern auch von weiteren Faktoren (z.B. Windstärke, Windrichtung, Niederschläge). Hinzu treten weitere Ungewissheiten aus den zwischenzeitlichen Veränderungen des Anlagenbetriebs (z.B. Umsetzung des "46-Punkte-Maßnahmenprogramms" oder teilweise Stilllegung der Anlage). Dementsprechend können aus den begehrten Informationen keine verwertbaren Aussagen über die tatsächliche Schadstoffbelastung in den Jahren 2010 und 2011 abgeleitet werden.

31 Darüber hinaus ist die gesundheitlich-humantoxikologische Bewertung des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 17. Oktober 2012 zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Anhaltspunkte für gesundheitlich bedenkliche oder unzumutbar hohe Belastungen von direkten Anwohnern oder in Nachbarbetrieben beschäftigten Personen bestehen. Diese Einschätzung werde auch durch Untersuchungen von Beschäftigten der Beigeladenen untermauert, die im Human-Biomonitoring im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung nicht oder nur wenig erhöhte Werte aufwiesen. Auch in den weiter entfernten Wohngebieten seien aller Voraussicht nach keinerlei messbare Einflüsse durch den Betrieb der Beigeladenen zu erwarten. Dieser fachlichen Einschätzung ist die Klägerseite nicht substanziiert entgegengetreten. Es ist weder ersichtlich noch vom Kläger hinreichend dargelegt worden, weshalb es für die von ihr bezweckte Einschätzung des Gefährdungspotentials der von der Beigeladenen betriebenen Anlage über die gesundheitlich-humantoxikologische Bewertung des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 17. Oktober 2012 hinaus einer – überdies mit vorerwähnten Unsicherheiten behafteten – Analyse anhand der im Betrieb angelieferten Stoffen bedarf.

32 Soweit der Kläger reklamiert, mithilfe der begehrten Unterlagen ließen sich etwaige Schadensersatzansprüche begründen, ist darin ein rein privates Interesse zu erkennen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse resultiert schließlich nicht daraus, dass die Beigeladene in der Vergangenheit entgegen den Vorgaben der immissionschutzrechtlichen Genehmigung sog. Schredderleichtmetalleim Freien gelagert hat. Zwar geht der Klägerbevollmächtigte richtigerweise davon aus, dass – nach Lage des Einzelfalls – mit Seite 7 von 9

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einem rechtswidrigen Verhalten des Geheimnisträgers auch ein erhöhtes Aufklärungsinteresse der Öffentlichkeit einhergehen kann (vgl. BVerwG vom 19.01.2009 Az. 20 F 23/07 - juris). Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Anteil an Schredderleichtmetallen im Verhältnis zur Gesamtheit der angelieferten Stoffe nicht erheblich ins Gewicht fällt. Zudem ist von der Klägerseite nicht hinreichend dargelegt worden, weshalb gerade damit ein umweltrelevantes Gefährdungspotential einhergehen kann. Auch lässt sich anhand der begehrten Unterlagen nicht feststellen, welcher Schadstoffanteil gerade auf die angelieferten Schredderleichtmetalle zurückzuführen ist. Im Übrigen hat das Landratsamt Haßberge mit Bescheiden vom 6. und 14. Dezember 2011 die Annahme und Verarbeitung von Schredderleichtmetallen gegenüber der Beigeladenen untersagt und damit etwaige, hieraus resultierende Gefahren für die Zukunft ausgeschlossen. Schließlich bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte für die von Klägerseite weiterhin behaupteten Verstöße der Beigeladenen gegen Vorgaben der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide.

33 Infolgedessen fällt die vorzunehmende Abwägung zugunsten des Geheimhaltungsinteresses der Beigeladenen aus.

2.3.

34 Die Ablehnung des Antrags nach Ziffer 2 des Bescheids vom 8. Mai 2012 war ferner nicht gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 2 BayUIG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kann der Zugang zu Umweltinformationen über "Emissionen" nicht unter Berufung auf die in Nrn. 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vorliegend geht es – anders als der Kläger meint – nicht um Umweltinformationen über Emissionen. Unter diesen Begriff fällt die von Punktquellen oder diffusen Quellen der Anlage ausgehende direkte oder indirekte Freisetzung von Stoffen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in die Luft, das Wasser oder den Boden (BVerwG vom 24.09.2009 Az. 7 C 2/09 - juris). Was aus der Anlage in die Umgebung gelangt, soll in keinem Falle vertraulich behandelt werden dürfen (BVerwG vom 24.09.2009 Az. 7 C 2/09 - juris). Vorliegend geht es jedoch nicht um Informationen darüber, welche Stoffe in welcher Menge von der Anlage der Beigeladenen in die Umwelt freigesetzt worden sind. Vielmehr geht es um Informationen über Anlieferungsmengen, mithin um einen Vorgang in der Anlage selbst. Damit liegt gerade kein Fall vor, für den der Gesetzgeber das Entfallen einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Informations- und dem privaten Geheimhaltungsinteresse vorgesehen hat.

2.4.

35 Demzufolge hat das Landratsamt Haßberge das Informationsbegehren des Klägers zu Recht nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayUIG abgelehnt.

3.

36 Der Kläger kann auch keine teilweise Offenlegung der vom ihm begehrten Informationen beanspruchen. Durch die Vornahme von Schwärzungen in Teilen der Unterlagen ließen sich die schützenswerten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht verdecken.

4.

37 Die Klage war aus den vorgenannten Gründen mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt und sich keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO). Seite 8 von 9

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38 Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708

ff. ZPO.

39 Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil (§ 84 Abs. 3 VwGO).

40 Beschluss

41 Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG). Seite 9 von 9