Information

Aktenzeichen
8 A 10096/12
Datum
6. September 2012
Gericht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Gesetz
Umweltinformationsgesetz (Rheinland-Pfalz)
Umweltinformationsgesetz (Rheinland-Pfalz)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz am 6. September 2012

8 A 10096/12

Das Oberverwaltungsgericht weist die Berufung gegen das Urteil der Vorinstanz zurück. Die Aussonderung von Anhängen zum Sicherheitsbericht eines Pharmaunternehmens (Verzeichnis der Anlagen und Stoffe sowie Einzelfallbetrachtungen) ist zu Recht erfolgt. Das Unternehmen hat schlüssig dargelegt, dass diese Angaben Rückschlüsse auf konkrete Produktionsschritte und Forschungsvorhaben (Betriebsgeheimnisse) sowie darauf zulassen, in welchem Umfang es eine Vorratshaltung für bestimmter Rohstoffe betreibt und auf welche Mengen die Kapazität für die Herstellung bestimmter Produkte ausgelegt ist (Geschäftsgeheimnisse). Dies lässt wiederum Rückschlüsse auf die Kalkulation zu. Als weltweit tätiges pharmazeutisches Unternehmen steht dieses in einem Wettbewerb mit hochspezialisierten Konkurrenten. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der zurückgehaltenen Informationen liegt nicht vor; die Klägerin lässt lediglich private Interessen erkennen. Die Entscheidung enthält ausführliche Erläuterungen zu den Anforderungen an die Darlegung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen durch ein vom Informationszugang betroffenes Unternehmen. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Drittbetroffenheit Aussonderungen Interessenabwägung Begriffsbestimmung

/ 18
PDF herunterladen
8 A 10096/12.OVG 3 K 1545/10.MZ Die Entscheidung ist rechtskräftig! OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit ***********************, - Kläger und Berufungskläger - Prozessbevollmächtigter:      Rechtsanwalt Dr. Markus Collisy, Grüneburgweg 102, 60323 Frankfurt am Main, gegen das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Präsidenten der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, Friedrich-Ebert-Straße 14, 67433 Neustadt an der Weinstraße, - Beklagter und Berufungsbeklagter - beigeladen: ***********************, Prozessbevollmächtigte:       Baumeister Rechtsanwälte, Königsstraße 51-53, 48143 Münster, wegen          Umweltinformationsgesetz
1

-2- hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. September 2012, an der teilgenommen haben Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Müller-Rentschler Richter am Oberverwaltungsgericht Graf ehrenamtlicher Richter Herr Dipl.-Ing. Buchwald ehrenamtlicher Richter Geschäftsführer Dr. Vesper für Recht erkannt: Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand Die Klägerin, eine Partnerschaft von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Attorney-at-Law begehrt von dem Beklagten die Zugänglichmachung ihr bislang vorenthaltener Teile des Sicherheitsberichtes der Beigeladenen, eines in Ingelheim ansässigen pharmazeutischen Unternehmens. Mit Schreiben vom 17. Mai 2010 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten, ihr Informationen zum Umgang mit gefährlichen Stoffen auf dem Werksgelände der Beigeladenen durch Übersendung des aktuellen Sicherheitsberichtes zu erteilen. In ihrer Stellungnahme zu diesem Begehren führte die Beigeladene unter dem 10. Juni 2010 aus, dass die Unterlagen ab Anhang 5 des Hauptbandes sowie die Anlagenbände        mit  ihren    detaillierten   Angaben      zu  den    einzelnen Produktionsanlagen      und    Forschungseinrichtungen      als   Betriebsgeheimnis -3-
2

-3- anzusehen seien. Hierauf stellte der Beklagte mit Schreiben vom 25. Juni 2010 der Klägerin die übrigen Teile des Sicherheitsberichtes zur Verfügung. Am 12. Juli 2010 erhob die Klägerin Widerspruch und beantragte, ihr auch die Anhänge 5 und 6 des Sicherheitsberichtes zur Verfügung zu stellen. Hinsichtlich dieser     Anhänge      sei   nicht   erkennbar,    dass    sie    Betriebs-   oder Geschäftsgeheimnisse enthielten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beigeladene an der Geheimhaltung der zurückgehaltenen Teile des Sicherheits- berichtes ein berechtigtes Interesse habe. Zum Widerspruch der Klägerin nahm die Beigeladene am 5. August 2010 erneut Stellung und legte dar, dass die Anhänge 5 und 6 des Sicherheitsberichtes nur einem kleinen Mitarbeiterkreis, den an der Erstellung des Berichtes beteiligten TÜV-Mitarbeitern sowie den zuständigen Behörden bekannt seien. Die in den Anhängen        enthaltenen     Angaben      ließen    Rückschlüsse       auf   das Gesamtapparatevolumen, die Apparatekapazität, die Anlagengröße und das Lagerkonzept der Beigeladenen zu. Ein Mitbewerber könne hieraus auf Marktaktivitäten    und   Marktstrategien   des    Unternehmens     schließen.  Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der Informationen sei nicht ersichtlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2010 wies der Beklagte den Wider- spruch zurück und stellte zur Begründung darauf ab, dass von der Behörde nur eingeschränkt überprüft werden könne, ob ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis bestehe.    Die    Angaben    der   Beigeladenen    hierzu  seien    plausibel  und nachvollziehbar. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Bekanntgabeinteresse        das    Geheimhaltungsinteresse     der    Beigeladenen überwiege. Am 25. November 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Der Beklagte hat ihr im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Anhänge 5 und 6 des Sicherheitsberichtes zur Verfügung gestellt, dabei allerdings die aus seiner Sicht geheimhaltungsbedürftigen Angaben geschwärzt. Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage dargelegt, dass sie einen Anspruch auf uneingeschränkte Einsicht in die Anhänge 5 und 6 des Sicherheitsberichtes habe.    Sie    vertrete   im   Aufstellungsverfahren   für  den    Bebauungsplan -4-
3

-4- „Industriegebiet    Schaafau     Teil    III“    einen    Mandanten,      der    als Grundstückseigentümer von der Bauleitplanung betroffen sei. Mit der Planung solle die Nutzung einzelner Grundstücke eingeschränkt werden, um eine Erweiterung der Betriebsanlagen der Beigeladenen abzusichern. Hiervon seien auch gewerblich genutzte Grundstücke des Mandanten betroffen. Ein Geheimhal- tungsinteresse der Beigeladenen sei nicht ersichtlich, da nicht erkennbar sei, dass die Wettbewerbsposition der Beigeladenen durch eine Offenlegung der in den Anhängen      5  und   6  des   Sicherheitsberichtes    enthaltenen   Informationen beeinträchtigt   werden   könne.   Die   hochspezialisierten    Produkte,  die   die Beigeladene herstelle, seien rechtlich geschützt. Die von ihr für deren Herstellung verarbeiteten gefährlichen Stoffe würden im Bereich der Pharmaindustrie regelmäßig eingesetzt. Es sei nicht ersichtlich, dass Wettbewerber Informationen aus den Anhängen 5 und 6 des Sicherheitsberichtes entnehmen könnten, die sich nicht bereits aus dem Auftreten der Beigeladenen am Markt ergäben. Die Analyse von    Forschungs-,     Produktions-    oder     Entwicklungsschwerpunkten      und Marktstrategien durch Wettbewerber gehöre zu einem offenen Wettbewerb. Es bestehe ein Interesse der Öffentlichkeit an der Bekanntgabe der betreffenden Informationen, da in der Bauleitplanung umweltrelevante Gesichtspunkte eine Rolle spielten. Soweit eingewandt werde, dass der von ihr vertretene Grundstückseigentümer      bereits   eine     große   Anzahl    an  Anträgen     auf Umweltinformationen gestellt habe, folge hieraus keine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Auskunftsbegehrens. Der Mandant                   wolle nämlich Informationen darüber gewinnen, ob sich die Beigeladene in umweltrechtlicher Hinsicht gesetzeskonform verhalte. Der Beklagte hat entgegnet, dass aus seiner Sicht zwar die Gefahr terroristischer Angriffe auf Störfallanlagen der Beigeladenen durch Herausgabe der begehrten Informationen nicht wesentlich erhöht werde. Im Übrigen sei jedoch weiterhin von der Geheimhaltungsbedürftigkeit der zurückgehaltenen Informationen im Hinblick auf Wettbewerber der Beigeladenen auszugehen. Die Kenntnis der geschwärzten Angaben erlaubten der Konkurrenz Rückschlüsse auf die bei der Beigeladenen vorhandene Forschungs- und Entwicklungskapazität. Zudem eröffne sich für Konkurrenten die Möglichkeit, Erkenntnisse zur Ausweitung ihrer Produktions- kapazitäten zu erhalten.       Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu -5-
4

-5- berücksichtigen, dass der von der Klägerin vertretene Mandant mittlerweile etwa 150 Anträge bei Behörden in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gestellt habe, die Anlagen der Beigeladenen beträfen. Hiernach stelle sich der streitgegenständliche Antrag als rechtsmissbräuchlich dar. Die Beigeladene hat ausgeführt, dass durch die Bekanntgabe der begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden. Dies könne auch bei Anträgen der Fall sein, die nicht von einem Wettbewerber selbst gestellt würden. Aus den Angaben in Anhang 5 des Sicherheitsberichtes könnten    Mitbewerber     ableiten,  welche    Forschungs-,     Produktions-   und Bearbeitungsverfahren in welchen Teilen des Betriebsgeländes stattfänden. Es handele sich um exklusives Wissen der Beigeladenen über die spezifische Zusammensetzung        von     Grundstoffen     und    Chemikalien.     Auch     die zurückgehaltenen Angaben in Anhang 6 ließen entsprechende Schluss- folgerungen    zu.  Die   dort    angestellten  Einzelfallbetrachtungen   enthielten Darstellungen für einzelne Betriebsbereiche dazu, welche Funktion die dort vorhandenen Anlagen hätten, welche Tätigkeiten dort stattfänden, welche Gefahrenschwerpunkte      anzunehmen        und  welche    Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden seien. Konkurrenzunternehmen könnten aus den Angaben über das Lagerkonzept und die Lagermöglichkeiten die tatsächlich gegebenen Produktionskapazitäten der Beigeladenen entnehmen und Rückschlüsse auf ihre Lieferfähigkeit ziehen. Zudem könnten die Herstellkosten zurückgerechnet werden. Weiterhin erlaubten die Anhänge Rückschlüsse auf ihre Forschungs- und Entwicklungskapazitäten. Zudem lasse eine Offenbarung der entsprechenden Angaben auch nachteilige Auswirkungen für bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit befürchten, da die Angaben für die Planung terroristischer Anschläge von Interesse sein könnten. Ein    überwiegendes    Bekanntgabeinteresse     der   Klägerin   sei  vor  diesem Hintergrund nicht erkennbar. Die Öffentlichkeit werde über die zugänglichen Teile des Sicherheitsberichtes hinreichend informiert. Zudem sei zu beachten, dass es sich bei den zurückgehaltenen Angaben um Informationen handele, die von der Beigeladenen ohne rechtliche Verpflichtung übermittelt worden seien, so dass sich hieraus bereits ein Ablehnungsgrund ergebe. Angesichts der Vielzahl der Anträge, -6-
5

-6- die der Mandant der Klägerin auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt habe, sei der vorliegende Antrag als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Mit Urteil vom 17. August 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und dabei zur Begründung angeführt, dass der Klägerin weder vollständig noch teilweise ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Umweltinformationen zustehe. Zwar handele es sich bei den Inhalten der Anhänge 5 und 6 des Sicherheitsberichtes der Beigeladenen um Umweltinformationen. Ein Anspruch der Klägerin auf Zugang sei jedoch ausgeschlossen, da durch das Bekanntgeben Betriebs-    oder   Geschäftsgeheimnisse     zugänglich    gemacht   würden.    Die Beigeladene habe nachvollziehbar und substantiiert dargelegt, dass Markt- konkurrenten aus dem Einsatz bestimmter Stoffmengen und Apparate an bestimmten     Orten   ihre   Produktionswege     nachvollziehen    könnten.   Der Pharmamarkt sei dadurch gekennzeichnet, dass wenige Firmen weltweit den Markt beherrschten. Das bei der Beigeladenen vorhandene Sonderwissen betreffe die spezifische Zusammensetzung von Grundstoffen und Chemikalien, über deren spezifische    Kombination   ein    Wettbewerber     Rückschlüsse    auf   zentrale Betriebsgeheimnisse ziehen könne. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an der Kapazität einer Anlage kein Geheimhaltungs- bedürfnis bestehe, sei zu beachten, dass aus den Kapazitätsangaben wiederum Rückschlüsse auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse gezogen werden könnten. Im    Falle   der  Klägerin   sei  weiterhin   nicht  erkennbar,    dass   sie   ihr Auskunftsbegehren als Sachwalterin der Öffentlichkeit verfolge. Ein Anspruch auf Neubescheidung stehe der Klägerin ebenfalls nicht zu. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Klägerin ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen geltend, dass ein Ablehnungsgrund nicht greife, da die Beigeladene das Vorliegen von Betriebs- oder Geschäftsgeheim- nissen nicht plausibel dargelegt habe. Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar, wie aus den Lagermengen auf die spezifische Zusammensetzung einzelner pharmazeutischer     Produkte    geschlossen   werden     könne.   Zudem    dürften Mitbewerber bereits über ein derart hohes Sonderwissen verfügen, dass sie auf die nicht offenbarten Angaben nicht angewiesen seien. Weiterhin sei zu beachten, dass ein Teil der Informationen sich nicht auf Einzelstoffe, sondern auf bestimmte -7-
6

-7- Stoffgruppen      beziehe.    Hinsichtlich   der   von     der    Beigeladenen   im Berufungsverfahren angeführten fiktiven Beispiele werde ihre genaue Zuordnung zu den Anhängen 5 oder 6 nicht erkennbar. Es bestehe auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der Informationen. Ihr Mandant sei Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich unter anderem ein Hotel, das örtliche Jobcenter sowie Arztpraxen befänden, bei denen erheblicher Publikumsverkehr entstehe. Insoweit sei der Mandant für eine Vielzahl von Personen verantwortlich. Das mit dem Hilfsantrag verfolgte Begehren betreffe nur die Offenbarung von Angaben dazu, in welchen Gebäuden welche Mengen störfallrelevanter Stoffe vorhanden seien. Hieraus sei indessen kein Rückschluss auf bestimmte Produktionsverfahren möglich. Ebenso blieben die Anlagenbezeichnungen nach dem Hilfsantrag zu Anhang 6 unkenntlich. Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 17. August 2011 sowie unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 25. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2010 1. den Beklagten zu verpflichten, ihr die Anhänge 5 und 6 des Sicherheitsberichtes   der    Beigeladenen    vollständig   und   ungekürzt, insbesondere ohne Schwärzungen, zur Verfügung zu stellen, 2. hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, ihr aus dem Sicherheitsbericht der Beigeladenen den Anhang 5 ohne die Schwärzungen in den Spalten 2 und 6 sowie den Anhang 6 ohne die Schwärzungen in den Ziffern 6.1.2, 6.1.5, 6.2.2, 6.2.3 Absatz 1 Satz 4 und 6, 6.3.1 Absätze 2 und 5, 6.3.2 (ohne Anlagenbezeichnung),       6.3.3,   6.3.4    Absatz     3,    6.4.2   (ohne Anlagenbezeichnung) und 6.4.4 Absatz 4 in Kopie zur Verfügung zu stellen, 3. äußerst hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen vom 17. Mai 2010 unter Beachtung der Rechts- auffassung des Gerichtes neu zu entscheiden. -8-
7

-8- Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verweist darauf, dass der Sicherheitsbericht von der Beigeladenen mittlerweile aktualisiert worden sei. In der neuen Fassung seien die Anhänge 5 und 6 als solche nicht mehr enthalten. Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass einer Preisgabe der streitigen Informationen entgegenstehe, dass ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis vorliege. Diesen Umstand habe die Beigeladene auch ausreichend begründet. Die Beigeladene beantragt ebenfalls, die Berufung zurückzuweisen. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der Umweltinformationen zustehe. Es erkläre sich aus der Sache selbst, dass die Plausibilisierung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses abstrakt und theoretisch bleiben müsse, da eine konkrete Bezeichnung der Daten das Geheimnis offenbaren müsste. Exemplarisch könne belegt werden, dass anhand der zugelassenen Lagermenge für pharmazeutische Stoffe auf die maximale Produktionskapazität zurückgeschlossen werden könne. Zudem gäben die Daten über Lagerkapazitäten gefährlicher Stoffe Aufschluss über das von ihr genutzte Herstellungsverfahren. Bei der Frage der Geheimhaltungsbedürftigkeit gehe es aus ihrer Sicht weniger um die Zusammensetzung medizinischer Produkte oder bestimmter     Endprodukte.    Von   Bedeutung     seien   vielmehr  Daten     über Herstellungsverfahren, Bearbeitungs- und Verarbeitungsverfahren, Vorprodukte des Endprodukts, technische Gerätschaften, Kapazitäten und Betriebsabläufe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. -9-
8

-9- Entscheidungsgründe Die zulässige Berufung bleibt erfolglos. Das     Verwaltungsgericht      hat    die   auf   Zugänglichmachung     der   bislang zurückgehaltenen Informationen aus den Anhängen 5 („Verzeichnis der Anlagen und Stoffe“) und 6 („Einzelfallbetrachtungen“) des Sicherheitsberichtes der Beigeladenen      (Stand:    Oktober     2007)    durch  den   Beklagten  sowie     auf Neubescheidung des Auskunftsbegehrens der Klägerin gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. I. Die Klage erweist sich zwar als zulässig. Die    Klägerin    kann     sich    insbesondere     auf   das   hierfür erforderliche Rechtsschutzinteresse stützen. Dem steht nicht die Tatsache entgegen, dass die Beigeladene mittlerweile eine aktualisierte Fassung des Sicherheitsberichtes erstellt hat. Einerseits ist nicht ersichtlich, dass die in den Anhängen 5 und 6 der Fassung von Oktober 2007 enthaltenen Angaben dadurch überholt wären. Überdies kann sich der Informationsanspruch aber auch auf solche Umstände beziehen, die in der Vergangenheit liegende, abgeschlossene Lebenssachverhalte betreffen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02. Juni 2006 – 8 A 10267/06 −, DVBl. 2006, 1059 und juris Rn. 33 ff.). II. Die Klage ist jedoch sowohl hinsichtlich des Hauptantrages als auch bezüglich der Hilfsanträge unbegründet. 1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf weitergehende Offenlegung der von dem Beklagten durch Schwärzung in den Anhängen 5 und 6 des Sicherheitsberichtes der Beigeladenen unkenntlich gemachten Angaben zu, da hierdurch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Beigeladenen zugänglich gemacht würden und das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe das Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen nicht überwiegt. - 10 -
9

- 10 - a.   Die Offenlegung weiterer Teile des Sicherheitsberichtes scheitert indessen nicht bereits daran, dass die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen für einen Zugang der Klägerin zu Umweltinformationen nicht vorliegen. § 3 Abs. 1 Satz 1 Landesumweltinformationsgesetz - LUIG – bestimmt hierzu, dass jede Person nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen hat, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches oder berechtigtes Interesse darlegen zu müssen. aa.     Die Klägerin ist   anspruchsberechtigte Person im Sinne der genannten Vorschrift. Dieser Begriff umfasst sowohl natürliche als auch juristische Personen. Dabei kommt es bei juristischen Personen nicht darauf an, dass ihre Zwecksetzung darauf gerichtet ist, sich Zielen des Umweltschutzes zu widmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 - in: BVerwGE 135, 34 und    juris  Rn.   26;    Reidt/Schiller   in: Landmann/Rohmer,       Umweltrecht, 64. Ergänzungslieferung 2012, § 3 UIG Rn. 5). Bei der Klägerin handelt es sich um    eine   Gesellschaft   nach   §1     Abs.  1  Satz   1  des    Gesetzes    über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (Partnerschaftsgesell- schaftsgesetz - PartGG -) in der sich Angehörige freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufe zusammengeschlossen haben. Diese ist nach § 7 Abs. 2 PartGG und § 124 HGB in entsprechender Anwendung einer juristischen Person gleichgestellt und    somit    in  der    Lage,   eigenständig    Ansprüche     auf    Zugang    zu Umweltinformationen geltend zu machen. bb. Bei den in den Anhängen 5 und 6 enthaltenen Angaben und Darstellungen handelt es sich um Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 LUIG. Als Umweltinformationen sieht § 2 Abs. 3 LUIG u.a. unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre,      Wasser,    Boden,    Landschaft   und   natürliche    Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen an (Nr. 1). Ebenso zählen hierzu Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, - 11 -
10

Zur nächsten Seite