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Aktenzeichen
12 B 34.10
Datum
7. Juni 2012
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 7. Juni 2012

12 B 34.10

Das Oberverwaltungsgericht weist die Berufung gegen das Urteil der Vorinstanz zurück. Danach besteht gegenüber dem Deutschen Bundestag kein Anspruch auf Zugang zu Informationen zu Unterlagen über den Sachleistungskonsum der Abgeordneten bezüglich des Erwerbs von Montblanc-Schreibgeräten und Digitalkameras. Dies gilt hinsichtlich derjenigen Abgeordneten, die einer Weitergabe im Rahmen des zwischenzeitlich durchgeführten Anhörungsverfahrens nicht zugestimmt haben. Der im Informationsfreiheitsgesetz geregelte Ausschlussgrund des Schutzes mandatsbezogener Informationen steht diesem Anspruch entgegen. (Quelle: LDA Brandenburg)

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Wappen des Landes Berlins und Brandenburgs OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL OVG 12 B 34.10 VG 2 K 35.10 Berlin In der Verwaltungsstreitsache , Klägers, Berufungsklägers und Berufungsbeklagten, bevollmächtigt: , gegen , Beklagte, Berufungsbeklagte und Berufungsklägerin, beigeladen: , hat der 12. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2012 durch die Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann, die Richter am Oberver- waltungsgericht Panzer und Prof. Dr. Möllers, die ehrenamtliche Richterin Bött- cher und den ehrenamtlichen Richter Bork für Recht erkannt: Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Ver- waltungsgerichts Berlin vom 11. November 2010 geändert. Die Klage wird zurückgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechts- -2-
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-2- züge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Bei- geladenen, die diese selbst trägt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand Der Kläger begehrt Zugang zu Informationen über den sogenannten Sachlei- stungskonsum der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestages. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben die Möglichkeit, im Rah- men ihrer Amtsausstattung für einen Betrag von bis zu 12.000,- Euro jährlich Ge- genstände für den Büro- und Geschäftsbedarf anzuschaffen. Zu diesem Zweck hat die Verwaltung des Deutschen Bundestages für alle Abgeordneten ein Sach- leistungskonto errichtet. Die Versorgung mit Büromaterial erfolgt dabei auf Grund- lage eines Rahmenvertrages mit der Beklagten durch die Beigeladene. Nach Presseberichten Ende 2009 über die Beschaffung von Luxusschreibgeräten durch einzelne Abgeordnete forderte der Kläger in seiner Funktion als Journalist mit E-Mail vom 6. Dezember 2009 von der Beklagten unter Berufung auf das In- formationsfreiheitsgesetz die Herausgabe von „Ablichtungen aller Unterlagen zum Sachleistungskonsum der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestages im Jahr 2009 bezüglich der Montblanc-Schreibgeräte und Digitalkameras.“ Mit Schreiben vom 23. Dezember 2009 widersprach die Beigeladene der Heraus- gabe dieser Informationen, da diese ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beträfen. -3-
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-3- Mit Bescheid vom 20. Januar 2010 lehnte die Beklagte den Antrag unter Hinweis auf den unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand und das Vorliegen von Be- triebs- und Geschäftsgeheimnissen der Beigeladenen ab. Hiergegen legte der Kläger mit am 15. Februar 2010 bei der Beklagten eingegan- genem Fax Widerspruch ein. Am 17. März 2010 hat der Kläger gegen die Beklagte Untätigkeitsklage erhoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2010 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 11. November 2010 zum Teil stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers unter Beach- tung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Der Kläger habe mit seiner E-Mail vom 6. Dezember 2009 sein Informationszugangsbegehren ver- ständlich zum Ausdruck gebracht. Dem Antrag des Klägers stehe allerdings nicht Art. 5 GG zur Seite, weil es sich bei den begehrten Unterlagen nicht um solche aus allgemein zugänglichen Quellen handele. Ein Anspruch aus § 4 PresseG Ber- lin sei gleichfalls ausgeschlossen, da der Berliner Landesgesetzgeber den Deut- schen Bundestag nicht zur Herausgabe von Informationen verpflichten könne. Dagegen bestehe dem Grunde nach ein Anspruch des Klägers aus § 1 Abs. 1 IFG. Auf die Ausschlusstatbestände des § 3 Nr. 4 und Nr. 7 IFG könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Zwar sei das von der Beigeladenen abgegebe- ne Angebot, das Grundlage des abgeschlossenen Rahmenvertrages sei, nach den maßgeblichen Vergabevorschriften auch nach Abschluss des Vergabeverfah- rens geheim zu halten. Der in § 17 Abs. 3 EG-VOL/A geregelte Schutz der Wett- bewerbschancen des Anbietenden werde durch die vom Kläger begehrten Ein- zelinformationen jedoch nicht in Frage gestellt. Die Offenlegung des Preises eines Produkts oder einer bestimmten Produktart sei nicht geeignet, erhebliche Auswir- kungen auf ein späteres Vergabeverfahren zu haben und zu einem Wettbewerbs- nachteil bei der Beigeladenen zu führen. Dem Begehren des Klägers stehe auch nicht der Ausschlussgrund des § 6 Satz 2 IFG entgegen, weil das Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses nicht ausreichend dargelegt sei. Die bloße Behauptung, ein solches Geheimnis -4-
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-4- liege vor, genüge hierzu nicht; vielmehr müsse der Betroffene nachvollziehbar darlegen, dass die Veröffentlichung der in Frage stehenden Informationen dazu führe, die eigenen Wettbewerbschancen im Vergleich zu denen der Konkurrenten zu schmälern. Daran fehle es vorliegend. Die bloße Angabe des Preises für die hier in Rede stehenden Schreibgeräte könne einen entsprechenden Nachteil nicht begründen. Auch der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 2 IFG liege nicht vor. Die Durchsuchung der in Frage stehenden Akten nach Belegen für bestimmte Stifte und Digitalkameras stelle in keinem Fall einen unverhältnismäßigen Verwaltungs- aufwand dar. Die Durchsicht der nach den Angaben der Beklagten vorhandenen 308 Aktenordner mit jeweils etwa 400 Blatt hindere die Bundestagsverwaltung weder im Ganzen an der Erfüllung ihrer Aufgaben noch liege ein Missverhältnis zwischen dem durch die Weitergabe zu erwartenden Erkenntnisgewinn und dem Aufwand der Verwaltung vor. Mangels Spruchreife sei das Gericht allerdings daran gehindert, das Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 5 IFG zu beurteilen. Da es sich bei den erfragten Informationen um personenbezogene Daten handele, dürfe dem Kläger nur dann Zugang gewährt werden, wenn sein Informationsinteresse das schutzwürdige Inte- resse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiege oder der Dritte eingewilligt habe. Auf ein überwiegendes Informationsinteresse könne sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen, da vorliegend der Abwägungsausschluss des § 5 Abs. 2 IFG eingreife. Diese Norm schütze nicht nur den unmittelbaren Bereich der Mandatswahrnehmung durch Bundestagsabgeordnete, sondern auch Informa- tionen, die mit dem Mandat in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Dies sei hier der Fall, da die Verwendung einer Pauschale nach § 12 Abgeordnetengesetz der Ausübung des Mandats diene. Der Ausschlusstatbestand sei weiterhin so weit gefasst, dass ihm auch nicht durch eine Schwärzung des Namens des jeweiligen Abgeordneten genügt werden könne. Die Norm schütze die mit dem Mandat zu- sammenhängenden personenbezogenen Daten als solche, ungeachtet der Frage, ob jede einzelne Information einer bestimmten Person zugeordnet werden könne. Die rechtliche Beurteilung des Informationsanspruchs des Klägers hänge danach von einer Einwilligung der betroffenen Abgeordneten des Deutschen Bundestages ab, die bislang noch nicht angehört worden seien. Die insoweit erforderliche Durchführung des Beteiligungsverfahrens nach § 8 IFG könne nicht durch das Gericht nachgeholt werden. Vielmehr sei die Beklagte verpflichtet, das Verwal- -5-
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-5- tungsverfahren unter Berücksichtigung des § 8 IFG erneut durchzuführen und den Antrag des Klägers nach Abschluss des Verfahrens neu zu bescheiden. Gegen das Urteil haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte Berufung einge- legt. Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte auf der Grundlage des erstinstanzlichen Urteils das Beteiligungsverfahren nach § 8 Abs. 1 IFG durchge- führt. Das Ergebnis des Verfahrens ist dem Kläger mit Schreiben vom 11. April 2011 mitgeteilt worden; danach haben sich drei Abgeordnete der 16. Wahlperiode mit der Weitergabe von Informationen einverstanden erklärt, die nach den vorlie- genden Unterlagen weder ein Montblanc-Schreibgerät noch eine Digitalkamera über die Amtsausstattung abgerechnet haben. Der Kläger führt zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen aus, dass sein Informationsinteresse das entgegenstehende Interesse Dritter überwiege. Aus diesem Grund komme es auf die Zustimmung der betroffenen Abgeordneten nicht an. Insbesondere fielen die Interessen der betroffenen Abgeordneten nicht unter den Begriff des Mandats nach § 5 Abs. 2 IFG. Dies ergebe sich aus dem systema- tischen Begriff des Mandats ebenso wie aus der Gesetzgebungsgeschichte, die der Regelung keinen eigenen Gehalt zugewiesen habe. Der Anwendungsbereich der Regelung entspreche dem Gehalt der Personalakten von Beamten. Von die- sem sei die Abrechnung von Sachleistungen aber gerade nicht erfasst. Selbst wenn man § 5 Abs. 2 IFG einen Anwendungsbereich zubillige, der sich auf den Bereich der personalaktenäquivalenten Unterlagen über Abgeordnete beim Deut- schen Bundestag beziehe, wäre die Norm hier nicht einschlägig, weil die erfragten Informationen sich in eigenen Sachakten befänden. Soweit es sich um eine Rege- lung handele, die das Abgeordnetenmandat direkt betreffe, sei das Gesetz man- gels des Vorliegens einer Verwaltungstätigkeit nicht anwendbar. Bejahe man die Anwendung, greife dagegen der Tatbestand nicht. Eine andere Deutung ließe das Gesetz mit Blick auf den Bundestag leer laufen und widerspreche damit seinem Zweck. Daher überwiege im Ergebnis sein an der Aufklärung von Missständen orientiertes Informationsinteresse. Zudem stehe ihm ein verfassungsunmittelbarer Informationsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu. Entgegen der herrschenden Meinung müsse das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrich- ten, auch einen Anspruch auf Offenlegung von Informationen enthalten, da die -6-
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-6- Bestimmungsbefugnis über die eigenen Akten andernfalls allein bei der öffentli- chen Hand liege. Der Kläger beantragt, unter teilweiser Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. November 2010 der Klage in vollem Umfang stattzugeben sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern und die Klage abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, dass der Anspruch des Klä- gers bereits durch § 6 Satz 2 IFG und § 3 Nr. 4 i.V.m. § 17 Abs. 3 VOL/A-EG aus- geschlossen sei. Die beantragten Informationen beträfen ein Betriebs- und Ge- schäftsgeheimnis der Beigeladenen. Die Preise für von Abgeordneten bei der Beigeladenen im Rahmen der Sachleistungspauschale erworbene Produkte wür- den von der Beigeladenen vertraulich behandelt. Eine Veröffentlichung auch nur einzelner Preise würde das Maß der Abweichung der Angebote der Beigeladenen von der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers bekannt machen und damit mehr als nur eine punktuelle Information hinsichtlich ihres Preisgebarens enthalten, was ihr in einem zukünftigen Bieterwettbewerb zum Nachteil gereichen könne. Zudem sei der Anspruch des Klägers ausgeschlossen, weil § 17 Abs. 3 VOL/A-EG eine Veröffentlichung von Preisangeboten in einem öffentlichen Bieter- verfahren ausschließe. Hierbei handelte es um eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 3 Nr. 4 Alt. 1 IFG. Der Normcharakter der Regelung ergebe sich aus § 4 Abs. 1 Vergabeverordnung, zudem diene sie der Umsetzung verbindlichen Rechts der Europäischen Union. Diese Norm stelle die Angebote der Teilnehmer eines öffent- lichen Bieterverfahrens zum Zwecke des Schutzes des Wettbewerbs unter Ge- heimnisschutz. Schließlich stelle das Informationsbegehren des Klägers einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand im Sinne vom § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG dar. -7-
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-7- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbrin- gens der Beteiligten wird auf die Streitakte und den von der Beklagten eingereich- ten Verwaltungsvorgang verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Senats gewesen sind. Entscheidungsgründe Auf die Berufung der Beklagten ist das angefochtene Urteil des Verwaltungsge- richts zu ändern und die Klage abzuweisen. Nach dem in der Berufungsinstanz eingetretenen Verfahrensstand steht dem Kläger weder ein Anspruch auf Informa- tionszugang noch auf Neubescheidung seines Informationsbegehrens zu; der ab- lehnende Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2010 in der Fassung des Wi- derspruchsbescheides vom 14. April 2010 ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). Sein Informationsanspruch ist gemäß § 5 Abs. 2 IFG ausgeschlossen. 1. Zwar steht dem Kläger gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG dem Grunde nach ein An- spruch gegenüber der Beklagten zu. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Ge- setzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amt- lichen Informationen. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist vorliegend eröff- net. Soweit der Deutsche Bundestag die Ausgaben von Abgeordneten verwaltet, liegt eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit durch eine Behörde des Bun- des im Sinne des Gesetzes vor. Bei den in Frage stehenden Informationen han- delt es sich auch um amtliche Informationen im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG, die vom Informationsbegehren des Klägers umfasst sind. 2. Jedoch überwiegen im vorliegenden Fall die Schutzinteressen der Abgeordne- ten das Informationsinteresse des Klägers nach § 5 Abs. 2 Alt. 3 IFG, soweit jene nicht nach § 8 IFG einer Herausgabe der Informationen zugestimmt haben. -8-
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-8- Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG darf der Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse gegenüber den schutzwürdigen Interessen eines Dritten überwiegt oder dieser eingewilligt hat. Im Falle einer mandatsbezogenen Information nach § 5 Abs. 2 IFG hat das Gesetz das Über- wiegen der Schutzinteressen der Mandatsträger ausdrücklich angeordnet. Entge- gen der Auslegung des Klägers ist für eine weitere Abwägung im Falle des § 5 Abs. 2 IFG nach der eindeutigen Gesetzesformulierung kein Raum. Anders als das Verwaltungsgericht annimmt, bezieht sich der Schutz des § 5 Abs. 2 IFG allerdings allein auf personenbezogene Daten. Dies folgt bereits aus der engen systematischen Verklammerung von § 5 Abs. 2 IFG mit Absatz 1 der Vorschrift. § 5 Abs. 2 IFG konkretisiert den Abwägungsauftrag des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG für einige spezifische Fälle. Diese Abwägung selbst aber kommt ausweis- lich § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG überhaupt nur für personenbezogene Daten in Frage (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, § 5 Rn.15). Bei den vom Kläger begehrten Informationen handelt es sich um personenbezo- gene Daten. Dies sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnis- se einer bestimmten oder bestimmbaren Person (§ 3 Abs. 1 Bundesdatenschutz- gesetz - BDSG). Darunter fallen auch Daten zu Handlungen von konkreten Perso- nen. Bei der vom Kläger begehrten Information, welche Abgeordnete Montblanc- Schreibgeräte bestellt und/oder Digitalkameras gekauft und gegenüber der Bun- destagsverwaltung abgerechnet haben, handelt es sich um Angaben über das Handeln individualisierter Personen, mithin um personenbezogene Daten im Sin- ne des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG. Dem kann für den vorliegenden Fall auch nicht entgegengehalten werden, dass es sich bei den vom Kläger begehrten Informationen nicht oder nur zum Teil nicht um personenbezogene Daten handele, weil diese auch in einer von der Person eines konkreten Abgeordneten anonymisierten Form an den Kläger übermittelt werden könnten. Richtig ist es, dass die Anonymisierung personenbezogener Daten, also die Entfernung eines konkreten Bezugs auf eine individuelle Person aus einer Information, dieser ihren Charakter als personenbezogene Daten nimmt (vgl. § 3 Abs. 6 BDSG; Roßnagel/Scholz, MMR 2000, 721 (722 f.)). Insofern erscheint es -9-
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-9- grundsätzlich möglich, Informationen mit einem ursprünglich personenbezogenen Charakter so aufzubereiten, dass sie ihren Charakter als personenbezogene Da- ten verlieren (so in BFH NJW 1994, 2246). Auf eine solche Aufbereitung ist im vorliegenden Fall zumindest teilweise das klägerische Begehren ausgerichtet, wenn es auch Informationen hinsichtlich des „Beschaffungsgebarens“ der Abge- ordneten als solches begehrt. Bei der Einordnung einer Information als personen- bezogen kann es allerdings nicht allein auf die formale Anonymisierung der zu übermittelnden Informationen ankommen. Vielmehr muss das Gericht auch prü- fen, ob die übermittelten anonymisierten Informationen in dem konkreten Kontext, in welchem sie übermittelt werden, genug Anhaltspunkte dazu liefern könnten, eine anschließende De-Anonymisierung und die damit verbundene Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu ermöglichen (vgl. Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 10. Aufl. 2010, § 3 Rn. 44; Dammann, in: Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, 7. Aufl., § 3 Rn. 23). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Definition des § 3 Abs. 1 BDSG, der auch von bestimmbaren natürlichen Personen spricht. Die Einordnung einer In- formation als personenbezogen kann daher mit einer Prognoseentscheidung ver- bunden werden, die den Aufwand einer De-Anonymisierung im Falle der Weiter- gabe der begehrten Informationen in Betracht ziehen muss, § 3 Abs. 6 BDSG. Gemessen an diesem Maßstab handelt es sich bei den begehrten Informationen in jedem Fall um solche mit Personenbezug. Durch die Veröffentlichung allgemei- ner Informationen über die Verwendung der Sachleistungspauschale durch Abge- ordnete des Deutschen Bundestages würde diese Information zunächst auf einen relativ kleinen und eindeutig abgegrenzten Personenkreis bezogen werden kön- nen. Wegen des großen Maßes an öffentlicher Beobachtung und öffentlichem In- teresse, unter dem die Abgeordneten stehen, wegen des Skandalisierungspoten- tials, das bereits eine anonymisierte Veröffentlichung dieser Informationen haben könnte und das dazu führen könnte, dass sich eine größere Zahl von Abgeordne- ten von einem anonym veröffentlichten Sachverhalt distanzieren könnten, wie auch wegen des in der mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich beton- ten Interesses des Klägers, in jedem Fall nur durch eine individualisierte, damit aber auch personenbezogene Information das Klagebegehren befriedigt zu sehen, erscheint es als durchaus wahrscheinlich, dass die Veröffentlichung anonymisier- - 10 -
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- 10 - ter Informationen entscheidend zur Weitergabe auch personenbezogener Daten in Form von Handlungen individualisierter Abgeordneter beitragen könnte. Die vom Kläger begehrten personenbezogenen Daten fallen auch unter den be- sonderen Schutz des § 5 Abs. 2 IFG. § 5 Abs. 2 IFG konkretisiert den Schutz der Persönlichkeitsrechte im Informations- freiheitsgesetz für Amts- und Mandatsträger. Diese sollen durch die Ansprüche des Informationsfreiheitsgesetzes nicht zur Preisgabe von personenbezogenen Informationen verpflichtet werden, die sie zur Ausübung ihres Amtes an die staat- liche Anstellungskörperschaft oder die Verwaltung des Deutschen Bundestages übermitteln mussten. Für Abgeordnete des Deutschen Bundestages betrifft der Anwendungsbereich der Norm die von der Verwaltung des Deutschen Bundestages über Abgeordnete ge- führten Informationen, soweit sie im Zusammenhang mit ihrem Mandat stehen. Dabei ergibt sich aus dem Wortlaut wie aus der systematischen Beschränkung des Informationsfreiheitsgesetzes auf die Verwaltungstätigkeit des Bundes (§ 1 Abs. 1 Satz 2 IFG), dass die Anwendung des § 5 Abs. 2 IFG sich nicht auf die unmittelbare verfassungsrechtliche Gesetzgebungs- und Kontrolltätigkeit des Deutschen Bundestages beschränkt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht an- genommen, dass eine andere Deutung die Regelung leer laufen ließe, obwohl ein sachlicher Regelungsgehalt der Norm, wie der vorliegende Sachverhalt zeigt, be- steht. Diese Auslegung entspricht auch den Gesetzgebungsmaterialien, die deut- lich machen, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung die Abgeordneten in ei- nem Maße schützen wollte, das dem Schutz anderer Amtsträger vergleichbar ist (BT-Drucks. 15/5606, S. 6). Die den Abgeordneten nach § 12 Abs. 1 Abgeordnetengesetz (AbgG) zustehende Amtsausstattung bezieht sich auf durch das Mandat veranlasste Aufwendungen. Damit hat der Gesetzgeber einen unmittelbaren normativen Zusammenhang zwi- schen Mandat und Ausstattung geschaffen. Die Tatsache, dass die Entscheidung über die Verwendung der Ausstattung ihrerseits keine legislative Tätigkeit dar- stellt, eröffnet den Regelungsbereich des Gesetzes. Zugleich stellt § 12 AbgG aber sicher, dass diese Verwendung einen direkten Bezug zu dem Mandat hat. - 11 -
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