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Aktenzeichen
12 B 27.11
Datum
20. März 2012
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 20. März 2012

12 B 27.11

Das Bundeskanzleramt ist verpflichtet, Zugang zu der Gästeliste der Bundeskanzlerin anlässlich der von ihr veranstalteten Geburtstagsfeier für den Vorstandsvorsitzenden einer Bank sowie zu weiteren Informationen in diesem Zusammenhang zu gewähren. Mit der Annahme der Einladung sind die Gäste in einen Bereich des öffentlichen Meinungsaustauschs eingetreten, der nicht dem Kernbereich ihrer geschützten Privatsphäre zuzurechnen ist; das Einsichtsinteresse ist höher zu bewerten als das Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen. Die Voraussetzungen des Informationsfreiheitsgesetzes zur Ablehnung der Einsichtnahme in den Terminkalender der Bundeskanzlerin zum Zweck des Schutzes vor nachteiligen Auswirkungen auf Belange der inneren und äußeren Sicherheit liegen vor. (Quelle: LDA Brandenburg)

Interessenabwägung Personenbezogene Daten Begriffsbestimmung Sicherheitsaspekte Exekutiver Kernbereich (Regierungshandeln)

Wappen Berlins und Brandenburgs

OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES

OVG 12 B 27.11 VG 2 K 39.10 Berlin

In der Verwaltungsstreitsache 1

URTEIL Verkündet am 20. März 2012 Schumann, Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

  1. Kläger, Berufungskläger und Berufungsbeklagte, bevollmächtigt:

gegen

die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin, Beklagte, Berufungsklägerin und Berufungsbeklagte, bevollmächtigt:

hat der 12. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2012 durch die Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann, die Richter am Oberverwaltungsgericht Panzer und Prof. Dr. Möllers, die ehrenamtliche Richterin Schreiber und den ehrenamtlichen Richter Winkler für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Kläger wird die Beklagte unter teilweiser Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. April 2011 sowie teilweiser Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides vom 26. November 2009 verpflichtet, den Klägern Zugang zu der in der mündlichen Verhandlung vom

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  • März 2012 vorgelegten Sammelrechnung einschließlich Anlagen durch Überlassung von Kopien zu gewähren, und zwar unter Schwärzung der personenbezogenen Daten (Fahrernamen, Kfz-Kennzeichen, Steuer-Nr. und Bankverbindungen).

Im Übrigen wird die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand Die Kläger begehren den Zugang zu Informationen des Bundeskanzleramtes.

Aus Anlass des 60. Geburtstages des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank AG, Herrn Dr. J_____, veranstaltete die Bundeskanzlerin am 22. April 2008 im Bundeskanzleramt ein Abendessen mit rund 30 geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Unterhaltung.

Mit Schreiben vom 7. Juli 2009 baten die Kläger um Zugang zum Terminkalender der Bundeskanzlerin für den Zeitraum vom 1. März bis 15. Mai 2008 sowie um weitere im Zusammenhang mit dem Abendessen stehende Informationen (Einladungsliste, Einladungsschreiben, interne Vermerke, Korrespondenz zwischen dem Bundeskanzleramt und Herrn D_____ sowie Rechnungen). Im Zuge der Bearbei-

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tung des Antrages gab die Beklagte den zum Abendessen geladenen Personen Gelegenheit zur Stellungnahme, ob sie mit der Weitergabe ihrer personenbezogenen Daten einverstanden seien. Mit Bescheid vom 26. November 2009 gewährte die Beklagte den Klägern Zugang zu den Gästelisten, zu dem Adressverteiler der Verfügung der Einladungsschreiben, zur Tisch- und Sitzordnung sowie zu einer Referentenvorlage vom 17. April 2008 für eine Rede der Bundeskanzlerin in teilweise geschwärzter Form. Den weitergehenden Antrag der Kläger lehnte die Beklagte ab; über den dagegen eingelegten Widerspruch ist nicht entschieden worden.

Mit der gegen den vorgenannten Bescheid erhobenen (Untätigkeits-)Klage haben die Kläger ihr Informationsbegehren weiterverfolgt und beantragt, ihnen uneingeschränkten Zugang zu den im Bescheid genannten Unterlagen, zu dem Terminkalender der Bundeskanzlerin, der anlässlich des Abendessens im Bundeskanzleramt entstandenen Korrespondenz (einschließlich sonstigen Schriftverkehrs, Dienstanweisungen, Berichten, Protokollen und sonstigen Aktenvermerken), der Liste der von Herrn A_____ vorgeschlagenen Gäste und der Abrechnungen und Rechnungslegung über die Kosten und Ausgaben der Veranstaltung zu gewähren. Mit Urteil vom 7. April 2011 hat das Verwaltungsgericht Berlin der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, den Klägern ungeschwärzte Kopien der Redevorlage, des Adressverteilers, der Gästelisten und der Tisch- und Sitzordnung zu überlassen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, soweit sie nicht zurückgenommen oder das Verfahren bereits erstinstanzlich übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.

Z ur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass den Klägern hinsichtlich der in Teilen unkenntlich gemachten Unterlagen ein Anspruch auf Informationszugang nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) zustehe. Das Bundeskanzleramt sei als Behörde des Bundes anspruchsverpflichtet, da die Vorbereitung und Organisation des Abendessens nicht Teil der Regierungstätigkeit sei. Bei den unkenntlich gemachten Passagen handele es sich um amtliche Informationen im Sinne des Gesetzes. Auf Ausschlussgründe könne sich die Beklagte insoweit nicht mit Erfolg berufen. Für die vorgenommenen Schwärzungen in der Redevorlage fehle es bereits an der Darlegung eines gesetzlichen Ausschlussgrundes. Hinsichtlich der übrigen Unter-

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lagen liege der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht vor. Bei der gebotenen Abwägung sei das Informationsinteresse der Kläger höher zu bewerten als das Geheimhaltungsinteresse der zum Abendessen eingeladenen Personen, die einer Weitergabe ihres Namens nicht zugestimmt hätten. Ein Anspruch auf Zugang zu dem Terminkalender der Bundeskanzlerin stehe den Klägern dagegen nicht zu. Insoweit habe die Beklagte plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass der Informationszugang nachteilige Auswirkungen auf Belange der inneren und äußeren Sicherheit haben könne und damit der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. c IFG vorliege. Die Prognoseentscheidung der Beklagten halte sich im Rahmen des behördlichen Einschätzungsspielraums und sei rechtlich nicht zu beanstanden. Für eine weitergehende Verpflichtung der Beklagten, Zugang zur Korrespondenz mit Herrn A_____ oder zur internen Kommunikation innerhalb des Bundeskanzleramtes aus Anlass des Abendessens zu gewähren, sei kein Raum. Nach den glaubhaften Ausführungen der Beklagten seien entsprechende Unterlagen nicht (mehr) vorhanden. Eine Pflicht der Beklagten zur Rekonstruktion oder Wiederbeschaffung nicht mehr vorhandener Unterlagen sehe das Gesetz nicht vor. Ebenso wenig sei die Beklagte verpflichtet, die in den sogenannten Sammelrechnungen der Kanzlerküche enthaltenen Rechnungspositionen mit Blick auf die für die Veranstaltung des Abendessens bezogenen Waren auszuwerten.

Gegen das Urteil haben sowohl die Kläger als auch die Beklagte Berufung eingelegt.

Die Kläger sind der Ansicht, dass ihnen ein Rechtsanspruch auf vollständigen Zugang zu den begehrten Informationen zustehe. Bei den Eintragungen in den Terminkalender der Bundeskanzlerin handele es sich um amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen, die nicht dem Bereich der Regierungstätigkeit zuzuordnen seien. Soweit danach der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes eröffnet sei, könne sich die Beklagte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht auf den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. c IFG berufen. Eine behördliche Einschätzungsprärogative stehe der Beklagten insoweit nicht zu. Vielmehr unterliege die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Ausschlussgrundes der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die Annahme nachteiliger Auswirkungen auf die innere und äußere Sicherheit setze eine konkrete Gefährdungslage voraus; konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer

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derartigen Gefährdungslage, die in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen sei, habe die Beklagte nicht dargelegt. Der Einsicht in den Terminkalender der Bundeskanzlerin für den beantragten Zeitraum stünden auch keine anderweitigen Ausschlussgründe entgegen. Hinsichtlich der übrigen streitgegenständlichen Unterlagen habe das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht mit der Begründung abgewiesen, entsprechende Unterlagen seien nicht (mehr) vorhanden. Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten sei weder glaubhaft noch mit den Regeln einer ordnungsgemäßen Aktenführung in Einklang zu bringen. Insbesondere sei es nicht glaubhaft, dass zwischen den Abteilungen des Bundeskanzleramtes aus Anlass der Vorbereitung des Abendessens nicht noch mehr schriftliche Informationen ausgetauscht worden seien.

Die Kläger beantragen,

  1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. April 2011 teilweise zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides zu verpflichten, den Klägern entsprechend ihrem erstinstanzlich gestellten Klageantrag - mit Ausnahme des Namens des Bundestagsabgeordneten im Vermerk vom 17. April 2008 - in vollem Umfang Informationszugang zu gewähren,
  2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

  1. die Berufung der Kläger zurückzuweisen,
  2. unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, dass die Organisation und Durchführung des Abendessens materiell als Regierungstätigkeit einzustufen seien. Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG sei daher nicht eröffnet. Bei der Wahrnehmung von Regierungstätigkeit sei das Bundeskanzleramt nicht informationspflichtige Behörde; dies ergebe sich sowohl aus der Systematik des Gesetzes als auch dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des exekutiven

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Kernbereichs. Unabhängig davon stehe den Klägern ein Anspruch auf ungeschwärzten Zugang zu der Redevorlage vom 17. April 2008 nicht zu. Die unkenntlich gemachten Passagen bezögen sich auf Fragen der Bankenaufsicht, die lediglich aus Anlass eines Schreibens eines namentlich genannten Bundestagsabgeordneten angesprochen worden seien, nicht aber im Zusammenhang mit dem veranstalteten Abendessen stünden. Sie seien mithin nicht vom Informationsantrag der Kläger umfasst. Hinsichtlich der geschwärzten Teile in den Gästelisten, dem Adressverteiler und der Tisch- und Sitzordnung habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht den Ausschlussgrund des Schutzes personenbezogener Daten verneint. Da es sich bei den eingeladenen Gästen nicht in jedem Fall um Personen des öffentlichen Lebens handele, greife der uneingeschränkte Informationszugang, soweit keine Einwilligung zur Weitergabe des Namens und der dienstlichen Anschrift erteilt worden sei, in die absolut geschützte Sphäre des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ein. Der von den Klägern begehrte Zugang zum Terminkalender der Bundeskanzlerin scheitere schon daran, dass es sich nicht um amtliche Informationen im Sinne des Gesetzes handele. Zudem stünden der Veröffentlichung gesetzlich anerkannte Sicherheitsinteressen entgegen. Schließlich ergebe sich bereits aus den im Einzelnen dargelegten Regeln der Beklagten zur Aktenführung, dass keine weiteren Informationen über den fraglichen Vorgang zur Verfügung stünden. Die von den Klägern begehrten Abrechnungsunterlagen über den Kauf von Lebensmitteln stünden im Übrigen in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem hier in Rede stehenden Abendessen. Dies gelte auch für die im Verhandlungstermin vorgelegte Sammelabrechnung, die vom Informationsantrag der Kläger nicht erfasst sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und den von der Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgang (1 Leitzordner) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, den Klägern Zugang zu den unkenntlich gemachten Passagen in der Redevorlage vom 17. April 2008, dem Adressverteiler, den beiden Gästelisten und der Tisch- und Sitzordnung zu gewähren (1). Die Berufung der Kläger hat dagegen teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Über den bereits erstinstanzlich gewährten Informationszugang hinaus steht den Klägern auch ein Anspruch auf Zugang zu der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Sammelrechnung einschließlich Anlagen - mit Ausnahme der darin enthaltenen personenbezogenen Daten - zu (2). Hinsichtlich des Terminkalenders der Bundeskanzlerin und der übrigen streitgegenständlichen Unterlagen ist die Berufung der Kläger unbegründet (3).

  1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass den Klägern ein Anspruch auf Überlassung ungeschwärzter Kopien der Redevorlage und der weiteren im Zusammenhang mit der Einladung zu dem Abendessen stehenden Unterlagen zusteht. Insoweit ist der angefochtene Bescheid der Beklagten rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

a) Rechtsgrundlage für das Begehren der Kläger ist § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist vorliegend eröffnet. Das Bundeskanzleramt zählt grundsätzlich zu den anspruchsverpflichteten Behörden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Organisation und Durchführung des von der Bundeskanzlerin veranstalteten Abendessens dem Regierungshandeln zuzuordnen ist. Denn nach der vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Rechtsprechung des Senats erfasst § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG alle staatlichen Stellen des Bundes, die öffentliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und weder der Gesetzgebung noch der Rechtsprechung zuzuordnen sind. Damit unterfällt auch der Bereich des Regierungshandelns dem Anwendungsbereich des Gesetzes (BVerwG, Urteile vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 sowie 7 C 4.11 juris; Urteile des Senats vom 5. Oktober 2010 - OVG 12 B 6.10 und OVG 12 B 13.10 - juris).

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b) Bei den unkenntlich gemachten Passagen handelt es sich auch um amtliche Informationen im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG, die vom Informationsbegehren der Kläger umfasst sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten gilt dies auch für die geschwärzten Teile der Redevorlage vom 17. April 2008.

In ihrem Antrag vom 7. Juli 2009 haben die Kläger im Zusammenhang mit dem Abendessen u.a. ausdrücklich Zugang zu "Tischreden und Ansprachen der Bundeskanzlerin …" (Nr. 11) begehrt und darüber hinaus in Nr. 13 "Berichte, Protokoll- und Gesprächs- sowie sonstige Aktenvermerke im Zusammenhang mit der o.g. Veranstaltung" zum Gegenstand ihres Antrages gemacht. Damit liegt auch hinsichtlich der im Bundeskanzleramt erarbeiteten Vorlage vom 17. April 2008 ein hinreichend spezifizierter Antrag vor. Eine weitergehende Präzisierung der begehrten amtlichen Information verlangt das Gesetz nicht; die Kläger haben in ihrem Antrag unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie Zugang zu dem gesamten Dokument begehren.

Z udem sprechen, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, sowohl die Überschrift als auch der Aufbau der Vorlage dafür, dass zwischen dem Redeentwurf und den geschwärzten Passagen ein sachlicher Zusammenhang besteht. Nach den Angaben der Beklagten beziehen sich die unkenntlich gemachten Teile III (Sachverhalt) und IV (Bewertung) auf den in der Öffentlichkeit diskutierten und von einem Bundestagsabgeordneten thematisierten Vorwurf aktienrechtlicher Verstöße der Deutschen Bank AG im Zusammenhang mit der Krise der Mittelstandsbank IKB. Die geschwärzten Passagen enthalten damit ersichtlich Hintergrundinformationen, die thematisch einen Zusammenhang mit dem anlässlich des 60. Geburtstages des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank veranstalteten Abendessen aufweisen. Für die Annahme, es fehle ein hinreichender Bezug zu dem Informationsbegehren der Kläger, ist danach kein Raum. Der Durchführung eines Zwischenverfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO bedarf es insoweit nicht. Abgesehen davon, dass die Beklagte einen Antrag auf Durchführung eines in-camera-Verfahrens in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt hat, kann der Senat bereits aufgrund der Angaben zum Inhalt der unkenntlich gemachten Teile über den Informationsanspruch der Kläger entscheiden.

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c) Versagungsgründe stehen dem Anspruch auf Zugang zu den geschwärzten Passagen der streitigen Unterlagen nicht entgegen.

Hinsichtlich der Vorlage vom 17. April 2008 haben sich die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich mit der Überlassung einer Kopie unter Schwärzung des in der Vorlage namentlich genannten Bundestagsabgeordneten einverstanden erklärt. Ob sich die Beklagte insoweit auf den Ausschlussgrund des § 5 Abs. 2 IFG hätte berufen können, kann daher dahinstehen. Weitere Ausschlussgründe sind von der Beklagten, die die Darlegungslast für das Vorliegen einer Ausnahme vom Informationszugang trägt, hinsichtlich der genannten Vorlage weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.

Der Anspruch auf Überlassung ungeschwärzter Kopien des Adressverteilers, der Gästelisten und der Tisch- und Sitzordnung ist nicht durch § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG ausgeschlossen. Nach der genannten Vorschrift darf der Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Informationsinteresse der Kläger bei der gebotenen Abwägung höher zu bewerten ist als das Geheimhaltungsinteresse der zu dem Abendessen eingeladenen Gäste, die einer Weitergabe ihres Namens und ihrer dienstlichen Anschrift nicht zugestimmt haben.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann ein überwiegendes Informationsinteresse nicht allein mit dem Hinweis auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Gäste verneint werden. Im Rahmen der gebotenen Einzelfallabwägung ist zwar zu berücksichtigen, dass der Zugang zu personenbezogenen Daten vom Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) erfasst ist; die Abwägung mit dem entgegenstehenden Informationsinteresse muss diesem grundrechtlichen Schutz angemessen Rechnung tragen. Bei der Frage, welches Gewicht der Offenbarung personenbezogener Daten zukommt, ist jedoch auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen. Da das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht schrankenlos gewährleistet ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2001 - 2 BvR 152/01 - NJW 2002, 2164 m.w.N.), ist bei der Würdi-

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gung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen insbesondere die Art der in Rede stehenden personenbezogenen Angaben zu berücksichtigen.

Gemessen hieran geht es vorliegend nicht um Angaben, die der privaten Lebensgestaltung zuzuordnen sind. Mit der Annahme der Einladung der Bundeskanzlerin zu einem Essen im Bundeskanzleramt haben sich die namentlich noch nicht benannten Gäste freiwillig in die Sphäre der einladenden staatlichen Stelle begeben. Anders als in dem typischen Anwendungsfall des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG hat die Beklagte personenbezogene Informationen nicht in Anwendung hoheitlicher Befugnisse erlangt. Ob sie der Einladung nachkommen, konnte von den Eingeladenen frei entschieden werden. Dies kann bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit ihres Geheimhaltungsinteresses nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. zum freiwilligen Besuch von medienwirksamen Veranstaltungen: BVerfG, Beschluss vom 14. September 2010 - 1 BvR 1842/08 u.a. - NJW 2011, 740 Rn. 56). Überdies konnten die Gäste nicht darauf vertrauen, dass ein Kontakt mit der Bundeskanzlerin im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte nicht an die Öffentlichkeit gelangen würde. Mit der Annahme der Einladung sind sie vielmehr in einen Bereich des öffentlichen Meinungsaustausches eingetreten, der nicht dem Kernbereich ihrer geschützten Privatsphäre zuzurechnen ist. Die Einlassung der Beklagten, dass einige der Gäste des Abendessens aus rein privaten Gründen eingeladen worden seien, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sie vermag schon angesichts des amtlichen Zusammenhangs der Einladung nicht zu überzeugen. Auch wenn die Auswahl der Gäste in Absprache mit Herrn A_____ erfolgt sein sollte, bleibt die Entscheidung über die Einladung in das Bundeskanzleramt in der alleinigen Verantwortung der Behörde und ist Teil der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben. Davon ist offensichtlich auch die Beklagte ausgegangen, soweit sie die Organisation und Durchführung des Abendessens der Regierungstätigkeit zuordnet. Dass das Abendessen auf Seiten des Bundeskanzleramtes Teil der Regierungstätigkeit, auf Seiten der eingeladenen Gäste aber eine reine Privatangelegenheit sein soll, ist nicht nachvollziehbar.

Soweit sich das Informationsbegehren zudem allein auf die Tatsache der Teilnahme an der Veranstaltung beschränkt, nicht aber anderweitige Umstände des Besuches im Bundeskanzleramt - namentlich keine Gesprächsinhalte - erfasst, hat das Verwaltungsgericht zu Recht ein überwiegendes Informationsinteresse

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der Kläger anerkannt. Mit Blick auf den Zweck des Gesetzes, die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu stärken und die Kontrolle staatlichen Handelns zu verbessern (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6), kommt dem Interesse der Kläger am Informationszugang ein erhebliches Gewicht zu. Da sie nach eigenen Angaben die Verflechtungen von Wirtschaft und Politik untersuchen und hierüber vor dem Hintergrund der Finanzkrise publizieren, weist ihr Antrag einen Bezug zu der vom Gesetz bezweckten Transparenz und der Aufklärung der Umstände der politischen Willensbildung auf. Dies gilt im Ergebnis auch für die das Begehren der Kläger leitende Frage, mit welchen Personen sich die Bundeskanzlerin in Ausübung ihres Amtes austauscht.

  1. Den Klägern steht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG auch ein Anspruch auf Zugang zu der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Sammelrechnung der Kanzlerküche des Bundeskanzleramtes einschließlich Anlagen mit Ausnahme der zu schwärzenden personenbezogenen Daten zu. Insoweit ist die Berufung der Kläger begründet.

Ohne Erfolg hält die Beklagte diesem Anspruch entgegen, dass sich die ihr vorliegende und mit den Beteiligten im Termin eingesehene Sammelrechnung überwiegend nicht auf das hier in Frage stehende Abendessen beziehe und daher in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Informationsantrag der Kläger stehe. Die Kläger haben in ihrem Antrag vom 7. Juli 2009 deutlich gemacht, dass sie sich über alle Umstände des von der Bundeskanzlerin veranstalteten Abendessens im Bundeskanzleramt informieren wollen. Zu diesen Umständen gehören, wie unter Nr. 12 des Antrages ausdrücklich aufgeführt, auch Abrechnungen über die Kosten des Abendessens. Zwar trifft es zu, dass sich die vorgelegte Sammelrechnung auf einen Zeitraum vom 16. bis 30. April 2008 bezieht und damit nicht nur Lebensmittellieferungen für die Veranstaltung am 22. April 2008, sondern zu einem großen Teil auch Wareneinkäufe für andere Ereignisse ausweist. Dieser Umstand beruht jedoch allein auf der von der Beklagten gewählten Form der Abrechnung und kann nicht zu einem Ausschluss des Informationsbegehrens der Kläger führen. Insbesondere ändert die Abrechnungsweise der Beklagten nichts daran, dass in der Sammelrechnung, wovon sich der Senat durch Einsichtnahme im Termin überzeugen konnte, auch Rechnungspositionen enthalten sind, die sich zeitlich und inhaltlich konkret auf die Veranstaltung des Abendessens im Bundeskanzleramt

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beziehen. Das Begehren der Kläger ist insoweit nicht, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, auf die Erstellung einer neuen Information durch Auswertung der Sammelrechnung gerichtet. Inwieweit die Kläger tatsächlich in der Lage sind, die Rechnungsposition im Einzelnen nachzuvollziehen, ist für die rechtliche Beurteilung ihres Anspruchs auf Informationszugang unerheblich. Entscheidend ist, dass sich ihr Antragsbegehren auch auf die Kosten des Abendessens erstreckt, die in der Sammelrechnung in der vorliegenden Form enthalten sind. Der Anspruch auf Informationszugang kann insoweit nicht von einer bestimmten Abrechnungstechnik abhängen.

Soweit danach auch die im Termin vorgelegte Sammelrechnung nebst Anlagen vom Informationsantrag der Kläger umfasst ist, steht den Klägern ein Anspruch auf Überlassung von Kopien unter Schwärzung der im Tenor aufgeführten personenbezogenen Daten zu. Ein überwiegendes Interesse der Kläger an der Preisgabe dieser Daten ist nicht ersichtlich (§ 5 Abs. 1 Satz 1 IFG). Anderweitige dem Informationszugang entgegenstehende Ausschlussgründe sind von der Beklagten im vorliegenden Zusammenhang weder dargetan noch erkennbar.

  1. Im Übrigen ist die Berufung der Kläger dagegen unbegründet. Ein Anspruch auf Einsicht in den Terminkalender der Bundeskanzlerin für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. März bis 15. Mai 2008 steht den Klägern nicht zu (a). Ebenso wenig können sie den Zugang zu weiteren im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung des Abendessens stehenden Informationen beanspruchen (b).

a) Hinsichtlich des Terminkalenders der Bundeskanzlerin ist der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG zwar grundsätzlich eröffnet. Soweit es um die Eintragung dienstlicher und nicht lediglich privater Termine der Bundeskanzlerin geht, handelt es sich um amtliche Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG. In Bezug auf dienstliche Termine stellt der Terminkalender nicht nur ein persönliches Organisationsmittel der Bundeskanzlerin dar. Die Eintragung derartiger Termine steht vielmehr im Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte und dient damit amtlichen Zwecken (vgl. Schoch, IFG, 2009, § 2 Rn. 40 m.w.N.). Die Eintragungen können auch nicht bloßen Entwürfen oder Notizen, die lediglich vorbereitenden Charakter haben, gleichgestellt werden. Ob die Führung

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des dienstlichen Terminkalenders dem Bereich der Regierungstätigkeit zuzuordnen ist, ist für das Informationsbegehren der Kläger unerheblich, da das Bundeskanzleramt - wie bereits vorstehend dargelegt - auch insoweit anspruchsverpflichtete Behörde ist.

Dem Informationsanspruch der Kläger steht jedoch der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. c IFG entgegen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf Belange der inneren oder äußeren Sicherheit haben kann. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind.

Mit den Belangen der inneren und äußeren Sicherheit umfasst § 3 Nr. 1 Buchst. c IFG den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 9). Dies schließt den Schutz der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen mit ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 2005 - 1 C 26/03 - juris, Rn. 17; Schoch, a.a.O., § 3 Rn. 33; Roth, in: Berger/Roth/Scheel, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, § 3 Rn. 38). Soweit danach auch Angriffe auf die Bundeskanzlerin in den Schutzbereich der Vorschrift fallen, ist der Informationsanspruch schon dann ausgeschlossen, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Sicherheitslage der Bundeskanzlerin haben "kann". Bei der Entscheidung, ob die Möglichkeit derartiger nachteiliger Auswirkungen besteht, steht dem Bundeskanzleramt als informationspflichtiger Behörde ein eigener Beurteilungsspielraum zu, der entgegen der Auffassung der Kläger nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist.

F ür den Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. a IFG, der den möglichen Eintritt von Nachteilen für die internationalen Beziehungen betrifft, ist die Einräumung eines gerichtlich nur in engen Grenzen überprüfbaren Beurteilungsspielraums höchstrichterlich bereits anerkannt (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 7 C 22/08 - NVwZ 2010, 321 Rn. 13, 20). Soweit das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung darauf verwiesen hat, dass die Frage möglicher nachteiliger Auswirkungen auf das Schutzgut von auf die Zukunft bezogenen Beurteilungen abhänge, die notwendigerweise mit einem gewissen Maß an Unsicherheit verbunden seien,

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kann nach Auffassung des Senats für den Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. c IFG nichts anderes gelten. Auch insoweit erfordert die Entscheidung, ob die Freigabe der begehrten Informationen nachteilige Auswirkungen haben kann, eine prognostische Einschätzung, die nur in engen Grenzen verwaltungsgerichtlich überprüfbar ist.

Anders als der Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 2 IFG, der bereits seinem Wortlaut nach eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verlangt und damit an eine polizeirechtliche Regelungstechnik anschließt, die grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, verzichtet § 3 Nr. 1 Buchst. c IFG auf ein solches Gefahrerfordernis. Mit dem Hinweis auf die Möglichkeit eines zukünftigen Nachteils für die innere Sicherheit verweist die Vorschrift auf einen zukunftsgerichteten Umgang mit Erfahrungswissen, der zwangsläufig mit besonderen Unsicherheiten behaftet ist. Grundlage dieser prognostischen Einschätzung können allein bei den staatlichen Stellen vorhandene sicherheitsrelevante Erkenntnisse sein, die sich regelmäßig, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aus einer Vielzahl von Einzelinformationen zusammensetzen und erst in ihrer Gesamtschau eine Beurteilung der Sicherheitslage ermöglichen. Die in die Zukunft gerichtete Bewertung dieser Erkenntnisse lässt sich nicht vollständig in einer rechtsanwendenden Kontrolle nachvollziehen, sondern ist typischerweise von der Exekutive zu leisten. Das Gericht kann sich auf der Grundlage der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung zwar ein Bild davon machen, ob die Beklagte zu ihrer Beurteilung mit nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Argumenten gekommen ist und ihre Tatsacheneinschätzung plausibel begründet hat, es kann seine eigene Bewertung aber nicht an die Stelle der Bewertung der Beklagten setzen. Eine nur eingeschränkte gerichtliche Kontrolle ergibt sich danach schon aus der Art des in Rede stehenden Rechtsgutes. Dabei kann offen bleiben, ob die Rücknahme der gerichtlichen Kontrolldichte für alle Tatbestände des § 3 Nr. 1 IFG gilt. Denn von dem prognostischen Charakter der Einschätzung von Nachteilen ist jedenfalls bei solchen Rechtsgütern auszugehen, die in besonderem Maße die Beurteilung praktischen Erfahrungswissens voraussetzen, wie es nur bei der Exekutive gesammelt werden kann. Dies ist bei dem Schutzgut der inneren Sicherheit der Fall. Allerdings kann insoweit nicht jede mögliche Einschränkung der staatlichen Sicherheitsgewährleistung zu einer Annahme des Versagungsgrundes führen. Um dem Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG über eine Anwendung des § 3

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Nr. 1 Buchst. c IFG nicht dadurch jeden Regelungsgehalt zu nehmen, dass der Schutz der inneren und äußeren Sicherheit ohne ein zusätzliches Gefahrerfordernis als Ausnahmetatbestand genügt, sind an die Bestimmung der durch § 3 Nr. 1 Buchst. c IFG geschützten Rechtsgüter strengere Anforderungen zu stellen als an den Begriff der öffentlichen Sicherheit. Bezieht sich der Begriff der öffentlichen Sicherheit im Informationsfreiheitsgesetz - wie im Polizeirecht - auf jede mögliche Verletzung der Rechtsordnung, so muss ein möglicher Nachteil für die innere Sicherheit erhebliche hierauf bezogene Belange der Bundesrepublik Deutschland betreffen (vgl. Schoch, a.a.O., § 3 Rn. 33). Ein durch den Zugang einer Information möglicher Eintritt von Nachteilen muss dementsprechend ein besonderes Gewicht für die innere Sicherheitslage haben; eine solche Gesamteinschätzung kann nur im Rahmen einer plausiblen und nachvollziehbaren Prognoseentscheidung erfolgen.

Gemessen an diesen Anforderungen ist die vorliegend von der Beklagten getroffene Prognose rechtlich nicht zu beanstanden. Durchgreifende Bedenken an der im Ausgangspunkt angeführten besonderen Gefährdungslage der Bundeskanzlerin bestehen nicht und sind von den Klägern auch nicht geltend gemacht worden. Ausgehend von dieser Gefährdungslage hat die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt, dass sich das Informationsbegehren der Kläger auf die Gesamtheit der dienstlichen Tätigkeiten der Bundeskanzlerin während eines Zeitraums von zehn Wochen erstreckt. Die Beklagte hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass die Freigabe der Eintragungen im Terminkalender, die sich nicht in der Angabe einzelner Termine erschöpfen, sondern auch Information über regelmäßige Aufenthaltsorte enthalten, nachteilige Auswirkungen auf den persönlichen Schutz der Bundeskanzlerin haben kann. Soweit sie dabei davon ausgegangen ist, dass die Kenntnis dieser Informationen zur Erstellung eines Bewegungsprofils der Bundeskanzlerin herangezogen werden könne und daher geeignet sei, die Planung und Vorbereitung eines Anschlags auf die Bundeskanzlerin zu ermöglichen oder zu erleichtern, ist ihre Einschätzung von plausiblen und nicht offensichtlich sachfremden Erwägungen getragen. Dass bei einem hier in Rede stehenden Zeitraum von zehn Wochen aus dem Terminkalender auch regelmäßig wiederkehrende Termine der Bundeskanzlerin zu ersehen sind, entspricht allgemeiner Lebenserfahrung und lässt einen Beurteilungsfehler nicht erkennen.

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Die Beklagte hat auch nicht verkannt, dass die von den Klägern begehrten Informationen vorliegend einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum betreffen. Soweit sie gleichwohl darauf verwiesen hat, dass die mögliche Erstellung eines sicherheitsgefährdenden Bewegungsprofils sowohl aktuelle als auch ältere Terminpläne betreffe und bei einer Preisgabe der hier streitigen Informationen mit weiteren - möglicherweise bereits gestellten - Informationsanträgen zu rechnen sei, die in der Zusammenschau zur Identifizierung von Arbeitsabläufen der Bundeskanzlerin bis in die Gegenwart hinein genutzt werden könnten, bestehen keine Anhaltspunkte für eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung oder fehlerhafte Einschätzung. Dass die Beklagte alle in Betracht kommenden Möglichkeiten berücksichtigt, die einmal zugänglich gemachten Informationen zu nutzen, ist nicht zu beanstanden. Sie ist bei der Prüfung, ob der Ablehnungsgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. c IFG vorliegt, entgegen der Auffassung der Kläger nicht verpflichtet, jeden Antrag auf Informationszugang isoliert zu betrachten. Vielmehr darf sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei jedem Antrag die möglichen Auswirkungen einer Freigabe der begehrten Informationen umfassend in Betracht ziehen (Urteil vom 29. Oktober 2009, a.a.O., Rn. 24). Die Einschätzung, auch mit Blick auf den hier streitigen Zeitraum könne die Bekanntgabe der Eintragungen im Terminkalender die Gefährdung der Bundeskanzlerin erhöhen und die Maßnahmen zu ihrem Personenschutz erheblich beeinträchtigen, stützt sich danach nicht nur auf fernliegende Befürchtungen. Da die Sicherheit der Bundeskanzlerin angesichts ihrer herausragenden Stellung für das Sicherheitsempfinden in der Bundesrepublik Deutschland von besonderer Bedeutung ist und jede Bedrohung ihrer Person geeignet sein kann, die politische Ordnung im Ganzen zu berühren, rechtfertigt schon die gesteigerte Gefahr von Anschlägen die Annahme einer den Versagungsgrund auslösenden nachteiligen Auswirkung auf die innere Sicherheit. b) Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Zugang zu weiteren von ihrem Informationsantrag umfassten Unterlagen zu (insbesondere Korrespondenz mit Herrn A_____, interner Schriftverkehr, Aktenvermerke). Nach den plausiblen Einlassungen der Beklagten sind im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung des Abendessens im Bundeskanzleramt keine weiteren Unterlagen (mehr) vorhanden.

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Der Anspruch auf Informationszugang aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG erstreckt sich grundsätzlich nur auf solche amtlichen Informationen, die tatsächlich bei der anspruchsverpflichteten Behörde vorhanden sind (vgl. zum Berliner Informationsfreiheitsgesetz: Urteil des Senats vom 18. März 2010 - OVG 12 B 41.08 - juris; Urteil vom 2. Oktober 2007 - OVG 12 B 12.07 - juris). Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 IFG, stellt jedoch ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal dar, da das Gesetz keine Pflicht zur Beschaffung nicht oder nicht mehr vorhandener Informationen normiert (Schoch, a.a.O., § 2 Rn. 30 f.; Scheel, in: Berger/Roth/Scheel, a.a.O., § 2 Rn. 24). Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, da es sich bei dem Zugangsanspruch um ein Verpflichtungsbegehren handelt (Urteil des Senats vom 18. März 2010, a.a.O., Rn. 19).

Nach der informatorischen Befragung der zuständigen Referatsleiterin in der mündlichen Verhandlung und den Darlegungen der Beklagten zur Aktenführung im Bundeskanzleramt steht zur Überzeugung des Senats fest, dass keine weiteren Informationen zu dem streitgegenständlichen Abendessen mehr vorliegen. Soweit die Aktenführung allein in den jeweiligen Fachabteilungen des Bundeskanzleramtes erfolgt, hat die Befragung der für Informationsbegehren zuständigen Referatsleiterin ergeben, dass aus Anlass des Antrages der Kläger bei allen in Betracht kommenden Fachabteilungen nachgefragt worden ist, ob dort Unterlagen zu dem Abendessen vorhanden sind. Über die den Klägern bereits in teilweise geschwärzter Form zugänglich gemachten Dokumente sind weitere Unterlagen nicht aufgefunden worden. Die Angaben stehen in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der bereits erstinstanzlich durchgeführten Befragung und lassen nicht erkennen, dass weitere noch nicht befragte Stellen mit dem Vorgang befasst gewesen wären und über Informationen verfügen würden. Ebenso wenig bietet der Hinweis der Kläger auf die Grundsätze der ordnungsgemäßen Aktenführung substantiierte Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Informationen, denen im Wege der Amtsaufklärung nachzugehen wäre. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 2. Oktober 2007 zu § 3 Abs. 1 IFG Bln (a.a.O., Rn. 29) darauf hingewiesen, dass eine ordnungsgemäße Aktenführung nicht mit den Mitteln des Informationsfreiheitsgesetzes durchgesetzt werden könne. Für die bundesrechtliche Regelung kann nichts anderes gelten. Selbst wenn die Beklagte einzelne vom Informationsantrag der Kläger umfasste Unterlagen unter Verstoß gegen gesetzliche Bestim-

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mungen nicht zum Aktenvorgang genommen oder vernichtet haben sollte, sind diese zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung tatsächlich nicht (mehr) vorhanden; ein Informationsanspruch ist daher ausgeschlossen.

Z u Recht hat das Verwaltungsgericht auch einen Anspruch der Kläger auf Wiederbeschaffung eventuell bereits vernichteter Informationen verneint. Eine Verpflichtung der informationspflichtigen Stellen zur Wiederbeschaffung von amtlichen Informationen, die sich nicht mehr in ihrem Besitz befinden, sieht das Gesetz nicht vor (Schoch, a.a.O., § 1 Rn. 29 ff.; Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, § 2 Rn. 19). Dies gilt mit Blick auf die Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 1 IFG unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Auch die Rekonstruktion von möglicherweise bereits gelöschten E-Mails, denen sich die Behörde dauerhaft und endgültig entledigen wollte, würde eine Form der Wiederbeschaffung darstellen, auf die die Kläger keinen Anspruch haben. Ob die insoweit erforderlichen technischen Möglichkeiten im Bundeskanzleramt vorhanden wären, kann daher dahinstehen. Soweit nach der Rechtsprechung des Senats die Behörde nach Treu und Glauben ausnahmsweise verpflichtet sein kann, bei Antragseingang vorhandene und in Kenntnis des Informationsbegehrens aus der Hand gegebene Informationen wiederzubeschaffen (Urteil vom 18. März 2010, a.a.O., Rn 22 m.w.N.), ist weder dargetan noch ersichtlich, dass ein entsprechender Ausnahmefall vorliegend gegeben ist. Das Vorbringen der Beteiligten bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass ursprünglich noch vorhandene Informationen in Kenntnis des Informationsantrages treuwidrig vernichtet oder gelöscht worden sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

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Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen auf dem unter www.berlin.de/erv veröffentlichten Kommunikationsweg einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht schriftlich oder in der bezeichneten elektronischen Form einzureichen.

Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. In Angelegenheiten, die ein gegenwärtiges oder früheres Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen, und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO als Bevollmächtigte zugelassen; sie müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören.

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