Information

Aktenzeichen
11 K 1996/10
Datum
24. Januar 2012
Gericht
Verwaltungsgericht Hamburg
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz (Hamburg)
Informationsfreiheitsgesetz (Hamburg)

Urteil: Verwaltungsgericht Hamburg am 24. Januar 2012

11 K 1996/10

Es besteht kein Anspruch auf Zugang zu Unterlagen eines im Auftrag einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft verwirklichten Bauvorhabens nach dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz. Zwar ist der Anwendungsbereich des Gesetzes eröffnet. Hierfür ist es unerheblich, ob sich die begehrten Informationen auf öffentlich-rechtliches oder privat-rechtliches Handeln der genannten Stellen beziehen. Entscheidend ist allein die Charakterisierung der Rechtsträger als öffentlich-rechtlich. Auch hat die Beklagte nicht als Unternehmen am Wettbewerb gehandelt; ihre Tätigkeit war vielmehr der Bedarfsdeckungsverwaltung zuzuordnen und somit nicht von dem entsprechenden Ausschlussgrund des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz umfasst. Dem Informationszugang steht aber der Ausschlussgrund zum Schutz fiskalischer Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg im Wirtschaftsverkehr entgegen. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Fiskalische Interessen

/ 12
PDF herunterladen
11 K 1996/10 Verwaltungsgericht Hamburg Urteil Im Namen des Volkes Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet. Tatbestand Die Klägerin begehrt den Zugang zu Informationen im Zusammenhang mit einem von der Beklagten verwirklichten Bauvorhaben. Die Beklagte ließ in den Jahren 2005 bis 2008 von etwa 60 Unternehmen, darunter der Klägerin, den sog. … errichten. Anschließend verklagte die Klägerin die Beklagte vor dem Landgericht Hamburg auf Zahlung ausstehenden Werklohns in Höhe von 2.730.000,00 Euro und Herausgabe einer Vertragserfüllungsbürgschaft. Mit einem ersten – hier nicht streitgegenständlichen – Antrag vom 13. Oktober 2009 begehrte die Klägerin gegenüber der Beklagten unter Berufung auf § 4 des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes vom 17. Februar 2009 (HmbGVBl. S. 29; im Folgenden: HmbIFG) den freien Zugang zu Unterlagen, die näher bezeichnet wurden und mit der Errichtung des sog. ... im Zusammenhang stehen. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9. November 2009 unter Verweis auf § 10 Abs. 1 HmbIFG und § 11 Abs. 1 HmbIFG ab. Gegen den ablehnenden Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 27. November 2009 Widerspruch ein. Zudem wandte sie sich an den
1

-2- Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, der mit Schreiben vom 3. Februar 2010 und 18. Februar 2010 Stellung nahm. Mit einem zweiten – hier streitgegenständlichen – Antrag vom 25. Februar 2010 begehrte die Klägerin gegenüber der Beklagten den freien Zugang zu den Zuschlagsschreiben nebst jeweils EVM (B) BVB von elf einzeln aufgeführten Gewerken und Firmen, dem projektbezogenen        Gesamtterminplan         und         den       gewerkebezogenen Ausführungsterminplänen     einschließlich  der  jeweiligen   Fortschreibungen    bis  zur Fertigstellung sowie den auftraggeberseitig geprüften Schlussrechnungen einschließlich der (Bauzeit-) Nachträge und bat um Übersendung entsprechender Kopien. Gegen die fingierte Ablehnung ihres Antrags vom 25. Februar 2010 legte die Klägerin mit Schreiben vom 3. Mai 2010 Widerspruch ein. Ausdrücklich lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 25. Februar 2010 mit Bescheid vom 17. Mai 2010 ab und verwies zur Begründung im Wesentlichen wiederum auf die §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 HmbIFG. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 27. November 2009 zurück. Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit nahm mit Schreiben vom 16. Juni 2010 erneut Stellung. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 3. Mai 2010 gegen die fingierte Ablehnung des Antrags vom 25. Februar 2010 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, auch die nunmehr begehrten Unterlagen enthielten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der am Bau beteiligten Unternehmen nach § 10 Abs. 1 HmbIFG, z.B. Angaben zu den Kalkulationsgrundlagen, sowie personenbezogene Daten nach § 11 Abs. 1 HmbIFG von deren Mitarbeitern. Ein beschränkter Informationszugang durch Aussonderung der geheimhaltungsbedürftigen     Informationen   scheide   aus,   da   dies angesichts   des erheblichen    Umfangs   der    vorgehaltenen   Unterlagen    einen   unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordern würde. -3-
2

-3- Am 29. Juli 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz sei auf die Beklagte als Körperschaft öffentlichen Rechts anwendbar. Die im Vorverfahren angeführten Ablehnungsgründe seien nicht gegeben. § 10 Abs. 1 HmbIFG stehe ihrem Anspruch nicht entgegen, da Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse durch die Übermittlung der Informationen nicht offenbart würden. Es gehe der Beklagten nicht um die Interessen der betroffenen Unternehmen, sondern darum, ihre eigenen Prozessaussichten in den Zivilprozessen nicht zu schmälern. Es sei zwar nicht Ziel der Informationsfreiheitsgesetze, die Partei eines Rechtsstreits gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber zu privilegieren, aber es gebe keinen Ablehnungsgrund, der dies verhindere. Der Ablehnungsgrund nach § 11 HmbIFG greife nicht ein, da die Unterlagen keine personenbezogene Daten enthielten, die ihr – der Klägerin – nicht ohnehin im Zuge der Baumaßnahme zugänglich geworden wären. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 HmbIFG sei der Informationsanspruch nicht ausgeschlossen, da die Beklagte nicht als Unternehmen am Wettbewerb teilnehme. Zum einen sei sie kein Unternehmen, sondern eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Zum anderen stehe sie nicht in einem Wettbewerbsverhältnis. Zudem stehe ihrem Anspruch § 8 Nr. 2 HmbIFG nicht entgegen, da der Verfahrensablauf der zwischen den Beteiligten anhängigen Gerichtsverfahren durch die Bekanntgabe der Informationen nicht erheblich beeinträchtigt würde. Die Verhandlungsposition eines Verfahrensbeteiligten schütze diese Vorschrift nicht. Auf § 8 Nr. 4 HmbIFG könne sich die Beklagte nicht berufen, da die Informationen fiskalische Interesse der Freien und Hansestadt Hamburg im Wirtschaftsverkehr nicht beeinträchtigen würden. Die Beklagte habe insofern der ihr obliegenden Darlegungslast nicht genügt. Zudem bezwecke diese Vorschrift den Schutz vor einer Ausforschung durch Wettbewerber, worum es im vorliegenden Fall nicht gehe. Die Klägerin beantragt, -4-
3

-4- unter    Aufhebung      des   Bescheides     vom    17.    Mai    2010   und     des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2010 die Beklagte zu verpflichten, ihr durch Übersendung von Kopien Zugang zu den folgenden Informationen zu gewähren: 1. Zuschlagsschreiben nebst jeweils EVM (B) BVB folgender Gewerke und Firmen:    Raumlufttechnische     Anlagen,    Hoch-    und    Mittelspannungsanlagen, Niederspannungsschaltanlagen,           TGA         im        Außenbereich, Gebäudeautomation, Sonstiges (… GmbH)    Förderanlagen (… GmbH)    Fließen- und Plattenarbeiten (… GmbH)    Estricharbeiten (… GmbH)    Metallbauarbeiten Fassade, Teilleistung (…)    Trockenbauarbeiten I (… GmbH)    Saalverkleidung (… AG)    Hohlraum-/Doppelboden (… GmbH)    Maurerarbeiten/Fassade (… KG)    Putzarbeiten (… GmbH)    Spezialtiefbau (… GmbH & Co. KG) 2. projektbezogener Gesamtterminplan einschließlich seiner Fortschreibungen bis zur Fertigstellung, 3. gewerkebezogene         Ausführungstermine     einschließlich    der   jeweiligen Fortschreibung bis zur Fertigstellung der obigen Gewerke und Firmen, 4. die auftraggeberseitig geprüften Schlussrechnungen einschließlich (Bauzeit-) Nachträge der obigen Gewerke und Firmen. Die Beklagte beantragt, -5-
4

-5- die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 29. Juni    2010.   Ergänzend     trägt  sie  im   Wesentlichen    vor,   das    Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz sei im vorliegenden Fall bereits nicht anwendbar, da die von der Klägerin begehrten Informationen keine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit zum Gegenstand hätten, sondern rein privatrechtliche Vertragsbeziehungen. Im Übrigen bestehe der Informationsanspruch aufgrund des Ausschlussgrundes in § 3 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 HmbIFG nicht. Sie – die Beklagte – sei im Rahmen des Bauprojekts unternehmerisch tätig geworden und habe am Wettbewerb teilgenommen, da sie wie ein privater Bauherr den Regeln von Angebot und Nachfrage ausgesetzt gewesen sei. Darüber hinaus sei der Ablehnungsgrund des § 8 Nr. 2 Alt. 1 HmbIFG gegeben, da durch die Bekanntgabe der Informationen der Verfahrensablauf der zwischen den Beteiligten anhängigen Zivilgerichtsverfahren erheblich beeinträchtigt würde. Der Anspruch der Klägerin sei zudem nach § 8 Nr. 4 HmbIFG ausgeschlossen, da das Bekanntwerden der Informationen geeignet wäre, ihre fiskalischen Interessen im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen. Sie – die Beklagte – unterfalle als Körperschaft öffentlichen Rechts dem Begriff der Freien und Hansestadt Hamburg. Die Sachakten der Beklagten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Entscheidungsgründe I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 17. Mai 2010 und der Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zugang zu den im Antrag genannten Informationen. -6-
5

-6- Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich insbesondere nicht aus § 4 HmbIFG. Nach dieser Vorschrift hat jede natürliche Person und juristische Person des Privatrechts Anspruch auf Zugang zu den bei den in § 3 HmbIFG bezeichneten Stellen vorhandenen Informationen. Zwar ist die Beklagte aus dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich anspruchsverpflichtet (hierzu unter 1.). Dem Anspruch der Klägerin steht im vorliegenden Fall aber der Ablehnungsgrund nach § 8 Nr. 4 HmbIFG entgegen (hierzu unter 2.). 1. Die Beklagte ist grundsätzlich aus dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz anspruchsverpflichtet, da sie zu den in § 3 Abs. 1 HmbIFG bezeichneten Stellen gehört (hierzu unter a)) und ihr gegenüber der Anspruch auf Informationszugang nicht nach § 3 Abs. 2 HmbIFG ausgeschlossen ist (hierzu unter b)). a) Die Vorschriften über den Zugang zu Informationen gelten nach § 3 Abs. 1 HmbIFG für die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg sowie ihre Anstalten, Körperschaften und Stiftungen öffentlichen Rechts. Die Beklagte ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts der Freien und Hansestadt Hamburg. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Satz 1 und § 1 Abs. 1 Satz 3 ihrer Satzung (Amtl.Anz. …; im Folgenden: Satzung), wonach die Beklagte eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, deren Bezirk das Staatsgebiet der Freien und Hansestadt Hamburg umfasst. Die Geltung der Vorschriften des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes für die in § 3 Abs. 1 HmbIFG genannten Stellen ist entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten unabhängig davon, ob sich die begehrten Informationen auf öffentlich-rechtliches oder privat-rechtliches Handeln der genannten Stellen beziehen. Entscheidend ist insofern allein die Charakterisierung der in § 3 Abs. 1 HmbIFG genannten Rechtsträger als öffentlich-rechtlich. Etwas anderes gilt nur für natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts, die nach § 2 Nr. 3 Halbs. 2 HmbIFG nur insoweit Behörden gleichgestellt sind, als sich die in § 3 Abs. 1 HmbIFG genannten Stellen dieser Personen zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedienen oder diesen Personen die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben übertragen wird. -7-
6

-7- b) Der Anspruch auf Informationszugang ist gegenüber der Beklagten nicht nach § 3 Abs. 2 HmbIFG ausgeschlossen. Insbesondere greift entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten der Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 HmbIFG nicht ein. Danach besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, soweit die in § 3 Abs. 1 HmbIFG genannten Stellen als Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier nicht gegeben, da die Beklagte beim Bau des sog. ... nicht als Unternehmen am Wettbewerb      teilgenommen       hat.   Denn    der   Bau    des    sog.   ...  ist  der Bedarfsdeckungsverwaltung zuzuordnen (hierzu unter aa)), die vom Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 HmbIFG nicht umfasst wird (hierzu unter bb)). aa) Die Errichtung des sog. ... ist der Bedarfsdeckungsverwaltung zuzuordnen. Der Begriff der Bedarfsdeckungsverwaltung kennzeichnet den Umstand, dass die Verwaltung die für die Erfüllung der eigentlichen Verwaltungsaufgaben erforderlichen Sachmittel und Dienstleistungen (z.B. Bauarbeiten) weitgehend am Markt gegen Entgelt beschafft. Sie vergibt Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge, indem sie mit Privatunternehmen Kaufverträge, Mietverträge, Werkverträge u.ä. nach den Regeln des Zivilrechts abschließt. In diesen Fällen tritt die Verwaltung im Rechtsverkehr wie ein Unternehmen auf (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Auflage 2011, § 3, Rn. 20). Dies galt für die Beklagte auch beim Bau des sog. ..., in dem sie Aus- und Fortbildungen anbietet, da dieses Bauvorhaben der Erfüllung der der Beklagten nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 ihrer Satzung obliegenden Aufgabe diente, zur Erhaltung und Steigerung der Leistungsfähigkeit    des  Handwerks      und   des   handwerksähnlichen    Gewerbes     in Zusammenarbeit mit ihren Fachorganisationen die technische und betriebswirtschaftliche Fortbildung der selbständigen Handwerker und Inhaber handwerksähnlicher Betriebe sowie ihrer Beschäftigten zu fördern, die erforderlichen Einrichtungen hierfür zu schaffen oder zu unterstützen und zu diesem Zweck eine Gewerbeförderungsstelle zu unterhalten. Hingegen hat sich die Beklagte beim Bau des sog. ... nicht erwerbswirtschaftlich betätigt. Denn bei der erwerbswirtschaftlichen Betätigung nimmt der Staat als Unternehmen am -8-
7

-8- Wirtschaftsleben und Marktgeschehen mit der Absicht der (gebremsten) Gewinnerzielung teil (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Auflage 2011, § 3, Rn. 24). Dies hat die Beklagte beim Bau des sog. ... nicht getan, da die Errichtung von Gebäuden mit der Absicht der (gebremsten) Gewinnerzielung nicht zu den ihr obliegenden Aufgaben gehört. bb) Vom Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 HmbIFG werden die Fälle der Bedarfsdeckungsverwaltung nicht erfasst. Der Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 HmbIFG setzt eine Teilnahme der in § 3 Abs. 1 HmbIFG genannten Stellen als Unternehmen am Wettbewerb voraus. Dies ist bei Geschäften der Bedarfsdeckungsverwaltung nicht gegeben, da die Verwaltung hier im Rechtsverkehr zwar wie ein Unternehmen auftritt, nicht aber – wie in den Fällen der erwerbswirtschaftlichen Betätigung – als Unternehmen. Neben dem Wortlaut spricht auch die in der Gesetzesbegründung zu § 3 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 HmbIFG zum Ausdruck kommende Absicht des Gesetzgebers dagegen, die Fälle der Bedarfsdeckungsverwaltung in den Anwendungsbereich der Vorschrift einzubeziehen. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung sichere § 3 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 HmbIFG, dass ein Anspruch nach dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz nicht gegen ein Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform gerichtet werden könne, soweit es am Wettbewerb teilnehme; insofern erfolge eine Gleichstellung mit den privatrechtlichen Unternehmen, die von vorherein dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz nicht unterworfen seien (Bü-Drs. 19/1283 S. 10). Anschließend folgt eine beispielhafte Aufzählung mehrerer als Unternehmen tätiger Anstalten öffentlichen Rechts sowie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, hinsichtlich der der Ausschlusstatbestand für bestimmte Aktivitäten von Bedeutung sein soll (Bü-Drs. 19/1283 S. 10). Würde § 3 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 HmbIFG auch die Fälle der Bedarfsdeckungsverwaltung erfassen, wäre der Ausschluss-tatbestand    aber   nicht   nur   für bestimmte    Träger  der   mittelbaren Staatsverwaltung, sondern für die gesamte staatliche Verwaltung von Bedeutung. 2. Dem Anspruch der Klägerin auf Zugang zu den im Antrag genannten Informationen steht jedoch der Ablehnungsgrund nach § 8 Nr. 4 HmbIFG entgegen. -9-
8

-9- Nach dieser Vorschrift ist der Antrag auf Zugang zu Informationen abzulehnen, soweit und solange das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen. Die Voraussetzungen dieses Ablehnungsgrundes sind gegeben. Der Ablehnungsgrund gilt auch für die Beklagte (hierzu unter a)), die sich im vorliegenden Fall auf fiskalische Interessen im Wirtschaftsverkehr berufen kann (hierzu unter b)). Das Bekanntwerden der begehrten Informationen wäre geeignet, diese zu beeinträchtigen (hierzu unter c)). a) Der Ablehnungsgrund gilt auch für die Beklagte. Der Begriff der Freien und Hansestadt Hamburg in § 8 Nr. 4 HmbIFG ist nicht als Bezeichnung der gleichnamigen Gebietskörperschaft zu verstehen, sondern als Oberbegriff für die gesamte staatliche Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg einschließlich ihrer Anstalten, Körperschaften und Stiftungen öffentlichen Rechts, für die nach § 3 Abs. 1 HmbIFG ebenso wie für die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg die Vorschriften über den Zugang zu Informationen gelten. Hierzu gehört auch die Beklagte als Körperschaft öffentlichen Rechts der Freien und Hansestadt Hamburg. Diese Auslegung findet ihre Bestätigung in § 3 Nr. 6 Alt. 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes – Informationsfreiheitsgesetz – (BGBl I 2005, 2722; im Folgenden: IFG), der § 8 Nr. 4 HmbIFG im Wesentlichen entspricht. Nach § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen. Auch vom Begriff des Bundes in § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG werden neben der Gebietskörperschaft Bundesrepublik Deutschland selbst u.a. die bundesunmittelbaren Anstalten und Körperschaften öffentlichen Rechts erfasst (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 27.8.2010, 7 K 619/09, Rn. 61, juris; BT-Drs. 15/5606 S. 6; Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984 (992)). b) Die Beklagte kann sich im vorliegenden Fall auf fiskalische Interessen im Wirtschaftsverkehr berufen. - 10 -
9

- 10 - Fiskalische    Interessen stehen     zur    Disposition  bei   fiskalischem     Handeln   eines Verwaltungsträgers. Im Gegensatz zu § 3 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 HmbIFG gilt dies nicht nur für die    erwerbswirtschaftliche     Betätigung      der   Verwaltung,      sondern     auch     für Bedarfsdeckungsgeschäfte (vgl. zu § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG VG Hamburg, Urt. v. 27.8.2010, 7 K 619/09, Rn. 58, juris; Schoch, IFG, 2009, § 3, Rn. 174). Dies ergibt sich aus dem dargestellten Wortlaut des § 8 Nr. 4 HmbIFG und wird von der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift und derjenigen zu § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG gestützt. Nach letzterer sei das fiskalische Interesse dadurch gekennzeichnet, dass der Staat wie ein Dritter als Marktteilnehmer am Wirtschaftsleben teilnehme und seine wirtschaftlichen Informationen ebenso schutzwürdig wie die Privater seien (BT-Drs. 15/4493 S. 11). Dies ist auch bei Bedarfsdeckungsgeschäften der Fall. Zudem nennt die Gesetzesbegründung zu    §3    Nr.    6   Alt. 1    IFG    als    Anwendungsfälle     der    Norm     ausdrücklich Beschaffungsmaßnahmen            (BT-Drs.       15/5609     S.      5),     die     Teil     der Bedarfsdeckungsverwaltung sind. Da sich Käufer und Verkäufer auf der Ebene der Gleichordnung gegenüberstünden, sei eine Pflicht zur Offenbarung von Informationen nicht gerechtfertigt (BT-Drs. 15/4493 S. 11). Damit korrespondiert die Gesetzesbegründung zu § 8 Nr. 4 HmbIFG, wonach diese Vorschrift eine Entsprechung zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen Privater darstelle; denn auch der Staat verfüge über Geschäftsgeheimnisse oder geistiges Eigentum, das vor der Ausforschung durch Mitbewerber geschützt werden müsse (Bü-Drs. 19/1283 S. 12). Denn wenn die Beklagte ein privater Rechtsträger wäre und eine Behörde über die von der Klägerin begehrten Informationen zum Bau des sog. ... durch die Beklagte verfügte,    könnte    sich  die   Beklagte      auf  den    Schutz     ihrer   Betriebs-    und Geschäftsgeheimnisse nach § 10 Abs. 1 HmbIFG berufen. Denn als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (Bü-Drs. 19/1283 S. 13). Dazu gehören auch die von der Klägerin begehrten Informationen in Gestalt der Zuschlagsschreiben samt besonderer Vertragsbedingungen an die im Antrag genannten Unternehmen, der Terminpläne und der geprüften Schlussrechnungen. Im vorliegenden Fall sind die Informationen der Beklagten nicht weniger schutzwürdig. - 11 -
10

Zur nächsten Seite