Information

Aktenzeichen
AN 4 K 11.00644
Datum
3. Mai 2011
Gericht
Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach am 3. Mai 2011

AN 4 K 11.00644

Aus der Regelung des Informationsfreiheitsgesetzes, nach der sich ein Antragsteller für den Fall der Einsichtnahme Notizen machen oder Ablichtungen und Ausdrucke fertigen lassen kann, ergibt sich, dass das Gesetz davon ausgeht, dass die Einsichtnahme vor Ort erfolgt. Ein Rechtsanspruch auf Übersendung von Kopien besteht deshalb nicht. (Quelle: LDA Brandenburg)

Fotokopien

AN 4 K 11.00644 Verkündet am 3. Mai 2011 gez. Stv. Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

In der Verwaltungsstreitsache

Bundesagentur für Arbeit

Im Namen des Volkes

  • Kläger - gegen

  • Beklagte - wegen Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 4. Kammer, durch den Einzelrichter

Richter am Verwaltungsgericht Dr. Löffelbein

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 3. Mai 2011

folgendes

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Urteil: 1. Die Klage wird abgewiesen.

  1. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übersendung einer vollständigen Kopie seiner Kindergeldakte.

Mit Bescheid vom 4. Februar 2011 lehnte die Beklagte (Familienkasse *** der Bundesagentur für Arbeit) den Antrag des Klägers auf Übersendung seiner vollständigen Kindergeldakte in Kopie unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ab. Nach § 1 Abs. 2 IFG könne die Behörde Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Da der Kläger eine bestimmte Art der Auskunftserteilung beantrage, sei zu prüfen, inwieweit dieser Art der Auskunftserteilung wichtige Gründe entgegenstünden. Nach § 1 Abs. 2 Satz 3 IFG sei ein wichtiger Grund gegeben, wenn damit ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand verbunden sei. Das Bundesministerium des Innern habe in den Anwendungshinweisen zum IFG hierzu ausgesagt, dass die Behörde nicht verpflichtet sei, die durch das Auskunftsersuchen begehrten Informationen nach den Wünschen des Antragstellers aufzubereiten. Unbeschadet dessen treffe § 7 Abs. 4 IFG für den Fall der Einsichtnahme zum Beispiel in eine Kindergeldakte eine spezielle Regelung dahingehend, dass sich der Antragsteller Notizen machen oder Ablichtungen fertigen lassen könne. Aus dieser Regelung ergebe sich, dass das IFG davon ausgehe, dass die Einsichtnahme zum Beispiel in eine Kindergeldakte vor Ort bei der informationspflichtigen Stelle erfolge. Ein Anspruch auf Übersendung der gesamten Kindergeldakte in Kopie bestehe also nicht. Die Kindergeldakte des Klägers liege nur in Papierform vor. Eine Aufbereitung in der vom Kläger gewünschten Form stelle einen deutlich höheren Aufwand dar. Dem Kläger sei mehrfach angeboten worden, seine vollständige Akte in den

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Diensträumen der Familienkasse *** einzusehen. Weiter verweise die Beklagte auf § 1 Abs. 3 IFG, wonach Regelungen in anderen Rechtsvorschriften dem IFG vorgingen. Vorliegend handele es sich um eine steuerrechtlich geführte Kindergeldakte, die nach § 30 Abgabenordnung (AO) dem Steuergeheimnis unterliege. Die in diesem Zusammenhang zu beachtenden Regelungen des § 364 AO stünden grundsätzlich einer Aktenübersendung, auch in vollständiger Kopie, entgegen.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid der Familienkasse *** vom 21. Februar 2011 als unbegründet zurück. Die vollständige Ablichtung der über 200 Seiten umfassenden Kindergeldakte des Klägers würde mit einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand verbunden sein als die Einsichtnahme des Klägers in seine Kindergeldakte in den Diensträumen der Familienkasse. Diese Tatsache stelle einen wichtigen Grund im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 3 IFG dar. Zudem gingen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen gemäß § 1 Abs. 3 IFG vor.

Der Kläger erhob Klage und beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides der Familienkasse * vom 4. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Familienkasse * vom 21. Februar 2011 zu verpflichten, dem Kläger eine vollständige Kopie seiner Kindergeldakte zu übersenden.

Seriöse Bürger hätten festgestellt, dass der Verwaltungsaufwand für die Informationsübermittlung bei den folgenden Alternativen mit aufsteigender Reihenfolge zunehme: 1. Scannen der Kindergeldakte nebst elektronischer Übersendung. 2. Ablichten der Kindergeldakte, Übersendung der Kindergeldakte, Scannen der Kindergeldakte. 3. Aufsuchen der Arbeitsagentur, Einsichtnahme, Ablichten der Kindergeldakte, Scannen der Kindergeldakte. Dieselben Bürger hätten festgestellt, dass mit einer Einsichtnahme ohne das Anfertigen von Ablichtungen nicht einmal das gesetzliche Ziel der Informationsübermittlung erreicht werde. Nunmehr schikanierten die Beamten der Agentur für Arbeit den Kläger, indem sie ihm nicht einmal Ablichtungen der Kindergeldakte zusendeten. Unmittelbar nach Abschluss der Verfahren

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AN 4 K 10.01419 sowie AN 4 K 10.01664 hätten die Beamten der Beklagten zusammen mit den Beamten des Bundeszentralamtes für Steuern eine besonders schwere Form von Selbstjustiz verübt, indem sie die entsprechende Passage in der eigenen Dienstanweisung geändert hätten, um in Zukunft die Kunden noch systematischer schikanieren zu können. Die entsprechende Dienstanweisung laute nunmehr:

"Zur Erteilung von Auskünften über zu einer Person gespeicherte Daten einschließlich der Akteneinsicht gelten die Regelungen des BMF-Schreibens vom 17.12.2008 (BStBl. 2009 I S.6) entsprechend. Die Familienkasse bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Auskunft kann schriftlich, elektronisch oder mündlich, aber auch durch Gewährung von Akteneinsicht erteilt werden. Akteneinsicht ist nur an Amtsstelle zu gewähren. Es ist sicherzustellen, dass bei der Akteneinsicht die Verhältnisse eines anderen nicht unbefugt offenbart werden (§ 30 AO)."

Im Unterschied zu diesem Akt von Selbstjustiz bestimme das IFG, dass der Kunde der Bundesarbeitsagentur die Form und das Verfahren bestimme. Die Beamten missbrauchten wiederum ihr Amt, indem sie dem Bürger suggerierten, dass durch eine Einsichtnahme (ohne Anfertigung von Kopien) das Ziel des Antrags (vollständige Informationsübermittlung) erreicht werden könne.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist die Beklagte auf das Verfahren AN 4 K 10.01419 (Urteil des erkennenden Gerichts vom 14.9.2010 - rechtskräftig seit 19.11.2010).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten - auch im Verfahren AN 4 K 10.01419 - nebst den beigezogenen Behördenakten sowie für den Verlauf der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

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Entscheidungsgründe:

  1. Die Klage ist - unbeschadet der Rechtskraft des Urteils des erkennenden Gerichts vom 14. September 2010 im Verfahren AN 4 K 10.01419 der Beteiligten - jedenfalls im Hinblick auf die neuerliche Verbescheidung des Klägers durch die Beklagte zulässig (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 121, RdNr. 10).

  2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Übersendung einer vollständigen Kopie seiner Kindergeldakte (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Anknüpfend an die Darlegungen des Gerichts im Verfahren AN 4 K 10.01419 - auf die vollinhaltlich Bezug genommen wird - hat nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG gegenüber den Behörden des Bundes - hier gegenüber der Bundesagentur für Arbeit - jeder einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Gemäß § 1 Abs. 2 IFG kann die Behörde Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand.

Unbeschadet dessen trifft § 7 Abs. 4 IFG für den Fall der Einsichtnahme in amtliche Informationen - hier die Kindergeldakte des Klägers - um die es vorliegend geht, eine spezielle Regelung dahingehend, dass sich der Antragsteller Notizen machen oder Ablichtungen und Ausdrucke fertigen lassen kann. Aus dieser Regelung ergibt sich, dass das IFG davon ausgeht, dass die Einsichtnahme in amtliche Informationen - hier die Kindergeldakte des Klägers - vor Ort bei der informationspflichtigen Stelle - hier der Familienkasse *** - erfolgt (vgl. hierzu Schoch, IFG, 1. Auflage 2009, § 7, RdNr. 84). Einen Rechtsanspruch auf Übersendung von (Original-)Akten in Papierform oder auf Übersendung von Kopien nach dem IFG besteht vor diesem Hintergrund nicht. Schon aus diesem Grund ist die auf das IFG gestützte Klage unbegründet.

Die vom Kläger angeführte Dienstanweisung der Beklagten setzt sich zu dieser gesetzlichen Regelung im Übrigen auch nicht in Widerspruch.

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Offenbleiben kann hiernach, ob sich ein Anspruchsausschluss vorliegend gegebenenfalls (auch) aus gegenüber dem IFG spezielleren Regelungen - hier des Abgabenrechts (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 7.12.2006, Az. V B 163/05, juris) - ergibt (§ 1 Abs. 3 IFG).

  1. Der Kläger trägt als unterliegender Teil gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach, Hausanschrift: Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder Postfachanschrift: schriftlich zu beantragen.

Postfach 616, 91511 Ansbach,

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Postfachanschrift in München: Hausanschrift in Ansbach: einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfach 34 01 48, 80098 München, Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

  1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
  2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
  3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
  4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
  5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hoch-

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schule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

gez. Dr. Löffelbein

Beschluss: Der Streitwert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach gerichtlichem Ermessen nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache. Im Hinblick auf die begrenzte Bedeutung der Sache, die nicht das "Ob", sondern lediglich die Art und Weise der Akteneinsicht betrifft, war ein Bruchteil des so genannten "Auffangstreitwerts") in

Höhe von 5.000,00 EUR; vgl. § 52 Abs. 2 GKG) anzusetzen.

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Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach, Hausanschrift: Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

gez.

Dr. Löffelbein